Hier der versprochene User-Beitrag, der die Geschichte mit WC3 Reforged aus der Sicht eines ehem. kompetitiven WC3 Spielers, WC3 Beta-Testers und Mod-Entwicklers mit 2D/3D/Source Engine Erfahrung derzeit aussieht - möglichst neutral ohne Hate-Train - aber mit viel Insider-Wissen.
Ich werde meinen Beitrag etwas an dem Test orientieren und immer wieder einzelne Teile zitieren
Warcraft 3: Reforged setzt immer noch auf die Original-Engine aus dem Jahr 2002, um eine hundertprozentige Kompatibilität der Originalversion zu behalten, sodass beide Versionen zusammen im Multiplayer-Modus gespielt werden können.
Was jetzt wie genau mit was kompatibel ist, ist scheinbar recht schwer zu fassen. Die Wahrheit ist, dass eigentlich nichts kompatibel ist. Hier, was faktisch passiert ist:
Blizzard hat die WC3-Engine überarbeitet, eine neue DX11 Grafikpipeline integriert und diese optimiert. Damit wurde die Performance um ein enormes Maß verbessert und neue Shadereffekte möglich. Das ganze ist jetzt komplett unabhängig von "Classic" oder "Reforged".
Die Unterschiede zwischen Classic & Reforged beschränken sich einzig und alleine darauf, dass andere Modelle, Sounds und Texturen (= Assets) geladen werden. Das ist wie ein Skin-Pack für Counter-Strike. Funktionell und unter der Haube exakt identisch, sieht aber anders aus. "Kompatibilität" zwischen "Classic" und "Reforged" ist insofern Quatsch, weil es ein und das selbe Spiel ist und das "richtige" Classic nicht mehr exisitiert. Da aber Reforged ein "Drop in Replacement" ist, wäre auch das grundsätzlich kompatibel - wenn man mal die Engineaktualisierung und die ganze B.Net Geschichte ausklammert.
Darüber hinaus besteht der Boden jetzt aus mehr als nur Einheitsbrei und Feuer sieht aus wie Feuer und nicht wie ein paar rot eingefärbte Pixel. Die Schattendarstellung wurde überarbeitet und wird nun auf viel mehr Objekte angewandt und sämtliche Elemente, von Häusern über Brücken bis hin zu den Bäumen, wirken nun deutlich dreidimensionaler, während es vorher in der Regel zweidimensionale Konstrukte waren.
Hier kann ich nur widersprechen. Die alten Texturen waren zwar niedriger aufgelöst, hatten aber mehr Kontrast und Definition.
Häuser, Bäume und Brücken waren schon immer 3D Modelle - nur eben weniger komplex - die Aussage, dass hier 2D mit 3D ersetzt wurde, ist schlicht falsch. Das Einzige, was 2D war und mit 3D ersetzt wurde, waren runde Objekte, wie bspw. die Kugeln/Planeten auf dem Arcane Sanctum oder die Kugeln vom Bloodmage. Blizzard hat hier, um Polygone zu sparen, einen Sprite mit Alphamap zur Hilfe genommen - sieht rund aus, aber ist eigentlich nicht mehr als eine maskierte Textur, die immer im selben Winkel zur Kamera dargestellt wird.
Warcraft 3: Reforged tut dem Auge durchweg gut.
Das stimmt auf den ersten Blick und in den meisten Fällen, aber nicht immer. Blizzard hat keine gute Arbeit bei der Gesamtabstimmung der Grafik geleistet - und das gilt vorallem für die kompetitive Szene. Einige Terrains und Einheiten haben einen enorm schlechten Kontrast zueinander, und auch die Flächen für Teamfarben sind teilweise eher mäßig ausgearbeitet. Hier Beispiele aus meinem Beta-Feedback:
Wie man hier sehen kann, verschwimmen Crypt-Fiends, Destroyer und Frostwyrms geradezu mit Blight (untoter Boden). Das sind jetzt nur drei Beispiele, aber es gibt noch viel mehr. Crypt-Fiends sind bspw. auch in dunklerem seichten Wasser enorm schwer zu erkennen.
Die Probleme ziehen sich auch durch wichtige Effekte/Projektile und Buffs/Debuffs, die schwer zu erkennen oder auseinanderzuhalten sind, hier bspw. Orb of Corruption, sehr ähnlich zu Orb of Annihilation vom Destroyer:
Oder der Spirit Tower:
Es gibt viele Probleme mit der Reforged Grafik, was die Lesbarkeit angeht. Sieht natürlich auf den ersten Blick nett aus, aber mit Hinsicht auf die kompetitive Szene hat man eigentlich versagt. Es wäre aber alles fixbar gewesen - das sind ja nur Details, aber letztendlich war man nicht gewillt, diese nötigen Korrekturen durchzuführen - wenig Aufwand für einen großen Effekt für die kompetitive Szene.
Allerdings hält nicht die gesamte Optik mit. Die Animationen der neuen Einheiten sind definitiv nicht gelungen. Es wirkt so, als würden sie mit einer festen (zu) niedrigen Framerate (möglicherweise 30 FPS) laufen, denn sie ruckeln.
Das ist in der Tat eine sehr spitzfindige Beobachtung, allerdings ist hier die Recherche (nachvollziehbarerweise) nicht tief genug gegangen. Dieses Problem existiert tatsächlich schon seit ewig langer Zeit.
Das Problem liegt in der Darstellung im Spiel und nicht an den Animationen. Die erste These war, dass die Animationen mit zu niedrigen FPS dargestellt werden - so eine Aussage ist aber aus technischer Sicht schwierig, da 3D Animationen grundlegend anders funktionieren als bspw. Filme oder 2D-Animationen - 3D Animationen sind eher mit einer Vektor-Grafik vergleichbar, und Film/2D Animationen mit Rastergrafik.
Ich habe mal nachgeforscht und herausgefunden, dass der WC3 Editor jeweils die Animationen flüssig und korrekt abspielt, das Spiel (Classic oder Reforged ist egal) jedoch nicht:
Hier ist besonders auf die Auf- und Abbewegung der Statue zu achten. Im Editor ist das ein sanftes Schweben - im Spiel allerdings springt die Statue in der Bewegung. Das lässt eigentlich nur einen Schluss zu: Die Animationen werden inkorrekt wiedergegeben, u.A. kann man hier auch an "Frame Skipping" denken. Hier fehlen Abschnitte der Bewegung und insgesamt ist deutlich zu sehen, dass die Animationen weniger flüssig sind.
Dann kommt noch dazu, dass das nicht nur die Animationen selbst sind, sondern auch die Fortbewegung der Einheiten auf der Karte scheint von sehr stotternder Natur zu sein.
Jetzt bleibt natürlich die Frage, wieso das so ist, und meine aktuelle These ist, dass die Tickrate von Wc3, die alles, was auf der Karte passiert, protokolliert und synchronisiert, mit einer so niedrigen Frequenz läuft, dass alles, was an diese Tickrate gebunden ist und sich bewegt, gleichzeitig auch dieser Tickrate unterliegt. Ein Hinweis darauf können die Replays sein - denn diese sind im Grunde nur Textdateien mit Koordinaten, nur wenige KB groß. So ließe sich bspw. definieren: Tickrate 30hz: Tick 5231: Blademaster Koordinate XY, Blickrichtung X°, Animation "Attack" Frame 5 von 15. Damit ist alles definiert. Was passiert wann wo wie.
Gesetzt die Theorie stimmt in etwa, wäre eine mögliche Lösung gewesen die zu Grunde liegende Tickrate von WC3 auf 60hz oder 120hz anzuheben - damit würde allerdings die Last auf Prozessor und die Replaygröße massiv ansteigen. Inwiefern sich das auf die Performance auswirkt, kann ich hier jetzt aber nicht sagen. Vermutlich wäre moderne Hardware damit klar gekommen?! Eine weitere Möglichkeit wäre gewesen, die Animationsdarstellung und die Tickrate voneinander zu entkoppeln. Die Animationen wären flüssiger, aber ggf. etwas unpräzise in der Synchronisation. Ob das überhaupt geht weiß nur Blizzard.
Letztendlich ist das ein technisches Problem, und kein Problem mit den Animationen per se. Das wäre ein Punkt gewesen, den man mit Reforged hätte angreifen sollen - wäre das irgendwie anständig gelaufen, hätte auch die Classic Version davon profitiert. Ist eben, wie so vieles andere auch, nicht passiert.
Wer lieber oder zu Vergleichszwecken mit der alten Optik spielen möchte, kann diese im Grafikmenü aktivieren.
Hier nur eine Ergänzung: Die "Classic" Grafik ist nicht zu 100% die "TFT" Grafik - hier wurden (aus Versehen?) auch einige Effekte ausgetauscht. Zudem werden viele aus praktischen Gründen die Classic Grafik wählen, da diese extrem gute Performance und hervorragende Lesbarkeit bringt.
Die Grafik hat zwar viele Schritte nach vorne gemacht, die Benutzeroberfläche aber leider nicht. Sie sieht zu einem Großteil noch so aus wie im Original und ist damit schlicht riesig und nimmt einen großen Teil der Bildschirmfläche ein.
Das ist ein großer Streitpunkt und hier ist sowohl die Community als auch Blizzard schuld.
In der Wc3 Community gibt es einige wenige, aber sehr laute Stimmen, die eine Radikale "NO CHANGES" Mentalität vertreten. Ich persönlich habe ein Problem mit dieser Einstellung, und man sieht jetzt auch an diesem Release wieso - aber der Knackpunkt liegt wo anders.
Als Blizzard 2018 mit dem neuen UI um die Ecke gekommen ist, sind die eben Erwähnten lautstark ausgeflippt. Zugegebenermaßen - das neue UI war natürlich nicht perfekt und hätte, wie oben die Grafik an sich, noch
Überarbeitung gebraucht, zwingend.
Da wurde dann auch gleich der neue Grafikstil als unpassend abgefertigt, es wirke zu realistisch und nicht comichaft genug. Die Ironie - nicht wahr?
Die Minimap war zu klein, die Anordnung an sich irgendwie etwas komisch - natürlich, ist auch ungewohnt. Aber die Grundidee dahinter: Alles im Volumen etwas zurücknehmen und mehr Sicht auf das eigentliche Spielgeschehen zu gewähren ist vorhanden. Man hätte damit arbeiten können.
Nun, jedenfalls hatte Blizzard jetzt das Problem, dass man einerseits das ganze etwas fortschrittlicher gestalten wollte, auf der anderen Seite hat man so ein paar Schreihälse, die sich krankhaft an alles klammern, das schon exisitert. Unter Anderem auch das Auswahllimit von 12 Einheiten - und hier kommen wir wieder zum UI zurück.
Letztendlich ist die Zahl der Einheiten, die man maximal auswählen kann, formgebend für das UI, zumindest teilweise.
Und jetzt kommen wir zu dem Problem, über das Blizzard mit Reforged permanent gestolpert ist. Die Auswahl des Feedbacks bzw. Beurteilung der Qualität des Feedbacks. Man hat überall abweichende Meinungen und dann muss man eben selber wissen, was man macht und die Spreu vom Weizen trennen. Blizzard hat sich bei wirklich schlechten Entscheidungen an "NO CHANGES" orientiert und gleichzeitig einige Änderungen da vorgenommen, wo man hätte zwingend nichts tun sollen. Da kann man jetzt der Community keine Schuld geben, Blizzard hat einfach im Game-Design versagt, indem man nicht wusste, wo man eigentlich hin will.
Hätte man sich direkt von Anfang an dazu entschieden, das Auswahlsystem von WC3 mit dem 12-Einheiten Limit zu überarbeiten und zu modernisieren und bspw. auf 24 zu erhöhen oder gar das System von SC2 zu adaptieren, hätte sich das Problem mit dem UI von selbst gelöst - dann hätte man nämlich das UI daran ausrichten müssen.
Und dann kommen wir direkt wieder am Anfang mit der vorher schon angesprochenen Kompatibiltät an, die Blizzard unbedingt erhalten wollte - eine falsche Herangehensweise - meiner Meinung nach.
Ein Hauptproblem mit dem derzeitigen Release ist, dass die funktionierende Version von WC3 gleich mit gekillt wurde, wegen der Kompatibilität.
Man hätte viel eher mit der Kompatibilität brechen sollen und WC3 Reforged komplett modernisieren sollen, ohne Rücksicht auf WC3 - dann hätte man auch WC3 so lange weiter laufen lassen können, bis Reforged gut genug ist, um die Playerbase übernehmen zu können. Man hätte auch, gemessen an AOE2 DE, nicht zwingend die alten Spieler übernehmen müssen, was ein zusätzlicher finanzieller Anreiz gewesen wäre. Wer WC3 gerne mag, zahlt auch für ein gutes Reforged nach 18 Jahren nochmal 30€.
Jedenfalls hat man sich durch den fehlenden roten Faden bei der Entwicklung in eine so dämliche Situation bringen lassen, dass man mit Reforgend letztendlich nur noch eine Richtung gehen konnte: Eine reine "HD Edition". Ggf. gabs auch Druck von oben ala "Macht den Käse endlich fertig!".
Das UI ist daher eben ein hübsches Remake des alten Interface - da ist jetzt an sich nichts Schlechtes dran - letztendlich ist ein moderneres, kleineres, userfreundlicheres und funktionelleres UI an der generellen Ausrichtung des Projekts gescheitert. Puh, das war umständlich.
Die Technik der PC-Version hat beim Test keine weiteren Probleme gemacht.
Das kann ich absolut nicht bestätigen. Seit dem Beta-Start im Oktober sind solche Probleme auf AMD-Hardware eher die Regel als die Ausnahme:
Ob das jetzt letztendlich wirklich an der AMD Hardware liegt, konnte ich nicht abschließend feststellen. Mir fehlen schlicht die Daten.
Neusten Erkenntnissen zufolge, liegt das Ruckeln an einem kaputten Cache-System. Das Ruckeln vom über die Karte Scrollen kommt daher, dass sämtliche Assets, wie bspw. Bäume und Klippen, on the fly aus den Spielarchiven in die Map geladen werden müssen und nicht im Cache bereit liegen. Ich kann mit simplem Scrollen die Assets in den Cache laden und so die Ruckler eliminieren, d.h. wenn ich den selben weg wieder zurückscrolle, stottert nichts mehr. Leider ist es so, dass der Cache mit bestimmten Events fehlerhafterweise wieder komplett geleert wird, wie bspw. mit dem Bauen von Gebäuden (wie hier auch im Video immer mit einem heftigen Ruckler angedeutet wird). Dann muss man die Assets wieder neu Cachen, damit es nicht mehr zu "Nachladerucklern" kommt - aber Gebäude geben immer einen Hänger. Nun, offenbar reicht es schon, wenn irgendjemand auf der Map irgendwas macht, d.h. in einem Multiplayer Spiel wird der Cache nicht nur mit eigenen Gebäuden, sondern vermutlich auch mit gegnerischen Gebäuden und ggf. Einheiten wieder geleert. Das Ergebnis ist eine permanente Stotter-Orgie, die ihresgleichen sucht. Unterm Strich absolut unspielbar.
Das war in der Beta:
https://us.forums.blizzard.com/en/warcraft3/t/very-poor-gpu-utilization-w-amd/9775
https://us.forums.blizzard.com/en/w...tise-optimising-for-amd-cards-this-week/13797
Und das ist der Status zu Release:
https://us.forums.blizzard.com/en/w...-cause-asset-caching-issues-please-read/14348
https://us.forums.blizzard.com/en/warcraft3/t/huge-fps-drops/14135
https://us.forums.blizzard.com/en/warcraft3/t/fps-problem/14378
https://us.forums.blizzard.com/en/warcraft3/t/wc-3-reforged-amd-performance/14170
Und dem aufmerksamen Leser werden 2. Dinge auffallen.
1. Weder in der Beta noch jetzt zu Release hat sich jemals irgendwer von Blizzard zu Wort gemeldet und dieses Problem ist bis heute ungefixt und betrifft neben mir auch weitere Leute hier auf CB. Ich wäre in der Beta als Entwickler mal auf die Leute zugegangen, bei denen sich solche Probleme äußern, und hätte mir das mal genauer angeschaut. Aber man kann natürlich auch einfach nichts machen.
2. Mir hats nach 4 Monaten gereicht und ich bin etwas deutlicher geworden, was ich vom generellen Verhalten und Vorgehen von Blizzard in der Beta (dazu weiter unten mehr) und vom Release halte, nachdem ich wegen eines Hinweises auf diese Problematik mit der Performance in Blizzard Forum für einen Tag von der Moderation stummgeschalten wurde - ich zitiere im O-Ton:
as blizzard deemed it necessary to mute my forums account for one day for requesting some kind of reaction to this issue, im pulling out of here. instead of muting me for one day, someone could have used that time to get into this thread and let us know they’re working on it.
this situation is utterly ridiculous and i dont care for the reasons behind all these shenanigans due to internals of blizzard and their service handling or “communication” guidelines or whatever - its their problem, not ours.
all i cared for is this game getting fixed, and since this issue has persisted and being reported since the very first beta days, i can only conclude they dont care at all, with force.
shoutout to torelef [beta moderator], who was the only one ever posting anything on the beta forums.
im trying to get my refund now, as the reforged graphics are unplayable for me, blizz is clearly not interested in all of this so im not interested in donating $40 towards blizzard.
judge whether you want to sit it out or get your money back. i, personally, have seen enough.
Und da kommen wir langsam von der recht neutralen Diskussion in den recht unangenehmen Teil - meine persönlichen Erfahrungen direkt mit der Blackbox Blizzard und der Entwicklung von WC3:R.
Ich war unter der ersten Welle der Beta Tester - am Anfang war alles super Spannend - die Probleme mit der Performance recht egal - WC3 bekommt ein Remaster - WOW!
Und dann über die Wochen hat sich sprichwörtliche Ernüchterung breitgemacht. Wir Beta-Tester haben Unmengen an Bugreports geschrieben, die zu 95% unbeantwortet blieben - bis heute.
Die Beta-Foren sind öffentlich, was einschränkt, was darin geschrieben werden kann.
Die Beta-Foren unterstützen keine eingebetteten Bilder.
Die Beta-Foren unterstützen keine Links.
Das hieß für mich das Beta Feedback, das ich hier weiter oben gepostet habe, musste ich extern hochladen, den Link zensieren und so in die Foren posten - derjenige, der sich das anschauen wollte, musste den Link kopieren, manuell wieder korrigieren und konnte sich erst dann das Bild anschauen.
Ein weiterer Punkt waren die teilweise lächerlichen Patchnotes. Nicht nur hat man mit uns kein Bisschen über die bestehenden Probleme kommuniziert, auch hat man uns nicht gesagt, was nun gepatcht wurde. Mit jedem Beta-Patch ging das große Rätselraten los, was nun gefixt oder kaputtgepatcht wurde.
Das ist eine absolut unmögliche Umgebung für einen Beta-Test. Da muss man sich erst mal fragen, inwiefern Blizzard das mit der Beta überhaupt ernst gemeint hat. Für mich war die Beta aus Entwicklersicht absolut sinnlos. Da hat man schon eine grobe Ahnung davon bekommen, wie es Blizzard nur auf den Releasetermin und nicht auf die Qualität ankommt.
Letztendlich wurde kein Feedback eingebracht, es wurden nur ein paar Bugs manchmal auch nur teilweise gefixt (bspw. Teamfarbenbug, ist weiterhin im Spiel, bspw. Militia und Units getroffen von Impale wechseln die Farbe), das Hauptmenü ist unverändert im Spiel. In der Beta gab es quasi keinen Patch, der sich auf Bugfixes oder Feinschliff konzentriert hat - mit jedem Patch wurde nur weiter Content mit mehr Fehlern in den Client gepatcht bis hin zum Release - die Beta war viel eher ein Vorbote auf das, was kommen würde. Denn die Release Version ist der Beta Client mit Kampagne dran.
Alles was heute in der Release Version nicht richtig funktioniert, hat auch schon in der Beta 4 Monate vorher nicht funktioniert.
Und jetzt kommen wir zu den doch heftigen Verfehlungen was die Umsetzung der Bnet Features angeht.
Dieses Bild aus Google fasst eigentlich alles zusammen:
Wir haben hier einen Clan Chat Channel, der super angenehm zum Chatten ist, Freunde, Clan und Channel Liste, Ladder, Profile, oben rechts, wo battle.net steht, gabs regelmäßig automatisierte Turniere. Der Chat in Wc3 war so gut, dass viele auch einfach nur zum Chatten mit ihren Clankollegen ins Bnet gegangen sind. Man konnte andere Clans besuchen für Clanwars, Channel für AT & Custom Games, Channel für Liga-Spiele.
Und dann Reforged:
Wir haben hier nichts, außer einem Mobile-Game artigen Menü, einem Chat, der nichtssagend in der Ecke oder absolut störend überlappend über allem anderen hängt und eine unglaublich schlechte Bedienung, die jedes mal den Chat wieder ausblendet, wenn man irgendwo hinklickt oder ESC für die Optionen drückt. Das Hauptmenü ist so hirntot desingt - das müssen die gewürfelt haben. Ich habe mich hier sonst mit Kritik zurückgehalten, aber hier läufts mir jedes Mal aufs neue kalt den Rücken runter. Alleine schon, dass der "Zurück-Button" in den Optionen links ist, und man dann auf der rechten Seite mit "OK" bestätigen muss. Ich habe Schüler in Delphi schon bessere Erstlingsprogramme schreiben sehen als das hier.
Cutscenes, Cinematics und der ganze Krempel - die Kampagne geht auch so, zwar weniger schön, aber funktioniert. Aber die Online-Community von WC3 funktioniert halt so nicht. Ich weiß nicht, wie man in einem Remaster einfach mal 90% der Social Features rausschmeißen kann. Wie kommt man auf sowas? Das ist für mich das schlimmste an Reforged. Das hat nichts mit Budget oder sowas zu tun, das ist einfach nur ...? Wissen die eigentlich, von was ihr Spiel gelebt hat?
Und da sind wir wieder beim roten Faden, den Blizzard offenbar schon vor Jahren verloren hat. Das ganze wirkt so planlos zusammengewürfelt. Da steckt kein Gedanke an irgendwas drin. Das Spiel ist komplett an den Ansprüchen der Playerbase vorbeientwickelt worden.
Wir haben eine neue Grafik, die zwar nett aussieht, aber weder für Custom Games (Performance) noch für Profis (Übersicht, Lesbarkeit, Klarheit) geeignet ist. Ja ist High-Poly und sieht ok aus, aber die Grafik erfüllt höchstens den Selbstzweck.
Man hat die Engine teilweise geupdated, ist dann aber bei den Animationen irgendwie stecken geblieben.
Wir haben das neue Bnet - das zwar weniger Latenz und integration ins Bnet Chatsystem mit sich bringt, aber auch viel weniger von allem anderen, das WC3 außerhalb des Spiels ausgemacht hat. Und das war eine Menge. Für mich der gravierendste Punkt überhaupt.
Das Hauptmenü ist in der Bedienung so grauenhaft, dass ich mir nicht vorstellen könnte, wie es noch schlechter ginge. Das liest sich jetzt sehr hart, aber in welchem Hauptmenü muss man die Optionen mit ESC aufrufen? Oder generell die Platzeinteilung. Das ist Praktikantenarbeit in der ersten Woche.
Blizzard hat auch nichts an WC3 geändert, das das Spiel frisch für die nächsten Jahre macht. Das 12-Einheiten Limit ist weiterhin unangetastet, das das Spiel insgesamt betrachtet nicht besser, sondern unterm Strich eher schlechter macht - bzw. jede "lockerung" ist eine Verbesserung. Besonders für neue Spieler, die WC3 auch dringend braucht. Alte Hasen juckt das 12 Unit Limit nur sehr sehr selten. Aber auch hier ist es irgendwie mittlerweile unnötig.
Man hat auch am Interface nichts geändert, es braucht nach wie vor viel Platz für eher mäßige Funktionalität.
An der Kamera hätte man auch etwas arbeiten können - man ist doch sehr knapp drauf. Es gab mal 2017/18 einen Patch für WC3, der die Kamera aus versehen etwas herausgezoomt hat. Das war für viele ungewohnt, aber rückblickend wäre das in einem geringeren Umfang eine sinnvolle Änderung gewesen - und wenn schon nicht für Spieler, dann wenigstens für die Observer, die Spiele casten.
Die Kirsche auf der Torte wäre eine anständige Integration der Hotkeys gewesen und vielleicht ein neuer neutraler Held mit Aussicht auf 1-2 neue Units pro Fraktion für den Multiplayer. Als neue Bnet Funktion wäre als Gruppe in Custom Games joinen der Hammer gewesen. Solche Sachen hätten dem Spiel extrem gut getan.
Reforged richtig umgesetzt mit ein bisschen mehr Schmackes was Änderungen Richtung Zukunft angeht, hätte es zu einem der besten Spiele 2020 machen können. Man hat aber erfolgreich das Gegenteil umgesetzt.
Zusammenfassung
WC3R ist mit Gewalt an der Community vorbeientwickelt worden. Blizzard hatte keine Ahnung, was das Spiel braucht, und wo die Prioritäten sind. Was man geändert hat, hätte man lassen sollen, was man gelassen hat, hätte man überarbeiten sollen. Übrig bleibt eine Grafik, die zwar technisch nett, aber nicht funktional ist.
Man hat in jeglicher Hinsicht das Thema verfehlt. Das einzige, was WC3R nicht zu einem völligen Desaster werden lässt, ist die DX11 Renderpipeline (für Classic Grafik) und die Basis des guten alten WC3, vorallem in Form der Kampagne. Ist WC3R also wirklich so schlecht? Naja, geht so?
Oder hätte man viel eher die Frage mal anders herum stellen sollen: Wäre es überhaupt noch schlechter gegangen? Und ich denke Blizzard bewegt sich hier schon am Limit.
Mit dem versemmelten Launch muss man auch Angst um die Zukunft haben - denn lukrativ ist WC3R definitiv nicht. Ich denke das Spiel war vor Reforged besser dran, denn viele Änderungen dürfen wir nicht erwarten. Das alte Bnet Interface ist für immer verloren - vielleicht kommen nicht einmal mehr Clans ins Spiel zurück.
Ich bin hier jetzt nicht auf die neue EULA für Custom Games oder den fehlenden Inhalt eingegangen. Da sieht jeder selber, dass das absoluter Käse ist.
Als Ergänzung noch - ich habe heute von Blizzard Deutschland mein WC3 Refunded bekommen, der Kontakt war nett und problemfrei (Online Ticket). Wenn Ihr mit Reforged nicht zufrieden seid, trefft Blizzard da, wo es wehtut - right in the Geldbeutel. Forum, Reddit, Twitter interessiert die Verantwortlichen nicht.