Rhizojo schrieb:
Leider lesen an dieser Stelle 95% der Leser nicht mehr weiter. Offenbar explodiert im Osten der Rechtsextremismus und die Straße brennt mal wieder- das zumindest suggerieren die Titel beim Überfliegen dieser Schlagzeilen. Was allerdings erst im Verlauf der Berichte klar wird ist, dass es sich um etwa 200 rechtsradikale Arschlöcher handelte, die offenbar mehr oder minder friedlich neben 2500 "Gegendemonstranten" demonstrierten, deren linksextremistischer Anteil wiederum für den "offenen Straßenterror" verantwortlich ist.
Also ich denke, dass anfangs 50% der Überschriften bereits deutlich machten, von welcher Seite die Krawalle ausgingen:
Krawalle in Leipzig
„Das ist offener Straßenterror“
Bei einer Neonazi-Demonstration in Leipzig kam es zu Zusammenstößen von Polizisten und Gegendemonstranten.
Denn "Gegendemonstranten" gegen Neonazi-Demonstrationen sind mit Sicherheit keine Rechten.
Mittlerweile sind es mit dieser Überschrift 100%:
"Krawalle in Leipzig: Linksautonome liefern sich Straßenschlachten mit der Polizei"
Quelle:
http://www.spiegel.de/politik/deuts...bei-krawallen-bei-neonazi-demo-a-1067520.html
Insofern finde ich diese Berichterstattung nicht gerade gänzlich missverständlich. Einseitig finde ich die Berichterstattung nur aus einem Grund: warum die vielen Brände in Flüchtlingsunterkünften nicht zu einer Debatte über rechte Gewalt geführt haben.
Noxiel schrieb:
Und ich behaupte, jeden den diese Überschrift interessiert wird auch den dazugehörigen Artikel lesen.
Ich behaupte das Gegenteil. In meinem Thread zum Thema "guter Journalismus" wurde schnell klar, dass es einen Trend zum Überschriftenlesen gibt. Das zeigen auch Web-Publikationen wie der App der SZ, die nach der Überschrift und vor dem eigentlichen Artikel noch Unterüberschriften verwendet, um wenigstens Minimalinformationen zum Thema beim Leser zu lassen. Oder in der Schweiz das Konzept
http://www.20min.ch/, das bereits auf schnelle und kurze Informationen ausgelegt ist. Oder die "kompakt"-Angebote im App-Nachrichtenbereich, die lediglich ein Bild und eine Schlagzeile verbreiten.
Deshalb bin ich auch gespannt, ob die Paywall funktioniert. Die setzt ja auch anteasern und Weiterlesen für Money.
Colonel Decker schrieb:
Es sind Leute die eigentlich in eine Psychiatrie gehören - vielleicht auch deshalb so verrückt, weil die nie vernünftige, angemessene Kritik bekommen. Da kann man ja nur verrückt werden.
Oder falsch sozialisiert sein. Ich finde, Dinge wie Entbehrung, Teilen und andere Meinungen sind (u.a.) Elemente der Sozialisation. Wenn ich dann sehe, dass alle Kinder, also nicht nur das Geburtstagskind, auf Geburtstagen Geschenke bekommen, damit die Enttäuschung nicht so groß ist, dann läuft doch da etwas falsch. Durch solche Erziehungsmethoden müssen ja Egomonster entstehen, die für Diskussionen nicht bereit sind. Warum auch, das Leben hat ja bisher auch ohne Diskussionen geklappt.
Colonel Decker schrieb:
Ich meine, ich finde ja
Boondock Saints ("Der blutige Pfad Gottes" - was für ein blöder deutscher Titel) ziemlich cool. Ich fände es vielleicht sogar ganz witzig, wenn sich das wer zum Vorbild nähme. Aber ich würde trotzdem sagen, dass solche Leute gefasst und verurteilt gehören.
Jaja, diese Ambivalenz kenne ich gut. Ich habe auch mit den beiden Akteuren mitgefiebert und den Polizisten verstanden, der es geschehen ließ. Aber wenn man mal ehrlich darüber nachdenkt, entsteht so ein Verhalten aus der Kapitulation bzw. Resignation über die Umstände, von denen man der Meinung ist, man könne sie nicht mehr anders ändern.
Benni90 schrieb:
Ich selber bin AfD Mitglied und selbstständiger Unternehmer. ... Und Plötzlich bekam meine Unternehmens FB Seite schlechte Bewertungen von Leuten die ich überhaupt nicht gekannt habe, ... seitdem ist mein Posting veralten was Politik angeht sehr weit nach unten abgedriftet.
Man sollte meinen, dass Meinungsfreiheit und der öffentliche Diskurs Dinge sind, die wir uns als Demokratie nicht nur leisten können, sondern auch müssen. "Können", weil es eine Demokratie nicht nur aushalten, sondern auch leisten muss, gegenteilige Meinungen im Diskurs zu erörtern und zu einem Konsens zu kommen. "Müssen", weil eine generalisierte, politisch korrekte Meinungswelle dazu führt, dass alle auf ihr surfen, aber die wenigsten mit den Inhalten zufrieden sind. Schließlich werden dadurch andere Meinungen unterdrückt. Und ich befürchte, dass diese sich dann nicht im geordneten Diskurs widerspiegeln, sondern auf andere, deviante Art und Weise.