@.Sentinel.
Zunächst einmal ein schöner Exkurs zu Spielegrafik. Nun aber zum Thema:
Du brauchst mir das nicht zu sagen. Ich kann sogar noch Spaß an PS1-Spielen haben. Hat für mich dabei die hoffnungslos veraltete Grafik eine gewaltige Auswirkung auf den Spielspaß? Nein, überhaupt nicht! Ich sage dir auch den Grund dafür: weil ein Spiel ein Gesamtkunstwerk ist, welches sich aus verschiedensten künstlerischen Elementen zusammensetzt: Artstyle, Gameplaymechaniken, Story, Musik, Soundeffekte, künstlerische Intention, Grafik, ...
Wenn jetzt also ein anderer Gamer kommt und sagt, ihm ist die Spielegrafik viel zu grottig und deswegen rührt er das Spiel nicht an, dann ist es erst einmal sein gutes Recht. Aber auf der anderen Seite hat er dann nicht begriffen, was das Medium Videospiele wirklich ausmacht. Nur sich allein aus grafischen Gründen einem Spiel zu verweigern ist in Wahrheit nämlich oberflächlich. Man muss die Grafik nicht mögen, aber man sollte dem Spiel zumindest eine faire Chance geben.
Kommen wir zum zweiten Punkt:
Wie groß ist denn die Bedeutung von Spielegrafik für den Spielspaß? Und übrigens habe ich nie gemeint, dass Spielegrafik völlig bedeutungslos wäre. Wenn mir das jemand unterstellt, dann hat er entweder nicht alle relevanten Kommentare dazu gelesen oder ich habe mich manchmal vielleicht nicht eindeutig ausgedrückt.
AW2 ist doch das beste Beispiel dafür. Spiele es mit den maximalen Settings: 4K Ultra + Path-Tracing. Am Anfang staunt man über die fantastische Grafik bzw. Atmosphäre, welche durch die realistische Beleuchtung erzeugt wird. Das macht man eine Stunde, zwei Stunden, vielleicht noch fünf Stunden. Aber wenn das Spiel inhaltlich oder gameplaytechnisch schlecht oder langweilig ist, wirst du das Spiel vermutlich nicht zu Ende spielen. Da ist selbst die fortschrittlichste Grafik zum Schluss beinahe bedeutungslos. (das ist nur ein Beispiel und bezieht sich nicht auf den tatsächlichen Inhalt von AW2)
In einem anderen Kommentar in diesem Thread ging es doch um das Thema Genshin Impact. Dies wäre ein gutes Gegenbeispiel. Das Spiel hat eine technisch deutlich weniger anspruchsvolle Grafik zu bieten als AW2. Klar. Dafür hat es aber scheinbar andere Werte, die es sehr erfolgreich machen. Sei es das Gameplay, die Story, der Artstyle, ... Im Gegensatz zum ersten Beispiel bietet Genshin Impact also jede Menge Spielspaß. Und dafür braucht es nicht einmal überhaupt Raytracing-Grafik. Das heißt also: es braucht überhaupt keine Non-Plus-Ultra Grafik, damit ein Spiel Spaß macht. Im Gegenteil: selbst grafisch einfache Titel können einen aufgrund der (viel wichtigeren) "inneren" Werte bestens unterhalten oder sogar süchtig machen. Die unzähligen Indy-Titel sind doch aktuell der beste Beweis. Nimm hier beispielsweise Hades.
Edit:
Ich war noch nicht ganz fertig mit dem Thema. Selbstverständlich ist der grafische Fortschritt auch für mich eine wichtige Sache. Auch ich bin ein Anhänger und Verfechter von Raytracing bzw. Pathtracing. Nur bin ich mir auch bewusst darüber, dass die Grafik in einem Spiel insgesamt eine eher untergeordnete Rolle spielt (siehe meine beiden Beispiele). Das unterscheidet mich grundlegend von den vielen Nvidia-Anhängern hier im CB-Forum, die beim Thema RT/PT eine Extremposition eingenommen haben. Und Extrempositionen sind immer schwierig. Das unterscheidet mich im Übrigen auch von dir
@.Sentinel. Du bist in dieser Branche beruflich tätig und vielleicht darum sehr grafik- bzw. technikaffin. Was erst einmal absolut in Ordnung ist. Aber du hast ein gewaltiges Problem damit, wenn ich mir eine langsamere und geordnetere Entwicklung von Raytracing in Spielen wünsche. Für dich soll die Technik Nvidia-like mit allen erdenklichen Mitteln vorangeprügelt werden. Und wie gesagt: Extreme sind immer schwierig.
Darüber hinaus benötigen auch AAA-Spielentwickler nicht so schnell wie möglich Path-Tracing in ihren Spielen, nur weil wir mittlerweile die entsprechende Hardwareentwicklung dafür begonnen haben. Wenn du Nvidias Kurs verteidigst mit der Begründung, dass es dringend in der Spieleentwicklung benötigt wird, dann ist das einfach maßlos übertrieben. Als ob die die Spieleindustrie in akuter Not ist, wenn nicht so schnell wie möglich Path-Tracing zum Beleuchtungsstandard wird... Das ist doch Unfug. Selbst die moderne UE5 setzt mit Lumen u.a. auch auf eine Softwarelösung für natürliche globale Beleuchtung (sogar mit simulierten "Raybouncing"). Warum hat sich Epic überhaupt die Mühe dafür gemacht, wenn echtes Raytracing so unglaublich wichtig für die Spieleindustrie ist?
Und ganz davon abgesehen: würden die Leute plötzlich keine Spiele mehr kaufen, wenn es nicht noch größere, nicht noch interaktivere, nicht noch schönere Spiele gibt? (Das ist eine rhetorische Frage
) Wie wäre es, wenn sich auch die AAA-Spielebranche mehr auf spannendere Geschichten, abwechslungsreicheres Gameplay, kreative Spielkonzepte usw. konzentriert, anstatt irgendeinen generischen und spielerisch repetitiven Grafikkracher auf den Markt zu bringen, der darüber hinaus mit zahllosen Bugs und Glitches aufwartet.