tidus1979 schrieb:
2) Eigene Reparatur wird in ihrer Wirkung auf die Nachhaltigkeit völlig überschätzt. Fast niemand repariert irgendwas selber. Ist die Waschmaschine kaputt, lässt man einen Techniker kommen. Die Menschen werden ihr Verhalten nicht mehr ändern, zumal Technologie, und damit Reparaturaufwand, zwangsläufig immer komplexer wird. Es ist unrealistisch, von Menschen zu erwarten, dass sie in der Lage sind, alle ihre verschiedenen Gebrauchsgeräte selber zu reparieren.
Das würde ich so pauschal nicht sagen. Ich hab im Kleinstadtumkreis einige Leute, die handwerklich begabt genug sind, um selbst Dinge zu reparieren. So Arbeitsmaschinen mal modifizieren, irgendwo eine Stange dranbauen, die man vorher selbst angefertigt hat. Gibt's alles. Mein Vater wirft auch keine Geräte einfach weg. Einen Miele Trockner hat er gut 25 Jahre immer wieder zum Laufen gebracht. Seine Heizungsanlage selbst noch etwas erweitert, dass der Boiler Warmwasser von ihr anfordert usw. Ich habe mit ihm zusammen auch seinen Kaffeevollautomaten von Siemens zerlegt, um ein Zahnrad einzustellen, das sich irgendwie verdreht hatte. Kostenpunkt von Siemens selbst. Ich schätze mindestens 200 Euro. Ich weiß nicht, ob sie das Teil dann ausgetauscht oder repariert hätten. Der Austausch hätte aber bestimmt noch mit 100 Euro mehr gekostet. Effektiv die Kosten für eine halbe Neuanschaffung.
Für mich ist diese ganze Selbstreparatur einerseits befriedigend, wenn ich weiß, warum eine Maschine nicht mehr funktioniert, lehrreich, weil ich mir technische Lösungen anschauen kann und sie verstehe und natürlich lehrreich 2, weil ich aus den beiden vorherigen Punkten mitnehmen kann, was ich eventuell in Zukunft besser machen sollte.
Ich kenne aber auch das komplette Gegenteil und wahrscheinlich die Mehrheit, die du beschreibst: Maschinenwartung ist lästig. Die Spülmaschine macht das alles schon. Nicht spülmaschinengeeignet? Scheiße. Trotzdem rein damit! Neu kaufen, wenn es nicht mehr geht. Einerseits behandeln sie ihre Geräte wie Dreck, andererseits... man kann ja einfach neu kaufen. Was interessiert es, ob die ganze Maschine verklebt ist, wenn sie sowieso weggeworfen wird? Man bekommt ja nichts davon mit, wie man doch noch versucht Ressourcen daraus zu gewinnen.
Auf der anderen Seite: Geräte sind heutzutage komplex geworden. Mein alter Herd hatte noch mechanische Drehschalter und die Anzeige mit Uhr, Timer usw war mit recht großen Bauteilen gelöst. 20 Jahre später hat das Interface des Nachfolgermodells sich nicht verändert, aber ich behaupte, dass das alles mit deutlich kompakterer Elektronik und ICs gelöst wurde.
Bei Smartphones und anderer moderner Elektronik kapituliere ich auch, wenn es um die Reparatur geht. Ein Display austauschen, ja möglich, wenn nicht verklebt. Ein Akku? Kein Problem (Apple hat es im iPhone 6 aber schon schwieriger gemacht). Herausfinden, warum das Gerät nach einem Sturz nicht mehr angeht? Puh. Das geht auf die Augen. Selbst mit Lupe... Was bringt es mir? Ich kann keinen Lötkolben ansetzen oder so. Ich muss "größere" Teile austauschen. Die muss man auftreiben.
Ich begrüße daher Geräte wie das Fairphone, das komplexe Technik einfach reparierbar macht. Ein fairer Kompromiss.
Der Vendor Lock-In, weil Werkzeug und Software fehlt, sollte einfach nicht sein. E-Autos werden wohl mal in den nächsten Jahren damit auffallen.
Aber im Fazit bleibt es so: Technik altert zu schnell und durch mehr Software und Vernetzung sorgt man auch dadurch dafür, dass Geräte zwangsweise sterben müssen. SSL Root Zertifikat abgelaufen? Endgültig Schluss.
Ich stimme zu, dass es bei diese kleinen Computerelektronik wenig Sinn macht. Aber bei großen Maschinen, die seit Jahrzehnten eigentlich immer noch dasselbe tun (Herd, Kühlschrank, Rasenmäher, ...) sollte man die Ersatzteile und entsprechende Dokumentation einfacher bekommen können.