Fetter Fettsack
Fleet Admiral
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- Nov. 2009
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Ich bin vollkommen bei euch, wenn ihr eine differenzierte Auseinandersetzung mit unserer Geschichte fordert. Ich finde es nur verdächtig, wenn diese Forderung implizit mit dem Wunsch verbunden ist, alte Identifikationsmerkmale eben losgelöst von einem Teil der Geschichte (NS-Regime) zu verstehen, nur weil sie bereits länger existieren. Ja, die meisten Soldatentugenden hat der Nationalsozialismus nicht erfunden, aber er hat viele davon pervertiert. Daher finde ich eine Auseinandersetzung mit diesem Aspekt ebenso wichtig, wie die Diskussion, ob die Bundeswehr diesen nachhängen sollte.
Wenn ich hieran nur kurz anknüpfen darf: soweit ich das Thema bisher intellektuell durchdringen konnte, gibt es in jeder Armee eine Art universellen Wertekanon, der die Zeiten überdauert hat. Diese würde ich jetzt grob einmal unter der (sicherlich erweiterbaren) Trias "Tapferkeit", "Füreinander-einstehen (Kameradschaft)" und "Disziplin/Standfestigkeit" zusammenfassen. Und eben weil diese Werte immer schon für Armeen von Wichtigkeit waren und dementsprechend ausgezeichnet wurden (vor allem "Tapferkeit"), kommt da mE auch die Bestehensdauer und der Bekanntheitsgrad einer Auszeichnung positiv zum Tragen. Ein vielleicht oberflächlicher, aber einfacher Vergleich: ein Nobelpreis ist idR auch symbolisch mehr wert als irgendein frisch aus der Taufe gehobener Preis, von dem kaum wer was gehört hat.
Persönlich denke ich, dass allein schon begrifflich gesehen "Eisernes Kreuz" besser die Würdigung von Tapferkeit widerspiegelt als es die Bezeichnung "Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit" vermag. Schon allein die Referenz auf Eisen, einem Element, das bei der Kriegsführung nach gut 2000 Jahren noch heute Verwendung findet und seit jeher auch für Härte stand, hat da (subjektiv) gefühlt eine bessere und eingängigere Wirkung als der zweitgenannte, ziemlich abstrakte und wenig realitätsnahe Titel der derzeitigen höchsten Tapferkeitsauszeichnung.
Dass das Symbol im 3. Reich völlig vereinnahmt wurde und auch schon vorher durch die preußische Politik nicht gerade mit humanistischem, demokratischem Ruhm bekleckert ist, ist natürlich ein valider Punkt.
EDIT: Im Wikipedia-Artikel zum Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit steht im Teil "Kritik" folgende Passage, die, egal wie man diese Sorte Auszeichnung nun nennen mag, durchaus etwas für sich hat:
„Man kann daran eine neue Etappe der schleichenden Militarisierung der Außenpolitik der Bundesrepublik erkennen. (…) Die sogenannte Tapferkeitsmedaille oder das Ehrenkreuz hätten ausgereicht, um Mut im Einsatz zu würdigen. Mit der Gefechtsmedaille werden in der Tat das kriegerische Element und der alte Kriegerkult im Militär hofiert“
Stellt sich letztlich die Frage, ob man sowas einerseits als Gesellschaft will. Bzw. andererseits, ob man das Menschen, die ihr Leben im Einsatz riskieren, nicht schuldig ist, Mut und Tapferkeit gesondert zu würdigen. Eine ziemlich undankbare Abwägung, weil ich persönlich zwar Frieden vehement bevorzuge, gleichzeitig letzte Frage dennoch mit "ja" beantworten würde.
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