Ich habe die letzten Tage ein wenig nachgedacht. Hier denke ich anknüpfen zu können:
Wie ich oben schon beschrieben habe, weiß ich aus eigener Erfahrung, wie schnell eine Diskussion keine mehr ist, wenn man im passenden Milieu (in diesem Fall eine Anti-Sarrazin-Demo, bei mir war es eine AntiFa-Sitzung) eine Meinung kundtut, die die restlichen Anwesenden sozusagen ihrer Unschuld beraubt, oder einfach an den Grundannahmen der Aktualgemeinschaft (eine Menge Menschen, die sich jetzt aus einem bestimmten Anlass und Interesse getroffen haben) ruckelt.
Das passiert aber auch genauso bei völlig anderen Theman. Man sehe sich das PuG hier an. Wenn man eine bestimmte Meinung vertritt, sie sogar belegen kann, muss man schreiben und schreiben, um überhaupt an eine gewisse Sorte Menschen durchzudringen. Selbst an welche, die derselben Meinung sind, vielleicht aus anderen Gründen. Nehmen wir an, jemand schreibt, dass weniger Steuern schlecht sind. Schon würde er oberflächlich betrachtet, kaum Freunde um sich herum finden zu diesem Thema.
Was dabei, wie du schreibst, zu unterscheiden ist, ist zum einen ein Millieu, aber zum anderen der allgemeine, ich überspitze mal, stumpfsinnige Mob, der sich eben nicht mit den Themen auseinander setzen
will und das wird auch von allen Seiten in der Umwelt gefördert. Dass sich die Leute eben nicht selber mit einem Thema beschäftigen um eine Meinung zu bilden. Dann könnten sie sich ja evtl. entscheiden. Das sollen sie erst gar nicht.
Nicht weil es wahr oder falsch ist, sondern einfach weil es der momentan herrschenden Grundstimmung in einer lokalen Mehrheit widerspricht.
Eben, und auch das ist gefährlich. Ich nehme gerne noch einmal das Beispiel der letzten Wahlen. Dort wurde in den Medien (als Träger, daher gehts nicht primär um sie) die zwei großen Parteien als "offensichtliche" Gewinner der Wahl schon vorher durch Stimmung erschaffen. Der Bürger in Deutschland ist unzufrieden (Wahlbeteiligung und Umfragen) ist aber der Auffassung, er habe doch keine Wahl. Das wird ihm so beigebracht, und er akzeptiert es. Er entschließt sich evtl. ein wenig zu graben, stößt aber letztlich auf keine Erlärung, warum das so ist. Denn dafür müsste er viel tiefer graben und Zeit investieren. Die jedoch, die tiefer gegraben haben, die Fachliteratur geschrieben haben, die werden nicht zu Wort kommen. Es kristallisiert sich daher eine Meinung heraus, die gar nicht die der Masse ist. Das bedeutet, die Mehrheit widerpricht ihrer eigenen Meinung...
Im Bezug auf Micro-, Meso-, und Makroebene:
Microebene: z.B. Familie - oder etwas anders gelagert: Kinderzimmer; Mesoebene: z.B. Strassenzug - oder etwas anders gelagert: Familie;
Makroebene: Amtsstube (Gesetzestexte und deren Auslegung/Umsetzung) - oder etwas anders gelagert Strassenzug, Wohnviertel oder ähnliches.
Ich mal wieder, der Pessimist. Und zwar kann ich von meinem Standpunkt her überhaupt kein Milieu erkennen, in dem ich jetzt lebe. Meine Familie ist für ernste Themen nicht greifbar, die Familie meiner Frau auch nicht. Ich kann daher meine Meinung noch nicht einmal einbringen, da gar kein Meinungsaustausch stattfindet. Meine bisherigen Nachbarn stehen da in nichts hinterher. Ich grüße die, die grüßen mich. Ich könnte mich an kein Gespräch in irgend einer Art erinnern. Das geht sogar noch weiter, wenn etwas weiter entfernte Nachbarn noch nicht einmal mehr grüßen. Die Makroebene, da kommt man nur hin, wenn man was damit zu tun hat. Die unglaubliche Vielfalt des Gesetzes ist schon für Anwälte überhaupt nicht mehr ersichtlich. Wie soll es das für die Menschen in einem Land sein? Selbst wenn die Gesetze für alle gleich sind, keiner kennt alle Gesetze. Und auch ein Austausch darüber, selbst wenn er stattfinden würde, erstmal wäre er nicht zielführend. Dafür braucht man erst einmal das Gespräch selbst.
DIe Übertragbarkeit auf die "gesamte Gesellschaft" ist im Milieu-Gedanken mMn nicht angelegt, es geht eher darum, dem Umstand rechnung zu tragen, dass Gesetze (als bsp.) nicht an jedem Ort der Gesellschaft die gleiche Macht haben, dass es aber umgrenzte Räume gibt, in denen die in diesem Raum gelebte Interpretation der gesellschaftlichen Regeln zumindest einheitlich zu sein scheint
Auslegungssache, würde ich behaupten. Nehmen wir mal die gesetzlich Sozialversicherung. Und einen Amerikaner (es kann auch ein anderer sein, aber da erscheint es mir passend). Was würde er davon halten? Er könnte wohl zu Recht sagen, dass dies Diebstahl ist. Robin Hood. Nehme von denen die haben, und gebe an die, die brauchen. Wenn du das nicht tust, wirst du bestraft. Also Erpressung und Diebstahl.
Ich käme jetzt nicht auf die Idee, ihn zu bestrafen, oder in seiner Meinung zu manipulieren. Aber einige Länder machen dies. Es kommt eben auf den Sachverhalt an.
Und nun die Frage: Ist daher ein "guter Grund" als Meinungsbeschränkung zulässig oder nicht? Beschränkt man aber durch Gesetze nicht auch schon Meinungen, ohne diese direkt zu berühren? (Rundfunkgebühren müssen bezahlt werden, ob das der Bürger möchte oder nicht, obwohl der Bürger differenziert argumentiert)