Andy schrieb:
Bundespolizei: Staatstrojaner-Einsatz ohne konkreten Tatverdacht
Präventiv heißt, die Bundespolizei darf Personen mit dem Staatstrojaner überwachen, obwohl gegen diese noch kein Tatverdacht begründet ist – und daher auch keine strafprozessuale Maßnahme wie die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) angeordnet werden kann.
Ich weiß nicht, ob du im Gesellschaftskundeunterricht in der Unterrichtsstunde gefehlt hast, als der Lehrer den Unterschied zwischen repressiven (Strafprozessordnung) und präventiven (Polizeigesetze) Eingriffsbefugnissen der Behörden erklärt hat. Die präventiven (Gefahrenabwehr!) Eingriffsbefugnisse der Behörden verlangen aus logischen Gründen keinen Tatverdacht, sonst wären die von den Maßnahmen betroffenen Gefährder nämlich Beschuldigte und somit keine Gefahrenabwehr mehr möglich sondern ausschließlich die Strafverfolgung.
Das was hier indirekt skandalisierend zusammengefasst wird ist sachlich begründet. Annähernd alle Repressionsmaßnahmen sind auch präventiv möglich, von der Ausweiskontrolle bis zur Wohnungsdurchsuchung. Wie bei jeder präventiven Maßnahme gelten die üblichen Vorrausetzungen: Es müssen mindestens "konkrete Gefahrenlagen" vorliegen. Aus Jux und Dollerei sind auch Präventivmaßnahmen unmöglich.
Maßnahmen wie der "Staatstrojaner" sind in vielen Polizeigesetzen einzelner Bundesländer längst normiert, also sowohl zur Strafverfolgung (Verdacht nach Bundesrecht) als auch zur Gefahrenabwehr (Gefahrenlage nach Landesrecht) möglich. Auch das Bundeskriminalamt ist entsprechend ermächtigt. Die Bundespolizei hinkt nur etwas hinterher.
Als eine wesentliche formelle Voraussetzung ist hier übrigens grundsätzlich die Anordnung eines Richters nötig sowie das Vorliegen einer "dringenden Gefahr" für wesentliche Rechtsgüter Dritter. Diese Kombination ist so ziemlich die schärfste Eingrenzung, welche die Polizeigesetze kennen. Auch diese Maßnahme kann also nicht willkürlich angeordnet werden.
Der Blick in die Gesetze erleichtert die Rechtsfindung, Herr Autor. Oder ist die Überschrift und der Artikel als Clickbait zu verstehen?
Außerdem verquirlt der Artikel verschiedene und voneinander unabhängige Bereiche, nämlich die Aufgaben der Nachrichtendienste und der Polizei. Die Bundespolizei ist kein "Geheimdienst" sondern eine Polizeibehörde. Die Diskussionen um die Zugriffsrechte der Nachrichtendienste sind ein völlig anderes Thema. Die Vermischung im Artikel erweckt beim oberflächlichen Leser unzutreffende Übereinstimmung, wie man hier im Forum eindrucksvoll nachlesen kann.