Ein letztes Wort zu Aufarbeitung des 2. Weltkrieges. Tatsächlich halte ich die Begegnung mit dem Thema für ziemlich einzigartig, auch auf die Art und Weise wie damit umgegangen wird. Über Amerika und die Glorifizierung vergangener Kriege, von Afghanistan einmal abgesehen, ließen sich Bände füllen. Japan schiebt etwaige Kriegsverbrechen noch immer weit von sich und auch im Bewusstsein der Bevölkerung ist das Thema nicht stark verankert. Erst vor kurzem besuchten hochrangige Politiker den Yasukuni-Schrein, was als Affront gegenüber China zu verstehen ist. Vom Reich der Mitte gar nicht zu reden, das Hinweise an Tian'anmen kategorisch aus dem Netz filtert und Proteste meist schon unterdrückt, ehe sie auch nur angesprochen werden können. Und in Russland wird nachhaltig die Geschichte des Großen Vaterländischen Krieges propagiert, wobei Kriegsverbrechen als Reaktion auf die ursächlichen Gräuel der Wehrmacht/SS zu verstehen seien.
Ich denke also tatsächlich, dass Deutschland in dieser Hinsicht Vorbild in Europa ist und die Art und Weise der Aufarbeitung schon normativen Charakter besitzt.
http://www.deutschlandfunk.de/exportschlager-aufarbeitung.724.de.html?dram:article_id=246856
Und um noch kurz auf @DerOlf zu antworten. Solche Ausstellungen müssen für mich einen gewissen Grad von "schnarchlangweilig" besitzen. Fakten und die Aufarbeitungen von zeitlichen- und geschichtlichen Zusammenhängen sind einfach dröge. Das Thema interessanter zu machen, hieße auch Sachverhalte zu trivialisieren um sie in kürzerer Form - und hier möglicherweise - "aufregend" an den Mann zu bringen. Und viele Dokumentation die mir in letzter Zeit aufgefallen sind und in der Flimmerkiste liefen waren informativ aber nun nicht dermaßen langweilig, dass ich desinteressiert weggezappt hätte. Gut, per se erfordern solche Dokus ein gewisses Interesse an der Thematik. Wer seine freie Zeit ausschließlich mit Berlin Tag und Nacht oder Soap Operas verbringt, wird nur schwerlich für solche Formate begeistert werden können....
Zurück zum Ukraine-Thema:
Helios co. schrieb:
@Noxiel zum Post #1510
OK, also sagst du zum einen, dass es offensichtlich ist, dass wir es hier mit einen Machtkampf zutun haben, streitest aber die einseitige Berichterstattung ab die ganz eindeutig in Russland den Schuldigen dieses Konfliktes aufzeigt oder zumindest (ob bewusst oder nicht) kein anderes (diversifizierteres) Bild zeichnet oder durch eine bestimmte Wortwahl zumindest die Meinung der Massen in Richtung der Schuldzuweisung gegenüber Russland lenkt. (dazu hatten wir ja schon einige Quellen).
Mir bleibt dann nur die Erkenntnis, dass wir offensichtlich unterschiedliche Nachrichten konsumieren und deren Inhalt auch noch anders verarbeiten. In keiner Newsmeldung die mir bekannt ist, wird Russland die eindeutige Schuld am Konflikt zugesprochen sondern mangelnden Willen zur Entspannung beizutragen. Der Einfluss des Kremls zu Beginn der Krise ist unbestreitbar und wurde von Putin indirekt auch schon bestätigt. Zumindest während dem Referendum befanden sich russische Soldaten auf der Krim (und ich rede nicht vom Schwarzmeerhafen), ich bezweifle aber, dass die erst in dieser Woche dorthin versetzt wurden.
Kritik am europäischen Vorgehen in der Ukraine Krise wurde von mehreren Stellen geäußert. Ihr selbst habt genügend Quellen dafür geliefert. Von einseitiger bzw. stark tendenziöser Berichterstattung kann so in meinen Augen keine Rede sein. Inwieweit Putin aber heute noch Einfluss auf die Separatisten ausüben kann, da bin ich mir nicht sicher. Das entführte OSZE Team wurde erst vor wenigen Tagen wieder frei gelassen und Putin konnte dem Hubschrauberangriff auch nichts abgewinnen, plädiert sogar für eine Verlängerung der Waffenruhe. Alles Dinge, die ich aus unseren "heimischen" Medien erfahren habe.
Helios co. schrieb:
Und wunderst dich dann aber zugleich und vertrittst ja ganz offensichtlich die Meinung, dass ein spürbarer Teil der Empörung hinsichtlich dieser Berichterstattung durch den Kreml gelenkt wird.
Wir haben hoffentlich Beide den Artikel zu
Putins Trollen gelesen. Ich baue mir keine Luftschlösser, sondern gebe meine Rückschlüsse auf diese Meldung wieder. Nicht jede Kritik am europäischen Vorgehen in der Ukraine ist gesteuert, aber genauso wenig ist jede Meldung über Einflussnahme durch den Kreml in westlichen Medien Propaganda. Wieso fällt diese Differenzierung so schwer? Die meisten Antworten zu diesem Thema bestanden schlicht aus Ironie und einer Trivialisierung des Sachverhaltes ohne sich überhaupt damit auseinander zu setzen. Das zeigt mir, dass man beginnt ideologisch an diese Krise heranzugehen und nicht mehr auf die Argumente der anderen zu achten.
Tauchen dann noch Wortmeldungen, wie die zuletzt entfernten auf, dann komme ich für mich immer mehr zu der Einsicht, dass einigen Mitdiskutanten der Sinn für anderslautende Argumente schon lange abgegangen ist bzw. sie sich in ideologischen Grabenkämpfen verstrickt haben.
Helios co. schrieb:
Zusammengefasst: Es ist also offensichtlich das es in diesem Konflikt nur Schuldige gibt aber die Kritik einer interessierten Gemeinde an den einseitigen Schuldzuweisungen in den Medien ist für dich "sprübar Kreml gesteuert".
Sorry, da fehlen mir die Worte.
Wieso ist es für dich so widersinnig zur Erkenntnis zu gelangen, dass wenn es in einem Konflikt Schuldige auf beiden Seiten gibt, beide Seiten auch versuchen die Öffentlichkeit in ihrem Sinne zu informieren? Während aber Russlands Platz in Rankings über Pressefreiheit und journalistische Repressalien diametral verlaufen, löst es bei Dir nur ein Schulterzucken aus, wenn Meldungen auftauchen, dass man die öffentliche Meinung auch im Internet zu beeinflussen versucht?
Achtung: Das ist keine Pauschalverurteilung; investigativer Journalismus hat es auch in den USA schwerer als noch Jahre zuvor aber das Gefälle ist derart ausgeprägt, dass mir die russische Entwicklung mehr Sorgen bereitet als es die amerikanische tut. Ungeachtet vom Aufkommen der NSA Spitzelei, die ich völlig unabhängig davon ebenso verurteile wie viele andere auch.
Zusammengefasst: Es ist mir schleicherhaft, wie man mich wiederholt so massiv missverstehen kann. Ich gebe nicht zuletzt meinen Eindruck der Situation wieder und schildere, was Redakteure und Journalisten - mit Wissen um die Zugriffszahlen und dem durchschnittlichem Leserverhalten - berichtet haben. Der absoluten Wahrheit wirst du niemals nahe kommen, ich sehe aber die Berichterstattung im Westen für unabhängiger und freier an als in Russland. Ich gehe für mich so weit zu sagen, dass die Meinung in den russischen Medien (größtenteils staatlich kontrolliert) bei Themen von nationaler Relevanz, in diesem Fall die Krise in der Ukraine, gesteuert ist.
Helios co. schrieb:
Absolut richtig. Nur verwunderlich, dass beim Abschuss einer Militärmaschine mit dutzenden Toten die Bundesregierung und co. Kritik an den Separatisten verlautbart zugleich jedoch hunderte tote Separatisten pro Woche noch kein Wort des Bedauerns hervorgebracht hat.
Ich bin nicht die Bundesregierung und ich kann auch nur raten, wie oft sich die Duma bedauernd über tote ukrainische Soldaten geäußert hat aber allgemein dürften Aufrufe von Regierungen die Gewalt einzustellen, zumindest darauf hindeuten, dass man Tote auf beiden Seiten bedauert. Warum während dem Hubschrauberabschuss nicht im Nebensatz die an anderer Stelle verstorbenen Separatisten eingeht? Ich nehme an, weil in diesem kausalen Zusammenhang eben "nur" die ukrainischen Soldaten im Hubschrauber gestorben sind.
Daran ist nichts verwunderlich.
Helios co. schrieb:
Der Unterscheid zwischen den Separatisten und der Kiewer Armee ist ganz einfach: In dem Gebieten welches die besagte Armee beschießt, und das mit schweren Raketenwerfern, leben zahlreiche Kinder und alte Menschen. Das Vorgehen dieser Armee wird zugleich als "ausgewogen" bezeichnet.
Ich bezweifle, dass die ukrainische Armee mit Wonne und mit Absicht auf Zivilisten schießt. Die Argumentation lässt sich auch umkehren und mich fragen, warum sich die Separatisten mit Wissen um den Konflikt bewußt unter Zivilisten verstecken? Ich tue mich schwer in dieser Hinsicht eine moralische Überlegenheit irgendeiner Seite zu erkennen.
Berichte über tote Kinder die ich gelesen habe, stellten sich bisher allerdings immer als Fotomontagen heraus um Kriegsgräuel der Ukrainer zu beweisen. Das heißt im Übrigen nicht, dass nicht Zivilisten bei den Kämpfen sterben.