Ich finde die Diskussion sehr spannend, habe jetzt aber nicht alles gelesen. Trotzdem möchte ich meinen Senf dazu geben.
Ich wohne in einer Fahrradstadt (Münster). Ich wohne dabei sehr zentral an einer größeren Straße.
Der gesamte Nahverkehr, also fast alles innerhalb der Stadt, wird mit dem Fahrrad erledigt. Ich fahre damit zur Arbeit, zu Kunden, zur Uni und in die Innenstadt (Shopping).
Und trotzdem habe ich ein Auto, welche sich nicht missen will und das ganze obwohl:
- die Parksituation absolut zum kotzen ist (nach 17:00 braucht man nicht versuchen einen Parkplatz zu finden)
- der Unterhalt sehr teuer ist
- In einer Fahrradstadt Auto zu fahren echt stressig ist
- ich es nur sehr selten benötige.
Warum habe ich also ein Auto?
Schlichtweg, weil ich ohne nicht auskomme und es viel zu oft einfach praktisch ist.
1. Ich kaufe einmal pro Woche ein, dies ist dementsprechend ein recht großer Einkauf. Dabei fülle ich in der Regel 4 Einkaufstaschen + einen Rucksack. Dies bekomme ich auf einem Fahrrad schlichtweg nicht mit. Auch komme ich dadurch nicht in einen Bus. Laufen ist ebenfalls keine alternative da im Stadtkern (in meiner Ecke) lediglich Rewe angesiedelt ist, was mir auf Dauer zu teuer ist. Es gibt auch einen Penny, dieser ist aber sehr schlecht sortiert. Die einzige Möglichkeit die ich habe um einen so großen Einkauf zu tätigen, ist mit meinem Auto zum nächsten E-Center zu fahren, welches 3km entfernt liegt.
2. Sportaktivitäten, ich gehe sehr gerne klettern. Leider hat Münster lediglich eine Boulderhalle und keine Kletterhallten. Die nächste Kletterhalle ist 25min entfernt, die nächste gute Kletterhallte ist 45 min entfernt (mit dem Auto). Nahverkehr ist aufgrund der Ausrüstung die ich mitschleppen muss nicht drin, zusätzlich sind die Kletterhallten verdammt schlecht angebunden. Klar, ich komme mit dem Zug in die Stadt, aber dann? Zur Kletterhallte ist es jeweils ein Weg von knapp 3-5km (vom Bahnhof), welcher nur sporadisch mit dem Bus erreichbar ist.
Klar, ich könnte hier mit dem Nahverkehr anreisen aber zum einen kostet der auch Geld und zum anderen würde ich meine Anfahrtszeit verdoppel/verdreifachen. Dazu müsste ich mit einigermaßen großer Ausrüstung reisen ,was auch nicht so viel Spaß macht.
3. Besuche von Freunden in Niedersachsen.
Ein großer Teil meines Freundeskreises ist in Niedersachsen angesiedelt. Klar kann ich da auch mit dem Zug hin fahren. Kostet halt pro Weg 25€, ich muss am Bahnhof abgeholt werden da in die kleinen Käffer nur stündlich Busse fahren (wenn überhaupt). Noch dazu dauert es wieder länger und ich muss Gepäck mitnehmen (bleibe in der Regel für 1-2 Nächte).
4. Urlaub.
Ich fahre gerne mit dem Auto in den Urlaub (Schweiz, Österreich usw.). EInmal habe ich das ganze bishe rmit dem Zug probiert. War eine Katastrophe, der ICE ist ausgefallen, der Ersatzzug war überladen und es musste gewartet werden bis Leute aussteigen, der Anschluss in der Schweiz wurde natürlich nicht erreicht so dass ich insgesamt 12h unterwegs war. Und das für eine Strecke, welche eigentlich optimal angebunden ist.
Letztes Jahr habe ich eine längere Reise unternommen und habe dafür nur 8h gebraucht. Mit dem Auto.
Was will ich also sagen? Das Auto ist einfach zu bequem. Es ist für alltägliche Aufgaben einfach notwendig. Ohne Auto könnte ich nicht effizient einkaufen, ich könnte meinem Sport nicht in der Art und Weise nachgehen und ich verliere Flexibilität was Besuche von Freunden angeht.
Auch wenn ich die Parkplatzsituation schon tausendmal verflucht habe. Auch wenn ich schon tausendmal geschluckt habe, wie hoch eine Werkstattrechnung sein kann. Über die Alternativen rege ich mich noch mehr auf. Ich habe versucht mit dem Zug in den Urlaub zu fahren -> was eine scheiße.
Ich fahre regelmäßig mit dem Zug zu meinen Eltern -> Verspätungen, ausfälle, überfüllte Abteile -> was eine scheiße.
Das Auto verschafft mir einfach Flexibilität. Es macht meinen Alltag leichter, es spart Zeit und Nerven.
Bisher habe ich keine Alternative gefunden, die mir zusagt. Bisher ist der Komfort den mir ein eigenes Auto verschafft, einfach zu groß. Bisher hat es kein ÖPNV Konzept geschafft, mich zu überzeugen. Zumindest nicht in der Stadt in der ich Lebe.