@Sentenza
Zunächst einmal beschreibst Du den Idealzustand richtig. Wenn sich z. B. zehn Prozent der Bevölkerung zu einer Partei zusammenschließen, weil sie in einer wichtigen Sache dieselbe Meinung vertreten, dann gibt es keine Kluft zwischen Mitgliederschaft und Wählern. Dann ist der Erfolg greifbar. Im Prinzip lief es doch so bei den Grünen, die den Umweltschutz auf ihre Fahnen schienen und dahinter ihre Wählerschaft vereinen konnten.
Bei der Linken sehe ich die Sache etwas anders. Von der Parteispitze her gesehen rekrutiert sich die Mannschaft (ideologisch oder personell) größtenteils aus der alten SED (bzw. der PDS und der WASG). Das Wahlvolk aber besteht zu einem nicht unerheblichen Teil aus Protestwählern, die z. B. gegen Hartz IV wettern. Sie haben deswegen aber nicht unbedingt etwas mit den sozialistischen Parteizielen am Hut. Deshalb stellt Die Linke alles andere als eine homogene Truppe dar.
Was soll sie also tun? Wenn sie sich auf den Sozialismus versteift, laufen ihr irgendwann möglicherweise die überzeugten Sozialdemokraten davon. Dann hätte die Partei ausgedient, weil sie es nicht mehr in die Parlamente schafft und das Thema wäre durch. Der Linken bleibt, wenn sie in die politische Verantwortung kommen will, gar nichts anderes übrig, als auf Stimmenfang zu gehen. Das geschieht momentan in erster Linie über die soziale Themen.
Die DKP macht es doch genauso. Wenn sich die DKP-Funktionäre strikt an ihr Parteiprogramm hielten, könnten sie kaum mit der Linken zusammenarbeiten. Sie machen es trotzdem. Denn so erhoffen sie sich Abgeordnetensitze. Man kann das als Opportunismus bezeichnen oder als Machtinstinkt oder als Verrat an den eigenen Idealen. Es ist Realpolitik.
Das Problem der Linken ist weiterhin das fehlende Profil. Danach sucht sie noch. Die FDP hat damit, wie ich schon einmal schrieb, die wenigsten Probleme. Da weiß jeder, wofür sie steht. Bei der DKP ist es auch so, aber bei der Linken denken viele Leute an eine reine Protestpartei. Und das ist nicht genug.
Wenn sie sich als Sammelbecken für alle Linken versteht, dann muss sie die Belastung durch die DKP ertragen, die sie in den Medien erfährt. Meinetwegen. Aber vorteilhaft ist das sicher nicht. Oder aber sie fängt an, sich deutlich zu profilieren. Das erfordert eine Abgrenzung gegenüber der DKP und gegenüber der SPD, die sie als eigenständige Partei mit einem eigenem Programm wahrnehmbar macht. Im Moment bietet sie sich überall als Mehrheitsbeschaffer an und stellt die Gemeinsamkeiten mit der SPD heraus. Da fragt man sich ernsthaft nach ihrer Existenzberechtigung in der deutschen Parteienlandschaft.