An sich hast du recht, dieser Umstand hängt alleine an der Inflationsrate bzw. der Entwicklung der Lebenshaltungskosten.
Prinzipiell ist ein Rückgang der Lebenshaltungskosten aber nicht notwendig, diese müssen lediglich weniger stark ansteigen als im Zeitraum zuvor. Schon hat man einen deflationären Trend aufgrund höherer Vorjahres- bzw. Monatsvergleiche.
Die Frage ist also nicht, ob die Preise wieder sinken, sondern ob sie weniger stark steigen?
Diesbezüglich eine tolle Grafik über den Verlauf der Inflation (HVPI) in Europa:
https://nitter.at/pic/orig/media%2FFqNS2c9XsAAtK30.png
Aktuell zeichnet sich eine "klebrige Inflation" ab, sprich man wird voraussichtlich eine längere Zeit auf dem aktuellen Niveau verharren. Schuld ist die noch steigende Kerninflation, bestehend aus Industrie und Dienstleistungen. Historisch gesehen hinkt diese Komponente 6-12 Monate nach.
Die Erklärung dafür ist relativ simpel: Die Preisveränderungen für Energie und Rohstoffe können relativ schnell weitergegeben werde. Industriegüter, Lebemsmittel und vor allem Dienstleistungen sind in der Hinsicht wesentlich träger und stehen eher am Ende der Warenkette.
Man sieht es vielleicht selbst ganz gut an der eigenen Strom- oder Gasrechnung.
Wo standen die Spotpreise jeweils am höchsten?
(Frühling/Sommer 2022), wann wurden die Preise erhöht?
(Herbst/Winter 2022), wann wurden die Preise gesenkt?
(noch gar nicht). Es braucht Zeit, bis sich sämtliche Preisveränderungen in der Wirtschaft durchsetzen.
Solange sich Energie- und Rohstoffpreise nicht wieder in neue Höhen aufmachen, dürfte der disinflationäre Trend kurzfristig, wie auch langfristig weiter anhalten.
Der Immobilien- und Arbeitsmarkt spielt innerhalb der Gesamtinflation auch eine wesentliche Rolle. Vielleicht kurz zusammengedampft: Der Häusermarkt kühlt aktuell leicht ab
(wirkt deflationär), der Arbeitsmarkt ist sehr robust
(wirkt inflationär). Auch hier gibt es einen massiven "lag" von teils über einem Jahr.
Abschließend hatte unser Fiat-Geldsystem schon immer einen nahezu intrinsischen Drall hin zum deflationären, dem es über Jahrzehnte mit Geldmengenwachstum und Niedrigzinsen entgegen zu wirken galt:
https://www.handelsblatt.com/infografiken/ueberblick-wie-sich-die-leitzinsen-seit-1970-entwickelt-haben/9311190.html
Zumal die aktuelle Situation aus teils vergangen Krisen geboren ist. Am Makro, also an unserem Geldsystem, oder der Art wie wir global wirtschaften und miteinander im Wettbewerb stehen, hat sich grundlegend nichts verändert.
Warum sollte jetzt alles anderes sein? Meist liegt der Mensch mit dieser Annahme falsch und es geht weiter wie gehabt - Makroperspektivisch.