FrankenDoM schrieb:
Zu befürworten, dass man ein gesundes Kind bis zum Tag vor der Geburt abtreiben darf ist widerwärtig!
Vorweg, alles was ich ab jetzt schreibe spiegelt nicht meine persönliche Meinung wieder, sondern sind verschiedene Gedankengänge, die man sich machen kann, die das Thema Abtreibung und die möglichen Folgen beleuchten sollen. Ich will effektiv nur ein paar Denkanstöße geben. Dabei werde ich nun auch ein paar sehr gewagte Thesen einbringen, die man durchaus sowohl als widerwärtig, aber eben auch nachvollziehbar definieren kann, manche davon werden aber auch sehr makaber.
Kurz deswegen eingangs auch kurz mein persönlicher Standpunkt: Ich stimme dir zu, eine Abtreibung zu ermöglichen bis kurz vor die Geburt empfinde ich selbst persönlich als durchaus fragwürdig und an dieser Stelle auch eigentlich unnötig, denn Kinder können im 8 Monat zur Welt kommen und dennoch überleben, hier wäre dann die Babyklappe/Adoption wirklich die bessere und moralisch auch richtigere Alternative. Selbst Kinder die in der letzten Phase des 7. Monats auf die Welt kommen, haben bereits eine gewisse Überlebenschance. Meine abschließende Ansicht zu diesem Thema kommt am Ende.
Ob jetzt aber der vollendete dritte Monat wirklich der letzte Termin bleiben kann, ist eine andere Frage. Sehe ich mir unsere Gesellschaft an, wie sie aufgebaut ist, wie wir sowohl mit unseren Mitmenschen umgehen, aber auch mit anderen Lebewesen, muss ich nicht mal mehr Albert Schweitzer bemühen um Argumente für eine Abtreibung bis zum letzten Moment an bringen zu können und so mancher Abtreibungsgegner liefert mit diese Argumente sogar auf dem Tablett - ich kenne so einen Mann und seine Frau, zufällig sind sie auch Hundezüchter ...
Ich weiß jetzt nicht ob ich den Gedankengang an dieser Stelle weiter führen sollte - ich will es eigentlich nicht - aber ich habe ja geschrieben, dass manche Gedankengänge makaber werden. Hier werden Abtreibungen von Hundewelpen ohne zu Zögern vorgenommen in Zeiträumen, bei denen wir es Menschen aktuell nicht mehr gestatten würden und sollte ein Hund Missbildungen haben, werden sogar Welpen eingeschläfert, obwohl sie auf der Welt sind. ... Beides konnte ich bei diesen Hundezüchtern beobachten, gleichzeitig sind sie aber massiv Gegenabtreibung und betrachten es auch schon als Mord. Was ist jetzt der Unterschied zwischen den Welpen und einem Kind? Klar, wir können uns jetzt darauf verständigen, dass das eine halt eben Tiere sind und wir Menschen, aber was unterscheidet uns am Ende von einem Hund wirklich? Wir nehmen an, dass wir als Menschen ein Bewusstsein haben, weil wir über unsere Instinkte hinaus gewachsen sind - sind wir das wirklich? - und Tiere ja nur ihrem Instinkt folgen. Ist das wirklich so? Haben Tiere kein Bewusst sein? Können Tiere nicht denken? Sind sie sich nicht wie wir ihrer Selbst bewusst? Was ist, wenn die Tiere ein Bewusstsein haben, wenn sie sich auch ihrer Existenz bewusst sind, sich aber eben nicht so wie wir ausdrücken können? Wenn sie eben die ihn gegebene Ausdrucksweise nutzen, die wir nur nicht verstehen?
Was für ein Verbrechen begehen wir in so einem Fall an unseren eigenen Haustieren? Welcher Doppelmoral folgen wir denn dann? Aber gehen wir doch mal weiter: Wenn wir als Menschen so etwas bei Tieren uns heraus nehmen, warum sollten wir uns so ein Verhalten nicht auch bei Menschen heraus nehmen? (Im übrigen haben die Nazis es in den 30er und 40er sehr wohl gemacht, ich will das nicht verteidigen, es sind abscheuliche Verbrechen gewesen, aber wie gesagt, es geht alleine um die Gedankengänge.)
Genau so mit dem Küken schreddern, so mancher bekennender Abtreibungsgegner ist für das Shreddern von Küken, weil sie das falsche Geschlecht haben. Wir erlauben uns bei Tieren etwas, was wir uns beim Menschen nicht erlauben, aber wo liegt da dann der Unterschied?
Zwei extreme Beispiele, in denen wir es uns als Menschen erlauben, dass wir in die Schöpfung und den Willen Gottes eingreifen. Den Schlussstrich ziehen wir dann beim Menschen. Aber Moment, das tun wir ja nicht wirklich ...
Ich kenne Abtreibungsgegner, die sind Zeugen Jehovas und zwar extremer Natur: Es ist der Wille Gottes. Ein Kind, das lebt leiden zu lassen, bis es stirbt, dem Kind nicht zu helfen, obwohl es möglich wäre - Organspenden, Bluttransfusion und Co - ist in Ordnung, eine Abtreibung wiederum ist Mord. Gerade bei manchen Krankheitsbildern bei Kindern - die auch nicht unbedingt in den ersten 12 Wochen festgestellt werden können - zeigt sich, dass die Kinder alleine nie mals Überleben können und oft ein Tod der Kinder wegen genetischen Fehlern in wenigen Monaten bis Jahren, sogar teils qualvoll erfolgt. Das Kind zur Welt bringen ist dann oberstes Gebot, das Kind dann aber unnötig leiden zu lassen ist in Ordnung?
Ich kommt jetzt zu Albert Schweitzer. Sinngemäß hat dieser kluge Mensch die These aufgestellt, dass man Leben sofern es "Lebenswert" ist auf jeden Fall versuchen sollte zu bewahren, aber ein Leben, dass von Leid geprägt ist oder geprägt sein wird auch Enden zu lassen. Beachtet man seine Aussagen hier, dann findet man Argumente die für einen Abbruch der Schwangerschaft auch nach der 12 Woche sprechen können, genau so aber findet man darin Argumente die einem Abbruch der Schwangerschaft entgegen stehen.
Und genau das ist hier der Punkt: Man muss nicht irgendwelche Beispiele konstruieren, deren Künstlichkeit einem direkt ins Gesicht springt und nach Provokation und Extrem schreit. Es reicht wenn man sich die Realität vor Augen führt, wie wir Menschen selbst mit unserem Leben umgehen, wie wir mit dem Leben andere Wesen umgehen und was wir für uns selbst als Leben definieren. Manch einem Abtreibungsgegner würde es gut tun sich zu fragen, wie er mit einer bestimmten Situation umgeht, ob er eine Situation ertragen könnte, ob er wirklich dazu bereit wäre teilweise massive Opfer für ein schwerkrankes und schwer behindertes Kind zu erbringen, wenn man selbst oder die eigene Frau es zur Welt bringt. Und selbst wenn dann die Antwort Ja lautet, ist es nur eine Antwort die aus der Überlegung entsteht, nicht jedoch aus dieser Situation heraus.
Genau so muss sich mancher Befürworter von Abtreibungen bis zum letzten Augenblick die Frage stellen, ob es nicht ab gewissen Zeitpunkten bessere Alternativen gibt und nicht diese lieber gewählt werden sollten.
Es gibt hier in dieser Diskussion sowohl moralisch als auch ethisch kein Richtig oder Falsch, sondern nur viele Grautöne, denn am Ende kommt es immer auf die eigene Situation an.
Ich kann deswegen die Gegner von Schwangerschaftsabbrüchen in keinem Fall unterstützen, denn sie nehmen den Menschen die Entscheidungsfreiheit etwas zu tun, was wir als Menschen bei anderen Lebewesen als Selbstverständlich erachten und machen. Gleichzeitig kann ich aber auch nicht den pauschalen Schwangerschaftsabbruch für gut halten, denn es gibt ab gewissen Zeiten auch bessere Alternativen, die vorzuziehen wären.
Am Ende habe ich aber als Mann ein Recht ganz gewiss nicht: Frauen zu verurteilen, die sich für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden haben. Ich habe weder das Recht moralisch darüber zu urteilen, noch ethisch, denn ich bin nicht in dieser Situation gewesen. Wenn eine Frau so entschieden hat, dann habe ich es zu akzeptieren, auch wenn ich ggf. der Vater gewesen wäre, denn es ist nun mal der Körper der Körper der Frau und im Zweifel auch ihr Leben, dass sich dadurch zum schlechteren Wenden kann.
Wenn ich nicht möchte, dass eine Frau das Kind abtreibt, dessen Vater ich bin, dann versuche ich die Frau zu unterstützen, ihr auch anzubieten, dass ich die Verantwortung übernehme und Sie ihr Leben so führen kann wie sie es möchte. Wenn ich dazu nicht bereit bin, muss ich mich nicht wunder, wenn eine Frau sich anders entscheidet, am Ende habe ich aber jede Entscheidung der Frau zu akzeptieren.
(Ich werd ja noch ein richtiger Feminist.)