th3o schrieb:
Überhistorisch ist nur die Tatsache, dass der Mensch Essen, Schlafen, sich Fortpflanzen und das Essen wieder ausscheiden muss.
Nun ein Mensch braucht aber auch Zuwendung, experimente, die mit Kindern gemacht wurden, die nur gefüttert und gewickelt wurden und eben schalfen konnten und atmen und das in einer Umgebung, welche von der Temperatur her dem menschlichen Leben angemessen war, haben gezeigt, dass diese Kinder verkümmern oder sterben. Daraus ziehe ich für mich den Schluss, der Mensch braucht Gesellschaft (irgendeine). Aber nun gut.
th3o schrieb:
Problematisch wird diese ganze tautologische Geschichte dann, wenn man sich über diesen Zirkelschluss das Recht ergaukelt hat zu behaupten, dass man daran dann doch sehen würde, wie angemessen Kapitalismus dem ist, was du Menschennatur nennst.
Das der Mensch eine Prägung durch die Gesellschaft erfährt (in die er nunmal hineingeboren wird) gebe ich gerne zu. Wenn der Mensch, wie du sagst aber ansonsten Naturlos ist (er kann also jede Form von Gesellschaft annehmen, sich darin zurechtfinden usw.), dann kann es doch überhaupt keine dem Menschen angemessene Form zu leben geben. Jeder Mensch wird das als angemessen empfinden, was ihn geprägt hat oder eben auch nicht, wenn die gesellschaftlichen Verhältnisse so sind, dass die Prägung zu einer Revolution führt. Daher wie du richtig gesagt hast, Prägung und nicht Determinismus. Daher ich mag mich wiederholen, halte ich den Kapitalismus für eine der unseren Gesellschaft "angemessene" Form der Organisation von Sachverhalten, neben der es andere geben mag. Ich würde nicht behaupten, dass es die einzige mögliche Gesellscahftsform ist, in der Menschen leben können, noch dass andere Formen unangemessen sind, da es sowas wie "angemessen" ja gar nicht gibt, sondern lediglich möglich. Dass andere Gesellscahftsformen möglich sind zeigt das Vorhandensein sog. indigener Völker, die es auch jetzt noch gibt und daher wohl kein Beispiel aus längst vergangenen Tagen sind. Dort mag es kein Geld geben und die Arbeit der Menschen dient der Bedürfnisbefriedigung, ich zähle jetzt mal das darbringen von Opfern um sich die Götter gewogen zu halten, zu diesen Bedürfnissen hinzu (so es dort solche Bräuche gibt). Ich will auch gar nicht behaupten, der westliche Kapitalismus sei besser oder schlechter als die indigene Lebensweise, ich sage viel mehr er ist anders.
th3o schrieb:
Unterschiede zwischen Gesellschaftsformationen? Linke Spinnereien. Unwichtig.
Keineswegs, denn das hieße ja, dass die beiden zuvor genannten Gesellschaftsformen identisch wären, da in beiden Menschen essen, überhaupt wären dann alle Gesellschftsformen identisch. Auf der Gut-Schlecht-Schine fahren aber nicht nur Lübke und ich. So werden z.B. Dokumentationen über Textil-Discounter verlinkt, mit dem Hinweis, wie besch...eiden doch die Verhältnisse auf der Welt sein. Das klingt für mich nicht nach "es ist eben wie es ist", sonder nach "schau mal hier X Y und Z halte ich für einen Missstand, dessen Abstellung ich für wünschenswert (lese:gut) halte. Oder irre ich mich?
Wie dem aber nun auch sei, ich lese nicht blos Marx und damit ist für mich die Kiste durch. Marx hat wie viele andere auch eine Großtheorie aufgestellt unter welcher sich die Gesellschaft betrachten lässt. Die Frage ist stimmt sie und selbst wenn sie stimmt, dann hat er eine gute Beschreibung der Gesellschaft abgegeben, nur wohin sie sich entwickelt wissen wir damit immer noch nicht. Nur das die Klassenkämpfe irgendwann überwunden sind und sich das ganze dann Kommunismus nennt. Wie dieser Funktioniert, wusste Marx selber nicht so genau. Das die Staaten, welche sich kommunistisch nannten und nennen dies mit nichten sind und waren, dürfte dir genauso klar sein wie mir und anderen. Ohne alles von Marx gelesen zu haben komme ich aber zu dem vorläufigen Schluss, dass das mit der objektiven Wahrnehmung von Gesellschaft so eine Sache ist. Ähnlich die wissenschafliche Betriebsführung nach Taylor (so ganz wissenschaftlich war sie dann wohl doch nicht, aber nun gut). So kann man das Kapital sehr gut lesen und insbesondere zur Zeit in der Marx gelebt hat nach jedem Abschnitt sagen "ja genau". Wie passt nun der Aufruf "Proletarier aller Länder vereinigt euch", der natürlich nicht im Kapital sondern im kommunistischen Manisfest steht zu der vorher noch so hochgehaltenen Objektivität? Für mich ein Zeichen von "ich lehne die Verhältnise wie sie sind ab" dabei ist der Grad meiner Ablehnung so hoch, dass ich zur Revolution aufrufe, ohne zu wissen, was danach kommen könnte, da mir alles als "besser" erscheint, als das was ich momentan vorfinde, warum sonst könnte ich zu einem Umsturz aufrufen, ganz objektiv betrachtet?
Und so groß ist meine Ablehnung nicht, dass ich Ungewissheit den möglichen Änderungen vorzöge, welche sich im System einrichten lassen, dass mich geprägt hat. Aber gut reden wir über andere Gesellschaftsformen, zu nennen wären bereits indigene Völker oder zur Abwechslung mal die alten Germanen, welche in ihren Dörfern eine art Urkommumismus betrieben haben, welcher dem was Marx nicht ausgestaltet hat, evtl. am nächsten kommt, von dem was die Erde schon erlebt hat. Auch interessant, (kommt glaube ich aus einem Bericht, der irgendwo in diesem Thread verlinkt wurde) das anschreiben lassen mit Kreide. Eine Praxis aus dem fühen Asien, also eine Form des Handels ohne Geld. Ich gehe zu einem Händler und nehme mir eine Ware mit, der Händler notiert sich die und irgendwann gebe ich auch eine Ware beim Händler ab und je nachdem was er oder wir beide glauben, dass sie wert ist, wird auch das im Buch vermerkt und so weiter und so fort. Stirbt ein Mensch, wird die Seite mit den aufzeichnungen aus dem Buch gerissen und verbrannt. Wurde in entsprechender Sendung als alternative zum Handel mit Geld dargestellt. Meiner Meinung nach handelt es sich dabei um eine frühe Form von Buchgeld ohne das vorhandensein von Bargeld. Aber unabhängig davon, welche dieser Gesellschaftsformen man sich ansieht, bleiben wir von mir aus, bei den indigenen Völkern, welche jetzt auch noch Zeitgleich mit uns existieren. Es sind Gesellschaften mit anderer Prägung, die Arbeit dient (meines Wissens nach) nur der Bedürfnisbefriedigung und sie haben kein Geld. Was zeichnet sie aus? Die Menschen dort müssen doch auch essen usw. Nun sie sind viel viel kleiner als Gesellschaften in denen es Geld gibt. Meiner Meinung nach sehr logisch, wenn ich alle Menschen mit denen ich zu tun habe, kenne wozu brauche ich dann Geld? Ich weiß was ich jedem "schuldig" bin, es käme mir auch nicht in den Sinn meinen Gegenüber irgendwie übers Ohr zu hauen, da mein Wohl ganz eng mit dem Gemeinwohl verbunden ist. Eine Schädigung meines Gegenübers, selbst wenn sie unentdeckt bleibt, gereichte mir am Ende auch zum Nachteil. Was passierte denn, wenn diese Gesellschaften nun so groß würden, dass sie mehrere Millionen Mitglieder zählten? Das ganze "jeder kennt jeden" funktioniert dann schonmal nicht mehr. Mehr auf den eigenen Vorteil zu schauen und nicht mehr so sehr aufs ganze könnte sich dann für den einzelnen eher "bezahlt" machen. Was passierte denn in dem System, in dem der Händler nur tauscht und von mir auch aus zeitverzögert tauscht und anschreibt? Wie lange könnte eine solche Praxis aufrecht erhalten werden, wenn er sich bei keinem seiner Kunden sicher sein kann, dass er sie jemanls wieder sieht? Bei einem Dorf in dem 100 Leute leben und ich der einzige Lebenmittelhändler in 1000 Meilen umkreis bin und die schnellste Fortbewegungsart zu Fuß gehen ist, kann ich mir sicher sein, dass die Leute irgendwann wieder kommen. Wie ließe sich das heute darstellen? Wir machen es durch Buchgeld, sofern es andere Möglichkeiten gibt, bin ich ganz Ohr.
Nun hast du mir und Lübke schon das ein oder andere Mal vorgeworfen, dass wir den Kapitalimus betrachten, eine Sache herausrupfen, durch etwas anderes ersetzen und dann rufen "schaut her, schaut her ... es funktioniert nicht mehr". Was auch nicht weiter verwunderlich ist. Auf der anderen Seite wird dann von "euch" behauptet, dass es in diesem Thread nicht zur Ausarbeitung eines perfekt Funktionierenden alternativen Gesellschaftssystems kommen wird. (Eine pessimistische Einstellung - welche zu teilen ich aber dennoch geneigt bin). Die Frage die so oder so aber im Raum stehen bleibt, ist wie gelangen die Güter (nicht Waren) zu den Menschen und wie klappt das in einer großen gesellschaft ohne universelles Tauschmittel? Das allein die Prägung dafür verantwortlich sein soll, dass sich jemand mehr aneignen möchte als er "braucht", kann ich mir nicht so wirklich vorstellen, da es in jeder Gellschaft verboten ist zu stehlen und ich glaube nicht, dass man dieses Verbot für den rein hypothetischen Fall, dass es mal jemand tun könnte erlassen hat. Marx wusste es nicht so genau, ich weiß es auch nicht so genau und "ihr" wisst es auch nicht so genau. Ansätze die wir hier gelesen haben waren "die Haufengesellschaft" nach DugDaner - jeder produziert was er kann, schmeißt es auf einen Haufen und jeder nimmt sich davon was er "braucht". Mal angenommen dieses Konzept scheitert bei der Umsetzung nur daran, dass wird kapitalistisch geprägt sind und sofort anfangen würden, jeden Haufen den wir sehen möglichst schnell im eigenen Keller einzulagern. Dann stellt sich die Frage wir erschafft man eine Gesellschaft von nicht kapitalistischer Prägung, so dass dieses Konzept funktioniert? Eine Frage auf die wir m.E. in diesem Thread auch keine gangbare Antwort finden werden. Das führt mich zur nächsten Frage, was versprichst du dir (th3o) noch von diesem Thread, den du ja selbst eröffnet hast und in dem du um die Weltanschauungen der Forumsteilnehmer gebeten hast. Unsere Weltanschauungen haben wir nun mehr oder weniger zur genüge Preisgegeben und es tummeln sich nun nur noch (du, barista, dug, lübke, ich und ein leidgeplagter osi) in diesem Thread. Als TE bist du angehelten laut PuG-Regeln den Thread zu begleiten, nun schreibst du schon selber, es ist anstrengend gegen das was Lübke und ich sagen anzuschreiben oder auch dagegenzuhalten. Sind wir nicht an einem Punkt, an dem du dich vertrauensvoll an die Moderation wenden könnten, mit der Bitte den Thread zu schließen, da Nobelpreisverdächtige Erkenntnisse nicht mehr zu erwarten sind? Sollte ich mal die Zeit finden alles von Marx gelesen zu haben, können wir uns gerne mit "Marx-Lesen-Thread" weiter unterhalten oder duellieren (je nach dem)
, da es dir seine Schriften ja angetan zu haben scheinen. Selbst wenn ich mich nun auf die Seite von Dug barista und dir schlüge, welche Threadentwicklung erhoftest du dir davon, was erwartest du noch von diesem Thread?