Artikel schrieb:
Telekommunikationsunternehmen wie die Deutsche Telekom, AT&T und NTT nutzen für künftige Entwicklungen ebenfalls auf Canonicals Software und Know-How.
In dem Satz stimmt etwas nicht...
Zum Inhalt:
Auf der einen Seite finde ich es gut, wenn sich Open Source Software am freien Markt behaupten muss. Dazu gehört auch die Börse (siehe auch das Beispiel Red Hat).
Sobald mit einer Sache aber Geld verdient werden soll (und das ist bei einem börsennotierten Unternehmen der Fall, andernfalls könnte man ja weiterhin als AG firmieren und lediglich Anteile "privat" verkaufen ohne eben öffentlich gehandelt zu werden) ist das so eine Sache: Plötzlich steht nicht mehr die beste Lösung zur Debatte sondern eine Kosten-Nutzen-Rechnung: "Wir haben Problem X, eigentlich müsste man, wenn man es richtig lösen wollen würden, Y machen, aber Y müsste komplett neu entwickelt werden und überhaupt, lass uns lieber aus ein X ein Z machen bis es nicht mehr geht".
Ich würde sogar soweit gehen und behaupten: Hätte es kein Red Hat gegeben, hätten wir heute auch kein systemd. Ob das nun gut oder schlecht wäre, soll jeder für sich selber entscheiden. Aber Fakt ist: Systemd wurde durch Red Hat finanziert und durchgedruckt. Gegen jeden Widerstand. Sicherlich nicht nur, weil man 100% davon überzeugt war sondern auch weil es darum ging chkconfig und Co. abzulösen etc. und man irgendwann genug Geld reingesteckt hatte und es wirtschaftlich nicht mehr vertretbar gewesen wäre Dinge aufzuschieben. Dank kommerzieller und freier Distributionen die alle unter Red Hats Einfluss stehen konnte man dann auch gleich einen gewissen Druck aufbauen.
Aber um das gleich zu sagen, weil hier schon die "Sonderwege" von Ubuntu kritisiert werden: Genau das macht freie Software aus und liebe ich an ihr: Irgendjemand sieht ein Problem (damit kann er oder sie auch ganz alleine sein) und bastelt sich eine Lösung. Jemand anderes sieht diese Lösung und denkt sich "Genial! Das hilft mir auch" und beginnt diese Lösung auch zu nutzen. Eine dritte Person wird darauf aufmerksam, sieht weitere Möglichkeiten, erweiterter die Software für seine oder ihre Ansprüche und wir haben ein "Gemeinschaftsprojekt".
Am Ende entscheidet (bis auf Ausnahmen, siehe oben) der Nutzer, was sich durchsetzt. Wobei das auch nicht immer klar ist: Manchmal gibt es mehrerer Lösungen die eigentlich das gleiche Ziel haben, aber anders erreichen. Und auch das ist toll an freier Software: Die Auswahl. Das mag den Nutzer zwar manchmal überfordern (ffmpeg vs. libav etc.) aber das interessiert an der Stelle nicht. Wenn es um Einheitlichkeit ginge bräuchte man auch nur eine einzige Distribution.
Im Falle von Ubuntu gibt es aber ein paar Dinge die in mir aufstoßen: Ubuntu ist für mich Oracle unter den den Distributionen. Erinnert sich bspw. noch jemand an die Aufforderung von Ubuntu von vor knapp 2 Jahren an diverse Hoster doch bitte schön Geld für die Nutzung von Ubuntu abzudrücken oder Sponsor des Projekts zu werden? Kann man prinzipiell ja gut finden (wer etwas freies kommerziell nutzt und nichts außer Geld halt, soll halt Geld zum Projekt zurück geben), aber ein Geschmäckle hatte das (Bis 100 phy. Server $95.000 / Jahr usw). Zumal: Was wäre Ubuntu ohne Debian? Jetzt kann man argumentieren und sagen "Red Hat klaut evtl. von keiner anderen Distribution, aber letztendlich liefern die nur fremde, freie, Software aus, womit sie Geld verdienen und geben an die Projekte zumindest kein Geld zurück". Aber am Ende ist die Beziehung zu Debian eine andere: Das Geschäft von Ubuntu würde implodieren, könnte man plötzlich keine Debian-Pakete mehr nutzen. Im Vergleich zu OpenSuSE oder Red Hat ist Ubuntu eben immer noch zu klein bspw. hat mehr Marketing/Sales-Leute als Leute welche die echte Arbeit leisten.
Schauen wir mal, wo die Reise hingeht. Ich bin gespannt wie Canonical sich selbst anpreisen wird. Dann wird man sehen wo das Unternehmen die Vorteile in sich sieht und welche Produkte man für wichtig hält. Am Ende waren die letzten Projekte alle nur Flops. Bleibt zu hoffen, dass der Börsengang aus freien Schritten geschieht und nicht der letzte Ausweg ist, weil dem Unternehmen das Geld ausgeht...