Herdware schrieb:
Die Urheber betonen ja immer, dass sie für ihre Arbeit bezahlt werden wollen und ich und wohl überhaupt so ziemlich alle stimmen dem selbstverständlich zu.
(Obwohl es genaugenommen kein Grundrecht auf so einen Anspruch gibt. Sehr viele Menschen können nicht von dem leben, was sie am liebsten tun. Aber das ist ein anderes Thema.)
Deshalb sollte das Urheberrecht im Kern Regeln, dass der Urheber über die kommerzielle Verwertung seiner Werke entscheiden kann und von allen damit erzielten Einnahmen einen gerechten Anteil erhält.
Was das Urheberrecht aber nicht reglementieren sollte, ist der auf die Veröffentlichung folgende private, nicht-kommerzielle Austausch von Mensch zu Mensch. Wo kein Geld fließt, an dem der Urheber beteiligt werden könnte, besteht auch keine Rechtfertigung für irgendwelche Verbote.
Es gibt keine Hinweise oder gar Beweise dafür, dass dadurch nenneswerter Schaden entsteht.
Wer wissen will, wie es um die Einnahmen der Urheber und legitimierten Verwerter bestellt sein wird, wenn freier privater Ausstausch stattfindet, der muss auch gar nicht groß spekulieren, sondern muss sich nur die heutige Situation und die der letzten über 10 Jahre anschauen. Der freie Austausch findet nämlich sowieso schon längst statt, ungeachtet aller Verbote, denn durchsetzen kann und will die letztlich keiner. (Ausgenommen von ein paar wenigen willkürlichen Exempeln, die wohl abschrecken sollen, es aber offensichtlich nicht wirklich tun.)
Das Recht der Urheber, darüber bestimmen zu können, was Menschen privat untereinander austauschen, ließe sich ja nur durchsetzen, wenn man jegliche private Kommunikation überwacht und gegebenenfalls unterbindet. Dem stehen aber elementare Grundrechte im Weg.
So ein Verbot ließ sich rechtsstaatlich durchsetzen, als man noch Fabriken/Presswerke und weltumspannende Vertriebsorganisationen brauchte, um Inhalte massenweise zu vervielfältigen und rund um die Welt zu verteilen. Aber nicht mehr im Zeitalter des Internets, wo sowas mit einem Mausklick erledigt ist.
Ich verstehe also die ganze Aufregung um die Reformforschläge der Piraten nicht. Die fordern nichts radikales oder weltfremdes, sondern nur eine Anpassung der Rechtslage an die sowieso gelebte Realität.
Die Alternative dazu, nämlich die Realität an die heutige Rechtslage anzupassen, kann keiner ernsthaft wollen, denn das würde zwangsläufig auf einen weltumspannenden Polizeistaat hinaus laufen.
Ich sehe in diesem Punkt eigentlich auch herzlich wenig Raum für irgendwelche Kompromisse.
Wenn man die Kontrolle des privaten Austausches nicht konsequent durchsetzen kann und will, dann muss das Verbot zwangsläufig wegfallen, denn ansonsten hätten wir nur weiterhin totale Rechtsunsicherheit, ein florierendes Abmahnunwesen und die ständige Gefahr durch von Lobbyorganisationen erwirkten Einschränkungen der Freiheitsrechte.
Auf Grund der Qualität mal ein Full-Quote für's Full-Ack!
So, jetzt mal zurück in die Realität für einige hier, die immer behaupten, das gab's vor dem Internet nicht. Das ist schlicht und ergreifend falsch. Kassettendecks dürften einigen hier wohl doch noch ein Begriff sein.
In Zeiten in denen ich noch keinen Rechner hatte und es noch keine CD-Brenner gab hab ich zB mir meinen Musik-Player wie folgt bespielt: Kassette auf Deck 1 (mit Recording Funktion) CD in den Player und aufgenommen. Geht zwar nur in Echtzeit, aber das is kein Problem, da man die Musik ja eh gern hört... Ggf. hat man das noch mit den Songs aus den Radiomitschnitten auf Deck 2 kopiert. Illegal war und ist daran garnichts. Der Qualitätsverlust ist vergleichbar mit einem Youtube-Download. Wieviele Leute sich da Kopien ziehen von zB. einem Youtube Video bzw. von einer CD is absolut irrelevant. Es gibt keinen krassen Verlust an Qualität, und absolut keine Abnützung am Ursprungsmedium.
Der Unterschied: Früher war's (l)egal. Heute kriegen die Labels den Hals nicht voll genug und deshalb brauchen wir die totale Internetrevolution zur Anpassung an ein veraltetes Vertriebsschema. Danke nein, eher nicht!
Besonders die Musikindustrie hat das Internet viel zu lange verpennt. Statt sich dieses neue Medium zu nutze zu machen und die User daran zu gewöhnen, haben sich diese an "illegale Downloads" gewöhnt, die lange Zeit nicht illegal waren! Ergebnis: Sowas wie illegale MP3-Downloads gibt's für das Volk nicht. Entsprechend groß ist das Unverständnis über die Illegalisierung und erst Recht über die ergriffenen Maßnahmen. Das ist zumindest teilweise vergleichbar mit der Prohibition im frühen 20ten Jahrhundert. Spätestens da sollte man gelernt haben, dass sich die Leute nicht alles verbieten lassen. Gesetze lassen sich nicht beliebig festsetzen...
Diese Diskussion um die illegalen MP3s ist übrigens fast haargenau die gleiche, die wir irgendwann mal hatten wie's um da das Copyright von Bildern ging. Folgende Situation: die News-Seiten -wie auch CB- stehlen regelmäßig Content in Form von Bildern und Text auf anderen Seiten, oft asiatischen. Würde das nicht passieren, würden diese Seiten die Seitenaufrufe -und damit die Werbeeinnahmen- bekommen. So, das Problem an der Sache ist, dass die wenigsten Menschen auf die Ursprungsseite aufmerksam würden. Ohne diese Seite gäbe es zwar den Content nicht, aber ohne die "Kopierer" wie CB, würde der Content kaum Leser finden, und damit die Ursprungsseite vlt. sogar mehr Klicks bekommen als ohne die "Kopierer". Ein wirtschaftlicher Schaden ist durch das Kopieren also offensichtlich nicht entstanden, obwohl die Leseranzahl direkt proportional der Einnahmen ist, bzw. scheinen diverse asiatischen Quellen dadurch nicht "konkurs" zu gehen. Man könnte jetzt argumentieren, Musik ist "was anderes", aber das ist nicht der Fall. Die Ursprungsseite/der Urheber kriegt vlt. (!) weniger Klicks (vlt. auch genau das Gegenteil, da ohne die Kopien die News in der Versenkung verschwunden wäre, aber so einige den Backlink geklickt haben), aber die Kopien entscheiden für die Ursprungsseite nicht über die Existenz. Selbiges ist bei Musik der Fall. Selbst wenn die Raubkopien wegfielen, würde das keinen Einfluss auf den Zustand der Künstler haben. Die erfolgreichen/reichen Künstler wäre immernoch in ihrem Porsche unterwegs und der arme Künstler wäre immernoch arm. Wobei der im Schema der Rechteverwerter sowieso benachteiligt wird. Kopien könnten hier seinen Bekanntheitsgrad steigern -und der ist wichtig, denn ohne den kauft auch keiner die Musik. Fazit: für die Reichen machts keinen Unterschied ob Download oder nicht. Und genau um die geht's aber in der Regel...
Aber nix für ungut, es is ja nicht so, dass der Konsument nicht bereit ist zu zahlen (die die es nicht sind, weil ihr Taschengeld nicht reicht oder sie Hartz4 beziehen würden es nicht kaufen, da is es wurscht; diese Raubkopien != Verlust), aber sicher nicht für ein DRM-verseuchtes und/oder low-quality MP3-File.
Wenn's Songs zu einem vernünftigen Preis als FLAC (!), korrekt getagt (ohne Werbung drin) irgendwo zum Downloaden gäbe, könnte man sich die Sucherei im Internet sparen nach einer Version in akzeptabler Qualität.
Im Übrigen würde ich genau den 1sten Absatz von Herdware nochmal bitte zu überdenken! Vlt. isses "eine andere Diskussion", aber sie hat doch sehr viel mit dem Thema zu tun. Musik ist prinzipiell ein Kulturprodukt. Etwas das von Menschen schon seit der Steinzeit praktiziert wird. Immaterielle Güter wurden erst vor relativ kurzer Zeit in Massenproduktion vervielfältigt, zB dem Buchdruck oder Schallplatten. Vorher waren Kopien Gang und Gäbe. Selbst Fachbücher -solche die heute gerne mal 100te von Euro kosten- wurden in Klostern abgeschrieben.
Mit der Massenproduktion -und damit idR einhergehenden Kommerzialisierung- wurden aber diese Art von "nicht autorisierten Kopien" illegalisiert, anfangs zwar noch toleriert, da es einen Qualitätsverlust gab oder mit viel Aufwand verbunden ist, aber mit zunehmender Verbesserung der Kopiertechniken (zB der Sprung von Kassetten-Recorder auf CD-Brenner bei der Musik) wurden die Urheber paranoider. Was sich seither aber nicht geändert hat ist das -berechtige- Unverständnis für die Illegalität einer nicht lizenzierten Kopie. Dieses Verständnis ist idR bei Software ein anderes, da diese idR als technisches Produkt betrachtet wird, wie ein Auto, ein Computer oder irgendein anderes materielles Objekt, wo ein gewisses Maß an Engineering dahinter steckt, was idR mit "Arbeit" assoziiert wird, und daher entlohnt werden muss...
Meine ganz persönliche Meinung zu dem Thema ist -vermutlich die der meisten hier-: Ein normaler Preis und die Leute verzichten freiweillig auf die Raubkopien. In Amerika kosten zB Streaming-Flatrates einen Nasenrammel, bei uns zahlt man ein Vielfaches. Natürlich kann man als Moralaposte jetzt behaupten: Wenn's zu teuer ist, dann verzichte drauf, aber in Anbetracht, dass es wo anders, wo der gleiche Lebensstandard herrscht, aus nicht nachvollziehbaren Gründen (in einer globalisierten Welt) billiger ist, eine kostenlosen Verfügbarkeit -legal oder nicht- gegeben ist, sowie des obigen Absatzes und der Tatsache, dass durch die Kopie niemandem etwas weggenommen wird (sowas wie eine Raubkopie existiert nicht), geht das
absolut gegen die menschliche Natur und kann daher nicht erwartet werden.
Daher MUSS das Vertriebsmodell/Urheberrechtsmodell angepasst werden und nicht erlaubt werden, dass zB die Lobby-Abteilungen der Branchen ein Modell zur Kontrolle des Internets entwerfen... Das ist die einzige logische Konsequenz...
MfG, Thomas