Die Bundeswehr heute - über den Sinn einer Armee im 21. Jahrhundert

Außerdem ist die Rekrutierung von Soldaten im Bundesländerkontext umgekehrt proportional zur Wirtschaftskraft des Bundeslandes. Soll heißen, Soldat wird man wahrscheinlich nicht, weil der Arbeitsplatz so attraktiv ist, sondern weil man kaum bis keine Alternativen hat. De Maizière bestreitet zwar, dass es ein Ost-West/Nord-Süd-Gefälle bei der Bundeswehr gibt, verweist aber im gleichen Atemzug darauf, dass deutlich weniger Rekruten aus Süddeutschland kommen.

Die Frage, wie attraktiv der Arbeitgeber Bundeswehr sein soll, hängt aber auch mit den Inhalten der zukünftigen Aufgaben zusammen. Für reines Kanonenfutter benötigt man nicht "die Besten" der Nation.

@_killy_:

Bez. psychologischer Betreuung: es gibt seit vielen Jahren Bundeswehrkrankenhäuser, die auf die psychologisch Betreuung von Soldaten spezialisiert sind. Dort wurden 2013 zum Beispiel 1100 Soldaten behandelt bzw. betreut.
 
Zuletzt bearbeitet:
Im Prinzip das Gleiche, was jeden Arbeitgeber attraktik macht,
Gute Bezahlung,
gute Ausrüstung,
gute Zunkunftschancen, sei es intern oder später wieder extern.
Bei der Bundeswehr kommt z.b eine gute Verpflegung als Pflicht hinzu.

Wehrpflichtigen kann man abgenutzte, gebrauchte Sachen geben.
Aber welches Unternehmen kann es sich denn leisten seinen Mitarbeitern Jahrzehnte alte Ausrüstung oder nicht richtig funktionierende Ausrüstung zu geben?
Bei der BW muss man ja dann auch noch im Blick haben dass die Soldaten ggf ihr Leben aufs Spiel setzen.
Aber ich denke es ist auch ein generelles Problem der Konkurrenz von öffentlichem Dienst vs Wirtschaft.

Das Problem ist natürlich auch, dass mangelndes gesellschaftliches Ansehen die BW als Arbeitgeber nicht gerade gut da stehen lässt.

Also die BW hat viele Probleme die sie bewältigen muss, damit ein junger Mensch sagt: Ja ich verpflichte mich für X Jahre

Edit: da waren wieder welche schneller ^^
 
Deliberation schrieb:
Welche Eigenschaften würden denn aus der Bundeswehr einen attraktiven Arbeitgeber machen?

Na z.b. die aktuell fehlende Anerkennung von PTBS als Verwundung (Haudrauff - ich meinte "seelische" verwundung, das hab ich nicht klar rausgestellt).
Oder das du soundsolange im Einsatz stehen musst, bis eine Verwundung dann zu einer Rente führt. fängt man sich zu früh etwas, hat man wohl pech gehabt. (siehe 3sat doku über PTBS in der Bundeswehr)
Oder der lächerliche Sold gegenüber den anderen Ländern in z.b. Afghanistan. (der deutsche px ist nur für deutsche, weil die norweger,italiener,holländer und skandinavier alles leergekauft haben weil sie 3-4x soviel verdienen wie die deutschen. wer da in den Einsatz geht, hat danach sein Haus bezahlt - bei uns evtl seinen A8)

im Weltkriegsszenario will ich nicht denken. aber ich "messersteche" mich auch nicht für Familienehre.
 
Zuletzt bearbeitet:
_killy_ schrieb:
-> bessere Ausbildung der Soldaten (bspw. jedes Jahr erschießen sich immer noch Soldaten bei der Reinigung der eigenen Waffe ...)

Letztes Jahr gab es 18 Selbstmorde bei der Bundeswehr. Wie viele davon sind bei der Reinigung einer Waffe geschehen? Dazu finde ich keine Zahlen.

Slobad schrieb:
Das Problem ist natürlich auch, dass mangelndes gesellschaftliches Ansehen die BW als Arbeitgeber nicht gerade gut da stehen lässt.

Das kann ich so nicht bestätigen. Seit Jahren ist das Ansehen der Bundeswehr in der Bevölkerung erstaunlich hoch. Zuletzt haben knapp 80% der Bevölkerung ihre Einstellung zur Bundeswehr als "sehr gut" bezeichnet.

Zu den Themen der Attraktivität: das sind alles sicher relevante Themen, aber wer wählt einen Beruf in jungen Jahren denn nach so epliziten Punkten aus?
 
Zuletzt haben knapp 80% der Bevölkerung ihre Einstellung zur Bundeswehr als "sehr gut" bezeichnet.
Das wusste ich nicht, es freut mich aber. Aus meiner ERfahrung kann ich nur sagen, in Bayern waren die Leute tatsächlich sehr freundlich, in NRW war es was ganz anderes.

aber wer wählt einen Beruf in jungen Jahren denn nach so epliziten Punkten aus?
Naja wenn an Schulen die Bundeswehr ausgeschlossen wird, hilft das auch nicht gerade. Aber man überlegt sich ja schon, was will man mal werden, was später machen, wo kann man Geld verdienen, was interessiert einen.
Und es bringt ja auch nichts wenn zwar genug anfangen, aber diese dann nicht gehalten werden können.
Wenn man feststellt die Kollegen "draußen" werden besser bezahlt, habe modernes Werkzeug, müssen nicht nur Flickschusterei betreiben.
Es ist natürlich auch noch ein Unterschied, ob man Mannschafter und Unteroffiziere betrachtet, und dann Offiziere und Spezialisten.
 
Hier ein interessanter Artikel über die Bundeswehr als Arbeitgeber für junge Leute:

http://www.bundeswehr-raus.de/

Offenbar steigen viele wieder aus. Ob der genannte Grund, es habe sich etwas Besseres ergeben, wirklich stimmt, ist schwer zu sagen.
 
also mich haben sie damals verloren, weil sie definitiv nicht attraktiv genug waren.

mittlerweile bin ich zu alt und zu weise, darum schickt man ja normalerweise eher junge Leute zum kämpfen.

edit:
deliberation:
mein aktueller chef hier im öffentlichen Dienst war marineoffizier.
ein kollege meines alters war flugzeugmecha und ist auch wieder gegangen weil keine perspektive.
 
Bedeutet "Perspektive", dass man innerhalb der Strukturen wenige oder keine Aufstiegschancen hat? Gibt es keine Fortbildungsprogramme o.ä.?
 
das kann ich so nicht sagen, da müsste ich genauer nachfragen.

der mecha hatt glaub ich nur unsinn gemacht, und dinge totgewartet die nie im Einsatz waren.

der marineoffizier fands einfach scheiße alles was nicht grüßt grau anzumalen, und sah keinen Sinn bei der Marine.

waren aber beides auch welche die es nicht Einsehen für fremde zu kämpfen. fand ich immer schon komisch das die bei die Truppe gingen. (mal davon das uns die ddr überfällt abgesehen gabs doch nie nen potentiellen innerdeutschen Verteidigungsfall)
 
Idealismus muss man sicher mitbringen, aber den braucht ja bei allen Jobs, bei denen man etwas opfert für die Allgemeinheit oder andere Menschen.
 
Idealismus kann nicht schaden. Aber musst du nicht auch Idealist sein, wenn du tatsächlich in die Altenpflege gehst oder Kindergärtner wirst? Selbst als Webentwickler sagst du dir jeden Tag "Bald gibts keinen IE8 mehr. Bald..."
Was viel wichtiger ist: Du musst dich tatsächlich als Deutscher verstehen, um Deutschland dienen zu können. Das haben die Amis viel besser drauf als die Deutschen. Dort ist es egal, ob du schwarz, weiß, asiatisch oder Latino bist. Das, was Amerika aus macht, kann dort scheinbar jeder verinnerlichen. Diese "Große Freiheit", den Schmelztiegel, den amerikanischen Traum... Und dafür kämpfen dann eben auch mal Tuan, Miguel und Johnny Seite an Seite.
 
Man könnte jetzt schnippisch sagen "wir sind über diesen Grad an Selbstillusionierung" bereits hinausgewachsen.^^
Denn, ohne jetzt zu sehr abgleiten zu wollen, Freiheiten sind dort durchaus ebenso (teilweise efühlt sogar stärker als in Europa) limitiert, lediglich im wirtschaftlichen Sektor kann man ziemlich viel tun und lassen. Das kommt aber idR auch nur denen zu Gute, die ausreichend Geld haben, um diese Freiheiten wirklich ausnutzen zu können. Insofern mag es zwar recht effektiv sein, dass die Soldaten an die Möglichkeit des sozialen Aufstieges etc. glauben. Dass das aber nicht unbedingt viel mit der Realität zu tun hat, wird da irgendwann auch einmal durchschlagen.
 
Freiheit ist allen voran die Überzeugung, frei zu sein. Wer nur so ne Muffel-Laune wie in Europa lebt, aus dem wird natürlich nie was. Alles Scheiße, alles korrupt, alles mäh - kein Wunder, dass hier nix geht.
Die USA verkörpern den Traum, die MÖGLICHKEIT, aufzusteigen. Tellerwäscher zum Millionär, in den USA ist das tatsächlich machbar. Ob man es erreicht steht auf einem anderen Blatt. Aber z.B. ein Elon Musk (als Immigrant südafrikanischer Herkunft) beweist, wie erfolgreich man in den USA sein kann, wenn man sich nur anstrengt.
 
Da ist sicher etwas dran. Allerdings musste/hat sich Deutschland lange Jahre der Kollektivschuld stellen müssen/wollen. Das impliziert auch eine gewisse Schottung gegen eine intellektuell breite Aufarbeitung des Geschehenen. Oder, wie die Amerikaner das nach Vietnam gemacht haben, eine Form der Mittelstandsrestauration, quasi eine Kapselung amerikanischer Werte. In Deutschland gab es da eher die fortschrittliche Entwicklung (ob nun in positiver oder negativer Richtung) der neuen gesellschaftlichen Strukturen, deren Agenda von der Partei "die Grünen" aufgegriffen wurde. Dass in Deutschland das Militär mit diesen Themen sehr stark negativ verknüpft war, macht die Sache nicht einfacher, sondern komplizierter.
 
Die USA verkörpern den Traum, die MÖGLICHKEIT, aufzusteigen. Tellerwäscher zum Millionär, in den USA ist das tatsächlich machbar.

Die Frage ist nur, für wie viele. Und genau das ist mein Punkt. Es glauben viele daran, aber wirklich erreichen kann es nur eine kleine Handvoll Leute.

Freiheit ist allen voran die Überzeugung, frei zu sein. Wer nur so ne Muffel-Laune wie in Europa lebt, aus dem wird natürlich nie was. Alles Scheiße, alles korrupt, alles mäh - kein Wunder, dass hier nix geht.

Vielleicht verstehe ich jetzt deine Perspektive nicht richtig, aber rein von der Überzeugung frei zu sein heraus resultiert sicher noch keine objektiv vorhandenen Freiheit. Einem Leichtgläubigen kann man einreden, er sei ungemein klug und er wird dann womöglich felsenfest davonüberzeugt sein. Am Umstand, dass er es faktisch nicht ist, ändert das aber noch gar nichts.

Und Missstände zu bezeichnen und auf deren Behebung zu drängen und daran vielleicht auch zu verzweifeln halte ich persönlich für gründlicher, weil nachhaltiger, als wenn man die schlechten Seiten einfach einmal ausblendet. Ich denke nicht, dass das auf die Dauer gut gehen kann. Zumal ich bezweifele, dass bei unseren Freunden in Übersee so viel mehr geht als bei uns. Die haben genauso mit den charakterlichen Schwächen Einzelner (im politischen wie auch im wirtschaftlichen Komplex) zu kämpfen und mit einem zunehmend versumpfenden Politiksystem.

Daher würde ich sagen, dass es sinnvoll ist, als Staat den eigenen Leuten reinen Wein einzuschenken, anstatt sie in realitätsfernen Hoffnungen schlummern zu lassen. Kurzfristig mag das einen (reinigenden) Aufschrei geben, aber am Ende erhoffe ich mir von so einer Erkenntnis nachhaltigere Stabilität der Gesellschaft und daraus resultierend Loyalität der Soldaten zu dieser.
 
Fetter Fettsack schrieb:
Die Frage ist nur, für wie viele. Und genau das ist mein Punkt. Es glauben viele daran, aber wirklich erreichen kann es nur eine kleine Handvoll Leute.

Na und? Dafür haben alle auf dem Weg (=Leben) eine positive Grundeinstellung. Was ist daran schlecht?

Fetter Fettsack schrieb:
Vielleicht verstehe ich jetzt deine Perspektive nicht richtig, aber rein von der Überzeugung frei zu sein heraus resultiert sicher noch keine objektiv vorhandenen Freiheit.

Objektive Freiheit gibt es ohnehin nicht. Wenn man subjektiv darüber nachdenkt, wird man schnell feststellen, dass man weder im Handeln noch Denken völlig frei ist. Das Gegenteil davon ist aber nicht, gefangen zu sein. Es geht vielmehr um die Beeinflussung, der man als soziales Wesen nun mal unterliegt, ob nun bewusst oder unbewusst. Deshalb ist es eine Einstellungs- und auch Kultursache, wie frei man sich fühlt. Das ist dann natürlich auch das Nicht-Nachdenken über die Frage, ob man nun wirklich frei ist oder nicht.

Fetter Fettsack schrieb:
Daher würde ich sagen, dass es sinnvoll ist, als Staat den eigenen Leuten reinen Wein einzuschenken, anstatt sie in realitätsfernen Hoffnungen schlummern zu lassen.

Aber das wird doch weder in den USA noch in Deutschland bezüglich der Einsätze der Armee getan. In den USA wird damit nur anders umgegangen. Während man in Deutschland "runde Tische" und "Vermittlungsgruppen" gründet und ewig lang um den heißen Brei palavert, ist der US-Amerikaner mehr handlungsorientiert. Da geht es vor allem darum, dass der Auftrag erledigt wird. Wenn dann auf dem Weg zum Ziel die ein oder andere Sache nicht ganz optimal gelaufen ist, so what? Die nächste Aufgabe steht schon bereit. Und während in den USA in zwei Konflikten gekämpft wurde, ist man in Deutschland noch immer am Diskutieren.

Beide Systeme haben Vor- und Nachteile. Aber sie zeigen, was Du mit "vielleichst sind wir über diesen Grad an Selbstillusionierung bereits hinausgewachsen" geschrieben hast.
 
Daaron schrieb:
Die USA verkörpern den Traum, die MÖGLICHKEIT, aufzusteigen. Tellerwäscher zum Millionär, in den USA ist das tatsächlich machbar. Ob man es erreicht steht auf einem anderen Blatt. Aber z.B. ein Elon Musk (als Immigrant südafrikanischer Herkunft) beweist, wie erfolgreich man in den USA sein kann, wenn man sich nur anstrengt.

Da muss ich Dich enttäuschen, die Sache mit dem Tellerwäscher zum Millionär, was im Grundgedanke ja eigentlich beschreibt, dass man es jederzeit durch harte Arbeit nach oben schafft, ist heute schon längst aus geträumt.

Was natürlich immer noch klappt (und das klappt auch bei uns siehe z.B. Klaus Kobjoll) ist wenn man eine gute Idee hat und entsprechend auch die Möglichkeiten diese zu Geld zu machen. (Bestes Beispiel hierfür denke ich ist Alex Tew)

Wie dem auch sei, das Problem meiner Meinung nach bei der Bundeswehr (zumindest hab ich es so bei meiner Bundeswehrzeit erlebt) Ist das die Struktur selbst bestimmt wird, durch das nach oben "wegloben" oder besser gesagt befördern, teils für diese Posten nicht geeigneter Personen. Ich war während meiner Grundwehrzeit in 3 verschiedenen Kompanien und die Unterschiede stellenweise gravierend, lagen jedoch jedes mal auch in der Führung der Kompanie.

Das inzwischen auch viele Freiwillige vorzeitig aufhören, lässt für mich eher den Schluss zu, dass die Anzahl der Kompanien in welchen es wirklich noch "Spaß" gemacht hat beim Bund, deutlich geschrumpft ist, während die Zahl der Kompanien, wo man nicht gerne sein möchte zugenommen hat.

Und wenn es einem überhaupt nicht mehr gefällt, dann stirbt auch der größte Idealismus recht schnell und man sucht sich doch lieber etwas anderes.
 
Zum Thema Tellerwäscher zum Millionär sagte Volker Pispers mal was passendes.
"Jeder kann Millionär werden, aber eben nicht alle."
Er sagte dies zwar im Zusammenhang mit Lotto, aber ich finde es passt ganz gut.
 
Zuletzt bearbeitet: (Zitat in Zitatblock verschoben)
Genau. Weil es nicht darum geht, wie viele Millionäre es gibt oder wie die Chancen dazu stehen. Wichtig ist die Hoffnung, dass man ja selbst "der Eine" sein könnte.
 
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