Axxid schrieb:
Man kontrolliert unterschiedliche Straftaten mit unterschiedlichen Methoden. Niemand wird auf der Strasse kontrolliert werden ob er Steuern hinterzieht. Gehe ich allerdings in die Hasenheide und habe nicht die Hunderschaften alle Anwesenden wegen Besitz illegaler Substanzen (oder wie das heisst) zu kontrollieren, kontrolliere ich vermehrt diejenigen, die ich aus Erfahrung eher verdaechtige oder statistisch mehr auffallen.
Suche ich Versteosse gegen das Asylrecht bin ich quasi gezwungen Racial Profiling anzuwenden. Wo fange ich mit Verboten an, wo hoere ich auf? Als Extrembeispiel: Wird ein fliehender Tatverdaechtiger gesucht, darf man die Hautfarbe/Ethnie noch angeben?
Ich sehe eher die Gefahr, das Verbot und Kontrolle von Racial Profiling Polizeiarbeit weiter erschweren. Der deutschen Justiz wuerde ich ja sogar zutrauen, dass Straftaeter freigesprochen werden, weil sie nur aufgrund von Racial Profiling kontrolliert wurden.
Jub, die Polizei konzentriert sich dann fröhlich darauf Menschen dunkler Hautfarbe in Parks zu schikanieren. Der (weiße) Koksdealer im Nobelviertel wie auch der weiße Methdealer im Plattenbauviertel am anderen Ende der Stadt auch. Die Polizeistatistik findet aufgrund deutlich einseitiger Kontrollen aber immer nur dunkelhäutige Drogendealer, sieht also gar keinen Anlass mal an anderen Stellen zu suchen.
Ich glaube auch langsam "darf man die Hautfarbe noch angeben?" ein bewusstes, polemisierendes Falschverstehen ist. Wenn Merkmale von Verdächtigen als belastbares Indiz vorliegen, dann sind sie problemlos verwendbar. Die Frage, ob das denn noch ginge, kommt eigentlich fast nur aus einer Ecke, die sich gegen Transparenz seitens der Polizei stellt, auf Seite jener die mehr Transparenz fordern kommt sie eigentlich nie (zumindest nichts mehrheitsfähig).
Feligs schrieb:
Ich finde es schon interessant, wie nach George Floyd jetzt alle über Rassismus in der Polizei und Bundeswehr sprechen. Früher hat das - so zumindest meine Auffassung - fast niemanden interessiert. Eigentlich schon ein bisschen heuchlerisch, wie ich finde.
Aufmerksamkeitsökonomie ist das Stichwort. Es gibt zu jedem Thema Interessengruppen, die Themen stetig diskutieren und durchdenken. Das entsprechende Diskussionen die Bevölkerung und Medien durchdringen benötigt aber eigentlich immer irgend einen spektakulären Vorfall.
An der stelle ist es empfehlenswert den eigenen Medienkonsum zu erweitern. Wenn man sich vom neuen Deutschland, taz, Welt, Focus, Zeit, Süddeutsche und manchmal auch rechte Blogs antut[1], sieht man ganz gut welche Themen in welchem politischem Spektrum Dauerbrenner sind.
[1] Bild lesen wäre an sich auch sinnvoll, um zu erfahren was in diesem Kosmos abgeht. Das halte ich aber im Kopf nichts aus.
Axxid schrieb:
Die Gruende warum Polizisten jemanden kontrollieren sollten den Polizisten vorbehalten bleiben. [...] Jede Form von Regulierung oeffnet imho wieder zwei Luecken, diese zu umgehen.
Die Polizei handelt als staatliches Organ und ist Gesetzen unterlegen. Jene Gesetzes hat sich die Gesellschaft selbst auferlegt (indirekt zwar, aber immerhin). Eine Polizei, die ihr Handeln selbst bestimmt darf es in unserem Rechtsstaat nicht geben!
Auch die Lücken der Regulierung gibt es eigentlich kaum. Unser Rechtssprechung hat als Grundsatz, dass nicht das exakte Wort zählt sondernd er Wille des Gesetzgebers. Wenn also der Gesetzgeber (wie es derzeit Bestand hat), Gesetze erlässt die Diskriminierung anhand von Religion, "Rasse"[2], Geschlecht untersagen, dann ist jedes Vorgehen mit der Absicht eine Diskriminierende Handlung durchzuführen gegen die Absicht hinter diesem Gesetz und damit justiziabel.
Es ist eine Fehlannahme, dass mit Wortglauberei, Gesetze auf breiter Front unterlaufen werden können um so Lücken auszunutzen.[3]
[2] Steht so im GG, ich wäre da dafür Rasse aus dem GG zu streichen und "äußerliche Merkmale" oder ähnliches anzuführen.
[3] Beim Steuerrecht wäre ich da mitunter anderer Meinung. Da sind viele Gesetze derart spezifisch verfasst, dass entsprechende Regulierungslücken möglich werden. Mein Steuerlehreprof an der Uni hats gefreut, war ein einträgliches Geschäft für seine Kanzlei -.-
strempe schrieb:
Da wäre ich mir nicht so sicher. Zufallsfunde fallen sicherlich darunter. Folter, Hypnose und Ermüdung mit Sicherheit nicht...
Das hat
@DerOlf bereits etwas zu geschrieben: "belastbare Beweise". Aussagen unter Zwang sind nicht belastbar. Wobei Ermüdung / Schlafentzug auch als Folter gilt.
Die ganzen Perversitäten des Staatsaparates des 3. Reiches hat eine gute Nachwirkung, unsere aktuellen Gesetze sind recht gut darin diese Praktiken als illegal zu regulieren.
Axxid schrieb:
Es geht bei Racial Profiling eben nicht darum, aussschliesslich eine Ethnie zu ueberpruefen. Es geht darum, dass man Personen aufgrund ihrer Ethnie ueberpruefen kann. Wie schon gesagt: Es ist ein Werkzeug von vielen, kein Allheilmittel.
Die Polizei sollte nur Anlassbezogen Kontrollen durchführen. Also typischerweise Tatverdacht gegenüber einer einzelnen Person. Wenn man Ethnie bzw. oftmals vielmehr Aussehen zu einem validen Anlass erklärt, stellt man diese Merkmale auf die selbe Ebene wie ein Tatverdacht. Ich verstehe schon nicht, wie man auf die Idee kommen kann, dass das irgendwie eine gute Idee sein könnte und noch viel weniger verstehe ich, dass man das im Angesicht der deutschen Geschichte vertreten kann.
Eine solche behördlich gestützte Willkür wäre, wäre das perfekte Mittel all jenen Menschen das Leben zur Hölle zu machen, die bestimmte körperliche Merkmale haben. Was im Endeffekt auch bedeutet, dass man entsprechende Bevölkerungsgruppen den Aufenthalt überall dort verleidet wo verstärkt Polizei auftritt (Bahnhöfe, Flughäfen, Volksfeste). Wobei große Teile der betroffenen Gruppen dann sicher ganz schnell die Polizei nicht mehr als Freund und Helfer ansehen und sich auch nicht als Teil der Gesellschaft des Landes begreifen.
Damit wird racial Profiling nach etwas Zeit sowieso eine selbsterfüllende Prophezeiung.
Und ja, ich glaube, dass wenn man Behörden ein solches Mittel in die Hand gibt es zu Falschanwendung und Misbrauch kommt. Nicht durch alle Polizisten aber durch eine ausreichende Anzahl. Wobei jene schwarze Schafe aufgrund des Korpsgeistes keine Konsequenzen fürchten müssten. Was bei Zeiten dazu führt, dass die Polizei als Gemeinschaft zum Feindbild würde.
new Account() schrieb:
Racial Profiling nutzt einfach Merkmale, die wir Rassen zuordnen/zugeordnet haben - imho.
Nur das alle Menschen homo sapiens sind und damit eine einzelne Rasse. Die Annahme, verschiedener Rasse und das Einteilen dieser mittels div. (oftmals nicht wertfreien) Eigenschaften sollte die klassischen Rassismusdefinitionen tiggern.
Profiling dient u.a. auch der Modellbildung des Täters:
Achso, und wenn es einen Hinweis darauf gibt, dass der Täter z.B. Tiefe Fußabdrücke hinterlassen hat (-> übergewicht), oder ein Messer benutzt hat, das z.B. zu 95% von Türken benutzt wird, dann dürfen die Informationen nicht zur Modellbildung des Täters genutzt werden?
Auch, um z.B. die Ermittlungen dort zu beginnen oder verstärkt in diese Rjchtung zu ermitteln?
Ne, Lieber nicht. Lass uns lieber alle alle möglichen Täter untersuchen, d.h. nach 10h alle Leute aus Deutschland, weil theoretisch jeder innerhalb dieser Zeit an jeden beliebigen Ort Deutschlands gelangen hätte können.
Inwieweit fiele das außerdem nicht unter Profiling?
Zudem das genau dein "schwieriger Fall" wäre.
Profiling, also ohne Richtungsgebendes "racial" davor ist neutral bzw. sollte neutral sein. Als neutrale Methode sollte da auch Eigenschaften hinein spielen zu denen gesicherte Beweise existieren. Wenn es also Aufnahmen, Hautfetzen, Augenzeugenbereichte gibt, aus denen eine Hautfarbe hervor geht, dann ist es problemlos diese Information zu verwerten.
Was jedoch verwerflich wäre sind Ermittlungen bei einem Delikt ohne Beweise in Richtung bestimmter Bevölkerungsgruppen zu lenken. Das Beispiel welches wir da spektakulär hatten sind die Morde des NSU. Wo Behörden (und Medien) das ganze als Morde unter Ausländern (Dönermorde) behandelten, kurz ermittelten und entsprechend nie Ergebnisse fanden. Das selbe Spiel mit dem Messer, welches auf einen kulturellen Hintergrund deutet. Wenn da Ermittlungen aufgrund von Waffen sich einseitig auf einen Kulturkreis beschränken, dann eröffnet das die Möglichkeit mit der "richtigen" Tatwaffe als weißer Täter die Ermittlungen in völlig falsche Richtungen zu lenken.
new Account() schrieb:
Das gilt genauso für Diskriminierung hinsichtlich Geschlecht und anderen Merkmalen. Kein Grund Polizei, die ihre Arbeit macht an den Pranger zu/Rassismus zu unterstellen.
Wieso heulen eigentlich alle rum, dass die Polizei an den Pranger gestellt werden soll? Polizei und Justiz haben die Aufgabe die Bevölkerung auf das Einhalten von Gesetzen zu kontrollieren. Da würden nur die aller dämlichsten auf die Idee kommen, das als "die Bevölkerung soll an den Pranger" zu deuten. Nur wenn es darum geht ein Organ der ausübenden, staatlichen Gewalt einer Kontrolle zu unterziehen ist es ein "an den Pranger stellen". Wobei besagte Studiengegenstand nur eine Bestandsaufnahme darstellt und für Beamte keinerlei Konsequenzen drohen.
Noch verrückter wird es, wenn sich Innenminister und Teile der Polizei gegen eine solche Studie stellen aber gleichzeitig der Einsatz von Racial Profiling gefordert wird. Kennzahlen und Statistik über die Polizei sind also schlecht, das verwenden von Kennzahlen und Statistik um damit eine rechtswidrige Ungleichbehandlung von Menschen zu begründen sind aber gut?