bender_ schrieb:
Ich empfehle die Kosten realistisch, langfristig und allumfassend zu betrachten.
Ich befürchte, das Ergebnis wird dir nicht gefallen:
Meiner Meinung nach darf man diese Summe nur heranziehen, wenn man nie ein Auto kauft oder braucht. Und um mal ehrlich zu sein. Ich kenne nicht eine Person in meinem Bekanntenkreis, die keinen Führerschein oder kein Auto hat und auf dem Land lebt.
Du bist sonst ganz einfach aufgeschmissen. Was hilft dir denn der ÖPNV in einer 50.000 EW-Stadt, wenn da 1x pro Stunde ein Bus fährt und der letzte um 21 Uhr kommt? Abends dann für 30€ und mehr mit dem Taxi heimfahren? Das macht man dann 2x pro Monat und du kannst mit dem gleichen Geld schon die Versicherung und Steuer fürs Auto bezahlen…
Oder wie bringt man die Kinder in den 5km entfernten Kindergarten, zu dem garkein Bus fährt? Laufen? Radfahren mit (mehreren) 4-Jährigen? Täglich? Bei jedem Wetter?
Das man völlig ohne Auto leben kann mag für große Städte wie Berlin, Hamburg oder München funktionieren. Aber in den meisten Orten unterhalb der 100k-EW Marke wird’s dann schon schwierig.
Bitte versteh mich nicht falsch: Ich bin durchaus dafür, das man den reinen Pendlerindividualverkehr minimiert oder erschwert. Wer sich nur ein Auto kauft um damit zur Arbeit und zurück zu fahren und 1x pro Woche ins Fitnessstudio/Tennisclub/whatever will, der sollte durchaus überlegen, hier zu sparen oder umzusteigen.
Es gibt aber noch eine nicht unerhebliche Bevölkerungsmasse außerhalb der Großstädte, die nicht auf einen halbwegs guten ÖPNV setzen kann. Das man die paar individuellen Fahrten dann über sharing-Angebote kompensieren kann, halte ich auch hier für sehr optimistisch. Wieviel Sharing-Fahrzeuge sollen dann pro Straßenzug verfügbar sein? Was mache ich, wenn das nächste Fahrzeuge möglicherweise mehrere Km entfernt steht, ich es aber jetzt sofort brauche (z.B. Kind Nachts irgendwo abholen)
Das schöne an Statistiken ist, dass man sie sich bauen kann wie man es braucht. Bzw. man kann die Sache auch einfach umdrehen. Dadurch, dass ich nicht in der Stadt wohne, kostet meine Wohnung nur halb soviel als was sie dort kosten würde.
85qm, Erstbezug, inkl. Garage und Garten für 500€. Da wirst du mMn keine Stadt finden, in der du das unter 1000€ bekommst. Eher deutlich mehr. Aber nehmen wir doch mal die 500€ Differenz, sind dann 6000€ im Jahr. Auf die genannten 54 Jahre komme ich dann auf 324.000€, die ich mir nur anhand der Mietkosten spare (Wenn man man davon ausgeht, dass die Preisdifferenz gleich bleibt – man kann wohl eher davon ausgehen, dass die Schere noch größer wird statt kleiner)
Also werden die Kosten für mein Auto schon nur durch die geringeren Mietkosten kompensiert. (Für meine persönlichen Verhältnisse sind die 330.000€ ohnehin zu hoch) Hinzu kommen dann für die Stadt noch wie von dir bereits vorgerechnet die nach wie vor vorhandenen Individualkosten für ÖPNV, Individualbedürfnisse etc.
Die Rechnung hinkt auch noch weiter: Nur, weil man nun ein ÖPNV Angebot hat, werden die Leute nicht alle sofort ihr Auto verkaufen und zu 100% den Nahverkehr nutzen.
D.h. das in dem Fall der ÖPNV nur angenommen wird, wenn die Kosten dafür deutlich geringer sind als die laufenden Kosten fürs Auto: Also primär Sprit und Kosten für Verbrauchsmaterial (V.a. Reifen). Alternativ muss eine deutliche Zeitersparnis eintreten bei etwa gleichen kosten/maximal leichten Mehrkosten. Die Fixkosten werden erstmal weiterlaufen (Abschreibung, Versicherung, Steuern, Wartung).
Man kann die Wohnsituation auch sehr radikal angehen und damit auch indirekt den Verkehr steuern. Dazu muss man sich nur die Wohnblöcke in asiatischen Städten ansehen. Wir reißen in den Innenstädten die 3,4,5-geschossigen Häuser ab und setzten dort stattdessen 30-Stöckige Plattenbauten im Hotelstil hin. Ideal sind davon 7-8 Stück in unmittelbarer Nähe.
Da gibt’s dann standardisierte 60qm-2Zimmer Wohnungen. Parkplätze gibt es nur Temporär für Anlieferdienste wie Post, Handwerker oder Besucher. Daneben gibt es ein paar Stellplätze fürs Carsharing. Bewohnerparkplätze werden gänzlich abgeschafft, stattdessen werden solche Komplexe gut mit ÖPNV erschlossen. Zack – hat man mehrere Tausend Bewohner sauber mit dem Nahverkehr auf engstem Raum angeschlossen und den Individualverkehr praktisch eliminiert.
DerOlf schrieb:
Wenn ein ÖPNV-Monats-Ticket €60,- kostet, dann ist das erst dann ein "attracktives Angebot", wenn ein Auto sogar ohne Bezinverbrauch mindestens 120,- im Monat kostet.
Wo ziehst du denn die Grenze, wer damit dann belastet wird? (Klingt für mich an der Stelle wieder nach Steuererhöhung für alle PKW) Einfach generell für alle Autofahrer in DE? Damit trittst du mal wieder der Landbevölkerung gegen ihr finanzielles Schienbein. Wenn nur die Stadtbevölkerung: Bei welcher EW-Grenze endet das dann?
Solche Forderungen sind einfach formuliert, im Detail wird es dann aber sehr schwierig.