MasterXTC schrieb:
Wen wenn nicht denen die diesen Reichtum erarbeiten, nämlich den Arbeitnehmern, stehen die Früchte daraus zu ? Das ist meiner Meinung nur durch das menschenfeindliche Weltbild den der Kapitalismus erzeugt zu erklären. Ein Denken das ,wie ich zugebe, nur schwer zu überwinden ist.
Machst du es dir da nicht auch etwas zu einfach?
Im Prinzip stimme ich dir zu, dass primär die profitieren sollten, die die "Waren" produzieren - egal ob das nun Sachwerte oder Dienstleistungen sind. Aber genau da liegt eben auch die Krux. Die Produktion ist eben nur ein Teil der Wertschöpfungskette ... und es ist gerade in unseren modernen Zeiten NICHT das wichtigste.
Was bringt es, wenn du zwar Waren produzierst, die dann aber nicht auf den Markt bekommst? Auch die ganzen Dienstleistungen, die im Marketing, Vertrieb und in der gesamten Verwaltung erbracht werden (bis hinauf zum Chef) sind wichtig, denn auch ohne die bricht das Geschäft zusammen.
Die Hauptprofiteure scheinen momentan allerdings die Investoren zu sein, und die steuern "nur" das Geld bei ... aber woher soll das sonst kommen?
Ohne Startkapital bleibt auch die beste Idee erstmal in der Schublade liegen ... und die, die nach deiner Lesart das System tragen, können leider auch nicht viel daran ändern, ausser z.B. auf einen Teil des Gehaltes zu verzichten, um die Produktion des "neuen" Produkts zu finanzieren ... auf einen ziemlich großen Teil, wenn daraus auch F&E finanziert sollen.
Gewinnbeteiligung wird in diesem Fall auch nur dann funktionieren, wenn das Produkt am Markt akzeptiert wird, und die eigene Entwicklung innerhalb des Produktlebenszyklus wieder einspielt.
Ein Risiko, welches die meisen Arbeiter aus gutem Grund nicht eingehen wollen.
Und da braucht es dann eben doch wieder Investoren, die dieses Risiko tragen KÖNNEN.
Ein Beispiel aus dem Mund der Mitarbeiterin (Leitungsebene) einer Investmentfirma:
"10 Startups bekommen je 1Mio Euro ... wenn dann nur eines davon Erfolg hat, und z.B. einen Umsatz von 10Mio einfährt (nach einer gewissen Zeit), dann war das ganze Projekt insgesamtz profitabel, OBWOHL 9 der 10 finanzierten Unternehmen die kritische Phase NICHT überlebt haben. Natürlich geht das auch mal schief - dann hat man Verlust - manchmal schaffen es aber auch 2 oder 5 der Startups ... und der Investor kann darauf nur im Vorfeld wirklich Einfluss nehmen, indem er sich die Konzepte genau anschaut, nachrechnet und eventuell seine Unterstützung an Anpassungen knüpft".
Ohne DIESEN Menschenschlag funktioniert unser System eben auch nicht ... getreu dem Motto, "was nutzt dir ein solides Fundament bei undichtem Dach?".
Genau weil "Gesellschaft" als System funktioniert, ist es so schwierig, die Stellschrauben zu finden, an denen man möglichst ohne unerwünschte Nebenwirkungen eine erwünschte Wirkung erzielen kann.
Bei Darmverschluss ist auch eine gute Verdauung nicht viel wert.
Genau darum geht es mir. Ich wünsche mir Veränderungen ... aber eigentlich liegen die nicht so sehr im wirtschaftlichen Bereich, wie im Sozialen. Da es Letzteres ohne Ersteres aber nicht geben kann (obwohl, vielleicht wären die Menschen nach einer Weile wieder echt soziale Tiere, wenn die Wirtschaft erst mal so richtig kollabiert ist), halte ich es für unsinnig, am Sozialen herumzudocktern, während die Wirtschaft sich zusehens aus jeder Verantwortung hinausstiehlt.
Gleichzeitig ist es aber eben auch nicht gesund, die Wirtschaft zu gunsten des Sozialen komplett zu bevormunden.
Es geht dabei wie immer um das "rechte Maß" ... wie viel Ökonomisierung kann eine Geselschaft vertragen, bevor sie in Verteilungskonflikten untergeht ... und wie viel Solidarisierung kann sie vertragen, bevor es für ALLE einfach nur hart wird (was ebenfalls zu Verteilungskonflikten führen wird).
Weder ein staatliche Planung, NOCH die absolute wirtschaftliche Freiheit werden eine gesunde und nachhaltige Gesellschaft hervorbringen ... der Kapitalismus hat darin auf jeden Fall episch versagt, denn der hält profitable Konflikte NATÜRLICH aufrecht ... oder macht sie sogar zur Grundlage seines Funktionierens.
Ich habe am Anfang schon geschrieben, dass ich eigentlich nicht daran glaube, dass mit dem aktuellen Menschenmaterial ein menschlicheres System überhaupt möglich ist ... die Veränderungen müssen von der Basis kommen ... und wie immer wird diese Basis ihren Willen sehr wahrscheinlich NICHT gewaltfrei durchsetzen können.
Die Politik KANN nur reagieren und tut dies auch nur zur Sicherung von Mehrheiten.
Im Grunde GLAUBE ich nichtmal an unser politisches System ... jedenfalls NICHT dort, wo es um Lösungen für konkrete Problemlagen geht ... die einzige Problemlage, die das "System Politik" tatsächlich versteht, stellt sich nur anlässlich von Wahlen.
Beispiel Agenda2010:
Die CDU wäre zu diesen Reformen nicht in der Lage gewesen ... nicht weil sie eine eventuell tatsächlich vorhandene Notwendigkeit nicht gesehen hätte, sondern einfach weil klar war, dass man nach solch einer Reform NICHT wiedergewählt werden würde ... genau wie es Rot-Grün dann ja tatsächlich passiert ist.
Im Prinzip könnte man die damalige Regierung dafür sogar Respekt zollen, wenn es nur nicht klar zeigen würden, dass SPD und Grüne das politische System dann doch nicht so gut verstanden haben, wie die CDU oder FDP. Die haben sich kurz zurückgezogen, die ehemalige Opposition die Drecksarbeit machen lassen, teilweise sogar dagegen gewettert ... und nach dem erneuten Regierungsantritt dann ganz gezielt NICHTS geändert.
Im Nachhinein wirkt das fast wie geplant ... und auch dafür gäbs meinen Respekt, denn so eine Volksverarsche muss man auch erstmal durchziehen.
Ware Politik ein Wirtschaftszusammenhang, könnte man hier von einem ruinösen Preiskampf sprechen, denn nach Agenda2010 und mehreren Legislaturperioden in der Regierungsverantwortung kann nun zumindest die SPD der CDU nicht mehr gefährlich werden.
Aber im Grunde traue ich der CDU soviel dann doch nicht zu.