Also ich habe das mit dem Zurückfallenlassen schon deshalb auch in der Fahrschule nicht gelernt, weil das auf einer üblich vollen Autobahn gar nicht geht ohne dass der nächste Brummie hinter mir mich antrötet. Klar, man zieht nicht mit 90 auf die linke Spur, wenn man im Rückspiegel etwas sieht, und man geht mal kurz runter in den dritten Gang um aus den Hufen und schnell auf 110-120 zu kommen. Und natürlich versucht man zu überholen, bevor man zum Brummie aufgeschlossen hat. Aber wenn links lange genug keine Lücke war, bist du irgendwann gezwungen, dich reinzudrücken, damit der nächste Brummie hinter dir das nicht vor dir macht. Es gibt nichts stressigeres, als in der Nähe des Brummietempos zu fahren. Wenn man das Glück hat, in einem Auto unterwegs zu sein, mit dem sich 150 km/h gut anfühlen, kann man ja mit den meisten mitschwimmen, aber es gibt eben auch Autos, mit denen das nicht der Fall ist und nicht jeder kann sich einen Golf 7 oder vergleichbares leisten.
Und mal Butter bei die Fische: Dieser Stress, keine Lücke zum Überholen mehr zu finden, wenn man einmal auf LKW-Tempo ausgebremst wurde, ist genau der Grund, warum viele mit 110 oder 120 das Rechtsfahrgebot sehr gedehnt auslegen und schon nicht mehr rechts rüber gehen, wenn sie den nächsten LKW nur sehen. Gerd Moll der Online-Fahrlehrer hat das auch mal in einem Video geratschlagt, dass man sich da deshalb nicht so aufregen sollte.
Ich finde ja, jeder Fahrschüler sollte gezwungen werden in einem Auto mit weniger als 100 PS und nur schwacher Servolenkung, auf keinen Fall Drive by Wire, die Autobahnfahrten zu absolvieren. Dann merkt man vielleicht mal die andere Seite verstehen. Wie heißts im Motorradführerschein immer so schön: Schnell fahren kann jeder, langsam ist die Kunst.