@Annikaue
Erst einmal herzlich Willkommen im Forum.
Dein geschilderter Fall ist natürlich äußerst ärgerlich und ein gewisses Frustpotenzial deinerseits ist nachvollziehbar.
Nachfolgend möchte ich Schritt für Schritt auf deine einzelnen Punkte eingehen, ohne dir dabei jedoch rechtlichen Beistand zu leisten. Es handelt sich also lediglich um Erfahrungswerte meinerseits aus jahrelanger RMA-Abwicklung bei einem der größten Systemhäuser Europas sowie vieler selbst erlebter Präzedenzfälle.
Annikaue schrieb:
Erstkäufer-Problem: Intel behauptet, ich sei nicht die Erstkäuferin des Prozessors, obwohl ich den Prozessor in originalversiegelter Verpackung direkt von einem Händler als Neuware gekauft habe. Laut deutschem Recht bin ich damit aber ganz klar die Erstkäuferin. Ich habe Intel das auch durch Schriftverkehr mit dem Händler nachgewiesen, aber das interessiert sie offenbar nicht.
Aus Intel's Sicht ist das korrekt: je nach dem, wie sie die eigenen Garantiebedingungen geknüpft haben - und das ist stets dem Garantieleister überlassen, sofern damit kein gängiges Recht umgangen wird - kann Intel die Behauptung aufrecht erhalten, dass nicht du, sondern der Distributor der Erstbesitzer der CPU gewesen ist.
Nach deutschem Recht im Einzelhandel bist selbstverständlich ganz klar du die Erstbesitzerin deiner vom Händler als neu und originalverpackt beworbenen und so auch verkauften CPU.
Annikaue schrieb:
Verweis auf den Händler: Intel verlangt von mir, dass ich den Garantiefall über den Händler abwickeln soll. Der Händler konnte mir aber nicht weiterhelfen und hat mich an Intel verwiesen. Den gesamten Schriftverkehr mit dem Händler habe ich Intel ebenfalls geschickt, aber auch das wird einfach ignoriert.
Dieser Verweis ist Rechtens. Wenn Intel für das jeweilige Land keine direkte Garantieabwicklung anbietet, ist dies Sache des Händlers - jedoch nur innerhalb der Gewährleistungsfrist von 24 Monaten.
In dieser befindest du dich auch noch, der 13900K kam ja erst im September 2022 auf den Markt. Zudem gilt als Datum der Rückabwicklung stets das erste Mitteilungsdatum an den Händler. Wenn du ihm also beispielhaft am Montag dieser Woche eine E-Mail zukommen lassen hast, sinngemäß mit dem Inhalt: "CPU aus Bestellung / Rechnung XYZ ist defekt, ich wünsche Umtausch/Gewährleistung", dann gilt fortan auch dieses Datum. Selbst, wenn sich also aufgrund von (nachvollziehbarer) Versandverzögerung oder Unstimmigkeiten zwischen Händler und dir ein zeitlicher Verzug über die eigentlichen 24 Monate hinaus bildet, so kann er dir die Gewährleistung rechtlich nicht ablehnen.
Annikaue schrieb:
Unmögliche Forderungen: Dann verlangt Intel von mir, dass ich vom Händler dessen Bezugsrechnung vom Großhandel einhole. Das ist doch total absurd! Kein Händler wird solche sensiblen Daten an Kunden rausgeben, und das wäre auch ein klarer Verstoß gegen Datenschutzgesetze.
Diese Aufforderung ist seitens Intel an den Händler, jedoch keinesfalls an dich als Endkunde zu richten.
Annikaue schrieb:
Datenschutzbedenken: Dass Intel mich dazu auffordert, solche Informationen zu verlangen, sehe ich auch als Datenschutzverstoß. Sollte ich den Fall an die Datenschutzbehörde melden?
Nicht im Speziellen hier, jedoch gilt generell: Aufforderungen zur direkten Mißachtung der DSGVO sind strafrechtlich verfolgbar.
Annikaue schrieb:
Vermutung von Systematik: Langsam habe ich das Gefühl, dass Intel hier systematisch Garantieansprüche ablehnt. Sie machen es den Kunden so schwer wie möglich, damit niemand die Garantie tatsächlich in Anspruch nehmen kann. Das klingt für mich nach Betrug.
Wie bereits gesagt, sofern die Garantieleistungen nicht an unrechtmäßige Bedingungen geknüpft sind, darf ein Hersteller die Erbringung der Garantieleistung ablehnen, sofern die geforderten Voraussetzungen nicht erfüllt werden.
In deinem Fall sollte das aber weiterhin irrelevant sein: erstelle, falls nicht schon längst geschehen, einen ganz normalen, gewöhnlichen RMA-Fall bei deinem Händler. Die "Großen" haben dafür alle bereits vorgefertigte Formulare, die du i.d.R. aus dem Kundenkonto heraus über die jeweilige Bestellung direkt abschicken kannst.
Annikaue schrieb:
Strafanzeige und Medien: Ich habe bereits einen Termin bei der Kriminalpolizei wegen Betrugsverdacht und überlege, die Sache auch an Computerzeitschriften wie Computerbild weiterzugeben, um auf das Problem aufmerksam zu machen.
Hier wird es vermutlich etwas unseriös. Erneut: ich kann verstehen, dass du deinem Frust etwas Luft machen möchtest, aber du wirst wenig erreichen, wenn du nun mit Kanonen auf ... naja, Spatzen sind es nicht, auf riesige Andencondore schießt. Hier wirst du im Zweifelsfall nicht nur den Kürzeren ziehen, sondern zusätzlich auch noch auf weiteren, anfallenden Kosten (Rechtsanwalt, Rechtschutzversicherung Selbstbeteiligung) sitzen bleiben und zudem wochen- wenn nicht gar monatelangen Ärger und Ungewissheit erleiden.
Dass die Kriminalpolizei dir den Termin zugesagt hat, ist rechtlich zwar Pflicht, da du erst einmal jeden und alles zur Anzeige bringen kannst, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie dir anhand deines geschilderten Falles dazu geraten haben, dass du hier unnötige Energie investieren wirst.
Erneut: wende dich an deinen Händler. Wenn dieser dir unrechtmäßig die Gewährleistung verweigert, dann hast du auch rechtlich eine eindeutige Handhabe. Aufgrund der aktuellen Sachlage bezüglich Intel's K-Problematik ist dein Beweis faktisch in allen Medien vorliegend und somit kann sich der Händler auch nicht damit rausreden, dass du den Defekt, der von Anfang an bestanden haben muss, nicht beweisen könntest.