Was passiert hier gerade.
Ein User weist sehr korrekt darauf hin, dass naturwissenschaft eben mit demokratie nichts am hut haben darf ... ein naturwissenschaftlicher Fakt ist nie eine Frage von Mehrheitsverhältnissen.
Und ein paar Posts später sind wir dann wieder bei Demonstranten, denen Demokratiefeindlichkeit vorgeworfen wird, weil sie fordern, dass wissenschaftliche Fakten auch von der Politik anerkannt werden sollen ... und zwar ausnahmsweise nicht nur verbal.
Die samstägliche Klima-Nachhilfe sollte man eventuell der gesamten Bevölkerung angedeihen lassen ... ein großteil scheint da ja ziemlich unbeleckt zu sein.
Eine Bewegung nur von aussen zu bewerten, gibt nie ein komplettes Bild der Aktivitäten dieser Gruppe (dafür fallen vernichtende Urteile dann sehr leicht) ... ich behaupte mal ganz dreist, dass hier etwas bewertet wird, was die meisten überhaupt nicht kennen ... Schüler, die sich aus eigenem Interesse mit einem Thema beschäftigen, sich dabei englische Texte erarbeiten (und zwar mit mehr eifer , als im Englischunterricht), Rechnungen versuchen nachzuvollziehen (ein Mathelehrer würde sich bei dem Anblick wohl fragen, ob er gerade träumt), sich beim Anfertigen von Flugblättern auch mit Markeingfragen auseinandersetzen oder mit forschungstheoretischen Fragen und sich nebenbei eventuell noch die doch angeblich so wichtige Medien- und Technologiekompetenz erarbeiten ... ganz ohne dass ein Lehrer Purzelbäume schlagen muss, um seine vom Rahmenlehrplan vorgeschriebenen Inhalte wenigstens etwas spannend zu gestalten ... obwohl er nur ne alte Tafel und einen OHP, der manchmal sogar funktioniert, zur Verfügung hat.
Der Grund für den Schulstreik ist nicht nur, dass die Frei haben wollen ... es geht dabei auch darum, sich mit Themen zu beschäftigen, die im Lehrplan zu kurz kommen.
Sicherlich gibts da auch eine Menge faule Eier dabei, die einfach nur einen freien Tag genießen ... aber die gibts überall ... oder geht heute einer von euch freiwillig und unentgeltlich arbeiten?
Nicht ganz wenige Gruppierungen der "FfF Kids" hocken auch heute auf selbstorganisierten Wokshops. Einfach weil es denen eben nicht nur um einen freien Tag geht, sondern primär darum, den eigenen Kindern noch Wald zeigen zu können, den man selbst wenigstens für natürlich hält (obwohl es eher eine Holzfabrik ist).
Und hier hält man es für ein großes Problem, dass die an einem Tag der Woche nicht in der Schule hocken?
Ist euch nicht aufgefallen, dass man da sowiso nicht so besonders viel lernt und es in einzelnen Städten auch einfach mit einem Gesundheitsrisiko verbunden ist, den halben Tag in diesen Bruchbuden zu sitzen?
Es gibt Punkte, die man an FfF sehr wohl kritisieren muss. Zum Beispiel die totale Fixierung auf social-media plattformen.
"Internet" produziert aktuell mehr CO2 als der gesamte internationale Flugverkehr.
https://www.sueddeutsche.de/digital/internet-smartphone-streaming-klimabilanz-1.4444996
Und in dem Artikel geht es eigentlich nur um Mobil-Streamingdienste.
Ich glaube, dass das Internet in den nächsten Jahrzehnten ohne GROSSE Fortschritte bei den regenerativen Energien der Klimakiller Nr. 1 wird.
Ein Thema, was FfF momentan großflächig umgeht ... ist ja ach nicht ganz so leicht, die eigene digitale Nabelschnur zu kritisieren.
Noch dazu ist es vom Marketing her eher zweifelhaft, seine aktionen Ausschließlich über Facebook, Instagramm, WhatsApp oder Twitter bekannt zu geben. Damit erreicht man nämlich die ganzen Altökos gerade nicht ... denn die haben sich mit dem Kram eher nicht so angefreundet.
Damit verzichtet FfF mMn auf eine ganze Menge Mitstreiter, denn aus der Zeitung erfährt man immer erst ein paar Tage später davon.
Apropos Marketing ... natürlich sind die Flugblätter von FfF wasserabweisende Hochglanz-Papiere. Auch den FfF-Aktivisten scheint Design wichtiger zu sein als Inhalt ... allerdings können da die Aktivisten selbst nicht viel dafür, denn das war nunmal die allgemeine Richtung der letzten Jahrzehnte.
Jede Öko-Zeitschrift kommt heute schicker daher, als die GALA in den 1980ern.
Sachen, die nicht glänzen und am besten bunt blinken, hält man heute allenfalls für Müll. Die wenigsten erwarten von ungebleichtem Recyclingpapier irgendwelche Informationen ... denn sowas findet man nur auf Schriftstücken, die schon von weitem sagen "lies mich, ich bin hübsch ... und meine Sponsoren sind ... ".
Dass die Freitagsaktivisten das nicht anders machen, ist wenig verwunderlich ... jemand unter 20 kennt es auch einfach nicht anders. unsere Gesellschaft erzieht momentan einfach nicht zu Konsumbewusstsein oder Umweltschutz. Also MÜSSEN die Kids das eben selbst in die Hand nehmen, wenn sie das interessert.
Einige werden bei ihren ersten Recherchen einfach festgestellt haben, dass die Generation ihrer Eltern und Großeltern im Grunde schon genug Gründe zum Handeln gehabt hätten.
Der Spruch "Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut" ist älter als die deutsche Wiedervereinigung ... der hat im Grunde bisher jede laute Jugendbewegung begleitet ... nicht weil er irgendwie eingänglich ist, sondern weil er zu den Gefühlen der Jungendlichen in diesen Bewegungen passt wie die berühmte Faust aufs Auge.
Ich habe das auch skandiert, als man uns Bildung Bolognese, Schulzeitverkürzung und Studiengebühren aufgetischt hat, denn auch dieser Entwicklung stand ich als Schüler und Student sehr kritisch gegenüber ... vor allem der Pädagoge in mir fand diese Entwicklung einfach grausam. Und auch uns hat man entgegengehalten, wir sollten doch lieber die Schulbank drücken. Inhaltliche Kritik gab es damals so gut wie nie ... da hätten sich die Kritiker ja mit unseren Gedanken auseinandersetzen müssen. Uns einfach als Faulpelze zu beschimpfen war einfacher.
Eventuell wäre dann einigen aufgefallen, dass der Turboumbau des deutschen Bildungssystem einfach eine Überreaktion auf den PISA Schock gewesen ist.
Natürlich schockt das, wenn man in einem Jahr noch glaubt, die Bildung sei einer der Exportschlager Deutschlands und dann erfahren muss, dass ein paar Rentierhirten uns in dem Belang locker in die Tasche packen. Ich glaube einen schlimmeren schock hat Deutschland davor seit 1945 nicht mehr verarbeiten müssen.