diRAM schrieb:
... analog zu allen anderen Vergehen und Verbrechen damit abfinden, dass diese existieren und für eine Gesellschaft "normal" sind. ...
..."oktroyierte Moral" zu etablieren.
Und um den Pragmatismus noch auf die Spitze zu treiben, sehe ich jeden Cent der in die Schaffung eines "hate-crime" § investiert wird als verloren an. Denn in Bildung gemünzt, wäre er m.E. effektiver eingesetzt. (So sind insbesondere aus den USA Studien existent, die - um auf das Phänomen "Kriminalität" generell abzuheben - belegen, dass die Unterstützung von Bildung positiv mit Kriminalprävention korreliert.)
- Ich finde auch den Begriff der "oktroyierten Moral" nicht richtig, wenn in einer Repräsentativen Demokratie die Legislative etwas juristisch kodifiziert.
- Die gewaltvolle Aufhebung der Rassentrennung gegen die Mehrheit durch die Nationalgarde 1957 kann hier als Vorbild dienen. Der Gesellschaftsvertrag in Form der Verfassung ist hier die Grundlage. Auf dieser Grundlage wäre es sogar geboten, das gegen die Mehrheit, die sich aber qua Staatsbürgerschaft zur Verfassung bekennt (Gesellschaftsvertrag, Rousseau und so), durchzusetzen.
- Ich finde diese qualitative Einebnung von 'hate crimes' und 'allen anderen Verbrechen' nicht sinnvoll in diesem Kontext und ebenso den Verweis auf die Senkung von Kriminalität schlechthin durch Bildung. Wenn es nur 'ordinäre Kriminalität' wäre... der Effekt der Bildung als Faktor zur Kriminalitätssenkung ist sicher nicht so mechanisch zu verstehen, daß das, weil nun endlich gebildet: aufgeklärte und mündige Subjekt sich dagegen entscheidet, Diebstahl zu begehen etc., sondern ist eher ein unspezifischer ökonomischer Effekt: Die Menschen sind mit einem Mindestmaß an Bildung wieder zur Lohnarbeit ausbeutbar und müssen nicht mehr stehlen, morden etc. Es wäre auch zu diskutieren, was da nun gebildet wird in dieser 'Bildungsinitiative'. Die Beherrschung von Mathematik und seiner Landessprache wird niemanden davon abhalten, weiterhin Schwule zu hassen (siehe bestimmte Diskutanten in diesem Thread). Wenn man nun Aufklärungsarbeit leisten würde ("sind auch ganz normale Menschen und so"), wäre das wieder 'oktroyierte Moral'. (Nur am Rande dazu: Enkulturation und Politisierung ist auch eine vorgeschriebene Funktion der Schule, nur wird da enkulturiert und politisiert, was gerade dem Stand des politischen Bewusstseins entspricht... das wäre also auch 'oktroyierte Moral').
- Schwulenhass als Gegenstand der 'sozialen Frage' zu erklären, tut beiden Begriffen Gewalt an.
- In einer Gesellschaft, die so verfasst ist wie diese, scheint es mir noch am wirkungsvollsten, erstmal auf gewaltförmige Unterdrückung dieses Hasses zu setzen.
Das ist nicht zu verstehen als Ablehnung deiner Position
in toto, im Gegenteil. Was ein ungebildeter Geist sich so zusammenreimt, wie die Welt im innersten zusammengehalten wird (Evolution und so, Schwule als Entartung der Gesellschaft...), kann man ja in diesem Thread auch zur Genüge lesen. Ein wenig mehr Bildung könnte da sicherlich das Ärgste verhindern.
Nur, was du übersiehst: In einer Gesellschaft, die sich selber unentwegt naturalisiert, d.h. ihre "zweite Natur" (Marx) , die Vergesellschaftung, mit der ersten in eins fallen läßt, ist Aufklärung im emphatischen Sinne sehr schwer, wenn nicht komplett verstellt. Da ist mir die über den Staat vermittelte, gewaltförmige Durchsetzung der Vernunft lieber (
List der Vernunft in der Geschichte nannte Hegel das), als auf vernünftiges Handeln des Einzelnen zu setzen, denn das setzt einen Vernunftgebrauch voraus, der in dieser Gesellschaft systematisch verhindert wird. Diese permanenten Ausfälle z.B. eine
Deadsystem sind ja keine private Spinnerei von ihm, sondern Alltagsreligion, Ideologie eben der Gesellschaft, die denkt, alles laufe den Gang eines eines naturwüchsigen Prozesses. Da kann man z.B.
Deadsystem noch so oft den Unterschied zwischen Sein und Sollen vor die Nase setzen, das Nicht-Begreifen liegt nicht generell am intellektuellen Mangel, also an dem, was du zur Bekämpfung vorschlägst, sondern ist Ausdruck eines deformierten Sozialcharakters, wie ihn diese Gesellschaft systematisch und zuhauf produziert . Also wäre eine 'Aufklärung' qua Bildung nur möglich, wenn diese Bildung auch den entsprechenden normativen Inhalt hätte und nicht nur
einfach so Bildung.