Flüssigsalzreaktoren haben leider so einige technische Hürden:
- sehr hohe Temperaturen
- das Salz ist hochkorrosiv
- am Entgiften wird wohl noch geforscht
- Kristallsierung von spaltbaren Material bis zur kritischen Masse bei Temperaturschwankungen/Betriebsstörungen nicht ausgeschlossen
- Proliferation (zum Starten der Reaktion braucht man U235 oder Pu239 und aus dem Th232 wird U233 erbrütet)
https://www.heise.de/forum/Telepoli...lz-Reaktoren-aus-China/posting-39740182/show/
Langlebige hochtoxische Minore Aktinide (Am, Np, Cm) und Pu entstehen zwar nicht, aber ca. 20% vergleichbar giftige Nuklide (Pa230, u.a.)
Es gibt kein entscheidender Vorteil zu Uran, da die im Endlager risikobestimmenden Nuklide (Tc 99, I 129, Cl 36, u.a.) in ähnlicher Menge vorhanden sind.
U 233 aus Th hat eine ähnlich kleine kritische Masse wie Pu 239, dem heute dominierenden Atomsprengstoff. Man vermuet, dass Indien diese "Bombe für Arme und Terroristen" schon gezündet hat. Die Gefahr der Proliferation ist also extrem hoch.
https://www.heise.de/forum/heise-on...n-Entspricht-nicht-den-Fakten/thread-6948447/
Eine Kernschmelze ...
... ist bei Flüssigsalzreaktoren nicht möglich, weil der Kern schon geschmolzen ist. Geht also irgendwas schief (Rohr undicht usw.), läuft die hochgiftige ätzende radioaktive Schwermetallsuppe direkt dorthin, wo die Schwerkraft sie hinführt. Das Wort "ätzend" habe ich deswegen erwähnt, weil der Flüssigsalzreaktor mit Fluor-Salzen arbeitet, die tatsächlich zu massiven Verätzungen führen können, erst recht bei den Arbeitstemperaturen eines Leistungsreaktors. Die anderen Attribute sollten klar sein, wobei "hochgiftig" wahrscheinlich noch die unproblematischste Eigenschaft ist.
Wie andere schon geschrieben haben, erfordert der Betrieb als Brutreaktor, in dem thermisch nicht spaltbares Thorium-232 in spaltbares Uran-233 überführt wird, eine stetige Umwälzung und Filterung des Flüssigsalzes, um die Reaktorgifte Xenon-135 (entsteht bei Kernspaltungen) und Palladium-233 (ein Zwischenprodukt des Brutprozesses von Thorium-232 zu Uran-233) zu entfernen.
Weitere Komplexität folgt daraus, dass es nötig ist, den Brutfaktor im langfristigen Mittel genau bei 1,0 zu halten: Wird nur geringfügig mehr Uran verbraucht, als erbrütet wird, hat der Reaktor irgendwann nicht mehr genügend spaltbares Material und geht aus. Wird hingegen zu viel Uran erbrütet, droht gar die Selbstzerstörung des Reaktors durch eine nicht mehr kontrollierbare Kettenreaktion. In gewissen Grenzen lässt sich die Aktivität eines Reaktors natürlich durch Steuerstäbe beeinflussen, aber eben nicht beliebig.
Weiterhin müssen Aggregate vorhanden sein, die die Fluor-Konzentration konstant halten, während sich unter dem Reaktorbetrieb die chemische Zusammensetzung des Brennstoffs verändert: Thorium wird verbraucht, zugleich entstehen Spaltprodukte. Insbesondere, wenn eine sehr lange Betriebszeit und ein hoher Abbrand des eingesetzten Kernbrennstoffs erreicht werden soll, wird es auch unumgänglich sein, Spaltprodukte (bzw. deren Fluorsalze) zu entfernen und ggfls. auch neuen Brennstoff nachzufüllen.
Alles das erfordert ein relativ komplexes System aus Rohren, Pumpen, Filtern, Verdampfern, Kondensatoren und anderen Einrichtungen. Da das Flüssigsalz eine deutlich höhere Dichte hat als Wasser, der Reaktor sicher einige Meter hoch sein wird und im Betrieb auch ein höchsten Punkt ein Überdrück benötigt wird, um die Bildung von Gasblasen aus Spaltprodukten (insbesondere Xenon und Krypton) zu verhindern, werden am tiefsten Punkt sicher mehrere Bar Druck erreicht, was Fehler begünstigt.
Bisher gab es nur einen Flüssigsalzreaktor als Testreaktor, den MSRE, der am Oak Ridge National Laboratory in den USA knapp 1,5 Jahre unter Volllast bei einer thermischen Leistung von 8 Megawatt lief. Von einem Reaktor, der das im Artikel genannte riesige Containerschiff antreibt, wird man die 50-fache thermische Leistung (400 MW thermisch, entsprechend 160 MW mechanisch) und die 20-fache Betriebszeit erwarten, also insgesamt die tausendfache Umsetzung an nuklearem Material. Auch wurde am MSRE zwar der Einsatz von Uran-233, wie es aus der Thorium-232-Brutreaktion entsteht, als Brennstoff erprobt, die Thorium-Brutreaktion selber aber NICHT.
Obwohl der MSRE also deutlich einfacher aufgebaut sein konnte, als der spätere Leistungs-Langläufer-Schiffsreaktor mit Brutfunktion es sein wird, kam es nach der Abschaltung des MSRE während des erst schnellen und später dann langsamen Abklingens der Spaltelemente im Inneren zu unerwünschten chemischen Reaktionen. Diese hatten zur Folge, dass außerhalb der kritischen Teile des Reaktors an Stellen, an denen man erwartete, "normale Luft" und allenfalls Spuren (ppm, also "Teile pro Million") von Reaktorelementen zu finden, man stattdessen 50% Fluor und - schlimmer noch - 8% UF₆ maß:
https://web.ornl.gov/info/ridgelines/nov12/msre.htm
Irgendwie hatte das ätzende Fluor also einen Weg nach draußen gefunden. Das parallel gefundene UF₆ ist chemisch ähnlich zum im Brennstoff enthaltenen UF₄, verdampft (genau gesprochen: sublimiert, bei 1 Bar Druck erfolgt der direkte Übergang vom Feststoff zum Gas) aber bereits bei der niedrigen Temperatur von 56,5 °C. Auch bei Zimmertemperatur hat UF₆ bereits einen erheblichen Dampfdruck, kann bei dieser Temperatur also an einer Stelle verdampfen/sublimieren und sich dann an einer anderen (z.B. kälteren) Stelle wieder niederschlagen. Im originalen Reaktorsalz war UF₄ nur zu etwa 1% enthalten. Durch die genannte Umwandlung in UF₆ migrierte nun das Uran aus dem Brennstoffsalz an andere Stellen der Reaktor-Hilfsaggregate und konzentrierte sich dort.
Da der zuletzt verwendete Brennstoff des MSRE hochangereichertes Uran-233 war und Uran-233 eine kleine kritische Masse hat, drohte durch diese Umlagerungen ein Kritikalitätsunfall, eine plötzlich auftretende, unerwünschte Kettenreaktion irgendwo in den Rohren und Leitungen der Hilfssysteme.
Dieser Umstand und das Problem, dass etliche Leitungen durch die UF₆-Ablagerungen komplett zugesetzt waren, machte die Dekommissionierung des MSRE trotz der geringen Betriebszeit und Leistung zu einem teuren Unterfangen, das 130 Millionen US-$ kostete.
Fazit: Die Technologie ist faktisch komplett unerprobt. Der übliche Entwicklungszyklus wäre, erst einmal einen nichtnuklearen rein chemischen Testreaktor zu bauen, an dem man die Haltbarkeit der Materialien bei den hohen Temperaturen und der schwierigen chemischen Umgebung über zumindest einen Teil der erwarteten Betriebsdauer testet. Dazu würde man im Lauf der Zeit chemische Analogons der Spaltprodukte zusetzen, also beispielsweise nicht radioaktives Cäsium statt der Spaltprodukte Cs-137 und Cs-134. Parallel dazu würde man Proben der Reaktorbauelemente in einem konventionellen Reaktor über einen ebenfalls mehrjährigen Zeitraum bestrahlen und die Auswirkungen der Strahlenschäden untersuchen. Am MSRE fand man beispielsweise eine beschleunigte Korrosion des verwendeten Reaktorwerkstoffs unter dem Spaltprodukt Tellurium, und das trotz der bereits genannten vergleichsweise kurzen Betriebszeit und niedrigen Leistung.
Nächster Schritt ist dann, mit den gewonnenen Erkenntnissen einen echten Reaktor zu bauen und an Land innerhalb eines gesicherten Gebäudes (Containment) wiederum für mindestens 10 Jahre zu betreiben. Schiffe benötigen hohe Betriebssicherheit, kein Kapitän dieser Welt kann es leiden, dass ihn an einer kritischen Stelle mit starken Strömungen plötzlich die Maschine versagt.
Erst im dritten Schritt würde man so einen Reaktor dann auf hoher See testen.
Man kann sicher einige der Zyklen etwas verkürzen, indem man das Militär als ersten Kunden hat. Insbesondere Russland ist ein Beispiel dafür, wie man unfertige und anfällige Reaktordesigns trotzdem in Schiffe und U-Boote einbaut, und was dann passiert:
https://www.bbc.com/future/article/20200901-the-radioactive-risk-of-sunken-nuclear-soviet-submarines