Als einer der genannten, "härtesten Genrefans" habe ich noch einige persönliche Gedanken zu diesem Artikel.
Vor ein paar Wochen habe ich die Freelancer 1.0 Vanilla SP Kampagne im Twitch Livestream durchgespielt, nach etwa 6 Jahren. Ich wurde ein weiteres Mal gar köstlich unterhalten, weder fehlender Reiz noch der Gedanke an ein zurechtgestutztes Wannabee-Star Citizen beeinträchtigten meine Reise durch das All. Seit Anbeginn der Freelancer-Ära verfolge ich eine Flugmethode, die das Ganze etwas spannender macht: "Luke, du hast deinen Zielcomputer ausgeschaltet" lautet das Motto - manuell fliegen - möglichst ohne Einsatz von F2 bzw. Autopilot. und dergleichen.
Ich musste zunächst recherchieren, was "dröge" bedeutet. Sie zeichnen hier ja wirklich ein düsteres Bild für die Vanilla, was ich nicht nachvollziehen kann. Ich jedenfalls war froh, in einem Weltraumspiel einmal wirklich - na was wohl - viel Weltraum zu haben. Längere Reisen ermöglichten ein auf gut-neu-hochdeutsch "gechilltes" und beinahe trance-atiges Erlebnis, auf welchem man den letzten Storyabschnitt noch einmal Revue passieren lassen konnte, die toll modellierten Sternensysteme bestaunen und die NPCs vorbeifliegen und reden hören konnte. Tiefe, Weite. Ich hätte noch den kürzlich verstorbenen John Glenn fragen sollen, ob er damals während der Mercury-Mission lieber ein Buch gelesen hätte, statt sich dem All hinzugeben. Ich bezweifle es jedenfalls an der Stelle.
Sie kritisieren unterschwellig, dass man für Storyfreischaltungen zum "freelancen" gezwungen wird. Wo ist das Problem an einer quantifizierten Abhandlung für Storyfortschritte? Ob ich in Zelda: A Link to the Past auf dem Super Nintendo zunächst drei Amulette suchen muss, bevor das Masterschwert sich lockert - oder in FL einen bestimmten Betrag Credits für selbige Lockerung erwirtschaften muss, spielt für mich keine Rolle. Das Gameplay-Element an sich ist doch das gleiche. Und wer würde das Amulette-Sammeln bei Zelda kritisieren? Sollen sämtliche Sidequests in allen RPGs Zugrunde gehen? Die leben von dieser Mechanik und machen - zumindest mir - ziemlich Spaß.
Es wurde fehlender Endgame-Content erwähnt: Während der SP Kampagne sind viele Systeme nicht anfliegbar. Das ändert sich nach Ende der Story und sämtliche Systeme werden freigegeben. Nun hat man einen großen Pool an Möglichkeiten und viele neue Systeme zu entdecken. Ein ums andere Mal verlor ich mich in den Hispana-Randsystemen, denn selbst das beste Kampagnen-Raumschiff war viel zu schwach für die lauernden Korsaren und Ausgestoßenen. Ich fand mich in den Omega-Systemen wieder, allein auf weiter Flur, ohne Handelsrouten. Bis ich das einzig kompetitive Schiff, den Hammerhead, und einen Ort für Reputationsbestechungsgelder fand, vergingen einige Tage intensivster und hochmotivierter Suche. Mein Wunsch nach Immersion wurde hier schon vollständig bedient. Genügend Endgame-Content für mich, nur vielleicht nicht konventionell genug für einige Spieler... Zugegeben: Das alles wirkt nur für Freelancer-Neulinge, denn wer einmal die Orte und Tricks kennt, kommt viel früher an die besten Schiffe und alle Systeme, und dann ist tatsächlich kaum mehr Endgame Content da. Außer PvP-Kämpfe um Freihafen 9 herum im Multiplayer.
Der Artikel ist wie eine polarisierende Reklame für die Modding-Welt von Freelancer. Jawohl, die Mods machen Freelancer noch besser. Meine Abstufung erfolgt aber von Sehr gut (Vanilla) nach exzellent (mit dev. Mods). Und nicht von "dröge" (ein saudummes Wort) nach sehr gut. Uneingeschränkt zustimmen kann ich bei den genannten Mods. Ausprobieren und hinein tauchen, Freelancer lebt und ist auch heute noch ein sehr spielenswertes Stück Gaming-Geschichte. Und wie es derzeit mit Chris Roberts und meiner Space Games Geschichte weitergeht, dürfte
hier klarer werden.
Danke für den Artikel, auch wenn ich einiges anders sehe. Doch allein schon die erneute Vorstellung von Freelancer ist eine Wohltat ^^