DerOlf schrieb:
... aber ab dem Zeitpunkt, wo der Fötus allein oder mit technischen Hilfsmitteln lebensfähig ist, sollte von einer Abtreibung mit Todesfolge (für den Fötus) mMn abgesehen werden. Ab diesem Zeitpunkt sollte das junge Leben geschützt werden, und wenn Mutter und Vater nichts damit zu tun haben wollen, dann wird das Kind eben nach einer künstlich eingeleiteten Geburt zur Adoption freigegeben ... es gibt genug Paare, die sich ein Kind wünschen, selbst aber bisher irgendwie keins zeugen konnten (sogar künstliche Befruchtungen schlagen oft genug fehl).
Da bin ich zum Beispiel absolut bei dir. Sofern medizinisch möglich, sollte das Leben gerettet werden.
Aber im Endeffekt drehen wir uns hier doch weiterhin im Kreis, nur dass wir jetzt zwischen einer differenzierten Betrachtungsweise mit einer pauschalen Abtreibungsbefürwortung zu tun haben, dabei ist die Diskussion doch von Anfang an eigentlich massivst emotional aufgeladen.
Direkt vorweg: Ich bitte nun sehr genau zu lesen was ich schreibe und mir nicht pauschal zu unterstellen, dass gewisse Aussagen meine Meinung widerspiegeln oder von mir getroffen wurden. Ich gebe zum Teil die Aussagen dieser Diskussion wieder! Ich brauche also für gewisse Aussagen keine neun-mal-klugen Kommentare, dass das alles ja nicht so ist, dessen bin ich mir bewusst!
Die Vergiftung dieser Diskussion lag ja schon im Startbeitrag, da man dort die eine absolute Meinung zu diesem Thema lesen kann: Abtreibung ist Mord. Diese Ansicht kann man teilen, muss man aber nicht. Sie ist sehr pauschal und beruht ja auf der Prämisse, dass bereits beim Akt der Zeugung ein vollwertiger Mensch entsteht. In meinen Augen ist das albern, vor allem weil es biologisch nicht haltbar ist. Nehmen wir aber diese Prämisse mal an: Dann wäre es doch auch bereits Mord, wenn befruchtete Ei sich nicht einnisten kann und deswegen abstirbt. Meine Ex-Freundin hatte das ein paar mal. Nach der Logik, dass es ab dem ersten Moment Mord ist, könnte man meine Ex-Freundin anklagen und genau das passiert ja im gewissen Sinne auch in manchen Staaten. Ich habe hier ja den Link wegen der Frau in Alabama und auch El-Salvador geteilt. Klar, beide Fälle gingen für die Frauen glimpflich aus, doch man findet sich erst auf einer Anklagebank wieder. Hier wird das Wohl eines ungeborenen Kindes über das Wohl der Frau gesetzt.
Dass viele Abtreibungsgegner - gerade in den USA - sehr verlogen sind, habe ich bereits erwähnt. Denn während dem ungeborenen Kind maximale Aufmerksamkeit geschenkt wird, das Wohl dieses Kindes über das der LEBENDEN Frau gestellt wird, wird dem Kind, sobald es geboren ist, überhaupt keine Beachtung mehr geschenkt. Gerade Abtreibungsgegner wollen ja auch gleichzeitig jegliche staatliche Fürsorgeeinrichtung und Co abschaffen.
Dabei könnte man vermutlich viele junge Frauen gerade durch Unterstützung und das Aufzeigen von Alternativen von einer Abtreibung abhalten, darunter auch die Möglichkeit der Adoption aber auch soziale Hilfsprogramme wären gut. Gerade in Deutschland bemüht sich zum Beispiel proFamilia aktiv um junge Mütter und bietet Hilfestellung über eine Vielzahl von Problemen an. Ein Verein, der staatlich gefördert wird. Dreimal dürft ihr raten, wer so einem Verein gerne die Mittel streichen möchte, weil sie über Abtreibung beraten? Die AfD! Welche Alternative bietet denn die AfD für so einen Verein, der sich explizit der Unterstützung von Familien verschrieben hat und jungen Müttern tausendfach hilft? Ich kenne die Beratungsgespräche von den Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern bei der ProFamilia und da wird Abtreibung auch nur als ein möglicher Weg aufgezeigt, entsprechend darüber informiert und über die Konsequenzen aufgeklärt. Genau so aber auch weitere Programme.
Klar, es gibt dann Seiten wie "Familien-Schutz" und entsprechende Vereine, die sich gegen Abtreibung einsetzten, aber Angebote zur Familienplanung, zur Hilfe von Betroffenen? Findet man so gut wie gar nicht.
Dabei wäre der wirksamste Kampf gegen Abtreibung der, dass man den Frauen hilft, ihnen Angebote macht. Doch von Seiten der Gegnern: Puste-Kuchen. Statt dessen setzen sich die aktuell stärkste Partei gegen Abtreibung dafür ein, dass alles was an sozial Leistungen existiert möglichst gekürzt oder abgeschafft wird. Ebenso will man Teile des Arbeitsrechtes auf Rechts drehen (Ja, ich kenne das Sprichwort, aber ich weigere mich Links weiter zu diffamieren!). So dass Arbeitgeber mit "unliebsamen" Gegebenheiten bei ihren Arbeitnehmern diese noch leichter los werden können.
Es hat ja ein Grund, warum manche davon sprechen, dass hier manche Menschen, die am klassischen Frauen- und Männerbild hängen, das letzte Machtmittel über die emanzipierte Frau aufrecht erhalten wollen. Auch hier: Kann man so sehen, muss man aber nicht. Für mich ist das zum Beispiel auch viel zu pauschal.
Das andere Extrem sehen wir dann hier an
@#basTi , bei dem wir das pauschale Recht auf Abtreibung sehen oder nun auch noch etwas extremer
@RfgsWlcm2k17 . Hier sprechen wir dann vom Wohl der Frau, vom Selbstbestimmungsrecht. Dass man hier die andere Seite maximal provoziert und auch sich so in einen moralischen Patt manövriert ist so vorhersehbar wie - ehrlich gesagt - platt.
Ja, ich stimmte dem zu, dass die Frau die Hoheit über ihren Körper hat und dass die Frau am Ende auch entscheiden sollte, ob sie ein Kind austragen möchte oder nicht. Gleichzeitig kann man hier aber wirklich nach den moralischen Aspekten fragen und auch unterschiedlicher Ansicht sein. Es gibt hier kein wirkliches richtig oder falsch, sondern am Ende muss jeder selbst entschieden, ob man es selbst vertreten kann oder nicht. Andere zu Verurteilen, weil sie einen etwas anderen moralischen Kompass haben oder dass der Kompass von anderen seltsam wäre, geht hier halt nicht.
Am Ende sind diese beiden Extreme aber nicht wirklich nützlich und man sieht ja, dass hier dann zum Teil Gedankenexperimente bemüht werden mussten, die man - freundlich ausgedrückt - als Abgefahren abstempeln kann.
@#basTi , bitte bekomme das jetzt nicht in den falschen Hals, aber dieser Spendenvergleich lenkt doch von dem eigentlichen Problem nur ab und am Ende versucht man mit solchen Beispielen die Gegenseite rhetorisch in eine Falle zu manövrieren, damit man den anderen dazu zwingt einem zu zu stimmen, in der Regel provoziert es nur, bringt die Diskussion nicht weiter.
Dabei sind beide Extreme zu kurz gedacht, denn man blendet eine Vielzahl an möglichen Problemen aus. Eine Bekannte von mir musste zum Beispiel das Kind abtreiben lassen in der 24 Wochen, weil das Kind drohte sie lebensgefährlich zu vergiften wegen einen Komplikation, wir sprechen hier nicht von einer möglichen Schwangerschaftsvergiftung, die so normal auftreten könnte, sondern von Problemen die recht früh diagnostiziert wurde und man sagte, dass es passieren könnte. Würde man die Abtreibung pauschal verbieten, hätte diese Frau nur die Wahl gehabt zu sterben. Ist das ethisch? Ist das für Abtreibungsgegner moralisch vertretbar?
Beispiele die für Abtreibungen sprechen, kann man relativ viele finden und auch welche, die moralische Dilemmata aufzeigen. Der eine oder andere versuchte hier bereits sich an Immanuel Kant und nun sinngemäß zitiert: Die Freiheit der austragenden Frau endet dann, wenn sie die Möglichkeit des Lebens des ungeborenen Kindes gefährdet. Endet dann aber auch ihr Recht auf Leben? Hat sie ein Kind auszutragen, auch wenn es sie tötet?
Man kann es hier drehen und wenden wie man will, am Ende wird man sich immer in eine ethische Zwickmühle begeben und unweigerlich auch in eine moralische Zwickmühle mit anderen. Denn welches Recht wäre dann höher zu bewerten?
Und in dem Fall auch von "Männerrechte" zu sprechen ist zum Teil etwas, es hat etwas ironisches an sich. Denn betrachten wir mal die Realität: Für die wenigsten Männer hat eine Schwangerschaft eine einschneidende Auswirkung und schon gar nicht ist es mit gesellschaftlichen Nachteilen verbunden. Ein Mann kann sich in der Regel recht einfach aus der Verantwortung stehlen. Ich kenne genug Frauen, die bis heute auf den Unterhalt von den Vätern der Kinder warten, aber keinen bekommen, weil sich die Väter entweder weigern oder selbst durch Freibeträge und andere Verpflichtungen nicht zu Zahlungen verpflichtet sind.
Neben beruflichen Nachteilen kommen dann auch finanzielle Nachteile. Gerade Männer entziehen sich hier leider oft der Verantwortung und Frauen werden dann oft noch angefeindet von der Familie des Mannes, als wären sie alleine an ihrer Schwangerschaft schuld. Alles zu oft erlebt und zu oft den Seelsorger spielen dürfen.
Im Endeffekt kann man hier zwar seine Meinung haben, muss aber immer bedenken: Andere können es anders sehen und deren Meinung ist nicht mehr oder weniger wert als die eigene. Eine reines Schwarz, aber auch ein reines Weiß sind hier für diese Thematik viel zu kurz gedacht und führen zu moralischen aber auch ethischen Problemen. Die Grautöne hier sind es, die eigentlich die Diskussion bestimmen müssten, das tun sie aber leider nicht. Denn so sehr die eine oder die andere Seite Empathie einfordern, so wenig sind sie bereit diese der anderen Seite entgegen zu bringen und sprechen sie der anderen Seite liebend gerne ab, wenn sie etwas anders sieht.
Statt dessen denkt man, dass man andere Menschen verurteilen darf für ihre Entscheidungen, weil man moralisch ach so unfehlbar ist.
Am Ende kann man hier nur sagen: Diese Diskussion ist unter den aktuellen Bedienungen und alleine schon von der Grundprämisse her irrational geführt, nicht rational und sie wird auch nicht rational werden, dafür fehlt es beiden Seiten daran sich viele verschiedene Situationen vorzustellen.