Rostock-Lichtenhagen 15 jahre dananch oder Wie sich die Geschichte wiederholt

Ich lese da viele Wahrheiten in Deinem Text. Tatsächlich ist es so, dass "gutbürgerliche" Einwanderer, seien es Ärzte oder Ingenieure samt ihrer Familien, in Deutschland oft recht schnell Fuß fassen. Das gilt nicht nur für Westeuropäer, die es ohnehin leichter haben, sondern auch für Menschen aus anderen Kulturkreisen.

Darüber hinaus kennen wir alle die Probleme, die auch ihren Niederschlag in den Medien finden. Da ist zum einen die für unsere Verhältnisse weit verbreitete familiäre Gewalt in manchen russischen Familien, nicht selten gepaart mit Alkoholismus. Gerade jugendliche Russlanddeutsche, die erst mi 14 oder 16 Jahren einwandern, haben mit enormen Sprachschwierigkeiten zu kämpfen und laufen Gefahr, bereits in der Schule zu versagen. Zum anderen kommen Menschen nach Deutschland, die mit unserem Verständnis von Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen wenig anfangen können. Manchmal kommt Intoleranz in religiösen Fragen hinzu usw. Das alles macht das Zusammenleben nicht gerade einfacher.

Wir wissen auch, dass unsere zehnjährige Schulpflicht längst nicht überall im Ausland die Regel ist. Manche Migranten verfügen nur über eine geringe (Schul-)Bildung, etwa weil sie in ihrem Heimatland bereits ab ihrem 12. Lebensjahr Geld verdienen mussten. Gerade bei Flüchtlingen vergessen wir oft die Traumatisierung durch Krieg und Verfolgung. Das sind alles Aspekte, die wir als Deutsche einfach nicht sehen. Und dann wundern wir uns, wenn die Einwanderer sich "so komisch" verhalten.

Für andere Bevölkerungsgruppen, beispielsweise Türken, die schon in der dritten Generation in Deutschland leben, gilt das Gesagte zum größten Teil natürlich nicht. Wenn es hier zu Konflikten mit Deutschen (oder anderen ausländischen Gruppierungen) kommt, hat das meist andere Ursachen, die mindestens ebenso vielschichtig sind.

Wie dem auch sei. Die Menschenwürde gilt nun einmal für alle Menschen. Vielleicht gestehen wir uns jetzt ein, dass die Einwanderungspolitik hätte anders laufen müssen bzw. dass wir bei der Integrationspolitik zum größten Teil versagt haben. Das ist dann aber ein Problem der Deutschen.

Mittlerweile hat ca. jeder siebte Bundesbürger einen sog. Migrationshintergrund oder – salopp formuliert – keine deutschen Großeltern. Das ist schichtweg die Realität in diesem Land und wir müssen sowohl als Deutsche als auch als Ausländer damit gemeinsam klarkommen.

Wer meint, seine persönlichen Probleme z. B. den Asylbewerbern in die Schuhe schieben zu können, ist selbst das größte Problem.
 
Kann dir nur zustimmen, aber die Ausgangsfrage war ja auch "hat sich in den letzten 15 Jahren nix getan und was kann man jetzt machen, damit sich etwas tut?". Und außer dem persönlichen Einsatz gegen extremistische Gewalt (auch verbale) und einer Einschränkung der Immigration unterqualifizierter Einwanderer, fällt mir nichts ein. Was wären eure Lösungsansätze? Denn die sind es, woran es mangelt.
 
Einen nennenswerten Zustrom haben wir ja kaum noch. Wenn ein Flüchtling aus Afrika in Italien an Land geht, kann er von dort aus nicht mehr legal nach Deutschland „flüchten“, weil er sich bereits auf sicherem Boden befindet. Über die Flughäfen kommt man auch nicht ohne Weiteres ins Land.

Wir müssen uns um die Menschen kümmern, die bereits in Deutschland leben. Denn mit denen haben wir es täglich zu tun. Man kann die Ghettobildung anprangern, aber die lässt sich nicht verhindern. Dafür gibt es viele Gründe: Wenn die Migranten zumindest im Durchschnitt über eine geringe Schulbildung verfügen (als Indiz führe ich den deutlich geringeren Prozentsatz an Abiturienten im Vergleich zu Deutschen an), dann resultieren daraus häufig geringere Einkommen. Eine größere Anzahl an Kindern kann das Wohlstandsgefälle noch verschärfen. Also leben viele Migranten dort, wo der Wohnraum günstig ist. Und das ist dort, wo auch die Deutschen wohnen, denen es wirtschaftlich nicht sonderlich gut geht. Ein weiterer Aspekt ist der Wunsch, unter Seinesgleichen zu sein. Wenn ich nach New York übersiedeln würde, hätte ich auch nichts dagegen, in meiner Nachbarschaft einige deutsche Familien und einen Shop mit Spezialitäten aus Deutschland zu haben. So entstehen über die Jahre verschiedene Viertel. Und wer sich eine teure Villa leisten kann, baut diese auch lieber an den Stadtrand als zwischen Plattenbauten.

Es wird sich daher kaum vermeiden lassen, dass Kinder aus eher bildungsfernen Familien in größerer Zahl bestimmte Schulen besuchen, während privilegierte Schüler woanders eher unter sich sein werden. Das ist auch nicht neu.

Viel wichtiger ist die Erkenntnis, dass in manchen Migrantenfamilien zu Hause kein Deutsch gesprochen wird, und zwar selbst in den Familien nicht, die schon fast seit Ewigkeiten hier leben. Und ein großer Prozentsatz der Migranten lebt tatsächlich schon lange Jahre in Deutschland. Aber wenn z. B. die Hausfrau und Mutter kaum Kontakt mit Deutschen hat, spricht sie auch kaum die deutsche Sprache. Somit darf es nicht verwundern, wenn abends über Satellit praktisch nur ausländische TV-Sender gesehen werden. Deutsche Zeitungen werden entsprechend auch seltener gelesen und diese Menschen sind vom Alltag in Deutschland mehr oder weniger abgeschottet, auch wenn es z. B. deren Kindern schon wieder anders aussehen mag.

Was kann man dagegen tun? Das ist in der Tat schwierig. Die Schwierigkeiten treten manchmal schon auf, wenn ein deutscher Junge auch nur ein türkisches Mädchen ins Kino einladen will. Wenn man genügend Pech hat, ist gleich der große Bruder zur Stelle, der meint, er müsse die Ehre seiner Familie retten. – Für viele Deutsche ist das überhaupt nicht nachvollziehbar, weil Werte wie Ehre oder Familie bei ihnen längst nicht so hoch hängen. Das ist umso seltsamer, als dass türkische Jungen anscheinend deutlich weniger Probleme mit deutschen Freundinnen haben. Im Urlaub (Marokko, Tunesien) läuft es nicht anders: Deutsche Frauen werden an jeder Straßenecke angesprochen, aber wehe, ein deutscher Mann interessiert sich für eine Einheimische. Vier scheinen unterschiedliche Menschenbilder zu kollidieren.

Um eine vernünftige Verständigung zu erzielen, müssen wir zunächst einmal für den Abbau der Sprachbarrieren sorgen. Das ist elementar. Wer mit Sprachproblemen eingeschult wird, hat nämlich von Beginn an einen schweren Stand. Gleichzeitig muss bei den Migranten die Bereitschaft wachsen, sich der deutschen Gesellschaft zu öffnen. Wenn z. B. in manchen Koranschulen gegen die westliche Welt und das Christentum/Judentum gehetzt wird, ist das dieser Sache nicht gerade förderlich.

Wir müssen den Migranten darüber hinaus das Gefühl vermitteln, dass sie in Deutschland eine Chance haben. Wer fleißig ist, kann hier z. B. Abitur machen und auch studieren. Ich kenne selbst genügend Beispiele dafür. Wenn die Eltern oder Großeltern selbst nur fünf oder acht Jahre zur Schule gegangen sind, dann ist das im „Familienrat“ möglicherweise nicht durchsetzbar. Aber die Einsicht, dass Bildung wichtig ist, muss in den Köpfen der Betroffenen wachsen.

Eine Tochter ist eben nicht nur dazu da, den Sohn des befreundeten Nachbarn zu heiraten. Was uns in derartigen Fällen (z. B. Zwangsheirat) manchmal als Ausprägung der eigenen kulturellen Identität verkauft wird, ist nicht selten schlichtweg ein Verstoß gegen unser Grundgesetz. Und da hört die „Toleranz“ nun einmal auf.

Es geht darum, dass sich beide Seiten bewegen. Die Deutschen müssen offen und tolerant bleiben, die Migranten müssen sich den hier geltenden Gesetzen und manchmal auch den Gepflogenheiten beugen. Daran ist in den letzten Jahrzehnten zu wenig gearbeitet worden.
 
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@keshkau
Wo ist denn da Bewegung von beiden Seiten, wenn die Deutschen gemäß deines letzten Absatzes tolerant bleiben sollen? Das interpretiere ich so, als sie bereits tolerant sind und im grunde nichts weiter zu tun haben als es nachwievor zu bleiben.
Soweit ich das überblicken kann forderst du eigentlich nur die Ausländer auf zur Anpassung.
 
Genau das meine ich th3o. Es ist rein noch gar ncihts passiert. Es wird sehr viel geredet, auch seitens der Politik, aber ich sehe da in den letzten Jahren keine Veränderung. Und auch diesmal, aber das habe ich bereits mehrmals geschrieben, werden alle wieder verstummen. Es wird ein bissl warme Luft aufgewirbelt und das war es.
Wir sind weit von einer zufriedenstellenden Situation entfernt.
 
Seit einiger Zeit, leider viel zu spät, gibt es die Sprachprüfungen bei Vierjährigen. Damit will man Defizite im Umgang mit der deutschen Sprache noch vor der Einschulung abbauen. Das ist ein offensiver Schritt, den die Deutschen auf die Migranten zu gemacht haben.

Wenn ich Toleranz gegenüber Ausländern einfordere, dann bezieht sich das auf die Akzeptanz kultureller Unterschiede, die sich z. B. in der Kleidung oder im Umgang miteinander ausdrückt. Ich staune z. B. regelmäßig darüber, wenn türkische Jugendliche in größeren Gruppen unterwegs sind, die zugleich fein säuberlich nach Geschlechtern getrennt sind. Für mich ist so etwas völlig fremd, da ich es bevorzuge, zu zweit oder auch schon mal in sehr kleinen Gruppen (männlich und weiblich) unterwegs zu sein. Aber ich akzeptiere das und kenne es auch z. B. aus dem Urlaub. Da gehe ich in Griechenland in ein Café und sehe dort ausschließlich (ältere) Männer. Die Frauen bleiben einfach außen vor.

Auf deutscher Seite gibt es aber auch Intoleranz bzw. Diskriminierung, wenn z. B. ein Arbeitgeber sagt, dass er keine Türken, Griechen usw. einstellt. Das ist kein rein deutsches Problem, wenn ich nur an die Rassendiskriminierung in den USA erinnern darf. Aber solange es solche Praktiken gibt, darf man sich nicht wundern, wenn die Jugendlichen der Meinung sind, von Beginn an zu den Verlierern in der Gesellschaft zu gehören und gar keine Chance geboten zu bekommen.

Die Deutschen kommen den Ausländern dennoch in vielen Punkten entgegen. Man lässt hier Moscheen errichten, wogegen der Bau einer Kathedrale in den meisten arabischen Ländern ein frommer Wunsch bleiben dürfte. Vom Gesetz her, d. h. zumindest auf dem Papier, gibt es also so gut wie keine Unterschiede.

Es hapert allein an der Praxis. Und die Ressentiments resultieren eben oft aus Dummheit. Es wurde hier irgendwo schon einmal der Bericht über ein strukturschwaches, ostdeutsches Kaff angeführt, wo viele Menschen den Ausländern die Schuld an ihrer Misere gaben. Dabei lag der Ausländeranteil dort gerade einmal bei zwei Prozent. Diese Menschen haben also zunächst einmal ein Problem zwischen ihren beiden Ohren. Und ich würde nie behaupten, dass es da keinen Anpassungsbedarf gäbe.
 
@keshkau: Das Thema Integration ist zu komplex um es in diesem Thread "nebenbei" zu diskutieren. Falls du darüber reden möchtest bitte ich dich einen eigenen Thread dazu im PuG zu eröffnen.

@Black Savage: Leider hast du damit Recht. :(

Was meint ihr, ob ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD ein wirksamer Schritt zur Bekämpfung des Rechtsextrimismus wäre?
 
Ok, dann lassen wir das an dieser Stelle. Ich wollte nur betont wissen, dass sich die Gewalt, von der wir hier reden, nur in Ausnahmefällen gegen Schweizer oder Niederländer richtet. Es geht um das Fremde, das den Menschen Angst einflößt, etwa weil sie es nicht verstehen.

Und ich denke, dass es einmal an uns liegt, gegenüber anders aussehenden und anders lebenden Menschen fair und tolerant aufzutreten, aber dass man als Einwanderer ebenso eine Pflicht hat, sich den Regeln des Staates anzupassen, in dem man lebt.

Deshalb muss sich der russische Vater, der es gewohnt ist, seine Familienangehörigen regelmäßig zu verprügeln, nach seiner Deutschland-Einreise von seinem Ritual trennen. Und deshalb ist es auch nicht in Ordnung, wenn Eltern ihre Töchter beschneiden lassen, selbst wenn es in ihrer Heimat üblich sein sollte. Rituelle Tierschlachtungen in öffentlichen Parks fallen auch darunter, ebenso wie Probleme mit der sexuellen Selbstbestimmung (Stichwort "schwule Türken" - http://www.g26.ch/gay_kultur_52.html).

Bestimmte Praktiken, die auf „kulturellen“ Andersartigkeiten basieren mögen, sind in unserem Land nun einmal schlichtweg verboten. Und weil das manche Einwanderer nicht zu jucken scheint, provozieren sie ungewollt sogar noch das Misstrauen, das ihnen hier und da entgegengebracht wird. Mir scheint, dass manche Einwanderer immer noch zu wenig Wert darauf legen, ein Bestandteil des „deutschen“ Gemeinwesens zu sein.

Das sind keine Gründe, um Inder durch Mügeln zu jagen. Aber ich weiß auch nicht, was diesen Mob geritten hat. Das war ein krimineller Übergriff und die Leute gehören notfalls eingebuchtet. Wenn Fremdenfeindlichkeit als Motiv hinzukommt, müsste bei der Strafe entsprechend draufgesattelt werden. Denn wenn den Leuten mit Vernunft nicht beizukommen ist, bleibt wohl nur die Abschreckung.
 
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smacked2 schrieb:
Was meint ihr, ob ein neues Verbotsverfahren gegen die NPD ein wirksamer Schritt zur Bekämpfung des Rechtsextrimismus wäre?

Ein klares Nein, nur müssen die Deutschen endlich begreifen, dass der Rechtsradikalismus und damit auch die NPD kein ausschließlich Ostdeutsches Problem ist und somit nur gemeinsam bekämpft werden kann.

Ein Verbot solcher Organisationen macht diese nur noch interessanter und schwerer zu kontrollieren, hier hilft nur die politische Auseinandersetzung und die besseren Argumente.

Allerdings ist es schwer diese zu finden da die NPD-Mitglieder nicht alle dumm und primitiv sind, ganz im Gegenteil sehen sie sehr genau die Schwachstellen unserer Gesellschaft und nutzen diese konsequent aus.

Um es noch mal ganz deutlich zu sagen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit sollte man nicht in einen Topf werfen, sie bedingen nicht einander.

Wenn man Leute die im Handel arbeiten fragt und hört was die so über das Verhalten von manchen Volksgruppen in ihren Läden erzählen, die dort klauen sich schlecht benehmen ..., dann kann man schon verstehen wenn manche Leute nicht gut auf Ausländer zu Sprechen sind.(den passiert auch nichts wenn sie erwischt werden, außer der Drohung ich bin bald wieder hier und dann...)

OMaOle
 
Wie sagte Genscher einst: "Man muss nur weit genug links stehen, um alles andere als rechts zu empfinden".
Also meinen Erfahrungen und gewonnenen Eindrücken nach, ist bei den meisten Ausländerfeindlichkeiten nicht der Ausländer, also die Hautfarbe ansich Hauptproblem, sprich Rassismus der Hintergrund der Abneigung. Sondern vorallem die kulturellen und traditionellen Unterschiede und Mentalitäten, welche mangels Aufklärung, Kontakt/Gewohnheit eben auf Inländer befremdlich erscheinen. Umso aussergewöhnlicher/ auffälliger (zb. Muslime, andererseits unsere offene und freizügige Lebensart) dies ausgelebt wird, umso anstössiger und abgeneigter gegenüber zur jeweils anderen Kultur. Das hat für mich weniger mit Rechtsextremismus zu tun, als viel mehr mit Konservatismus und mangelnder Aufklärung.

Es resultiert aus Defiziten auf beiden Seiten, denn es gehören nunmal immer beide Seiten zum Miteinander und ggs. Verständnis dazu. Der Gesetzgeber versucht durch Paragraphen zwar alle in ein friedliches und rechtlich korrektes Miteinander zu pressen, vermag allerdings nicht die Köpfe zu kontrollieren und wie schon erwähnt wurde, Theorie und Praxis zusammenzuführen. Das kann nunmal nur aus sich selber heraus, an der Basis erfolgreich zum Ziel führen, wobei beide Seiten dies auch ernsthaft wollen müssen. Bisher hat man sich aber auf beiden Seiten den Problemen eher durch Ausgrenzung und Abschottung entzogen und sein Leben unter sich wie gewohnt weitergeführt, als diesen Umständen aktiv entgegenzuwirken und aufeinander zuzugehen, beiderseitige Resignation und/oder Desinteresse stattdessen. Parallelgesellschaften und kleinste Anlässe/Begebenheiten können da schon geringste latente Vorurteile bestätigen und schüren, bis hin zu Extremen wie brennenden Ausländerwohnheimen oder Ehrenmorden ausufern. Sozialer Hintergrund oder geringere Bildung ist oft eine Ursache dafür, aber mir sind auch in den gebildeteren und besserverdienenden Schichten ähnlich konquere Ansichten nicht gerade unbekannt.
Sie werden dort nur geschickter verschleiert.

Wenn sich dazu noch falsch verstandene Holzhammer-Integrationspolitik gesellt, wie Vorschläge die dt. Nationalhymne auf türkisch zum gleichberechtigten Standard zu machen oder die oft anstössige willkürliche Errichtung von Moscheen, kann es auf beiden Seiten nicht zielführend sein.
Es reicht auch nicht, wenn ein "Migrant" sich "nur" an die geltenden Gesetze im aktuellen Land hält, sprich zb. bei Rot nicht über die Strasse zu gehen und glaubt, damit sind sein Soll und seine Pflicht schon vollends erfüllt.
Etliche Deutsche verwechseln wiederum Integration mit Assimilation. Das mag bei westeuropäischen/kulturell ähnlichen Ausländern durchaus auch real keine Hürde darstellen und wird somit weitestgehend akzeptiert, wird dabei aber auch von Ausländern mit weitaus unterschiedlicherem kulturellen und traditionellen Hintergrund erwartet.

Genausowenig wie man latenten Rechtskonservatismus auf Krampf aus den Köpfen bekommen kann (zb. durch NPD-Verbot), kann man auf beiden Seiten Kultur, Traditionen und Mentalitäten von heute auf morgen "umformen" (zb. Parallelgesellschaften auflösen). Das geht nicht und bedarf eine lange Zeit und sehr viel Aufklärungsarbeit und Miteinander. Verschiedene Kulturen völlig harmonisch nebeneinander in Einklang zu bringen hat bisher in der Geschichte noch nie vollends geklappt und immer zu Konflikten geführt.
Was ich aber von beiden Seiten wenigstens erwarte ist weniger die Toleranz (denn die löst das Grundproblem meiner Meinung nach nicht), sondern vorallem gegenseitiger Respekt und die wirkliche Bereitschaft zum Miteinander, statt nebeneinander.
 
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OMaOle schrieb:
Ein klares Nein, nur müssen die Deutschen endlich begreifen, dass der Rechtsradikalismus und damit auch die NPD kein ausschließlich Ostdeutsches Problem ist und somit nur gemeinsam bekämpft werden kann.
Ich geb dir absolut Recht, wenn du sagst, wir müssen das Problem gemeinsam bekämpfen. Es ist eben ein deutsches Problem. Allerdings würde ich soweit gehen zu sagen, ihr Potenzial holen sich Parteien wie die NPD schon eher aus dem Ostteil Deutschlands.
Allein in Berlin, wäre eine Partei wie die NPD in Wedding, Tiergarten, Reinickendorf, Neukölln etc. einfach undenkbar.
Wie das jetzt gesamtdeutsch zu sehen wäre, vermag ich mir kein Urteil zu bilden.

Was allerdings nichts am Kern deiner Aussage ändert. Es ist unser aller Problem und muss bekämpft werden.


@Relict
Toller Beitrag. Insbesondere der letzte Absatz. Ich glaube auch in keinster Weise daran, dass ein Verbot der NPD uns auch nur einen Schritt weiterbringt.
Es muss grundsätzlich in den Köpfen aller Beteiligten auf beiden Seiten etwas geschehen.
Aber das hat ja Relict schon sehr gut erläutert.
 
Zunächst einmal stimme ich Relict zu, auch wenn ich jetzt noch eine Anmerkung nachschiebe. Wenn es nicht anders ginge, hätte ich nicht einmal etwas gegen ein "geordnetes Nebeneinander" einzuwenden, solange dabei gewisse Mindeststandards eingehalten werden (Gesetzestreue, Vorrang der deutschen Sprache).

Aber in Deutschland haben wir keine "funktionierenden Inseln der Glückseligkeit", wie man sich das für ein Chinatown oder Little Italy vorstellen könnte. Hierzulande bereiten uns die sozialen Brennpunkte Sorgen, die wie in Neukölln gleichzeitig ein Sammelsurium von Migranten beherbergen, zwischen denen es immer wieder mal kracht. Diese Menschen bilden dabei keine eigenständigen Gruppen innerhalb unserer Gesellschaft, sondern eine Außenseitergesellschaft.

Wir sind mittlerweile so weit, dass wir an viele dieser Leute gar nicht mehr herankommen. Und ihr deutsches soziales Umfeld ist dort auch nicht gerade geeignet, die Konflikte aus der Welt zu schaffen. Der Trend hin zur weiteren Entfremdung wird deshalb wohl zumindest in manchen Gegenden eher fortbestehen. Denn wir schaffen es heute nicht einmal, sozial schwache Familien mit deutscher Herkunft in unsere Mitte zu integrieren. Da sehe ich noch nicht, wie uns das bei den Migranten gelingen soll.

Mir ist schon klar, dass diese Überlegungen nur einen Teilaspekt abdecken. Denn es gibt auch Fälle von Fremdenfeindlichkeit gegenüber Menschen, die in Deutschland ein völlig unauffälliges Leben führen mit Job, gut erzogenen Kindern und einem Auto vor der Tür.


Edit: Sorry, das ist ja der Thread, wo ich mich eigentlich nicht mehr zum Thema Integration äußern wollte. Also bei Bedarf einfach ignorieren.
 
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keshkau schrieb:
Wir sind mittlerweile so weit, dass wir an viele dieser Leute gar nicht mehr herankommen.
Trägt daran jetzt der Migrant die Schuld?
Dein Post klingt so (ich kann mich natürlich irren), als sei daran der Ausländer Schuld. Wir haben seit vielen Jahren versäumt diesbezüglich etwas aufzubauen. Sicherlich sollte dann der Migrant seine Möglichkeiten nutzen, sich zu integrieren.
Aber die Möglichkeiten oder Bedinungen, müssen vom deutschen Staat auskommen und da sehe ich das Versäumnis eher auf dieser Seite. Die sozialen Brennpunkte wie du sie nennst, und der Aspekt, dass es eine "Außenseitergesellschaft" (geworden) ist, gehen für mich vorrangig zu Lasten des Staates.
 
Ich habe nur festgestellt, dass wir z. B. Stadtteile haben, die aus dem Ruder gelaufen sind (hohe Arbeitslosigkeit, Armut, geringe Bildung, hoher Migrantenanteil innerhalb der Bevölkerung). Die Zustände dort sind ganz objektiv betrachtet unter aller Sau.

Das heißt keineswegs, die Migranten seien schuld, dass sie keine Jobs haben oder eher die schlechter bezahlten Jobs bekommen, die es ihnen wiedeum nicht erlauben, in "besseren" Gegenden zu wohnen. Die Situatiion ist einfach deshalb so, weil sie sich in den letzten Jahrzehnten derart entwickelt hat. Wer dafür verantwortlich ist, spielt für mich in diesem Zusammenhang keine Rolle. Und ich werde ich hüten, das an einer einzelnen Ursache (z. B. Sozialstaat) festzumachen.
 
keshkau schrieb:
Wenn es nicht anders ginge, hätte ich nicht einmal etwas gegen ein "geordnetes Nebeneinander" einzuwenden, solange dabei gewisse Mindeststandards eingehalten werden (Gesetzestreue, Vorrang der deutschen Sprache).
Ein Nebeneinander impliziert aus meiner Sicht eine Trennung.
Die im Integrationskontext gern geforderte und zitierte Toleranz hat für mich noch lange nichts mit Akzeptanz zu tun. Toleranz ist nichts anderes wie Duldung, akzeptieren oder gar respektieren muss ein Toleranter es jedoch noch lange nicht und es wird sich immer wieder durch kleinste Auslöser zu Konflikten und Eskalationen gegenseitig hoch schaukeln.
Daher wird es nur innerhalb eines Staates durch Miteinander funktionieren, Nebeneinander haben wir schon Nationalstaaten, da kocht auch jede Gesellschaft bevorzugt ihr eigenes Süppchen.

Was mir besonders befremdlich erscheint ist die Tatsache, dass gerade die jungen Staatsbürger mit Migrantionshintergrund aus dritter Generation verstärkt wieder zu ihren alten Werten zurückkehren. Also das ganze Gegenteil von Miteinander.

Denn es gibt auch Fälle von Fremdenfeindlichkeit gegenüber Menschen, die in Deutschland ein völlig unauffälliges Leben führen mit Job, gut erzogenen Kindern und einem Auto vor der Tür.
Das ist dann eher oftmals ein Fall von üblichem Neid, Missgunst und Hass. Vielleicht ist die Hemmschwelle generell bei Fremden/ Andersdenkenden/ Andersaussehenden ggü. der Mehrheit schon niedriger, aber vom Grund her könnte das auch jeden Deutschen betreffen. Auch wir haben mitunter übelste "Nachbarschaftsstreitigkeiten", Diskriminierung und Gewaltkriminalität.
Nur solange wie kein Migrant darin verwickelt ist, wird es auch ohne Diskussion als eben solche anerkannt. Im anderen Falle gern medial als Ausländerfeindlichkeit oder gar Rechtextremismus aufgebauscht. Sicher gibt es das auch, doch warum legen dann unsere Gerichte oft in ihren Urteilsbegründungen eben nicht rechtsextremen Hintergrund, sondern nicht politisch motivierte Kriminalität zugrunde? Sehen sie es wirklich falsch und zu lasch, unterschätzden sie die Lage, oder sehens wir zu eng und vorurteilsbeladen?


Denn wir schaffen es heute nicht einmal, sozial schwache Familien mit deutscher Herkunft in unsere Mitte zu integrieren. Da sehe ich noch nicht, wie uns das bei den Migranten gelingen soll.

Wir haben noch nicht mal vollständig die geistige Ost-West-Trennung im eigenen Volk beseitigt, die Türken nicht ihr Kurdenproblem im eigenen Land und und und, und da wollen wir allen ernstes dies alles über(g|s)ehen und zwei unterschiedliche Völker, Kulturen und Traditionen einen? Das Unterfangen kann SO nur scheitern.

@BlackSavage
Trägt daran jetzt der Migrant die Schuld?
Auch, aber nicht alleine, das sollte klar sein. Jeder trägt sei Scherflein dazu bei.
Es bedarf für sowas auch nicht ausschließlich staatlicher Regelungen. Der Staat kann zwar Angebote machen, aber ohne die eigene Bereitschaft diese anzunehmen oder beiderseitiges Entgegenkommen bringt das alleine überhaupt nichts.

Das hat auch nicht zwangsläufig was mit dem sozialen Umfeld/ der Gegend/ des Geldbeutels zu tun. Armut ist keine Schande. Kriminell muss man da noch lange nicht werden, genauso nicht intolerant oder radikal, weder denken noch handeln.

Wie auch immer, ein Konzept zur Lösung habe auch ich nicht. Wahrscheinlich müsste an sowas sehr individuell herangegangen werden. Hintergründe sind eben vielfältig und unterschiedlich. Da kann man nicht pauschal über alles eine allgemeingültige Gesetzestüte drüberstülpen. Das muss von unten, von der Basis selber heraus kommen. Der Staat kann nur dabei behilflich sein, aber auch nicht mehr.
 
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Aus aktuellem Anlass möchte ich von einer Begebenheit berichten, die ich heute erlebt habe: Ich stand an der Kasse im Supermarkt und hatte meine Artikel schon auf das Band gelegt. Nach mir waren zwei ältere Rentnerinnen an der Reihe. Aus dem Hintergrund schob sich eine arabische Frau mit Kopftuch (ca. 50-60 Jahre) an den beiden vorbei und stand dann mit einem einzelnen Artikel in der Hand hinter mir. Während meine Waren abkassiert wurden, regten sich die beiden Rentnerinnen langsam darüber auf, dass diese Frau gar nicht – wie sie zunächst geglaubt hatten – an der Kasse vorbeigehen wollte, sondern sich nur vordrängelte.

Es war nicht so, dass die Rentnerinnen es eilig gehabt hätten, aber sie machten ihrem Unmut darüber Luft, dass die Frau nicht wenigstens gefragt hatte, ob man sie vorlässt. Die Kassiererin hatte sogleich eine Erklärung parat: „Kein Wunder, sie spricht ja auch kein Deutsch. Schon dreißig Jahre in Deutschland, aber …“ Eine der beiden Rentnerinnen bemerkte mit Bezug auf die Araberin: „Unverschämte Person! So etwas würden wir uns in den arabischen Ländern nicht erlauben!“

Zwischendurch sagte die Araberin noch, dass ihr Mann vor der Tür auf sie warte. Das war wohl die Begründung dafür, dass sie sich beeilen müsse. Die drei Frauen spekulierten darüber, ob diese Frau kein Deutsch sprechen konnte oder wollte. Aber das bekam ich nur noch am Rande mit, weil ich auch schon aus dem Kassenbereich verschwunden war.

Nun war das zunächst einmal ein Einzelfall und die eine Rentnerin sprach lediglich von einer „unverschämten Person“. Ich habe mich gefragt, wie oft sich so ein Vorfall wiederholen muss, bis jemand von „den unverschämten Arabern“ spricht.

Auf jeden Fall hat die Araberin ihren Landsleuten mit diesem Verhalten keinen Gefallen erwiesen. Denn die Menschen machen es sich gerne einfach und denken viel in Schubladen. Wenn ich diesen Vorfall der „Unverschämtheit“ irgendwo einordnen will, dann stehen mir nicht allzu viele Register zur Auswahl: Frau, ca. 50-60 Jahre alt, arabische Abstammung.

So kann es passieren, dass bestimmte Ereignisse – zu Recht oder zu Unrecht – den Ausländern bzw. Migranten angelastet werden. Auch deshalb wird manche jugendliche Ghettogang vielleicht nur als Ausländer-Gang wahrgenommen. Die Wahrnehmung verschiebt sich. Und dann sind plötzlich die Ausländer schuld, auch wenn das objektiv totaler Quatsch sein mag, wie in #86 von mir beschrieben.

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Darüber hinaus hat Relict noch den Punkt angesprochen, dass die dritte Migrantengeneration teilweise dazu übergegangen ist, sich zurückzuziehen. Das hat eindeutig mit den Kräften zu tun, die an der Islamisierung der Menschen hier im Land arbeiten. Ich weiß von Türken, die von ihren Eltern eigentlich zum Arabisch- oder Türkisch-Unterricht geschickt wurden, dass sie von Lehrern unterrichtet wurden, die in einer Tour von Allah und vom Koran redeten. Das war Islamunterricht in Reinform. Und bekanntlich nehmen manche dieser Prediger kein Blatt vor den Mund.
 
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@ keshkau

Sowas gehört zum Alltagsrassismus, das bekommt man auch nicht weg. Ich sehe ein großes Problem im organisierten Nazitum das auch Gewalt und Mord anwendet.

Der Alltagsrassismus ist in Deutschland kein Deutsch vs. Ausländer Phänomen, sondern auch unter Ausländern gibt es Rassismus. Gerade unter Italienern, Spanier und Portugiesen herrscht eine große Ablehnung gegenüber Türken, Araber und mittlerweile gegen Russen und Polen.
 
Aber ist dieses Alltagsgeschehen nicht der Nährboden für die organisierten Rechtsextremisten. Die machen doch nichts anderes als an die latent vorhandenen Ängste der Menschen zu appelieren bzw. Neid zu schüren. "Die Türken nehmen Dir und Deinen Kindern den Job weg." - "Die Polen stehlen Dein Auto." - "Die Afrikaner haben sieben Kinder und bekommen xy Euro Sozialhilfe im Monat." - "Die mafiosen Italiener sind doch alle kriminell."
 
keshkau schrieb:
Aber ist dieses Alltagsgeschehen nicht der Nährboden für die organisierten Rechtsextremisten....

Nicht unbedingt. Neo-Nazis verfolgen eine ganz klare Doktrin, was der Alltagsrassist nicht tut. Dieser ist in einem Moment über Türken am lästern, eine Stunde später sitzt er in einer Dönerbude und lacht mit Hakan über Gott und die Welt.
Organisierte Nazis sind zwar auch in der Lage zB. mit Arabern zu symphatiesieren, doch nur für ihre eigentlichen Ziele ( Judenhass!). Der Alltagsrassist ist generell nicht unbedingt ein Antisemit und leugnet meistens auch nicht den Holocaust, wo hingegen der Neo-Nazi schon weiß wie er sich hier verhalten soll.
Bis zu einem Punkt sind zwar Alltagsrassisten auf einer Ebene mit Neo-Nazis zu setzen, jedoch erfolgt irgendwann der Punkt wo es auch ihm zu extrem wird, nach dem Motto:
" Ich habe nix gegen alle Ausländer sondern nur gegen kriminelle Ausländer und die die sich nicht anpassen".
Der Neo-Nazi nutz dieses zwar aus, denkt aber schon da weiter: Völkischen denken, arische Rasse etc....
 
.VeritaS. schrieb:
Motto:
" Ich habe nix gegen alle Ausländer sondern nur gegen kriminelle Ausländer und die die sich nicht anpassen".
Übrigens genau diese "Alltagsrassisten" (übrigens interessanter Begriff^^) versucht sich doch die NPD zu schnappen, genau mit solchen Slogans auf ihren Werbeplakaten: "Kriminelle Ausländer raus!"

@keshkau
Ich denke auch, dass wir zu allererst mal den Islam hier in D unter Kontrolle bringen müssen, um dieser schleichenden Islamisierung durch fundamentale Kräfte entgegenzuwirken. Das Thema ist nicht neu und wir hatten das ja auch hier schon in diversen Schul-Threads besprochen.
Das ist allerdings nur ein kleiner Teil vom ganzen. Denn es löst ja noch lange nicht die Probleme mit anderen Nationalitäten oder gar die untereinander.
Deshalb meinte ich auch, das man das Thema Integration sehr individuell anpacken muss, weil die Probleme und Hintergründe nun mal unterschiedlich sind.

Wir sollten jedoch bei allem Integrations-Enthusiasmus auf gar keinen Falle die deutschen Sozialfälle übersehen und übergehen. Da gibt es mindestens genau soviel zu tun und man muss dies deutlich und überzeugend herüberbringen.
Andernfalls braucht man sich sonst nicht zu wundern wenn dann solche verqueren Ansichten vernimmt, wie "Die Ausländer bekommen hier alles ohne Handschlag in den A..sch geschoben und wir bekommen stattdessen 'nen Tritt in selbigen". Hört man ja nicht selten, und übrigens nicht nur von Jugendlichen. Dumm nur, das hier tatsächlich einige Ausländer garnicht so schnell eine Arbeitserlaubnis bekommen und somit zwangsläufig vom Sozialstaat abhängig gemacht werden. Das versteht natürlich der Normalbürger oft nicht wirklich nachvollziehbar.
 
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