Der Philosophie-Stammtisch

Ok, du sagst jetzt, was wir nicht tun sollen: Etwas, was nur Mittel zum Zweck ist.

In deinem Beispiel:

Mittel: Golfen mit Chef
Zweck: Gehaltserhöhung

Hast du vielleicht ein Beispiel, wie wir es denn richtig tun sollten? Oder was hälst du von diesem hier:

Ich will ein Krankenhaus bauen, um Menschen zu helfen. Dafür braucht ich andere Menschen, die mir dabei helfen.

Mittel: Menschen
Zweck: Helfen von Menschen

Ich habe in diesem Fall den Menschen nicht allein als Mittel, sondern zugleich als höheren Zweck gebraucht.
(Vgl.:"zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel (allein?))

Wenn das der Philosophie Kants entspräche, hätte ich den ersten Satz verstanden. Jetzt noch: "Der Mensch ist Zweck an sich."

Ist das mit der Aussage gleichzusetzen, dass der Mensch den Mut haben soll, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen? (So habe ich es heute von einem Mitschüler erfahren).

Danke schonmal für deine Antwort!
 
Ja, das mit dem Krankenhaus ist laut Kant richtig. Wenn man sein Postulat abkürzst und unterstreicht, wird es deutlicher:
"Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person [...] zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst."
Selbst wenn du mit anderen zusammen eine Maschinenfabrik baust, ist das richtig. Denn Kant hat sein wertendes Kriterium des höheren Zwecks schwammig formuliert, er sagt nur etwas darüber, dass es auf den guten Willen ankommt und das eigene Handeln so beschaffen sein soll, dass im Prinzip alle Menschen so handeln könnten.

Und "Der Mensch ist Zweck an sich" ist eine ziemlich zusammengepresste Aussage, vergleichbar mit einer mathematischen Definition, die erst dann Sinn macht, wenn man die Bedeutung der Variabeln kennt.
Er sieht den Menschen als rationales Wesen und zwar so vernünftig, dass er sein eigenes Leben so gestalten kann, dass man sein Verhalten als allgemeingültig beschreiben könnte. Er skizziert also eine Art Idealfigur, einen Modellbürger wenn man so will. Zumindest hält er das für erstrebenswert.

Mit Zweck ist ein komplizierte Absicht definiert, die hier etwas ausgeführt wird. Ich habe in einer Arbeit über Kant damals den Zweck einfach in eine Kausalbeziehung zum Ziel gesetzt und der Lehrer war damit einverstanden. Damit ist zuerst die Absicht eines Ziels gemeint. Nehmen wir als Beispiel hier einfach das Ziel "satt werden". Der Zweck, dies zu erreichen, kann darin bestehen, Nahrung zu stehlen. Kant setzt hier an und meint, dass man die Zweckmäßigkeit der Mittel beachten muss und hier ein Diebstahl (wahrscheinlich) unzweckmäßig ist, solange keine anderen Optionen ausgeschöpft sind.

Man kann den Satz jetzt so interpretieren, dass das menschliche Leben (weil Mensch = vernünftig) schon einen Zweck erfüllt und damit keinem anderen Zweck, einen fremden Zweck, erfüllen darf. Hier kann man eine Überleitung zu §1 unseres Grundgesetzes machen, demnach die menschliche Würde geschützt werden muss und der Handel mit einem Menschen gegen diesen Leitspruch verstösst.
Mehr dazu hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Objektformel

Und nein, ich würde das nicht gleichsetzen mit der Aussage, dass er sich seines eigenen Verstandes bedienen soll. Das könnte nämlich bedeuten, dass dann jene Menschen, die nicht selber nachdenken, ein zweckfreies Leben führen und damit von anderen geführt werden müssen (Autokratie oder schlimmer, Sklaverei). Denn Kant sagt ja: "Der Mensch ist Zweck an sich." Keine Einschränkung, dass dieser Mensch schlau oder gebildet sein muss, sondern jeder Mensch ist gemeint.
Wie schon gesagt, es ist eine sehr gestauchte Aussage. Heute würde man darüber ein paar Seiten schreiben, damit solche Missverständnisse gar nicht erst entstehen.
 
Odium schrieb:
Selbst wenn du mit anderen zusammen eine Maschinenfabrik baust, ist das richtig. Denn Kant hat sein wertendes Kriterium des höheren Zwecks schwammig formuliert, er sagt nur etwas darüber, dass es auf den guten Willen ankommt und das eigene Handeln so beschaffen sein soll, dass im Prinzip alle Menschen so handeln könnten.

In dem Beispiel mit der Maschinenfabrik benutzt man den Menschen ja als Mittel. Man benutzt den Menschen als Mittel zum Zweck. Man benutzt den Menschen also, um eine Maschinenfabrik zu bauen. Braucht man in diesem Fall also auch die Menschen als Zweck? Den der Zweck ist doch die Maschinenfabrik, welche wiederum auch einen Zweck haben kann, z.B. Arbeitsplätze schaffen, nützliche Maschinen bauen, was alles dem Menschen hilft. Meinst du das damit?

Odium schrieb:
Damit ist zuerst die Absicht eines Ziels gemeint. Nehmen wir als Beispiel hier einfach das Ziel "satt werden". Der Zweck, dies zu erreichen, kann darin bestehen, Nahrung zu stehlen. Kant setzt hier an und meint, dass man die Zweckmäßigkeit der Mittel beachten muss und hier ein Diebstahl (wahrscheinlich) unzweckmäßig ist, solange keine anderen Optionen ausgeschöpft sind.

Ist nicht das Mittel, um satt zu werden, das Stehlen von Nahrung?

Odium schrieb:
Man kann den Satz jetzt so interpretieren, dass das menschliche Leben (weil Mensch = vernünftig) schon einen Zweck erfüllt und damit keinem anderen Zweck, einen fremden Zweck, erfüllen darf. Hier kann man eine Überleitung zu §1 unseres Grundgesetzes machen, demnach die menschliche Würde geschützt werden muss und der Handel mit einem Menschen gegen diesen Leitspruch verstösst.
Mehr dazu hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Objektformel

Hab ich das richtig verstanden, dass Kant damit meint, dass der Zweck eines jeden Menschen das (eigene) Menschsein ist? Einen Menschen jetzt aber zu einem anderen Zwecke zu benutzen entspräche also nicht mehr der Vorstellung Kants?

Odium schrieb:
Und nein, ich würde das nicht gleichsetzen mit der Aussage, dass er sich seines eigenen Verstandes bedienen soll. Das könnte nämlich bedeuten, dass dann jene Menschen, die nicht selber nachdenken, ein zweckfreies Leben führen und damit von anderen geführt werden müssen (Autokratie oder schlimmer, Sklaverei). Denn Kant sagt ja: "Der Mensch ist Zweck an sich." Keine Einschränkung, dass dieser Mensch schlau oder gebildet sein muss, sondern jeder Mensch ist gemeint.

Geht aber Kant nicht davon aus, dass jeder Mensch Verstand besitzt ("der Mensch ist ein vernünftiges Wesen"), somit auch die Fähigkeit hat, gut handeln zu können und deshalb auch gut handel muss? Damit führt jeder Mensch ein Leben, das Zweck an sich selbst ist. Dazu kommt aber, dass er sich seines eigenen Verstandes bedienen muss, aber ich denke, dass sind einfach zwei verschiedene Aspekte.
Was meinst Du dazu?

Danke erstmal soweit für deine Antwort. Sie erklärt mir viel, was ich im Netz einfach nicht gefunden/verstanden habe.
 
1. Ich meinte nur, dass der Zweck der Bau der Fabrik ist, unabhängig davon, was genau diese Fabrik herstellt.
2. Ja, da hast du Recht. Da bin ich wohl etwas durcheinander gekommen, was Zweck und Mittel angeht. Der Zweck ist auf jeden Fall das Sattgefühl. Das Mittel dazu ist (z.B.) der Diebstahl.
3. Ja, genauso interpretiere ich das auch.
4. Gut handeln zu können und gut handeln zu müssen sind zwei Paar Schuhe. Mit seinem Ausspruch "Mensch ist Zweck an sich" spielt er aber gar nicht darauf an, ob der Mensch seinen eigenen Verstand benutzen muss. Kant war ein fleißiger Mann, seine Maxime, dass der Mensch seinen eigenen Verstand benutzen müsse, ist so populär, dass man sie auch mit den anderen Postulaten in Verbindung setzt. Aber das würde ich hier nicht tun. Sich seines eigenen Verstandes zu bedienen und ein würdiges Leben führen zu können, kann man trennen, aber Kant tut dies nicht.
 
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