Die Bundeswehr heute - über den Sinn einer Armee im 21. Jahrhundert

Vielleicht wäre es sinnvoll, hier eine größere Diskussion anzustoßen, inwieweit man es neonazistischen Gruppen erlauben soll, sich die Deutungshoheit über deutsche Geschichte anmaßen zu dürfen, die zeitlich merklich vor dem dritten Reich stattfand (bzw. wieso die überhaupt irgendwas deuten dürfen sollten). Ich als Außenstehender verstehe z.B. nicht so ganz, wieso man die Wiedereinführung des traditionsreichen Orden des Eisernen Kreuzes als Undenkbarkeit behandelt, obwohl der schon Anfang des 19. Jhd. erstmals gestiftet wurde. Was an einem gewissen Maß an Identifikationsmerkmalen, die auf einen zeitgemäßen Bedeutungsgehalt getrimmt sind, falsch ist, ist mir nicht ganz klar. Denn schließlich ist das nichts anderes als ein bis heute andauernder Sieg der Nationalsozialisten, die sich erfolgreich ein Stück Geschichte unter den Nagel gerissen haben.
 
Fetter Fettsack schrieb:
Vielleicht wäre es sinnvoll, hier eine größere Diskussion anzustoßen, inwieweit man es neonazistischen Gruppen erlauben soll, sich die Deutungshoheit über deutsche Geschichte anmaßen zu dürfen, ...

Das ist sicher interessant, gehört aber in ein neues/anderes Thema.
 
Das Problem dürften nicht die Motive an sich sein, sondern viel mehr deren Interpretation bzw. Definition aus unserer heutigen Perspektive. Unter dem Einfluss des Nationalsozialismus fand ein Bedeutungswandel statt, sodass eine Rückbesinnung auf den Ursprung von z.B. gewissen Soldatentugenden immer auch Gefahr läuft diesen neueren Teil der Geschichte auszuklammern. Ich finde daher nicht, dass man es hier mit übereifriger political correctness zu tun hat bzw. die Deutungshoheit über dieses dunkle Kapitel der dt. Geschichte abgibt. Vielmehr erkenne ich in der kritischen Auseinandersetzung mit den zeitlich divergierenden Bedeutungsebenen eine zu Recht gestiegene Sensibilität und Debattenkultur. Und nur so lassen sich m.E. neue Motive schaffen, die sodann sicherlich Anleihen der alten enthalten werden, aber in ihrer Bedeutung einen neuen Wesensgehalt transportieren und nicht den "Muff der Geschichte" brauchen um sinnstiftend bzw. zusammenhaltfördernd zu wirken.

Für "deutsches Soldatentum", in der Interpretation von Wiggum, sowie "sportliche Rambos" sehe ich daher keinen Bedarf in der Bundeswehr. Ich sehe Bedarf an einer gesamtgesellschaftlichen Debatte was wir von der Bundeswehr erwarten und wie wir diese einsetzen wollen. Aus einer solchen Debatte ergeben sich meist automatisch neue Identifikationsmerkmale.
Leider umgeht die Bundesregierung derzeit diese Debatte zumindest auf politischer Ebene, indem sie das Parlament - unglücklicherweise in Teilen durch einen Entscheid des BVerfG legitimiert (bezogen auf die Rüstungspolitik) - außen vor lässt.
 
Zuletzt bearbeitet: (typo)
diRAM schrieb:
Für "deutsches Soldatentum", in der Interpretation von Wiggum, sowie "sportliche Rambos" sehe ich daher keinen Bedarf in der Bundeswehr
Das Dumme ist natürlich, dass es in der Truppe schon auch einige gibt, die nicht so besonders helle sind rechte Tendenzen aufweisen. Ist natürlich blöd, die extremeren mit der Verteidigung einer Demokratie (oder zumindest eines Staates, der vorgibt eine zu sein) zu betrauen.

Zum zweiten Punkt: es können ja nicht alles Schreibtischtäter und Joystickcowboys sein. Gut ausgebildete, trainierte, das Terrain nutzende Soldaten (wie eben John Rambo im ersten Film - nur hoffentlich minus PTS) sind in der kämpfenden Truppe eigentlich unverzichtbar.
 
Mit John Rambo assoziiere ich keinen gut ausgebildeten und trainierten Soldaten, sondern einen amoklaufenden Psychopathen, dessen Grundprinzip die Selbstjustiz ist.

:utminigun:
 
diRAM schrieb:
Vielmehr erkenne ich in der kritischen Auseinandersetzung mit den zeitlich divergierenden Bedeutungsebenen eine zu Recht gestiegene Sensibilität und Debattenkultur.

Das hat doch nichts mit einer kritischen Auseinandersetzung oder Debattenkultur zu tun...
Vielmehr gibt es eine Art Empörungskultur die jede Auseinandersetzung mit dem Thema durch Totschlagargumente ("Nazis", "Rechts") verhindert.
Gewisse Leute haben da eine Art Hobby daraus gemacht, denen geht es letztendlich nur um Zersetzung der Bundeswehr und ultimativ ihrer Abschaffung.
Komisch das es zb. den Franzosen nichts ausgemacht hat in einer Kaserne zu dienen die nach einem deutschen Ostfrontkämpfer und Ritterkreuzträger benannt war.

Mal als Beispiel für typisch bescheuerte Empörungskultur (Vorsicht, kann Kopfschmerzen verursachen):
http://www.taz.de/!45003/

diRAM schrieb:
Für "deutsches Soldatentum", in der Interpretation von Wiggum, sowie "sportliche Rambos" sehe ich daher keinen Bedarf in der Bundeswehr.

Oh doch da ist Bedarf vorhanden (wobei das mit den Rambos natürlich nicht ganz ernst gemeint war).
Gerade in der kämpfenden Truppe gibt's beides und das ist gut so.
Eine Armee ist immer noch zum kämpfen da...auch wenn sich die Bundeswehr gerne als Wehrmaterial verwaltender ziviler Arbeitgeber präsentiert.
 
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Eine vernünftige und sachliche Auseinandersetzung halte ich für richtig und wichtig. Aber einfach "rechts" und "Nazi" zu schreien, das als Totschlagargument zu nehmen und auf beliebige Situationen anzuwenden ist eben keine gesunde Diskussion mehr.

Man muss auch z.B. verstehen, dass sich auch Demokraten und Republikaner zu Zeiten der Weimarer Republik anders ausgedrückt haben.
Und wenn ein käsiger Merkspruch hilft, dass die Jungens sich das auch merken und deshalb nicht draufgehen, dann ist das auch gut so. Die NS haben soviel missbraucht (als prominentes Beispiel der Spruch "Arbeit macht frei"), das sollte man nicht vergessen oder gar ignorieren, aber ich habe da oft das Gefühl, dass da gerne beißreflexartig und übertrieben gehandelt wird.
Man sollte aufklären und erklären, nicht einfach ausblenden und vergessen.

Da muss man auch über die Ausrichtung der BW diskutieren. Symmetrische Schlachten mögen nicht mehr wahrscheinlich sein, aber bereit muss man trotzdem sein. Schaut mal den IS an oder den Putin. (Womit wir auch schon wieder bei der Beschaffung wären...)

Angehörige von Streitkräften befreundeter Nationen fragen auch öfter "seid ihr nicht stolz drauf?". Für die ist Wehrmacht und Nationalsozialismus komplett getrennt, was natürlich nicht so ganz der Wahrheit entspricht. Die können gar nicht nachvollziehen, warum man bei uns so bedacht ist, die moderne Geschichte der deutschen Streitkräfte zu verdrängen oder auszublenden.

Und ich sag ja "ohne PTS". Klar zeigt der Film einen Kämpfer, der sich nicht mehr integrieren kann und prangert auch die Gesellschaft an. Bezeichnend ist aber auch, dass Rambo aber eigentlich nicht töten will. Den stereotypischen 'Rambo' braucht man eher weniger, aber wie bereits erwähnt, nur Etappenhengste bringen halt auch nix.
 
der gute herr bald hat noch einen ganz wichtigen punkt vergessen: die bundeswehr verwendet völlig unpassenderweise die gleichen farben für ihre uniformen wie die wehrmacht. anstatt auf ein politisch korrektes rosa oder regenbogenfarben zu setzen, verwenden sie olivgrün. WIE DIE AUFSEHER IN AUSCHWITZ! wenn das nicht der beweis ist, dass alle soldaten nazis sind und den tod der juden wollen weiß ich aber auch nich mehr (vorsicht ironie!)

ist schon wahr, dass wir deutschen uns heute nicht mehr vernünftig mit unserer geschichte auseinandersetzen können. alles was irgendwie auch nur ansatzweise damals existent war ist automatisch eigentum und gedankengut der nazis. und damit ist alles auch per sé schlecht, auch wenn es nichts mit den braunen, ihrer ideologie oder dem krieg zu tun hatte. die tatsache, dass es das zu ihrer zeit schon gab reicht aus. wenn wir nicht offener und unverkrampfter über die vergangenheit reden können, werden wir die braune brut niemals entmystifizieren können und somit die braune bedrohung ungewollt am leben erhalten. kommt es dann zu einer schweren kriese, erinnert sich jeder wieder an die "lösung" die deutschland damals aus der tiefsten wirtschaftlichen depression mit hyperinflation, massenarbeitslosigkeit und hungersnöten ins wirtschaftswunderland verwandelt hat.

Das Dumme ist natürlich, dass es in der Truppe schon auch einige gibt, die nicht so besonders helle sind rechte Tendenzen aufweisen. Ist natürlich blöd, die extremeren mit der Verteidigung einer Demokratie (oder zumindest eines Staates, der vorgibt eine zu sein) zu betrauen.
...weil? in wie fern ist es ein unterschied, ob der schütze oder panzerfahrer rechtsradikal, bürgerlich oder linksradikal wählt? sind die kugeln von linken weniger tödlich als die von rechten?

welche armee ist denn politisch korrekter als die bundeswehr? die amerikanisch? die russische? die ukrainische? die britische? die französische?... und woran erkennt man das?

es ist durchaus legitim über denn sinn einer armee in der heutigen zeit zu diskutieren, aber die nazikeule wird an dieser stelle imho mal wieder deutlich überstrapaziert.
 
Ich meine damit: wenn jemand die grundsätzliche Auslegung des Staates (freiheitlich-demokratische Grundordnung) ablehnt, dann halte ich ihn nicht für geeignet, diesen Staat unter Waffen zu verteidigen.
Ob er nun CSU, Linke oder SPD wählt - grad wurscht.
 
ich tu mich nur schwer damit, den unterschied zu erkennen, ob dieser antidemokrat nun nen job als maurer, bänker oder soldat hat. die bundeswehr selbst ist keine politische vereinigung und daher sehe ich grundsätzlich in der politischen gesinnung einzelner mitarbeiter kein problem. was anderes wäre der missbrauch der waffe mit politischer absicht. aber da ist es imho egal, ob er nun nazi, salafist oder einfach nur amokläufer ist. aber das ist keine frage der politischen gesinnung, verrückte haben grundsätzlich nichts an der waffe verloren.
 
Soldat ist eben kein einfacher Job.

Das ist natürlich schwierig bis unmöglich zu differenzieren, abzugrenzen, definieren, festzustellen. Praktisch unhandlich sozusagen.
Und ja, ob nun Salafist, Nazi, RAFler,... ist egal. Jemand der dem Staat und seinen Bürgern schaden will, kann diesem nicht gleichzeitig dienen.

Das hat aber kaum noch was mit der Diskussion um die Political correctness der "Großkopferten" zu tun.
 
es geht hier nur um die frage in wie fern die politische ausrichtung einer person die eignung als soldat beeinflusst. und da sehe ich keine besonderen einflüsse. ein soldat hat befehle zu befolgen und die sind militärischer natur, nicht politischer. mal abgesehen von der problematik, menschen ihre politische gesinnung bei der musterung anzusehen ist es imho auch gar nicht wirklich relevant, solange der kandidat psychisch geeignet ist und nicht aus welchem grund auch immer mit der waffe entgegen seiner befehle auf andere losgeht.
 
Lübke schrieb:
die bundeswehr selbst ist keine politische vereinigung und daher sehe ich grundsätzlich in der politischen gesinnung einzelner mitarbeiter kein problem.

Nicht in der politischen Gesinnung aber sehr wohl in der Ideologie.
Wie allgemein üblich wird die "Gefahr von Rechts" bei der Bundeswehr sehr stark übertrieben.
Viel größer ist die Gefahr das bei einem Konflikt mit Russland ganze Kompanien geschlossen überlaufen oder sich aktive/ehemalige Soldaten islamistischen Milizen anschließen.
 
zu wem sollten deutsche soldaten denn bitte überlaufen? die ddr gibts nicht mehr und österreich führt keinen krieg gegen uns. wem könnte sich ein rechter deutscher denn dann noch mehr verpflichtet fühlen als seinem dienstherren und vaterland?

oder sich aktive/ehemalige Soldaten islamistischen Milizen anschließen.

wäre es besser wenn sich ein bäcker oder maurer oder versicherungsvertreter der islamischen miliz anschließt? um zivilisten zu erschießen braucht man nichtmal nen hauptschulabschluss und den rest lernen die dann schon vor ort.
 
Du hast ja garnicht verstanden was ich geschrieben habe...

Lübke schrieb:
wäre es besser wenn sich ein bäcker oder maurer oder versicherungsvertreter der islamischen miliz anschließt?

Ja, da ein Bäcker oder ein Maurer in der Regel keine militärische Ausbildung hat.
Außerdem könnte Wissen über Taktiken und Verfahren weitergegeben und gegen deutsche Soldaten verwendet werden.
 
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Das macht den IS ja auch so gefährlich, das ist nicht nur ein Haufen verblendeter Radikaler, sondern in Teilen einfach verhältnismäßig gut ausgebildeter, zumindest angepasster, Militärapparat aus Ex-Irakischen "Beständen".

Lübke schrieb:
militärischer natur, nicht politischer.

Diese dualistische Trennung ist leider so nicht möglich.
Ich halte es da mit Clausewitz, Krieg ist die Fortführung von Politik mit Gewalt.

(Während der eine Typ T vielleicht gerne für Deutschland gegen Land/Gruppe A kämpft, sieht es vielleicht bei Land/Gruppe B ganz anders aus. Da kämpft er dann lieber gegen Deutschland D?
Ungünstig. Die Loyalität der Militärangehörigen muss dem Staat und noch mehr dessen Grundprinzipien gelten.)

Dass sich daraus kaum bewätigbare praktische Probleme ergeben, habe ich oben auch schon angeschnitten.
 
der militärapparat ist ein instrument, dass durch die politik gesteuert wird. die politik geht aber nicht vom militär aus. sorum wird ein schuh draus und ich denke so war es auch von clausewitz gemeint. nicht soldaten machen den krieg sondern politiker. soldaten fechten ihn nur im auftrag der politik aus.

es war nicht die wehrmacht, die ww2 losgetreten hat, es waren die nazis. viele der soldaten haben gar nicht nsdap gewählt. da waren durchaus zentrum- und spd-wähler und auch kommunisten darunter. oder eben anhänger anderer konkurrierender rechts-fraktionen. aber sie alle haben ihren dienst geleistet als instrument der politik. nicht aus eigenem antrieb heraus.
 
Zuletzt bearbeitet:
Du hast immernoch nicht verstanden worum es geht.
Es geht nicht um 1939, es geht um unsere heutige globalisierte multikulti Gesellschaft.
Es ist genauso wie c137 geschrieben hat, Soldat A würde vielleicht für Deutschland gegen Land/Gruppe B kämpfen, aber nicht gegen Land/Gruppe C und wenn es gegen Land/Gruppe D ginge würde er vielleicht sogar überlaufen !
 
Lübke schrieb:
der militärapparat ist ein instrument, dass durch die politik gesteuert wird. die politik geht aber nicht vom militär aus.

Gegenbeispiel 1. Weltkrieg in Deutschland, die OHL hat nach kurzer Zeit den ganzen Laden diktatorisch geschmissen.
Oder Ägypten nach dem Sturz von Mubarak. Also jetzt.
 
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