Forsa-Umfrage: 80 Prozent der Deutschen für Volksabstimmungen
Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage [1] glauben 82% der Deutschen, "dass auf die Interessen des Volkes keine Rücksicht" genommen wird. 80% plädieren für die Einführung von Volksbegehren und Volksentscheiden auf Bundesebene.
Mit dem politischen System, das durch das Grundgesetz bestimmt wird, sind 36% der Deutschen unzufrieden, mit dem tatsächlichen Funktionieren des Systems 61%
Mein Kommentar: Die Ergebnisse der Studie fallen mit anderen Umfragen zur Demokratieunzufriedenheit zusammen [2]. Zahlreiche Entwicklungen der letzten Jahrzehnte bestätigen den Trend: Ob EU-Erweiterung, Euro-Einführung, Massenzuwanderung, Privatisierung der Grundversorgung, Bundeswehreinsätze: Entscheidende Projekte wurden gegen die Mehrheitsmeinung der Deutschen durchgepeitscht. Dies hat das Vertrauen in Demokratie nach und nach zermürbt, die Legitimität politischer Macht in Frage gestellt. Scheitern diese Projekte oder tun sich Probleme auf, deren Ausmaß vorher nicht abgeschätzt oder gar verheimlicht wurde, trägt dies zur allgemeinen Unzufriedenheit mit dem politischen System bei, wie es durch die Umfragen herausgefunden wurde.
Die Kritiker von Volksabstimmungen fahren mit dem typischen, aber etwas altbackenen Argument auf, dass die Masse "dumm" sei. Manchmal zeugt dieser Einwand aber nur von der eigenen Dissidenz gegenüber allgemeinen Mehrheitsmeinungen. Denn wenn die Mehrheit tatsächlich grundsätzlich disqualifiziert sein sollte, ein politisches Urteil über bedeutende Fragen zu fällen, warum darf sie dann schon heute ihr Kreuz bei Abgeordneten und Parteien machen? Geht einer Volksabstimmung eine breite Debatte und öffentliche Diskussion voraus, kann das Ergebnis einer Volksbefragen durchaus kognitiver Intelligenz entstammen, und die Demokratiebegeisterung fördern.
Drei wichtige Argumente sprechen für Volksabstimmungen:
1. Weder Parteien noch Abgeordnete sind dem Wähler verpflichtet. Parteien können ihr Programm, ihre Grundsätze oder Wahlversprechen jederzeit ändern oder gar über den Haufen schmeißen. Abgeordnete unterliegen typischerweise dem Fraktionszwang und sind letztendlich nur ihrem Gewissen verpflichtet. Der Bürger wählt also in vielen Fällen die sprichwörtliche "Katze im Sack".
2. Bei Volksbefragungen gilt im positiven Sinne: "Denkt jeder an sich, ist an alle gedacht." Die Abwägung der Sorgen, Wünsche und Probleme im Mikrokosmos aller Bürger spiegeln sich im Abstimmungsergebnis wider.
3. Die Bevölkerung steht hinter den entsprechenden politischen Entscheidungen und identifiziert sich stärker mit ihnen, als wenn Entscheidungsprozesse intransparent und auf höchsten Ebenen ablaufen. Die Verantwortung für die Folgen der Abstimmung kann nicht mehr "einfach so" Politikercliquen, Lobbysten oder Parteien zugeschoben werden.
Studien zeigen zwar, dass Volksabstimmungen politische Vorhaben eher verhindern als sie zu befürworten. Das ist aber nicht negativ zu sehen: Plebiszite geben den Deutschen die Macht, den größten Unsinn ihrer politischen Führer zu stoppen. Also: Gebt dem Volk ein Vetorecht!
[1]
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,456684,00.html
[2]
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,446203,00.html