Marx – lesen

I. Über Polemik

e-ding schrieb:
Sorry, für den polemischen Exkurs.
Ich habe mit der 'Polemik' keine Berührungsängste. Für mich ist es wichtig, dass alles erlaubt ist, "keineswegs jedoch den Verzicht auf sachliche Argumente" (Wikipedia: Polemik). Anders gesagt: Der Polemik-Vorwurf ist mir egal, nicht aber der der Unsachlichkeit oder der (Un-)Logik. Andererseits ist es auch klar, eine Diskussion kann nicht ausschließlich aus Polemik bestehen, also die Mischung aus Polemik und Nicht-Polemik macht's.

Wobei ich deine Polemik gar nicht so 'polemisch' fand, sondern erfrischend und knapp auf dem Punkt gebracht. Nicht desto trotz ...

II. In der Sache...

"Ja, die lieben Top-Fachidioten sind für alles zu haben"(barista) " ...und werden dementsprechend bezahlt oder wandern aus"(e-ding)

"...und die Veranstaltung nicht mehr stören"(barista) "...oder vielleicht bei der Veranstaltung mitmachen!?"(e-ding)

Ich spreche hier die Art und Weise an, wie die Leute sich ihre Lage als Abhängige der Gewinnkalkulation anderer erklären und wie sie in dieser Gesellschaft als notwendige Verlierer einer für sie insgesamt schädlichen Konkurrenz vorkommen. Der Widerspruch, den diese Leute sich leisten ist ganz einfacher Natur: Ihre Arbeit ist einem nur dann und so lange etwas wert, wie man damit ein Gewinn macht. So teilt sich die ganze Menschheit in zwei Sorten Menschen: Eine Sorte die keine andere Mittel hat als die eigene Arbeit und eine Sorte die prinzipiell durch das Kapital über die Arbeit der anderen verfügen. Das ist kein freudvolles und einträchtiges 'Geben und Nehmen' wie die BWL-VWL uns glauben lässt, sondern ein Erpressungsverhältnis. Natürlich ist diese Erpressung soweit es geht auch gegenseitig. Aber das ist doch lächerlich, wer da sich zu erpressen versucht. Man weiß doch, wer am längeren Hebel sitzt.

Bei dir ist aber auffällig, dass du die von mir angesprochenen Widersprüche gar nicht wahrnimmst. Diese Welt ist für dich so ganz in Ordnung: Der Mensch ist von Natur so wie er ist und die Herrschaft, warum soll man sich darüber aufregen, sie gab es eigentlich schon immer ...

Du kannst dir vielleicht den Beitrag #135 durchlesen. Da kommen diese Widersprüche noch mal vor. Und übrigens in einem guten polemischen Stil ...:)

III. Das "Wolfsein"
Ich sehe das "Wolfsein" eben als Teil eines jeden Menschen und nicht als bewusste Entscheidung "böse" zu sein.
Fast habe ich geahnt, dass es bei dir um eine besondere Interpretation des "Wolfseins" handelt. Mit deinem letzten Beitrag könnte ich sogar einverstanden sein. Aber du leistest dir weitere Widersprüche:

Ob der Mensch dem Menschen Wolf ist? Ich glaube, dass Wissen, Erkenntnis, Ethik, und vor allem Handlungsalternativen das Wolfsein unterdrücken. Das Wolfsein ablegen kann niemand, auch wenn er der Meinung ist, es getan zu haben. Je höher der Grad der Bedürfnisbefriedigung ist, desto weniger ist man Wolf.
Ok, das ist erst mal so, dass der Mensch in seiner Menschwerdung seine 'eigene' Natur als einzelnes Individuum überwindet und eine gesellschaftliches Wesen wird. Wodurch? Durch private Bedürfnisbefriedigung und die dafür notwendige Arbeit - und zwar gesellschaftlich geteilt. Aber das alles findet nicht in der Wildnis statt, sondern in einer Gesellschaft.

Das ist m.E. weniger ein bewusster Vorgang, als eben "Natur".
Wieso "Natur" wenn alles gesellschaftlicher, also immer weiter durch den Verstand, 'bewusster', geleitet wird?

Dass Bedürfnisse leichter zu befriedigen sind, indem man sich rücksichtslos seiner Möglichkeiten bedient und sich dadurch neue oder mehr Möglichkeiten des Seins bzw. der persönlichen Verwirklichung schafft, halte ich für logisch. Wer sich dieser Rücksichtslosigkeit nicht bedient hat, ist nicht in der Lage, sie zu überwinden oder ist zumindest auf sie zu verzichten.
Warum sind die Bedürfnisse leichter zu befriedigen, wenn man rücksichtslos ist? Vielleicht kannst du mir erklären, wie die Menschen eine ganze Wirtschaft zustande bringen, die ihre Bedürfnisse befriedigen soll, um dann 'rücksichtslos' zu sein? Was ist dabei logisch? Du redest hier gerade von dieser kapitalistischen Wirtschaft und versuchst ihre Rücksichtslosigkeit gegenüber der Leute zu rechtfertigen. Aber die ergibt sich nicht aus der 'Natur' des Menschen, sondern aus dem Zweck des Kapitals sich zu vermehren.

Nicht zuletzt handelst du dir noch ein Widerspruch gegenüber den alten Kant ein, aber das scheint heutzutage normal zu sein, mit ganz vielen Widersprüchen leben zu können - sogar zu müssen, wenn man es genau nimmt! "Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen. Sapere aude!" (Kant)


IV. Herrschaft
Mir kommt es ein wenig so vor, als wäre es eine Art "Lieblingsbegründung", jedes Verhalten, welches das jetzige System oder generell "Herrschaftssysteme" in ihrer Existenz begründet, immer als, durch die jeweilige "Herrschaft" zur Sicherung der eigenen Existenz, hervorgerufen oder initiiert, zu klassifizieren.
Nein, eine 'Lieblingsbegründung' ist das nicht. Aber eine 'Lieblingsbegründung' aller, warum unsere Gesellschaft so geschaffen ist, ist gerade dieser Spruch "der Mensch ist dem Menschen ein Wolf". Damit wollen alle diese Rücksichtslosigkeit rechtfertigen. Dabei übersehen sie, dass die Rücksichtslosigkeit gesellschaftlich immanent ist, durch die vom Staat festgelegten Zwecke: Reichtum und Macht. Für diese Zwecke ist die Bedürfnisbefriedigung nur Mittel für die Indienstnahme der Menschen. Und so ist der Staat eine Herrschaft. Aber mit dem Spruch wollen sie bewiesen haben, dass diese Herrschaft die Menschen dazu zwänge, ihr 'Wolfsein' zu unterdrücken, also ein einziger Dienst an der 'Menschennatur' sei. Und das ist der Widerspruch: Der Mensch soll frei in seinem 'demokratischen' Staat sein, der seinen 'Wolfsein' durch die Zwänge der Konkurrenz unterdrückt. Damit geben alle zu, was für eine Herrschaft und Macht das ist und wie sie sich als Untertanen an ihr ergötzen.
 
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zu II:

Die Abhängigkeiten, die auf beiden Seiten bestehen, sind mir bewusst. Die höhere Hebelwirkung liegt natürlich auf der Seite der Arbeitgeber, keine Frage. Wir liegen auch nicht soweit auseinander, wenn es um die Bewertung von Arbeit bzw. die Existenz von Konkurrenzverhältnissen geht.

Ich denke allerdings, dass nicht jeder Lohnabhängige per se ein Verlierer ist. Man sollte sich seiner Abhängigkeit allerdings schon bewusst sein und sie rational bewerten. Wenn ich mir meine Situation als Arbeitnehmer anschaue, dann ist mir bewusst, dass ich meine Arbeitskraft zu einem bestimmten Preis verkaufe (muss). In meinem Fall kann ich den Gewinn oder Verlust, den mein AG durch mich erzielt, auf den Cent genau errechnen. Auch bin ich, trotz meiner Bildung, ersetzbar. Persönlich halte ich nicht viel von einer (Über)-Identifikation mit einem Unternehmen. Für mich ist ein Arbeitsverhältnis ein schlichtes Vertragsverhältnis und da hat Unternehmenspatriotismus nicht viel verloren. Daher ist es, in meinen Augen, schon ein Geben und Nehmen aber nicht unbedingt freudvoll oder einträchtig.
Mir bliebe die Option, meine Arbeitskraft direkt anzubieten. Ich bin allerdings nicht bereit, das Risiko zu tragen. Zudem fehlt mir die unternehmerische Infrastruktur. Daher habe ich mich bewusst gegen eine Selbstständigkeit und für eine Abhängigkeit entschieden. (Bliebe evtl. eine weitere noch nicht existente Erwerbs/Lebensform!?)

Konkurrenz ist m.E. nicht per se schlecht. Richtig ist, dass Konkurrenz immer Gewinner und "Zweite" erzeugt, unterm Strich jedoch in beiden Fällen Mehrleistung/wert generiert. Vorraussetzung ist natürlich am Konkurrenzkampf teilzunehmen, da sonst der Abstand zwischen Teilnehmern und Nichtteilnehmern (dann Verlierer) größer wird.

Widersprüche sind mir jetzt nicht bewusst. (schließe ich allerdings auch nicht aus, da das Schreiben hier für mich auch Auseinandersetzung mit dem Thema bedeutet und nicht nur die Wiedergabe einer statischen Meinung)

zu III:
Du unterscheidest Wildnis und Gesellschaft stärker, als ich es tue. Somit kommt es aus Deiner Sicht zu einem Widerspruch.
Die Gesellschaft ist für Menschen eben nichts anderes, als die Natur für den "Wolf". Sie prägt, sie sozialisiert und sie beeinflusst. Der Unterschied liegt lediglich darin, dass Gesellschaften durch menschliches Handeln und Denken (Moral Ethik, Normen aber auch Bedürfnisse) enstanden sind, entstehen und sich auch verändern, die Natur jedoch nicht. Damit sind Gesellschaften selbst zwar "künstliche Gebilde", deren Akteure bzw. Erschaffer aber nicht. Gesellschaften erwachsen aus den natürlichen Bedürfnissen der Menschen (eben auch aus den Bedürfnissen von Wölfen) und rufen ihrerseits wieder Bedürfnisse hervor, die zwar den Anschein haben, künstlich zu sein, jedoch im Kern natürlich bleiben.
Der Mensch überwindet seine Natur nur zum Teil. Die Folge sind hierarchische, konkurrierende Gesellschaften und in der Konsequenz, Ungleichheiten.

Daher sehe ich Gesellschaften, die Ungleichheit hervorrufen, sei es durch Konkurrenz oder Abhängigkeitsverhältnisse, als Folge unserer Natur. Diese "Rücksichtslosigkeit" oder der Drang eigene Bedürfnisse primär, vor allen anderen zu befriedigen, ist menschlich und weniger vom Individuum, als von den Möglichkeiten abhängig (daher auch meine Bemerkung über Porsches und Hartzer).

Berechtigt ist allerdings auch der Einwand, weshalb nicht Vernunft, Verstand bzw. Erkenntnis zur Überwindung bestehender Strukturen führen sollte.
Ich sehe worauf Du hinaus möchtest, wenn Du meine Signatur gegen mich sprechen lässt. Sich einer Abhängigkeit bewusst zu sein, sich dieser aber nicht zu entledigen, hat hier, im Gegensatz zu Religionen, nur prakmatische Ursachen.

Der Mangel an Alternativen (abhängigkeitsfreie Gesellschaft!?) oder einfach nur die Annahme, die "Natur" des Menschen nicht überwinden zu können, kombiniert mit einem relativ hohen Freiheitsgrad und einem relativ hohen Level an Bedürfnisbefriedigung lassen mich meiner Situation zwar bewusst aber aus den oben genannten Gründen auch "befriedigt" sein. Hier sehe ich den Widerspruch auch, kann aber damit leben. :)

MFG
 
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Dem 'Sapere aude!' - 'Wage zu wissen!' gehst du geschickt aus dem Weg. Den Spruch trennst du in 'wagen' und 'wissen' und zeigst mir, dass 1. du um die Widersprüche weißt und 2. warum das Wagen sich nicht lohnt: weil das Risiko bekannt und zu hoch ist.

Um die Widersprüche zu wissen ist wirklich keine große Kunst. Man erlebt sie ständig in unserer Gesellschaft. Man will aber nie wissen, woher sie herrühren, sondern nur wie kann man sich mit ihnen am besten arrangieren. Das normale Bewusstsein unserer Zeit hält unzählige Erklärungen mit den dazu passenden Handhabungen parat - eine ganze Ideologie des Mitmachens. Wozu? Um dabei sein, um mitmachen zu dürfen. Man beachte also:

- da nicht alle verlieren können, immer darauf aufpassen, nicht zu den Verlierern zu gehören.
- mach dir als Abhängiger keine Illusionen, als Arbeitnehmer so wie so.
- ein Arbeitsvertrag ist nur ein Vertrag, also kein Grund zu überschwänglichem 'Unternehmenspatriotismus'

Das ist zugegeben kein Wissen um diese Gesellschaft, sondern eine Gebrauchsanweisung für ihre Insassen. Was bringt denn denen zu wissen, was derer oberstes Funktionsprinzip ist?

Konkurrenz? Solange man sie als die vornehme Veranstaltung denkt, wo es nur die ersten zwei Plätze gibt (Gewinner und "Zweite") hat man nur ein Problem: Warum stehen die Verlierer zur Seite und den quasi sicheren 'zweiten Platz' verschmähen?

Was noch dazu fehlt, ist eine Erklärung der Gesellschaft, die sie zum besten Platz für den 'imperfekten' Menschen macht: "Der Mensch überwindet seine Natur nur zum Teil." (e-ding) Nein, der Mensch hat keine Natur. Sein Verstand ist eben seine Natur, da die Gesetze des Verstandes universell sind.

... dazu muss er nur noch wollen. Aber das will er nicht (wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt)
 
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Wir drehen uns hier im Kreis.

Die Erkenntnis wie Gesellschaft funktioniert, zeigt uns eben nicht deren oberstes Funktionsprinzip, sondern unser Funktionsprinzip.

Unser Verstand ist auch nur ein Teil unserer Natur. Ich bezweifle ganz einfach, dass die Menschen in der Lage sind, trotz eines vermeintlichen Verstandes, andere, als hierarchische und damit ungleiche Formen des Zusammenlebens bzw. Gesellschaften zu erschaffen. Wenn ich Dich richtig verstandenn habe, dann müssten absolut freie und gleiche Menschen (als Startpunkt) nur durch ihren Verstand bedingt, eine gerechte Gesellschaftsform erschaffen. Ich denke eher, dass Anarchie als Konsequenz der höchsten Form von Freiheit, trotz Verstand, eher zu Sozialdarwinismus, Unterdrückung und Hierarchie führt.
Theorien existieren einige, halten vielleicht der Logik, nicht aber dem Menschen stand.

Konkurrenz ist keine vornehme Veranstaltung, eher ein Effekt, basierend auf dem Drang, Bedürfnisse zu befriedigen. Unser Verstand abstrahiert hier nur.
Ob Du es jetzt "Ideologie des Mitmachens" nennst oder mir das "Wagen" absprichst, spielt keine Rolle.

Du bist der Meinung, dass die einzige Natur des Menschen sein Verstand ist. Ich hingegen, dass der Verstand nur Teil der Natur des Menschen ist und somit nicht alleinig das Handeln bestimmt. Er zivilisiert uns, mehr nicht.

MFG
 
@e-ding
Ein Aspekt ist in deiner ganzen Argumentation aber schon durchaus interessant, nämlich wie du eisern an einer Natur des Menschen festhältst, die vom Verstand zu trennen sei. Dabei scheinst du etwas zu übersehen, nämlich: Du setzt diesen Naturbegriff erst gerade durch den Verstand; dein Naturbegriff in Bezug auf den Menschen ist nichts anderes als eine Tat deines Verstandes. Von daher ist die Aussage baristas durchaus stringent: Der Verstand ist die einzige Natur des Menschen. Dein Naturbegriff ist gerade die Verselbständigung von Verstandesbegriffen, oder, universitätsgerecht ausgedrückt, Hypostasierung. Und über diesen Trick wird denn auch die sogenannte "Natur des Menschen" in die Welt gesetzt, der dann so manches angedichtet wird und die immer dann als Erklärungsgrund herangezogen wird, wenn einem sonst nichts mehr einfällt um eine Sache zu verteidigen. :)
 
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@th3o

Dann habe ich mich wohl undeutlich ausgedrückt. Ich sehe den Verstand als Teil der menschlichen Natur, barista und Du setzt ihn gleich der menschlichen Natur.
Unter dieser Grundannahme (die Ihr auch eisern vertretet), ist Eure Argumentation natürlich logisch, dass Handlung nur auf Verstand beruht.
Ich bin (eisern ;)) der Meinung, dass Handlung auf menschlicher Natur basiert, die auf Verstand und "Trieben" beruht.

Hier gehen die Meinungen, auch in der Wissenschaft, durchaus auseinander, sind aber kein Anzeichen von Erklärungsnot. ;) Die Frage nach dem normativen Status der "menschlichen Natur", die sich daraus ergibt, ist eben noch nicht geklärt.

Auch wenn Kant sagt "Des Menschen Natur ist seine Kultur" oder Satre der Meinung war, dass der Mensch alleiniger Schöpfer seines Wesens ist, sollte man sich dem Thema nicht nur philosophisch, sondern auch biologistisch (als Teilbetrachtung, nicht ausschließlich!) nähern.

MFG
 
Undeutlich ausgedrückt hast du dich überhaupt nicht. Was th3o zum Ausdruck gebracht hat, ist in allen deinen Aussagen schwer zu übersehen. Neu hinzugekommen ist in deinem letzten Beitrag die Formulierung dessen als Glaubensfrage, also ausdrücklich durch Nicht-Bemühen des Verstandes nach dem Muster: du siehst das so und ich sehe das anders. Soll das als gutes Argument gelten? Du bemühst immerzu deinen Verstand, um ihn zu widerlegen. Ehrlich ist das nicht. Du bringst die ominöse 'Triebe' ins Spiel, da sie allseitig anerkannt bei den 'Handlungen' des Menschen eine Rolle spielen, und vergisst dass diese selbst durch den Verstand und seine Entscheidungen zum Tragen kommen.

Der Hinweis auf die Wissenschaft ist nicht weniger widersprüchlich. Da sitzen diese 'Wissenschaftler' Jahre lang, bemühen ausschließlich ihren Verstand - und keinesfalls ihre 'Triebe' -, um zu entdecken, ob der Mensch trieb gesteuert ist. Und die Geschichte ist nie fertig, was auch eine gewisse Logik hat: das ist gar nicht der Zweck dieser 'Wissenschaft'. Der Beweis dass der Mensch sein Verstand betätigt, und das mit dem größten Erfolg, bekommt man jeden Tag zu Gesicht: Die Einrichtung der Gesellschaft und die Unterordnung der Menschheit für die unendliche Vermehrung des Reichtums, aber halt nicht für alle. Deswegen wird unter der Herrschaft des Kapitals eine allumfassende Konkurrenz, mittlerweile bereits im Kindergarten angekommen, losgetreten. Und das geht natürlich nicht ohne eine freie, ungezwungene Aufgabe des Verstandes der betroffenen Subjekte. Was man im Nachhinein als Problem dieser 'Menschheit' gleich zu bemängeln pflegt - nicht wirklich überraschend! - unter den Namen 'Triebe' und 'Menschennatur'.

Die Rolle des Glaubens im Mittelalter, der Mensch wäre vom Gott erschaffen und ihm wurde die königliche Herrschaft als göttliche gegeben, wurde heutzutage von der 'Menschennatur' übernommen: Die demokratische Herrschaft ist nicht mehr des Gottes, aber immer noch ein Dienst zu dieser beschissenen 'Menschennatur'. Und für diese wird übermäßig, was? der Verstand angestrengt, um 'Normativen' für den Menschen zu erfinden oder eher zu begründen. Was können diese jetzt noch sein als Herrschaft über den Menschen! Wenn der Mensch etwas zu vervollständigen hat, dann seinen Verstand. Mit dem Urteil über seine 'Menschennatur' ist das Thema ein für allemal erledigt: das faschistische Ziel wird mit 'humanistische' Mitteln erreicht.
 
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Dann ist es eben der "Verstand" der diese Gesellschaft mit all seinen positiven und negativen Aspekten geschaffen hat. Es ändert doch nichts an den Tatsachen, die der Mensch geschaffen hat.
 
Das war nicht das Objekt meiner Rede. Zur Aufklärung der Widersprüche soll sich der Verstand anstrengen und nicht diese Widersprüche hinnehmen, abnicken, weil sie der 'Menschennatur' gehören, weil sie 'der Mensch geschaffen hat'. Damit gibt sich der Verstand selbst auf. Natürlich ist alles von Menschen geschaffen, von wem sonst?
 
Ich habe dich so verstanden, dass, würde sich der Mensch seines Verstandes ausreichend bedienen, dann wäre er in der Lage die bestehenden Verhältnisse zu überwinden, er würde mehr Gerechtigkeit und ein besseres Miteinander ermöglichen.
Vielleicht hat sich der Mensch seines Verstandes ausreichend bedient und DIES IST das - mal etwas bessere - mal etwas schlechtere Ergebnis; zumindest momentan. Was nicht heißen soll, dass "alles immer so bleibt". Wenn man sich die Menschheitsgeschichte und die aktuellen Entwicklungen so anschaut, dann darf man schwer bezweifeln, dass "dieser Mensch", "sein Verstand" oder "seine Natur?" immer nur positive, humanistische? Dinge volbringt.
 
barista schrieb:
Du bringst die ominöse 'Triebe' ins Spiel, da sie allseitig anerkannt bei den 'Handlungen' des Menschen eine Rolle spielen, und vergisst dass diese selbst durch den Verstand und seine Entscheidungen zum Tragen kommen.

Genau das war doch meine Aussage! Das "Hinnehmen" bestehender Verhältnisse hat nichts statisches, sondern ergibt sich aus der Erkenntnis, dass Handlungen eben nicht nur durch den Verstand, sondern eben auch aus dem Drang, Bedürfnisse zu befriedigen ("Trieb"), entstehen. Bedürfnisse sind aber nicht durch Verstand steuerbar, sonst wären es ja keine. Damit sprichst Du Menschen psychologische Bedürfnisse ab.
Du schließt per se jeglichen Einfluß aus, der nicht durch das Selbst gesteuert werden kann. Nochmal, der Verstand zivilisiert uns zunehmend und macht uns zunehmend unserer selbst und die Folgen unserer "Triebe" bewusst und daher steuerbar. Ich halte es aber für falsch, sie komplett zu negieren.
Kant und andere Aufklärer konnten nicht anders, als dem Menschen die "Menschennatur" abzusprechen, das diese damals durchaus als Ersatz für den Glauben herhalten musste.

Das ist allerdings nicht mein Ziel. Ich möchte keine Ersatzreligion erklären, die mir Verantwortung abnimmt, wohl aber eine Erklärung für menschliches Handeln und damit für die Entstehung von Gesellschaften finden.
Gesellschaften können daher gern als Spiegel für den Entwicklungsstand des Vestandes gesehen werden.

Ich verstehe die Vehemens nicht, mit der Du den Verstand von allen "natürlichen", vielleicht nicht kontrollierbaren Einflüssen, lösen willst.


barista schrieb:
du siehst das so und ich sehe das anders. Soll das als gutes Argument gelten?

Ich habe lediglich aufgezeigt, dass unsere Grundannahmen, auf denen die Argumentation aufbaut, unterschiedlich sind. Im Verlauf habe ich versucht zu begründen, weshalb ich von meiner Annahme ausgehe. Weiterhin habe ich darauf hingewiesen, dass ich Deine Herangehensweise nicht für ausreichend halte (Biologismus vs. Philosophie vs. Biologismus/Philosophie).
Deinen wiederkehrenden Vorwurf, ich nutze meinen Verstand widersprüchlich oder mache mir die Argumentation zu einfach, sehe ich nicht.

MFG
 
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@ e-ding
"Ich verstehe die Vehemens nicht, mit der Du den Verstand von allen "natürlichen", vielleicht nicht kontrollierbaren Einflüssen, lösen willst."

Ich glaube dir nicht, dass du nicht verstehst weshalb. Es ist eigentlich recht einleuchtend: Wenn man es schafft, die sogenannte "Menschennatur" als Erklärungsgrund für ein spezifisches Funktionieren der Gesellschaft in den Debatten und Diskussionen zu installieren, dann läßt sich das offensichtlich zu regelmäßigen Krisen führende System als schlicht "natürlich", weil aus dem "Trieb" der Menschen hervorgegangen im Kern legitimieren/erklären/absichern/immunisieren. So gesehen vermag deine "Menschennatur" als Erklärungsgrund alles zu legitimieren. Denn was kann es schon für Argumente geben, die es mit der Mutter Natur aufnehmen können? In letzter Instanz zieht man sich halt auf den Standpunkt "Natur!" zurück; das ist wie früher im Sandkasten-Alter als man Fangen gespielt hat. Kurz bevor einer gefangen wurde schrie dieser auf "Ich bin unsichtbar, du kannst mich gar nicht fangen, ätsch!"
 
@th3o
Ich verstehe die Bedenken. Mein Ziel ist es nicht, ein bestehendes System kritiklos zu legitimieren oder unangreifbar zu machen, sondern Ursachen zu erkunden.
Da ich, wie geschrieben, davon ausgehe, dass sich Verstand (u.a. Normen, Ethik, Moral) und "Trieb" verändern und weiterentwickeln so gehe ich auch davon aus, dass sich als Folge Gesellschaften verändern, so wie sie es auch bisher getan haben.

Die Argumentation, die dagegen spricht, also als Grundvorraussetzung Bedürfnisse negiert, ist für mich nicht schlüssig.

MFG
 
Ich glaube wir haben für die nächste Zeit hier einige Beiträge zu lesen (ich lese gern alte Beiträge, wenn die neuen mir gerade zu blöd sind!), was uns vielleicht nicht schlauer macht, aber wie e-ding sagt: 'sich Verstand (u.a. Normen, Ethik, Moral) und "Trieb" verändern und weiterentwickeln'. Übrigens Eile ist geboten, die Krise schreitet voran, Konflikte und Kriege sind bereits in Sicht und die Entwicklung des Menschen scheint eher ein jähes Ende zu haben, bevor sie überhaupt zu etwas Gescheites gebracht hat. Sei es drum, der Mensch hat ein Paar Tausend Jahren über seine 'Bedürfnisse' gestolpert und deswegen mit seinem Verstand nicht weitergekommen. Also hat er so wie so alles verdient, was die Kenner seiner 'Menschennatur' ihm ankreiden.

Gut dass wir darüber geredet haben! Viel ist nicht rausgekommen, das ist aber normal. Wir sind auch Menschen und haben beim Argumentieren ständig mit unseren Trieben zu kämpfen.;)

Hier wird bald von mir eine kurze aber systematische Darstellung der Art und Weise kommen, wie der Reichtum dieser Gesellschaft zustande kommt und wie die Menschen mit ihren Bedürfnissen wegen ihrer Bedürfnisse und weil sie keine andere Wahl haben, einen Dienst leisten müssen, der den Reichtum anderer vermehrt und ihnen selbst gar nicht gut tut. Zur Zeiten Marx war die Arbeiterklasse von ihren 'Meistern' abhängig und dabei zeitweilig in Gefahr zu verschwinden. Heutzutage hat der Kapitalismus so weit gebracht, dass ganze Länder vom Erfolg ihrer Wirtschaft und den Noten der Rating-Agenturen abhängen. Und das ist immerhin die Verarmung der Leute, was auf dem Programm steht - nicht nur in der EU. Nicht aus Spaß, sondern wegen der Konkurrenz, damit die Vermehrung des Geldes noch besser klappt. Wie e-ding sagt: 'Konkurrenz ist keine vornehme Veranstaltung, eher ein Effekt, basierend auf dem Drang, Bedürfnisse zu befriedigen'. Weil es in Kapitalismus absurderweise Bedürfnisbefriedigung Hand in Hand mit der Verarmung geht. Zum Glück fällt niemandem auf.;)
 
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Ob du morgens lieber Marmelade oder Käse auf dem Brot isst... ich denke nicht, dass das groß im Verstand verankert ist. Das machst du frei "aus dem Bauch raus." Du würdest dich in der Logik, was nun besser sei, in diesem Fall auch im Kreis drehen, wenn es schlicht auf den Geschmack ankommt.

Ich schließe mich da e-ding gewissermaßen an. Während das Tier ausschließlich nach Instinkten handelt, sind wir Menschen da anders aber nicht 100%.
Wir suchen uns unseren Lebensgefährten(/unsere Lebensgefährtin oder vice versa um kein Geschlecht zu bevormunden^^) ja auch nicht schlicht nach Faktoren aus, sondern manchmal ist sie/er es einfach und der Mensch kann auch durchaus kompromissbereit sein.

In Extremsituationen zeigt sich besonders, wie sehr der Mensch nach Verstand handelt. Der eine mehr, der andere weniger. Der eine wird panisch, der andere bleibt cool.

Mir mag man an der Stelle vielleicht vorwerfen, Verstand mit Emotionslosigkeit zu verwechseln. Aber der Verstand ohne Triebe ist meiner Ansicht nach genau das, denn er wägt ab, während das eigentliche Verlangen (nach Bedürfnissen, Gütern) nicht 100% von der Logik ausgeht.

Ich denke auch, dass man es nicht pauschalisieren kann, aber eine Tendenz ist womöglich absehbar. Die wenigsten begreifen oder versuchen es, komplizierte Zusammenhänge zu begreifen.
Es gibt den leichten Weg, indem man sich sein Weltbild festsetzt und den schwereren, wo das Weltbild dynamisch und erweiterbar ist.

Es ist keine Legitimierung in dem Sinne, aber eine Ursache für mögliche Missstände.
Habgier ist etwas, was Tiere nicht haben und deshalb ein Gleichgewicht mit ihrem Umfeld aufbauen.

Sry, wenn ich gerade noch so reinplatze, obwohl die Diskussion diesbezüglich schon zu Ende scheint, wenn auch ergebnislos.
 
Ja, klar doch. Wenn ich Käse esse dreht sich der Globus wie üblich. Und wenn ich Marmelade esse dreht er sich anders herum.

Aber die ganze Mühe lohnt sich nicht. Wie du es sagst, aber die Diskussion scheint nicht zu Ende, sondern ist zu Ende. Nur als letzter Hinweis: Die von euch hoch beachtete Überhand der Triebe wollt ihr an 1. Geschmack (also 'Entscheidungen, die niemanden angehen); 2. Extremsituationen (die so gut wie nie auftreten); 3. Vergleich mit den Tieren - Gier (und das in einem vollständig 'durch-rationalisierten' Entscheidungsfeld) - festmachen.

Ich warte hier auf eine gut überlegte Antwort.

Von wem auch immer.
 
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"Ja, klar doch. Wenn ich Käse esse dreht sich der Globus wie üblich. Und wenn ich Marmelade esse dreht er sich anders herum." - Sinn dieser Aussage?

Damit wollte ich lediglich klarmachen, dass nicht alles rationalisiert betrachtet wird.


Was willst du denn jetzt überhaupt beweisen?

Welche Antwort willst du denn haben? Du hast in deinen Punkten 1-2 exakt diese Antwort gegeben. Punkt 3 setzt du dir immer wieder zurecht, auch wenn das niemand so gesagt hat, aber da kann ich dir auch nicht mehr helfen. Der Mensch hat viele vom Forscher nachgewiesene Triebe, die du zum Teil gar nicht mitbekommst. Es gab da mal einen Test, wo Wissenschaftler in einem Wartezimmer den statistisch am wenigsten benutzten Stuhl mit irgendwelchen Gerüchen bearbeitet haben und siehe da... der Stuhl wurde häufiger genutzt und die "Betroffenen" konnten es sich nicht mal erklären.
In einem Restaurant, wo am Rand des Raumes Tische stehen und in der Mitte, werden die Tische am Rand vorgezogen. Die Nähe der Wand, bzw. die Gewissheit, dass im Rücken kein unüberblickbares Feld entsteht, erzeugt ein behaglicheres Gefühl. Ist ein natürlicher Trieb. Andere meinen auch... es ist "gemütlicher".

Du kannst es vielleicht zugunsten deiner eigenen Selbstherrlichkeit leugnen, aber der Mensch ist nunmal ein Produkt dieser Natur, hat seine animalischen Wurzeln und ist kein Computer, der alles durchrationalisiert, auch wenn man das bis zu einem bestimmten Punkt durchziehen kann. Spätestens bei Geschmack und irgendwelchen Vorlieben hört diese Durchrationalisierung dann auf.

Worauf willst du eigentlich hinaus? Ich will dir nicht klarmachen, dass das eine Entschuldigung für etwaige Missstände ist. Gier ist etwas, was man überwinden kann, wenn man es will. Wir sind für unser Tun verantwortlich, wer auch sonst? Wenn entsprechende Menschen das nicht raffen, sind sie asozial veranlagt und deren Köpfen tickt ein eigenes Weltbild. Das ist so. Ich kann mich auch nicht mit Missständen abfinden, muss aber einsehen, dass es in jeder Zeit der Geschichte unserer Menschheit A****lö**** gibt und es sie immer geben wird.

Wie willst du das verhindern? Willst du eine Art A****lo**-Test einführen und dann einen Holocaust anzetteln oder gleich das Erbgut anpacken? Worüber reden wir hier eigentlich?
 
Zitat barista: "Ja, klar doch. Wenn ich Käse esse dreht sich der Globus wie üblich. Und wenn ich Marmelade esse dreht er sich anders herum."

Sinn dieser Aussage? Ob ich mich unbewusst für Marmelade oder Käse entscheide, spielt für diese Welt und auch für meine Umwelt keine Rolle. Also, was soll die nutzlose Überlegung?

Zitat sidestream: "Damit wollte ich lediglich klarmachen, dass nicht alles rationalisiert betrachtet wird."

Es hat auch keiner behauptet. Du hast wahrscheinlich einen Beitrag gelesen und gedacht, ich bestreite hier, dass der Mensch viele seiner Bedürfnisse ohne groß zu überlegen befriedigt. Weil er es gar nicht braucht und es für keinen von Belang ist, was er da tut.
Möglicherweise ist das Missverständnis auf einem Satz von e-ding zurückzuführen ("Die Argumentation, die dagegen spricht, also als Grundvorraussetzung Bedürfnisse negiert, ist für mich nicht schlüssig") den ich nicht mehr kommentieren wollte. Das ist nur ein 'Strohmann-Argument'.

Zitat: "Gier ist etwas, was man überwinden kann, wenn man es will. Wir sind für unser Tun verantwortlich, wer auch sonst?"

Das war auch meine These.

Und diese Diskussion hatte ihr Ausgangspunkt in der Behauptung von e-ding, dass unsere Gesellschaft nicht das Ergebnis der Wille und entsprechender Betätigung ihrer Mitglieder ist, sondern- verkürzt gesagt - ihrer Triebe: "Die Erkenntnis wie Gesellschaft funktioniert, zeigt uns eben nicht deren oberstes Funktionsprinzip, sondern unser Funktionsprinzip."

Um anders zu sagen: Der Mensch ist ein Tier mit Trieben. Trotzdem bringt er eine Gesellschaft zustande, die ihm einiges erleichtert aber auch viel abverlangt, bis hin zu der Möglichkeit die ganze menschliche Sippe von der Erde verschwinden zu lassen. Aber beim besten Willen will ich da nur diesen erbärmlichen Wesen mit seinen Trieben entdecken und sonst nichts. Und dabei schalte ich schön meinen Apparat fürs Denken aus und warte ein Paar Tausend Jahren ab, vielleicht ändert sich da etwas dank des Zufalls, als besäße ich den besagten Apparat gar nicht.
 
Es war nur ein Beispiel zur Verdeutlichung. Darum, ob du Käse oder Marmelade ist, geht es doch überhaupt nicht und ich habe schon etwas mehr gelesen als einen einzigen Beitrag. Ich gewann daraus den Eindruck, dass du "Triebe" als Unsinn erachtest, den du jetzt von dir weist.

Vielleicht sollte man das nicht zu schwarzweiß betrachten und nicht alle Menschen pauschalisieren. Die Gesellschaft kommt nicht zustande, weil sich 100% der Mitglieder derselben darum bemühen sondern nur ein Großteil... irgendwie zumindest... so kommt es mir momentan vor. Wenn dieser Großteil zu einer Minderheit schrumpft, schmilzt diese Gesellschaft und deren Grundsätze und Prinzipien dahin.
Da gibt es dann zwar noch die Gesetze, die irgendwie noch durchgeboxt werden, aber der Glaube an die Gesellschaft ist heutzutage bei vielen doch schon längst nicht mehr vorhanden.
Wie würde man es im Beruf nennen: Bereits innerlich gekündigt.

Viele Menschen orientieren sich zu wenig an ihrem Umfeld... resignieren eher und kümmern sich nur noch um sich selbst, und wie man alles irgendwie zurechtbiegen kann, dass man selbst am besten dasteht. Der Trend geht nicht mehr dahin, Probleme anzupacken, sondern auszublenden oder weiterzuschieben. Niemand fühlt sich verantwortlich.

Ich sehe das besonders am Straßenverkehr. Es gibt einen Verkehrsfluss. Es ist ein Geben und Nehmen, was sich in einer bestimmten Balance befindet. Man lässt den einen mal rein, auch wenn man kurz vom Gas gehen muss und wird auch mal reingelassen. Reißverschlussverfahren... einer nach dem anderen. Alles ist chillig, der Verkehr fließt.
Nun gibt es dann welche, die das Ausnutzen. Diejenigen, die niemanden reinlassen und sich reindrängeln, überspitzt dargestellt. Während die einen auf den Verkehrsfluss wortwörtlich scheißen, solange sie selbst gut wegkommen, sorgt das auf anderer Seite zu Frustration. Es ist ein schleichender Prozess und erzeugt eine Kettenreaktion, der man nur entkommen kann, wenn man das bewusst wahrnimmt und nicht resigniert. Die letzte Steigerungsform stellt das Chaos dar.
Nun, während im Verkehr, abgesehen von den Köpfen der Fahrer, meist relativ einfache Zusammenhänge gelten, wird es in der Politik schwieriger. Die Konsequenzen sind oft verzögert... Zusammenhänge weniger klar und nicht jeder Teil der Gesellschaft kann so aktiv mitwirken, wie im Straßenverkehr. Dadurch, dass man diesen Eindruck gewinnt, distanziert man sich davon. Man könne ja eh nichts bewirken und wenn ich mir das Wahldilemme von NRW anschaue, glaube ich das mittlerweile auch.
 
Zitat sidestream: "Vielleicht sollte man das nicht zu schwarzweiß betrachten und nicht alle Menschen pauschalisieren(1). Die Gesellschaft kommt nicht zustande, weil sich 100% der Mitglieder derselben darum bemühen sondern nur ein Großteil(2)... irgendwie zumindest(3)... so kommt es mir momentan vor. Wenn dieser Großteil zu einer Minderheit schrumpft(4), schmilzt diese Gesellschaft und deren Grundsätze und Prinzipien dahin(5).
Da gibt es dann zwar noch die Gesetze
(6), die irgendwie noch durchgeboxt werden(7), aber der Glaube an die Gesellschaft ist heutzutage bei vielen doch schon längst nicht mehr vorhanden(8).
Wie würde man es im Beruf nennen: Bereits innerlich gekündigt.
(9)

Viele Menschen orientieren sich zu wenig an ihrem Umfeld... resignieren eher und kümmern sich nur noch um sich selbst
(10), und wie man alles irgendwie zurechtbiegen kann, dass man selbst am besten dasteht(11). Der Trend geht nicht mehr dahin, Probleme anzupacken(12), sondern auszublenden oder weiterzuschieben. Niemand fühlt sich verantwortlich.(13) "

Das ist ein Bild unserer Gesellschaft, von dem ich sagen könnte, dass es so etwas wie Unzufriedenheit oder sogar Kritik hören lässt. Aber dem Bürger ist dieser Zustand bekannt, es wird doch täglich in den Medien und Politik gewälzt. Die Frage ist für mich jetzt: Welche 'Realität' steckt dahinter und wie stellt man sich dazu, wenn man in dieser Gesellschaft so unterschiedliche bis gegensätzliche Interessen hat? Das ist genau der Punkt, wo viele 'Kenner' der menschlichen Natur die Triebhaftigkeit als Erklärung ins Spiel bringen.

Marx erklärt dies durch die Art und Weise, wie die Menschen produzieren und sich die Ergebnisse ihrer Arbeit teilen. In einer Gesellschaft, die kapitalistisch produziert, ist die Reproduktion der Gesellschaft als Konkurrenz um die Mittel des Reichtums organisiert. In einer so organisierten Gesellschaft muss der Mensch eben genau die 'Triebe' entwickeln, die ihn in der Konkurrenz so zu sagen ein Überleben sichert. Wenn diese Notwendigkeit die ganze Gesellschaft ergreift, ist die Stufe des 'Sachzwangs' erreicht. Dann müssen alle das tun, was sie wollen. Das ist aber keineswegs angenehm. Da sie sich gegenseitig etwas wegnehmen, streitig machen, etc., muss man eine Instanz haben, die mit Gesetzen und Gewalt das ganze Zirkus am Laufen hält. Und das, gerade das wird den Akteuren dieses Zirkus zum Gemeinsamen, was sie verbindet: dem Staat.
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Was der 'Sachzwang' betrifft: Der ist allseitig anerkannt und gerne ausgesprochen. Manchmal tritt er auf in der Form von 'Alternativlosigkeit' wie hier in einem Beitrag von DugDanger: "Das ist ja das schlimme an der Politik - die Alternativlosigkeit."
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Ich habe jetzt das Zitat mit Zahlen versehen, um es in einem nächsten Beitrag Punkt für Punkt zu erklären. Aber sonst kann sich jeder andere daran versuchen.
 
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