Tomislav2007 schrieb:
Ach so meine Meinung wäre richtiger wenn ich mich mit Blümchensprache ausdrücken würde?
In einem Wort: Ja.
In zwei Sätzen: Bei einer Äußerung innerhalb einer Debatte steigt das Ablehnungspotential sowie die Konstruktivität eines Beitrags definitiv, wenn der Anteil an Rationalität, Fakten, Begründungen usw. sinkt. Besonders, wenn dafür der Anteil an Diffamierungen steigt.
Man demontiert sich und seine Position selbst, wenn man sie nicht sachlich, verständlich und
angemessen kommunizieren kann.
Tomislav2007 schrieb:
Dann ist die prophezeite Massenarbeitslosigkeit und das es bald nicht mehr so funktioniert auch nur eine Spekulation.
Das ist jegliche Prädiktion über die Zukunft immer. Das hindert einen allerdings nicht daran, die wahrscheinlichsten Szenarien bestimmen zu können.
Der Intelligenzquotient z.B. ist - falls überhaupt - ein sehr schlechtes Maß um das intellektuelle Potential eines Individuums zu bestimmen. Fernab des konkreten Individuums aber kann man damit sehr wohl im Durchschnitt die Chancen für bestimmte Werdegänge abschätzen: der Anteil der Menschen etwa, die erfolgreich ein Studium überhaupt absolvieren mit einem IQ <= 100 ist sehr überschaubar. Das betrifft in etwa die Hälfte der Bevölkerung.
Noch interessanter wird es, wenn man nicht nur Absolventen zählt, sondern (a) nur die qualifiziertere Hälfte der Studenten als Bemessungsgrundlage nimmt (der unterdurchschnittliche Student hat ja definitiv signifikant schlechtere Chancen), (b) nur Master und aufwärts zählt und (c) nur qualitative, schwierige Studiengänge bemisst (also etwa Genderforschung, Erziehungswissenschaften, usw. außen vor lässt).
Dann kann man problemlos über 90% der Bevölkerung direkt ausgliedern.
Tomislav2007 schrieb:
Für ersteres braucht man keine handwerklichen Top Leute, man braucht nur junge Menschen die bereit sind körperlich zu arbeiten und sich schmutzig zu machen, der Rest wird Ihnen in der Ausbildung beigebracht.
Ich glaube dafür brauchen wir keine Statistik: wie hoch ist der Anteil gemessen an allen Ausgebildeten, die erfolgreich ihren Meister machen? Und wie hoch der Anteil der Meister, die wirklich engagiert und qualifiziert sind?
Ich würde meinen, da gibt es genauso sehr starke Qualitätsschwankungen und wer nicht qualitative, individuelle, handgemachte Arbeit anbiete, der wird über kurz oder lang von der Automation gefressen werden, denn für die handwerkliche Durchschnittsarbeit wird es in 15-20 Jahren auch den Roboter geben.
Tomislav2007 schrieb:
Für zweiteres widerspricht dir die aktuelle Relität, wenn wir so dumm wären wie du glaubst dann würden nicht so viele junge Menschen ein Studium abschliesssen, schau dir doch die hohe Anzahl der Akademiker an.
Siehe oben. Die Anzahl der Studierenden ist ein sehr schlechtes Maß, weil da jede Dorf-FH, jeder Kosmetikwissenschaftsstudent, jeder immatrikulierte Theologe, der 1x die Woche am Campus zu sehen ist, ... gezählt wird.
Interessanter und einzig entscheidend für die Wirtschaft(-sleistung) sind die Top-Leute aus Wirtschaftswissenschaften, Rechtswissenschaften, Medizin und MINT (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik).
Die Anzahl von denen ist recht stabil geblieben. Informatik ist ein wenig gewachsen, manche Bereiche aber auch leicht geschrumpft.
Unabhängig davon kannst du selbst in diesen Studiengängen nicht jeden mit Abschluss als Bemessgrundlage wählen. Deshalb mein Vergleich mit "der besseren Hälfte".
Ich unterrichte z.B. im Bachelorstudium Leute aus dem 4-6 Semester, also kurz vor Abschluss, in Robotik & KI. Die, die ich da sitzen habe, haben das im Curriculum aktiv gewählt. D.h. zufällig aus der Masse gewählt sind die schonmal nicht. Trotzdem kann ich dir sagen, dass der Niveauunterschied zwischen mir (ich habe schon im Bachelor meine erste, internationale Publikation geschrieben) und 90% der Leute die da vor sitzen, gewaltig ist.
Den meisten davon traue ich einen Abschluss zu; hinterher tatsächlich etwas produktiv Richtung Robotik zu machen schaffen optimistisch gesehen vielleicht 1/3.
Und das traurige daran ist: ich bin nichtmal gut. Dadurch, dass ich schon im Bachelor sehr aktiv Richtung Forschung ging und wie gesagt jedes Jahr auf Symposien unterwegs bin, lerne ich viele Leute kennen. Die Mehrheit von denen ist deutlich fähiger als ich.
Auch an meiner eigenen Uni gibt es sehr viele Leute, die deutlich besser sind als ich.
Zusätzlich muss man noch erwähnen: ich bin an einer deutschen "Elite"-Uni, also einer der großen Top-Adressen die auch weltweit unter zu den besten 1% zählt.
Wenn man jetzt an die Dorf-FH im direkten Vergleich geht, dann kannst du den Schnitt der qualifizierten Absolventen von 1/3 sicherlich auf
vielleicht die besten 5% runtersetzen.
Tomislav2007 schrieb:
Ich hatte dich schon einmal nach ein paar Links zu diesen Studien gefragt, gekommen ist noch nichts.
Ich wusste nicht, dass du konkrete Links möchtest. Eine der bekanntesten und renommiertesten Studien zu dem Thema ist die "Oxford-Studie" (die hatte ich auch schon erwähnt):
The Future of Employment.
Eine aktuellere Studie wäre
Automation, skills use and training aus Harvard.
Beide habe ich gelesen und das sind fundierte Studien geachteter Universitäten mit hohem Faktengehalt und vor allem ordentlichen Zitaten und Referenzen.
Deine Links kurz abgehandelt:
- Der EconStor Link ist ein Paper ohne richtige, dahinterstehende Studie. Der Umfang ist ungleich kleiner. Die haben keine 20 Referenzen und zitieren im Übrigen die Oxford-Studie (weil das echt so umfangreich ist, dass das quasi "die Referenz" ist in dem Forschungsbereich aktuell). Wie die da zu einem anderen Schluss kommen wollen, ist mir schleierhaft.
- Das ZEW ist eine GmbH, da wäre mein Vertrauen jetzt im Vergleich zu zwei international sehr anerkannten Universitäten sehr gering
- IW Köln will gefühlt immer de-eskalierend wirken, abgesehen davon sind die auch viel kleiner und weniger renommiert
Es gibt im Übrigen noch viel mehr Studien, die zu sehr ähnlichen Schlüssen wie die aus Oxford oder die aus Harvard kommen. Auch Princeton war schon mit dabei, oder im EU-Raum etwa die LMU München. Afaik hat Macron in Frankreich z.B. für sein Land die KI-Revolution ausgerufen und will da stark investieren, weil es von der Uni in Paris eine Studie für Frankreich gibt, die auch zum selben Schluss wie die Oxford-Studie kommt. Hier kann ich aber nur über "Hörensagen" unter Komillitonen kommunizieren, weil der Kram selbst natürlich (typisch^^) auf französisch ist.
Deshalb hatte ich ursprünglich gesagt, mir ist nicht eine
fundierte Studie bekannt, die der Oxford-Studie signifikant widersprechen würde. Natürlich unterscheiden sich die konkreten Zahlen, aber alle prognostizieren unterm Strich einen Jobverlust und keinen Gewinn.