Mein vorläufiges Fazit
Am Ende wird es nur Verlierer geben!
Das impliziert auch die AfD. Empirisch gesehen, goutiert es "der Wähler" nicht, wenn mit offensichtlicher Trickserei in der Politik gearbeitet wird. Die AfD unterliegt hier, wie so oft, der falschen Denkweise, man könnte eine Vertrauensstellung beim Wähler erwerben, indem man sich darauf beschränkt den anderen Parteien möglichst große Knüppel zwischen die Beine zu werfen, und ein Land lieber unregierbar macht, als konstruktiv mitzuarbeiten, was bei einer Minderheitsregierung eine echte Chance gewesen wäre. Leider setzt sich hier durch, was man auch sehr oft in Stadtverordnetenversammlungen beobachten kann. Die relativ neuen Mitglieder der AfD glänzen entweder durch wenig Sachkenntnis, Abwesenheit oder Faulheit beim mühseligen Aktenstudium. Richtig aktiv werden sie nur bei ihren wenigen Kernthemen, dann aber penetrant lautmalerisch, aber wenn es um Themen wie Friedhofsgebühren, Gewerbesteuersätze oder Anliegergebühren etc. geht, tauchen sie unterm Schirm ab, weil sie wissen, dass man damit beim Wähler nur verlieren kann, während laute Empörung gegen die Einrichtung eine Ecke für Moslems auf dem örtlichen Friedhof vermeintlich gut ankommt.
Die AfD hat in Thüringen die Chance zu konstruktiver Mitarbeit verpasst, aber es ist davon auszugehen, dass die Höcke-Fraktion das eh nie vorhatte.
Die traurigsten Vorstellungen haben hier aber CDU und FDP abgeliefert. Wie sie das ihren Wählern bei einer Neuwahl erklären wollen, bin ich mal gespannt.
Im Nachtrag sind die Versicherungen, es hätte keine Absprachen gegeben, das Peinlichste. 3 Fraktionen stimmen geschlossen für einen vermeintlich kurzfristig aus dem Hut gezauberten Kandidaten einer 5% Partei, und das unabgesprochen. Veräppeln kann ich mich selbst!
Ich geh davon aus, dass die CDU-Abgeordneten einfach die Schnauze voll hatten, von den Bevormundungen aus Berlin und denen mal ordentlich den Stinkefinger zeigen wollte. Ob ihnen klar war, dass sie eine weitere Parteikarriere sich abschminken können, oder die gesicherte Einkunft als Abgeordneter nunmehr sehr kurzfristig enden könnte, weiß ich nicht. Die FDPler haben ihrer Partei bundesweit einen gewaltigen Bärendienst erwiesen, wenn es um künftige 5% Hürden geht. Hätte der Herr Kemmerich "Eier" gehabt, hätte er die Wahl erst gar nicht angenommen, da eh nix draus werden kann.
Die CDU hat ihren Nimbus als sehr zuverlässige Partei (im Gegensatz zur SPD) im Parteienspektrum auf's Spiel gesetzt.
Ähnlich spektakuläre in Landesparlamenten gabs ja immer mal. Nur dass da die SPD Selbstzerfleischung betrieben hat. So 2008 hier in Hessen, als Kandidatin Ypsilanti, Parteilinke, entgegen den Aussagen vor der Wahl, sich in einer Minderheitsregierung von der Linken tolerieren lassen wollte. 4 Parteirechte haben ihr dann die Stimme verweigert. Man hat aber die einmalige Chance verspielt, den verhassten Roland Koch los zu werden, was das eigentliche Wahlziel war. Das war der Anfang vom Niedergang der SPD im ehemals "roten Hessen".
Oder die Wahl in Schleswig-Holstein 2005, als ein Abweichler (Heide-Mörder) die Wahl von Heide Simonis in 4 Wahlgängen torpedierte.
Ein Punkt, der mich am meisten ärgert, ist die Tatsache, dass man es geschafft hat, das Regierungsmodell Minderheitsregierung zu Grabe zu tragen. Und das in Zeiten, wo sich schnell Konstellationen bilden können, die dies als sinnvolle Lösung erscheinen lassen. Im Nachtrag hat Merkel wohl doch recht behalten, als sie das für Berlin bei der letzten Regierungsbildung kategorisch ausschloss, nachdem sich die FDP klammheimlich aus dem Straub gemacht hat.
Was nun? Um Neuwahlen wird man wohl kaum rum kommen und der Herr Kemmerich sollte das Kapitel so schnell wie möglich beenden, bevor er noch mehr Schaden anrichtet.
So richtig attraktiv ist die Aussicht auf Neuwahlen für CDU und FDP natürlich nicht. Sie werden ordentlich abgewatscht werden, denn hier ging es ja nicht um eine Richtungswahl oder das Verhindern einer Regierungsübernahme, da Ramelow das Land ja bereits regiert hatte, und das nicht schlecht so weit ich das aus dem benachbarten Hessen beurteilen kann. Es ging nur um Ränkespiele, und der Wähler hasst nichts mehr als das. Bei Neuwahlen wird Ramelow mit seiner Linken ordentliche Gewinne erzielen. Der traditionell miese Anteil der Grünen im Osten, wird sich nicht allzusehr vergrößern, da man insgesamt zu sehr miteinander fremdelt. Die SPD könnte Nutznießer sein, aber auch nur in eher geringem Maß. Steigen wir der Anteil der Nichtwähler aus Frustration. Wo aber gehen die Stimmen der CDU-Wähler hin? Der Gesamtanteil der Wähler in Deutschland, mit Bereitschaft vermeintlich nationalkonservative Parteien zu wählen, übersteigt kaum jede vierte Wählerstimme. Regional kann das aber anders sein und die östlichen Bundesländer nehmen immer noch eine Sonderstellung ein. Ich prophezeie mal, die Partei der Nichtwähler wird die größte sein!
Wie eingangs gesagt, verlieren werden alle. Insbesondere das Vertrauen der Wähler. Dafür allen Beteiligten seitens der Fraktionen von CDU, FDP, AfD herzlichen Dank!