pseudopseudonym schrieb:
Dass vor allem diese ideologischen Gründe im Fokus stehen, während es früher vor allem Funktionalität war, zeigt das ganze Dilemma der letzten Firefox-Jahre/-Entwicklungen auf.
Das Dilemma der letzten Firefox-Jahre ist in der Regel aber nicht oder besser nur bedingt auf die Funktionalität zu schieben, wie es ein paar kleine aber sehr lautstarke Gruppen an Powerusern versuchen, sondern einfach daran, dass Google mit Chrome einfach einen triumphalen durchmarsch hingelegt hat und der Google Chrome quasi der Standardbrowser geworden ist, auch durch Android.
Firefox und andere Browser kämpften quasi seit dem Erscheinen des Google Chrome mit sinkenden Zahlen, weil Google "über Nacht" einen damals sehr schnellen und auch sehr schlanken Browser auf den Markt gebracht hat, der sich gut bedienen ließ, bei den damaligen Webseiten die exzessiv auf JavaScript setzten echte Vorteile bot und durch die Verbreitung von Androids zu dem Browser schlecht hin wurde.
Dazu kommt/kam, dass Google einie Zeit lang sehr exessiv auch andere Browser in den eigenen Angeboten benachteiligt hat und man vom Support auf Google, YouTube und Co den Hinweis bekam beim Problemen: Laden sie doch den Chrome herunter.
Mozilla hatte zu dem Zeitpunkt mit Ghecko eine zwar sehr mächtige aber auch langsame Renderengine, dazu mit
XUL eine darauf aufbauende UI-Language und auch SpiderMonkey kam anfangs auch nicht so aus den Puschen. Während gerade in den ersten 10er-Jahren Safari und Chrome sowie deren Derviaten dem Firefox in den Benchmarks davon gezogen ist und MS mit den neuen IE-Versionen und später dem Edge durchaus aufholten.
Die Stärke von Firefox - die Plugins - waren damals auch gleichzeitig die größte Schwäche vom Firefox, denn wichtige Änderungen - Multi-Threading beim Rendering, für JavaScript, Sandboxing, aber auch moderne Rendertechniken, konnte Mozilla nicht wirklich einpflegen oder nur mit einem sehr hohen Entwicklungs- und Kostenaufwand. Gleichzeitig haben die Plugins aber auch die Sicherheit des Browsers quasi durchlöchert.
Man hat auch nach und nach die Unterstützung in anderen Browsern verloren, die nach und nach auf WebKit und später auf Blink oder gleich Chormium als Basis umgestellt wurden. Mozilla hat dann angefangen diese "Altlasten" heraus zu nehmen um endlich die Engine zu mordenisieren und schneller zu machen, musste dafür aber auch manche Zöpfe abschneiden, was dann die "technikaffinen" Nutzer gestört hat - unsere Erweiterungen - und damit quasi auch eine treue Nutzergruppe verärgert.
Quantum - für viele "Nerds" das schlimmste was man Firefox antun konnte - wegen den Plugins - hat aber Firefox geholfen auf die technische Überlegenheit von Blink und V8 aufzuholen - gleichzeitig hat man halt viele Nutzer bereits an Chrome, Vivaldi aber auch Edge und Co verloren und diese wird man auch so schnell nicht mehr zurück holen. Auch so manche treue Fans haben mit der Zeit aber dem Firefox den Rücken gekehrt, auch schon vor Quantum, eben weil die Geschwindigkeit nicht stimmte.
deo schrieb:
Ich sehe es schon kommen: Wenn die Nutzerzahlen mit Proton weiter sinken, liegt das bestimmt an den Nutzern, die es nicht verstanden haben.
Das Problem liegt weder an Proton, noch an Quantum davor - die wenigsten Nutzer sind solche Power-User, die auf XUL-Addons und Co wirklich bestanden haben - sondern an der Marktmacht von Google und ebenso auch Safari - Apple - und das Edge quasi sich auch immer stärker verbesset hat und jetzt auch auf Chromium aufbaut.
Firefox hatte in den 00er Jahren einen wirklichen Mehrwert gegenüber IE6 und später IE7 und IE8, nur ist Firefox von Chrome damals schnell überholt worden. Chrome bot das, was die meisten Nutzer wollen: Er war schnell, einfach zu bedienen und nicht überladen.
Das hat mit der Zeit Firefox auch viele technikaffine Nutzer gekostet. Ich kenne viele Freunde, die als Webentwickler, Designer und Co tätig sind, die in der Zeit von 2008 - 2015 nach und nach auf Chrome, Opera und später Vivaldi umgestiegen sind, weil der Firefox immer langsamer wurde, immer mehr Ressourcen verbraucht hat.
Diese Nutzer holst du auch so einfach nicht mehr zurück. Ich selbst bin 2008 erst auf Safari - Mac OS - dann auf Chrome und später auf Opera umgestiegen bis ich erst 2018 nach dem Quantum-Update Firefox wieder eine Chance geben habe und gemerkt habe: Die Geschwindigkeit hat zu genommen, das Ding saugt nicht mehr den Akku leer und vorallem der Datenschutz passt.
Nur diese Chance geben eben nicht alle dem Firefox. Proton ist für mich auch kein Grund zu gehen, das ist Kosmetik. Firefox hat mich, aber auch manche Freunde, zurück geholt, eben weil man mit Quantum und Photon sich umfassend mordenisiert hat und weil dadurch auch die Arbeit wieder Spaß gemacht hat.
Das Hauptargument hat Firefox aber über die letzten 10 Jahre auch eingebüßt: Ein verdammt gutes Entwicklerwerkzeug. Chromium hat hier stark aufgeholt.
Und Addons? Die Addons die wirklich interessieren, laufen auch heute unter der neuen WebExtension-Schnittstelle sehr gut und oft sogar schneller und stabiler als vorher. Nur, was man wie braucht, ist halt auch eine Geschmacksfrage. NoScript ist für manche - genau so wie µMatrix - der heilige Gral, ich rade von der Verwendung ab, weil moderne Webseite heute ohne JavaScript quasi nicht mehr aus kommen - Angular, React, Vue und Co erfreuen sich nicht umsonst einer großen Beliebtheit und auch Webseiten als App sind keine Seltenheit mehr. Wer NoScript installiert, muss schon sehr genau wissen, was er macht.
Ranayna schrieb:
Alles sehr Schade was bei Mozilla aktuell priorisiert wird.
Das kann man durchaus so sehen, nur kommt der Unmut oft von einem eher kleinen aber harten Kern, die am liebsten Firefox 3.0 zurück haben wollen würden, weil sie XUL-Addons, XUL-Interface usw. zurück haben wollen, die die Anpassbarkeit zurück haben wollen, ohne dass sie verstehen, dass ihre Forderungen für 95 % der Benutzer vollkommen irrelevant sind.
Firefox hat die "wichtigen" Benutzer nicht verloren, weil man mit Quantum XUL aufgeben hat, oder weil man nun mit Proton an der UI arbeitet, sondern Firefox hat die Benutzer seit 2008 verloren, weil Ghecko und SpiderMonkey technisch einfach nicht mehr mithalten konnten und sowohl Safarif auf WebKit und Chrome massive Vorteile boten, was Geschwindigkeit und Ressourcenverbrauch angeht.
Und auch jetzt verliert Firefox oft noch die normalen "Anwender", aber auch nicht weil da an der Oberfläche gearbeitet wurde oder weil wieder die Addon-schnittstelle beschnitten wurde, das sind alles Nebelkerzen, die durch die lautstarke Minderheit der Poweruser gezündet werden.
Firefox verliert Anwender aus ganz banalen Gründen, die oft mit YouTube und Co zu tun haben, weil etwas auf dem Firefox nicht so funktioniert, wie es die Anwender gerne hätten.
Ebenso, weil Firefox auf Mobilen Endgeräten keine Bedeutung hat. Firefox ist nicht mehr quasi die Empfehlung, wenn es um einen alternativen Browser geht, denn auf Android ist man mit Chrome zufrieden, auf iOS reicht der Safari und auf dem PC? Da rät man heute auch eher schnell zu Chrome, das Logo kennen die Anwender.
Ranayna schrieb:
Angesichts der Tatsache das FF millionen an Usern verloren hat, vielleicht waere es doch mal an der Zeit auf den Unmut einzugehen?
Das Problem ist, dass die Poweruser, die seit Jahren meckern wegen den Änderungen am Firefox, nicht die Masse sind, die hier nach und nach verschwunden sind, sondern es sind die einfachen Nutzer die verschwinden, die sich Chromebooks kaufen, die merken, dass der neue Edge eigentlich keine Nachteile mehr hat usw.
Die Poweruser sind nur sehr lautstark, das war es aber in der Regel. Anfangs - 2010 - 2015 - konnte sich Firefox oft noch als Empfehlung halten in bestimmten Kreisen, aber nicht weil er "schnell" war, oder technisch besser als Chrome oder weil er sehr mächtige Addons angeboten hat, nein, der Grund waren die Entwicklerwerkzeuge, die den Firefox zumindest als zweit Browser für die Entwicklung hielt, aber da hat halt Google auch aufgeholt.