Ich bin noch ein Never-change-a-running-system XP-User. Für mich zahlt sich ein eingespielter Workflow direkt in Geld aus. Vista war anfänglich keiner Verbesserung und bis heute gab es keinen Grund umzusteigen. Nicht weil es schlechter ist, sondern weil es nicht besser war. Daher finde ich es auch schade, dass wiedermal ein Win7-Bericht erschienen ist, der nur Win7 mit Vista vergleicht und XP außen vor lässt. Dabei sollte doch die Zielgruppe von Win7 eindeutig XP-User sein, denn vor Vista-User gibt es wirklich nur minimale Verbesserungen.
Einige Tage konnte ich Win7 im Büro testen. Für einen XP-/Mac-User ist das neue Handling schon ziemlich anders. Da muss man auf jeden Fall schauen, was man ein-/aus-/umstellen kann. Positiv ist, dass die Arbeitsgeschwindigkeit ordentlich ist, wobei die bei XP auch nie ein Problem war. Jedenfalls stört sie nicht oder fühlt sich schwammig an. Auch die neuen Shortcuts, Schnellzugriffe aus der Taskbar und Fensterbewegungen sind toll, wenn man sie dann mal verinnerlicht hat. Und das OS wirkt allgemein freundlicher und erklärender. Man merkt, dass sich MS an vielen Detailstellen gute Gedanken gemacht hat.
Umso mehr stören dann doch einige Details (da muss man noch mal genau gucken, was geändert werden kann):
1. Erweiterte Druckfunktion (anderer Standard-Drucker je nach Netzwerk) nur ab Professional Edition, wobei die anderen Funktionen dieser Edition mich gar nicht interessieren und 35 € dafür sind absolut nicht cool.
2. Dass jetzt nur noch die Icons in der Taskleiste dargestellt werden finde ich auch negativ. In Kombination mit der Group-Funktion ist ein bestimmtes Fenster finden eine riesige Frickelarbeit. Besonders wenn man kurz überlegt und dann alle Fenster ein und ausblenden, über deren Vorschaubild man geht. Das Vorschaubild bringt mir persönlich auch nicht mehr Übersicht.
3. Die fehlende Schnellstartleiste finde ich auch eher schlecht. Zwar kann man einzelne Programme fixieren und dann bleiben sie in der Taskleiste. Damit verkommt die gute Taskleiste aber zu einem OSX-Klon, wo irgendwelche Programme unten laufen und man nur an kleinen Details erkennt, ob sie gerade laufen oder nicht. Das Dashboard ist unter OSX schon schlechte Usability. Da finde ich die traditionelle XP-Taskleiste mit Schnellstart, Taskleiste und Systray viel besser. Auch könnte sie deutlich kleiner sein, wenn eh nur die Symbole dargestellt werden.
4. Leider kann man immer noch keine Dateien direkt auf die Symbole in der Taskbar ziehen. Selbst unter XP konnte man das immerhin über die Schnellstart-Leiste machen. Da fehlt mir absolut das Verständnis, warum man da wirklich gute Detaillösungen bietet, aber sowas immer noch nicht funktioniert. Zumal es ein einfaches "Öffnen mit ..." ist und kein Voodoo-Zauber.
5. Die Shortcuts sind ja ansich eine feine Sache. Wie lange wünsche ich mir eine Tastenkombination zum Minimieren (und Maximieren) der Fenster. Nun ist einer integriert, aber auf Win+runter und +hoch! Hat mal ein MS-Mitarbeiter damit gearbeitet? Ich will die linke Hand auf der Tastatur lassen und mit der rechten die Maus steuern. Leider sind meine Hände zu klein, für Win+Cursorblock. Ich müsste also meine Hand von der Maus nehmen. Dann kann ich auch gleich mit der Maus klicken. Hoffentlich kann man das irgendwo noch ändern.
Ganz persönlich bin ich noch mit folgenden Dingen im Unreinen: Die neue Theme ist zwar auf jeden Fall besser als Luna, aber nicht wirklich sexy. Da warte ich noch auf gute Custom-Themes, wie sie auch bei XP bei mir Standard sind. Außerdem finde ich, dass es zu viele Animationen gibt. Alles schwabbelt und bewegt sich. Das muss man auch streamlinen. Und ich benutze seit Jahren die ungewöhnliche Kombination von 2 Monitoren, wobei der rechte der Hauptmonitor ist. Auf dem befindet sich auch das Startmenü und damit auch Schnellstart-Leiste und Systray (mittels Ultramon). Auf dem linken werden nur die Programme in der Startleiste angezeigt, die auch auf dem Monitor laufen. Das geht out-of-the-box auch unter Win7 nicht. Die Taskleiste ist auf den Hauptmonitor beschränkt. Schade. Immerhin kann ich anscheinend ein Fenster per Tastendruck auf den anderen Monitor schicken.
Naja, im Großen und Ganzen ist Win7 schon ganz ordentlich, zumindest nicht wirklich schlechter als XP. Ich werde warten, bis einige Tuning-Programme und Replacement-Tools draußen sind und dann wahrscheinlich umsteigen. Schon DirectX11 wäre ein Grund und 64 Bit muss auch irgendwann sein. Und da wäre Vista wohl die ganz falsche Entscheidung. Aber ich muss immer abwägen, ob ein neuer Workflow die entscheidenden Vorteile bringt oder nicht. Nur weils anders ist, ist es IMO kein Wechsel-Grund. Es muss mein hochgezüchtetes XP nicht nur in allen Bereich ebenbürtig sein, sondern auch verbessern. Und nach 8 Jahren Optimierung und Kniffe-kennen ist das sehr kompliziert. Ich weiß.
Ach, noch ein paar Worte an meine Vorredner:
Spieleperformance:
Natürlich ist Win7 im CB-Test nicht schneller als Vista. Aber mit DirectX 11 bringt Win7 eine mächtige Schnittstelle, die bis zu 30% mehr Performance herausholen kann. Für Gamer ist also Win7 die bessere Wahl.
SSD-Unterstützung:
Für SSD-Besitzer ist Win7 auf keinen Fall ein Muss. Natürlich erkennt Win7 eine SSD und deaktiviert bestimmte Dienste. Aber selbst das kann man innerhalb von Sekunden selbst machen oder installiert sich kurz ein Tool, was das alles mit einem Klick alleine tut. Kein Aufwand. Beim Alignment benutzt Win7 das gleiche wie Vista. Von daher macht es keinen Unterschied für Vista-User. Und selbst XP-User richten das Alignment genau einmal ein und dann war's das. Auch kein Thema. Beim Thema Trim ist Win7 auch nur komfortabler. Alle anderen OS-User benutzen weiterhin Wiper in der Aufgabenplanung oder manuell und gut ist. Ein (Groß-)teil der SSD-Besitzer tangiert Trim derzeit eh noch gar nicht, weil es erst fehlerfrei per Firmware-Update implementiert werden muss und teilweise gar nicht implementiert wird. Bis jetzt hab ich auch noch nirgends Berichte zum Support von Trim in Win7 lesen können. Ich hab da so meine Probleme mit wichtigen Features, die erst kurz vor Ladenschluss implementiert werden. Und Garbage Collection läuft eh unabhängig vom OS. Also auch kein Unterschied zu anderen OS'.
Allgemein hat Win7 aber einen besseren Standard-Controllertreiber, der schneller ist als das XP- und Vista-Derivat. Das hilft also SSD- und HDD-Besitzern. Aber auch die sollte man eh durch Herstellerspezifische Treiber ersetzen, wie z.B. von Intel selbst. Die bringen noch mehr.
@ XP-Modus:
Vielen scheint es nicht klar zu sein, was der XP-Modus ist! Das ist eine virtuelle Maschine, in der ein lizenziertes XP läuft. Das simuliert einen Uralt-PC, ohne halbwegs aktuelle 3D-Schnittstellen (OpenGL, DirectX), Sound-Standards, Multi-CPU-Support o.ä. Das ganze ist in keinster Weise für Spiele-Emulation gedacht. Wer sowas will, der installiert lieber eine echte VM mit seinem alten XP drin. Das kommt auf's gleiche raus und kann wahrscheinlich auch noch einige aktuellere Schnittstellen.