@OMaOle
Die Kameras in London bringen insofern etwas, als dass Du ein gestohlenes Fahrrad manchmal schon innerhalb von 30 Minuten zurück bekommst. Das klappt ganz gut und bringt dann auch etwas, aber nicht in Sachen Gefahrenabwehr/Prävention.
Das schlagende und richtige Argument der Sicherheitsbehörden lautet jedoch, dass die
nachträgliche Strafverfolgung z. B. bei Selbstmordattentätern wenig bringt, wenn der Schaden erst einmal angerichtet ist und die Täter nicht mehr unter den Lebenden weilen.
Die meisten der bisher genutzten und geplanten Methoden zur Verbesserung der Sicherheitslage bringen aber so gut wie nichts, wenn sich die Terrorzellen etwas Mühe geben. Das gilt immer schon für die abgelegenen Bergregionen im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan, wo man mangels Internetverbindungen auf menschliche Boten zurückgreift, um Nachrichten von einer Siedlung in die nächste zu übermitteln. Dort greifen elektronische Überwachungsstrategien regelmäßig ins Leere. – Leider gilt das auch für unsere technisierte Welt, wie die bereits oben angeführten Beispiele zeigen (WLAN, Booten mit USB, Verschlüsselung). Nicht jeder ist so naiv wie die kürzlich festgenommenen Verdächtigen im Sauerland und speichert seine Botschaften auf einem GMX-Konto ab.
Wenn ich davon ausgehe, dass die professionell ausgebildeten Terroristen ihre Vorgehensweise in Zukunft weiter verfeinern und aus ihren Fehlern lernen, dann sehe ich in einer Maßnahme wie der Online-Überwachung keinen Sicherheitsgewinn, sondern ausschließlich ein Instrument zur potenziellen Einschränkung der Freiheit der Bürger.
Das ist der aktuelle Stand, der auch vom Bundesinnenminister beklagt wird. Da er keine andere Handhabe hat, macht er Vorschläge für ausgedehntere Überwachungsmaßnahmen, um den Terroristen das Agieren zu erschweren. Allerdings sieht man sehr schön an seinem jüngsten Beispiel, dass er dennoch den Einsatz z. B. einer schmutzigen nuklearen Bombe für wahrscheinlich hält. Wir kennen das Problem der Abwerbung von unterbezahlten russischen Wissenschaftlern, die für sonst wen derartige Waffen entwickeln könnten, wenn die Kasse stimmt. Ich persönlich halte diese nukleare Bedrohung übrigens für sehr real, auch wenn sie im Moment nicht akut sein mag.
Und damit kommen wir zum Kern des Problems: Die terroristische Bedrohung lässt sich mit handelsüblichen und auch mit ausgefallenen Mitteln nicht eindämmen. Das gilt auch bei bereits eskalierten Krisen in der Welt, wo man selbst mit massiver Militärpräsenz keine nennenswerten Verbesserungen der Sicherheitslage mehr erzielen kann. Die radikal-islamistischen Kämpfer werden auf das Ziel „Tod den USA“ gedrillt und die USA antworten mit ihren klassischen Bordmitteln.
Wer diesen Krieg der Kulturen oder Systeme ursächlich ausgelöst hat, ist dabei leider fast schon nebensächlich geworden. Fest steht aber, dass die Gegner des Westens einen kontinuierlichen Zulauf haben. Vor dem gleichen Problem stehen übrigens auch die Israelis mit ihren Palästinensern. – In diesem Zusammenhang können wir ja mal überlegen, wie viele Jahre bzw. Generationen wir im Westen dem Ansturm trotzen wollen. Man schaue sich nur die Bevölkerungsentwicklung in den USA, in Europa und in den islamisch geprägten Ländern an. Wenn die Radikalisierung der Menschen dort weiter anhält, dann können wir die Extremisten bald nicht mehr zählen, geschweige denn in Schach halten.
Die einzig sinnvolle Konsequenz aus diesen Überlegungen ist, einen gänzlich anderen Lösungsweg einzuschlagen. Das fällt natürlich umso schwerer, als dass die Konfliktteilnehmer in den vergangenen Jahrzehnten kaum keine Gelegenheit ausgelassen haben, um die Konfrontation zu verschärfen.
Wir müssen eine Antwort auf die Frage finden, warum viele tausend Menschen bereit sind, dem Aufruf der Terroristen zu folgen und mit der Waffe in der Hand gegen den Westen zu kämpfen. Und wir müssen die Gründe beseitigen! Der erste Teil der Aufgabe ist recht schnell erledigt. Stellvertretend braucht man sich nur einmal den Nahost-Konflikt anzusehen. – Ich stelle zur Frage der Motivation gleich mal zwei lesenswerte Beiträge vor:
http://www.bundestag.de/dasparlament/2007/11/EuropaWelt/14260772.html
http://www.hss.de/downloads/070514_Interview_Manji_dt.pdf
Zurück zum eigentlichen Thema: Herr Schäuble tut zwar alles, was in seiner Macht steht. Aber er ist weitgehend machtlos. Seine Rolle ist die eines Managers. Aber wir wissen: Managers do things right, while leaders do the right thing. Es liegt an den Leadern, sich für neue Lösungen zu öffnen. Doch weil die Fronten zu verhärtet und die Strategien zu festgefahren sind, sehe ich dazu auf beiden Seiten keine echte Bereitschaft. Für den Westen heißt das wohl, dass er auf lange Sicht (möglicherweise) verlieren wird. Aber das will niemand so richtig glauben oder aussprechen.