Corros1on schrieb:Wie werden den Frauen und Minderheiten durch biometrische Gesichtserkennung diskriminiert und aus welchen Gründen sind männliche Mitbürger davon nicht betroffen?
Google Fotos ist aber nicht das einzige Gesichtserkennungssystem, das weiße Gesichter besser erkennt als alle anderen. Joy Buolamwini vom MIT Media Lab zum Beispiel testete die Gesichtserkennungssoftware von Microsoft, IBM und dem chinesischen Unternehmen Face++ und stellte fest, dass alle Systeme besonders gut darin waren, das Geschlecht hellhäutiger Männer zu erkennen (fasst man die drei Systeme zusammen, lag die durchschnittliche Fehlerquote bei 0,3 Prozent). Dunkelhäutige Männer haben die drei Systeme jedoch in 6 Prozent der Fälle falsch klassifiziert, Frauen mit dunklerer Hautfarbe sogar in 30,3 Prozent aller Fälle (PDF).
Die maschinelle Gesichtserkennung funktioniert derzeit am besten, wenn es um das Erkennen weißer Männer geht. In der Praxis bedeutet dies, dass jeder, der nicht weiß und männlich ist, viel eher verwechselt wird oder gänzlich unerkannt bleibt. In sensiblen Kontexten wie der Strafverfolgung kann dies Menschen in Verbrechen verwickeln, die sie nie begangen haben. Selbst in scheinbar alltäglichen Umgebungen – von internationalen Sportveranstaltungen bis zu Musikkonzerten – verschiebt ein automatisiertes Nichterkennen die Beweislast auf die Nichterkannten, da sie es nun sind, die sich ausweisen und rechtfertigen müssen. Sie müssen beweisen, dass sie wirklich diejenigen sind, die sie tatsächlich sind – und nicht jene, für die das System sie hält.
Ab 2018 müssen Reisende, die von Dubai aus mit Emirates fliegen, nicht länger an Passkontrollen oder E-Gates Schlange stehen. Sie können einfach und bequem durch einen Tunnel gehen, der hochauflösende Bilder eines Aquariums zeigt und mit 80 Kameras, die sowohl das Gesicht als auch die Iris scannen, ausgestattet ist. Das Aquarium-Design ermuntert die Reisenden dazu, sich umzuschauen, damit die Technologie ihr Gesicht noch präziser erfassen kann. Gelangt man an das andere Ende des Tunnels, heißt einen, für den Fall, dass man passieren darf, eine freundliche, grün leuchtende Nachricht willkommen. Wenn das System eine Person nicht erkennt oder als verdächtig markiert, erhält man eine rote Botschaft. Das Beispiel zeigt, dass das Versprechen der Gesichtserkennung ein ungleiches ist. Für weiße, privilegierte und wohlhabende Menschen beschert die Gesichtserkennung ein reibungsloses Flughafenerlebnis und die Bequemlichkeit, mit dem eigenen Gesicht zu bezahlen. Für alle, die sowieso schon marginalisiert sind, könnte es genau das Gegenteil bedeuten: unsichtbare Ausgrenzung und automatisierte Diskriminierung.
Zitate von dem Artikel:
https://netzpolitik.org/2018/diskriminierende-gesichtserkennung-ich-sehe-was-was-du-nicht-bist/