Je mehr Beiträge ich lese, desto fassungsloser bin ich, wie viele auf die plumpe Propaganda Amazons hereinfallen.
Was sagt Amazon denn eigentlich genau? Man wirft den gesperrten Kunden vor, dass sie eine außergewöhnlich hohe Rücksendequote haben. Diese sei auch nicht haushaltsüblich.
Was bedeutet das? Das Forum hier ist schnell bei der Hand. Gemeint seien natürlich diejenigen Kunden, die 10 Fernseher bestellen und 9 davon zurückschicken. Doch gibt es dafür gar keinen Beleg. Es mag sein, dass es diese Fälle gibt, doch Amazon nennt weder Belege dafür noch Statistiken. Man muss ihnen schlichtweg glauben und das Forum tut das in weiten Teilen.
Wie sind diese Quoten gemeint? Absolut oder relativ? Wenn ich hundert Artikel bestelle, wie viele darf ich dann zurücksenden, bevor mein Rücksendeverhalten nicht mehr haushaltsüblich ist? Zehn, zwanzig, fünfzig?
Und wie schlüsselt Amazon dieses Rücksendeverhalten eigentlich auf? Gibt es berechtigte Rücksendungen, die nicht zählen und unberechtigte, die quasi doppelt angerechnet werden? Wie zählt, wie registriert Amazon das?
Hier im Forum kamen schon viele Beispiele. Da bewirbt Amazon eine Kamera im Warehousedeal als "wie neu", dabei hat sie schon tausend Auslösungen. Der Kunde schickt sie natürlich zurück und bestellt gleich noch eine. Ist der deswegen ein Querulant?
Das als neu bestellte Mainboard entpuppt sich als bereits benutzt. Doch als Kunde möchte ich gerne Neuware, wenn ich sie so bestellt habe und so geht der Artikel wieder zurück. Doch merkt Amazon überhaupt, dass ich den Artikel nur deshalb zurückgeschickt habe, weil ich gerne einen original verpackten hätte?
Amazon bietet auf seiner Homepage nämlich ein wildes Gewusel aus Widerruf aus Fernabsatzgesetz, Sachmängelhaftung und freiwilligem Rückgaberecht an. Dem Kunden ist gar nicht klar, welche Rechte er gerade nutzt. Oftmals kann er sie auch gar nicht wahlweise nutzen, sondern hat nur bestimmte Optionen zur Auswahl.
So bietet Amazon für Warehousedeals gar keine Reparaturmöglichkeit an. Stattdessen kann ich nur Erstattung wählen. Für andere Artikel kann ich manchmal auch Ersatzlieferung wählen.
Selbst wenn ich ein defektes Neugerät reparieren lassen will, legt mir Amazon Steine in den Weg. Die Hotline selbst ist es, die auf Nachfrage immer wieder beteuert, dass es bei Reklamationen einfacher ist, den Artikel zurückzuschicken, sich erstatten zu lassen und anschließend neu zu bestellen.
Ich erkenne bei diesem Verhalten ein großes Mitverschulden Amazons an der Lage.
Sie nehmen viel zu viele Artikel freiwillig zurück, auch wenn Kunden diese offensichtlich stark benutzt oder sogar beschädigt haben.
Sie prüfen Rücksendungen nicht genau genug. Oft sind als neu gekennzeichnete Artikel bereits geöffnet und es fehlen Teile.
Sie haben mit den Warehousedeals einen weiteren Marktplatz geschaffen, der mangels vernünftiger Qualitätskontrolle geradezu dazu einlädt, Artikel auf Probe zu bestellen, weil sie zu faul sind, auch nur einfachste Funktionsprüfungen durchzuführen.
Sie prüfen schlichtweg nicht, ob die genannten Rücksendegründe überhaupt zutreffen. Selbst defekte Artikel gehen als "gefällt mir nicht mehr" spielend zurück, er wird nie eine Nachfrage kommen. Der nächste Kunde freut sich.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Amazon sich die Geister selbst ins Haus geholt hat, die sie jetzt vertreiben wollen. Wer so umfassend und ungeprüft Waren zurücknimmt und Kunden geradezu ermutigt, das auszunutzen, darf sich nicht beschweren, wenn diese das im Zweifel auch machen. Der Gedanke, Hochretournierer zu sperren, mag nicht verwerflich sein. Doch Amazon wird dabei immer auch Kunden treffen, die aufgrund der internen Mechanismen erst zu (nach eigenen Kriterien!) Hochretournierern wurden.
Wenn ich beim dritten bestellten Notebook immer noch Mängel feststelle und mir der Support weiterhin rät, doch einfach ein neues zu bestellen, was soll der Kunde denn machen? Soll er freiwillig das Gerät zum Hersteller schicken, damit Amazon nicht noch ein geöffnetes Paket herumstehen hat?
Wenn ich eine im Warehouse bestellte Ware entgegen der Beschreibung völlig verkratzt zugeschickt bekomme und ich als einzige Maßnahme "Erstattung" wählen kann, soll ich das Gerät dann lieber behalten?
Wenn mir als neu deklarierte Ware als bereits geöffnet verkauft wird, soll ich das dann tolerieren, wenn der immer nette Support einem schon den Rücksendeschein per Email geschickt hat?
Erst einmal muss Amazon im eigenen Laden aufräumen, um unnötige Rücksendungen und Doppelbestellungen zu verhindern und dem Kunden nicht dauernd versichern, dass er selbst wegen eines Kratzer in der Verpackung alles jederzeit zurückschicken könne. Denn dem Kunden auf der einen Seite Zucker in den Arsch zu blasen, danach aber intern dessen Rücksendezähler wieder einen hochzusetzen, um ihn nach geheimen Kriterien irgendwann zu sperren, ist schlichtweg eine Sauerei.