Heinrich Harrer
Cadet 3rd Year
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[wege]mini schrieb:dieses ego nennt sich bewusstsein.
Siehe hierzu die Ausführungen des Biologen Michael Nahm. Er führt unter anderem die Erlebnisse „terminaler Geistesklarheit“ an, die bei Patienten mit weitgehend zerstörten Gehirnstrukturen in Todesnähe auftreten und mit den Hirnschäden naturwissenschaftlich nicht vereinbar sind. Darüber hinaus nennt er Fälle, z. B. Wasserköpfe oder „Gehirnamputierte“, bei denen trotz Verlustes großer Mengen Gehirnmasse nicht die zu erwartenden Einschränkungen z. B. des Gedächtnisses auftreten. Die Schlußfolgerung daraus lautet, daß im Gehirn offenbar gar nichts gespeichert wird. Es ist mehr ein Überträger, kein „Computer“, hinter dem nichts mehr kommt. Der Ursprung liegt woanders.
Nahm beschreibt das Gehirn als Filter- bzw. „Bündelungsinstrument“. Das gilt natürlich nicht nur für Wahrnehmungen, die von außen an den Geist weitergegeben werden, sondern auch für geistige Impulse, die über das Gehirn in verstandesmäßige Gedanken und körperliche Handlungen umgesetzt werden. Das Gehirn hat, auch bei Nahtoderlebnissen, eine Brücken- und Anzeigerfunktion. Es ist nicht die Ursache, sondern ein Transmitter. So können Nahtoderlebnisse zwar am Gehirn „meßbar“ sein, woraus sich aber nicht der Ursprung im Gehirn ergibt.
Ein plakativer Fall ist auch jener dieses Franzosen, der mit nur 10 Prozent der üblichen Gehirnmasse, also mit ca. 140 cm³ (weniger als die Hälfte eines Schimpansengehirns) ein normales Leben führt.
Es ist im Wesentlichen eine Frage der zugrundeliegenden Axiome. Vom Menschen als rein biologischem Lebewesen ausgehend und die Welt als bloß physikalische Vorgänge begreifend, wie es der modernen nihilistischen Weltanschauung entspricht, interpretiert man die Befunde dem entsprechend – logisch schlüssig im Rahmen des eigenen Horizonts, aber nicht zwingend richtig. Der Übergang zum Tode ist einer der Bereiche, wo die Naturwissenschaft, die ansonsten durchaus praktikable Ergebnisse zeitigt, an ihre natürlichen Grenzen gerät und Naturwissenschaftler gut daran täten, sich einzugestehen, daß sie sich ein Metier erwählten, das entgegen seinem Selbstverständnis und Anspruch die Welt nicht restlos erklären kann. An dieser Grenze muß das Bild durch weitere Annahmen und andere Ansätze erweitert werden.