Abe81 schrieb:
Ist das ein Erfahrungswert oder Kenntnisse der Branche? Wird das so im Claim-Management gelehrt? (Meine Erfahrung deckt sich mit deiner Aufzählung)
Ich bin seit mehreren Jahren Leiter Recht in einem Konzern, war davor insbesondere Claim Manager, auch in strategischer Leitungsfunktion, bin entsprechend auf den Ebenen vernetzt (zu anderen Unternehmensjuristen, Kanzleien, Einzelanwälten, Fortbildungsprogrammen etc.) und habe natürlich auf Kundenseite als direkt Betroffener, aber auch im Verwandten-, Freundes- und Bekanntenkreis meine klaren Erfahrungen gemacht und provoziere diese zum Teil auch.
Da die Abwehrkonzepte zu erkennen ist recht offensichtlich, sofern man eben Branchenwissen hat. Ein guter Verkäufer kennt ja auch die üblichen Verkaufsmethoden (z. B. Autorität) und deren Gegenmittel. Erkenntnis: Ich habe bereits gegen jeden, gegen den ich vorgegangen bin, auf den ersten Blick auch schwierige Claims durchgesetzt: BMW, Kaufland, Aldi, REWE, Stadtwerke, Vodafone, Techem, Krankenkassen... also auch die typischen Konzerne, denen man vergleichsweise sehr große und sehr gute Rechtsabteilungen nachsagt.
Claim Management ist immer eine wirtschaftliche Komponente. Wie wichtig ist mir Kundenbindung? Die ehrliche Antwort vieler Unternehmen: Ich hasse meine Kunden und wünsche Ihnen nur Schlechtes. Und gerade Verbraucher werden als dumm, unwissend, unwillig, faul und damit leicht über den Tisch zu ziehen beurteilt - und das stimmt natürlich, rein sachlich, auch.
Deshalb mein Rat: Immer zu den ganz, ganz unangenehmen, penetranten - dabei aber nie illegal oder ausfallend werdenden - 2,5% bis 5% der Übrigbleiber gehören. Dann ist es für Unternehmen nämlich in nahezu allen Fällen die wirtschaftlich günstigste/sinnvollste Lösung eine ggf. auch weit über das ursprünglich geforderte oder streitige Thema hinausgehende Kompensation zu gewähren.
Ein massives Paradebeispiel dafür halte ich die zwei VW-Fälle im Dieselskandal vor dem BGH. Wäre ich Kläger gewesen, wäre ich da wohl nicht nur mit dem Restwert meines PKW raus gegangen. Gibt sicher sehr gute Gründe, warum strikte Geheimhaltung über die Vergleiche vereinbart wurde.
Ich persönlich schicke vor einem Mahnbescheid nochmal einen deutlichen Brief (per E-Mail und Post, Kosten dafür mache ich geltend) mit (Rechts-)Folgen bei fruchtlosem Verstreichen los; auch dann, wenn das nicht unter meinem Namen und damit auch nicht unter meinem Briefkopf läuft.