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Meinungsfreiheit ohne denken? Sind Tabus nötig? Wird die Gesellschaft wortkarg/arm?
Zur Antwort auf "Meinungsfreiheit ohne Denken" selbst müssen wir bestimmt kaum diskutieren, nur über die Gründe für den Status Quo, bzw. was schon immer eine Schwäche der Mensch war und was neu ist.
Da ich Video-Spiele, Fernsehen (nicht das deutsche Free-TV) und Smartphones lieb gewonnen habe, tut mir das Eingeständnis weh, aber ja. Viele Elemente schaden da mehr als sie nützen.
Es gibt allgemein ja viele Erfindungen, die ein riesen Mehrwert für alle Menschen sein könnten, wenn es mehr sinnvollen Gebrauch und weniger Missbrauch gäbe.
Smartphones an sich finde ich wunderbar. Als die ersten "Handheldcomputer" ohne Telefonfunktion herauskamen, dachte ich noch"boar wird das großartig, wenn die ausgereift sind". An die negativen Auswüchse, wie z.B. junge Menschen die zusammen im Café sitzen und nur in die Geräte starren, habe ich damals noch nicht gedacht.
Ich wandele es mal ab. Ich schreibe ein Buch über die bösen japanischen Fischer. x% der in den letzten 20 Jahren getöteten Wale, wurden von japanischen Walfängern getötet. Japanische Tiefseefischer könnten laut Studien gar nicht so zahlreich existieren, wenn sich alle an die Richtlinien und Gesetzte halten würden. In der japanischen Kultur werden Tiere laut Umfragen nicht als schützenswerte Lebewesen betrachtet, sondern eher als Gegenstand...etc. (Alles nur für das Beispiel, keine Fakten)
Jetzt beklagen sich die vielen rechtschaffenen japanischen Fischer über das Buch, auch wenn im vorletzten Satz des Prologs erwähnt wird, dass es auch andere gäbe. Die Fischer, die sich an die Regeln halten, sehen ihren Ruf geschädigt, durch den einseitigen Tenor den das Buch bei seinen Lesern und in den Medien hinterlässt.
Dazu heißt das Buch nicht "Die Folgen der japanischen Hochsee-Wilderer", sondern ganz reißerisch "japanische Fischer - das Ende der Wale".
Dein Buch heißt "Deutschland schafft sich ab", nicht "Leitfaden für eine bessere Integration". Allein der Titel soll doch nur Ängste zugunsten der Auflage schüren.
Genau so sehe ich das auch. Ich bin mir nicht sicher, ob Sarrazin sich nicht bewusst war, welch Feuer er damit entfacht.
Das nämlich Onkelhitman, macht für mich den Unterschied eben aus, er konnte wohl einschätzen, da er ja ein intelligenter Kerl ist, was passieren wird und er hat es provoziert. Natürlich, du hast Recht auch Damocles, muss man gegen diese Probleme vorgehen, nur wie das vermittelt wurde finde ich einfach schade, das Thema ist einfach zu wertvoll. Und die Krux daran, dass viele nur Bild lesen und Mainstreammedien verfolgen, sich dann auch auf eine Hetzjagd einlassen, in beide Richtungen und das schadet der Integration nur.
Übrigens Damocle`s ich lese Blogs wie: ad-sinistram.de, feynsinn.org, spiegelfechter.com und nachdenkseiten.
Zugegebenermaßen muß ich Dynamite und Godde da doch, zumindest was den Titel von Sarrazin's Buch angeht, Recht geben. Bisher hatten sich meine Kommentare zu dem Buch immer nur auf den Inhalt bezogen, den Titel außen vorlassend. Den hab ich dummerweise ignoriert.
Setzt man den Kontext des Inhaltes zum Titel des Buches, dann ist da schon was faul an der Argumentation. Aber: Ich habe viel von S. King gelesen, auch Interviews. Daher weiss ich das ein Autor nicht unbedingt der "Herr der Titel" ist. Daher nehme ich jede getätigte Äußerung meinerseits zu dem Thema zurück (auch ältere Threads betreffend). Solange ich nicht weiss wer der Namensgeber des Buches war ist jede Diskussion über den Kontext des Inhaltes mMn Spekulation. Eine deutliche Intention des Autors ist mE nicht mehr erkennbar.
Joar, wenn einer eine Quelle nennen kann in der sich Sarrazin in der Form vom Titel distanziert, also dass er den Titel selbst nicht so gewollt hätte, ziehe ich auch gerne mein Argument zurück. Aber solange das nicht der Fall ist, finde ich der Titel bestätigt den weit verbreiteten Eindruck zu seinem Buch.
Das liegt daran, dass ihr das Buch nicht gelesen habt....
Es geht in dem Buch nämlich nicht darum, Migranten zu integrieren, sondern darum, dass sich die Deutschen in Deutschland abschaffen. Und zwar, indem sie keine Kinder mehr bekommen. Ich hoffe, dass wir uns hierbei mit dem demografischen Wandel durchaus abfinden können?
Wenn jedoch (und das hier ist eben wieder die Auslegung von Herrn Sarrazin) "die Deutschen" sich weniger vermehren, und mit "die Deutschen" sind auch integrierte Immigranten gemeint, die nicht integrierten Immigranten sich aber exponential vermehren, dann werden diese Parallelgesellschaften, wie schon vorher von mir erwähnt, ausbreiten. Das trifft nicht nur auf eine besondere Immigrantengruppe zu, sondern ist davon völlig unabhängig. Wenn die Politik dann, durch die Anzahl der Immigranten und deren Steigerung der Gesamtanzahl an lebenden Personen in Deutschland, nichts für die Integration dieser Personen tun, sondern die Parallelgesellschaften fördert, dann schafft sich Deutschland ab. Und zwar nicht, weil die "bösen Migranten" das so möchten, oder diese bösen Migranten Deutschland abschaffen, sondern weil Deutschland selbst, also deren Volksvertreter, nichts dagegen unternehmen, dass dafür sorgt, dass entweder die Deutschen sich vermehren (wie soll man das machen?), oder aber die, die es tun und die ins Land kommen sich integrieren und demnach selber Deutsche werden, anstatt nebeneinander zu leben.
Der Titel passt also, für Herrn Sarrazin wie für das Thema, durchaus wie die Faust aufs Auge.
Ich wiederhole mich noch ein letztes Mal, denn es ist müßig sich gegen Menschen zu rechtfertigen, die nur immer wieder neue Behauptungen aufstellen und die Bücher nicht gelesen haben, daher nicht verstehen worum es geht: Verabschieden wir uns doch bitte bitte von Herrn Sarrazins Büchern und nehmen ihn nur als Beispiel für eine Sache an, genauso wie Frau Herman, und zwar als jemand, der von den Medien in einer Art behandelt wurde, wie es kein Mensch verdient. Keiner. Egal wer.
#161
Doch das geht, siehe ein "paar" Posts früher. Und zwar indem man selber keine Meinung hat und nur eine nachplappert. Das spart Zeit.
#162
*Achtung, Statement mit Meinung und Emotionalität als Brainstorming*
Genau. Neu ist es, dass man sich mit einer einzigen Aussage wie Eva Herman in den Abgrund katapultieren kann. Jetzt haben aber nicht alle Menschen etwa mehr Geld. Wenn man sich in so einer Lage befindet, bekommt man keine Arbeit mehr, die Kollegen distanzieren sich, ebenso die Freunde und Verwandten. Das in einer Zeit, in der Freunschaft kaum mehr gekannt wird, in der der Familienzusammenhalt auch nicht das ist, was er einmal war (wo wir wieder bei Eva Herman wären, die einiges aus der alten Zeit gut fand). Wenn man sich dann irgendwas erlaubt, was den Leuten nicht in den Kram passt wird man, anstatt wie bei normalen Freunden üblich mit nem Seitenhieb und Augenzwinkern weiter geachtet, in den tiefsten seelischen Kerker gestellt. Weil man etwas gesagt hat, was man für sich behalten soll. Weil etwas die Wahrheit ist, aber manchen Menschen sauer aufstößt. Natürlich können die Menschen darüber schweigen. Und das tun sie auch vortrefflich. Den Freunden und Verwandten Honig um den Bart schmieren. Tausende und Abertausende Facebook-Freunde haben, die jeden Mist kopieren und an ihre Pinnwand kloppen, und man soll nur "Gefällt-Mir" klicken, am besten auch teilen, und sowas schreiben wie "Daumen-hoch". Niemals kontrovers gegen das Thema schreiben. Niemals nachdenken darüber. Niemals kritisch betrachten.
Dieser Meinungsaustausch war früher nie gegeben. Weil eine Plattform fehlte. Wie du schriebst, früher gab es Bücher, Radio, Presse und nen Korkbrett zum anpinnen. Heute pinnt fast jeder alles an seine virtuelle Pinwand, verlangt dafür als Gegenleistung Anerkennung für Dinge, die er gar nicht gemacht hat.
Es ist wie das "Fremdschämen" welches mir ein Rätsel ist. Menschen wollen Beachtung und soziale Kontakte mit irgend etwas ausfüllen. Etwas, das ihnen ein gutes Gefühl gibt. Sie greifen auf die Medien zurück um sich auszutauschen, aber sind es gerade diese Medien, die sie entfernen, da nur völlig oberflächlich am Leben gekratzt wird. Ohne Tiefe. Sinnentleert.
Viele Menschen suchen soziale Kontakte, einen Austausch von Meinungen und Gespräche, Menschen auf die sie sich verlassen können. Aber selber sind nur die allerwenigsten bereit, dafür selber etwas zu opfern. Die Menschheit als solche hat sich verändert (ob weltweit kann ich nicht beurteilen). Verzerrt, denn merkt sie ja, das etwas fehlt. Und zwar ein Zusammenhalt. Der findet sich aber nicht im Internet und völlig ohne persönliche Kontakte. Das klappt nur so lange bis man sich auf jemanden verlässt, den man eigentlich nur anonym über das Internet kennt.
Wenn jedoch (und das hier ist eben wieder die Auslegung von Herrn Sarrazin) "die Deutschen" sich weniger vermehren, und mit "die Deutschen" sind auch integrierte Immigranten gemeint, die nicht integrierten Immigranten sich aber exponential vermehren, dann werden diese Parallelgesellschaften, wie schon vorher von mir erwähnt, ausbreiten. Das trifft nicht nur auf eine besondere Immigrantengruppe zu, sondern ist davon völlig unabhängig. Wenn die Politik dann, durch die Anzahl der Immigranten und deren Steigerung der Gesamtanzahl an lebenden Personen in Deutschland, nichts für die Integration dieser Personen tun, sondern die Parallelgesellschaften fördert, dann schafft sich Deutschland ab. Und zwar nicht, weil die "bösen Migranten" das so möchten, oder diese bösen Migranten Deutschland abschaffen, sondern weil Deutschland selbst, also deren Volksvertreter, nichts dagegen unternehmen, dass dafür sorgt, dass entweder die Deutschen sich vermehren (wie soll man das machen?), oder aber die, die es tun und die ins Land kommen sich integrieren und demnach selber Deutsche werden, anstatt nebeneinander zu leben.
Ich möchte nur was zu diesen zitierten Aspekt sagen, da ich den Rest des Threads sehr paradox empfinde. In dieser durchaus schlüssig klingenden Aussage fehlt jedoch der Gedanke, was Deutschland überhaupt zu Deutschland macht. Ich bezweifele das es ein Kultur gibt, die von "integrierten und den längst-integrierten Deutschen" ausgedrückt wird und die repräsentativ für ein "Deutschland" steht, welches sich als solches "abschaffen" könnte. Denn das geografische Deutschland wirds wohl nicht sein. Die Weißwurst und Lederhosen wohl auch nicht, wobei die Bavarian zumeist die bekanntere Form der Deutschen ist, die ausserhalb wahrgenomen werden. Vielleicht mag ja noch einer hinzufügen, das wir Fussballweltmeister sind, oder nochmal die "Qualitätsstandards" vergangener Tage auskramen. Aber das sind alles nur Strohhalme im Sinne eines "Deutschlands", das hier irgendwie von irgendwas gefärdet ist.
Ich fänd es gut, wenn Deutschland als solches seine Geschichte - und hier gibt es mehr als den zweiten Weltkrieg - überhaupt erst versteht. Uns gibt es gerade mal 143 Jahre und wir enstanden aus dem Militärbündnis names "Norddeutschen Bund", der kaum ein Jahr später zum "Deutsches Reich" umbenannt wurde. Einiges was danach geschah dürften manchen ja bekannt sein. Doch hier ist schon gut zu erkennen, das uns nicht die bayrische Kultur ausmacht, oder irgendein Qualitätsstandard. Wir waren eine Vereinigung von ehemaligen Monarchien aus militärischen Gründen:
Bisher wurden sechs Verfassungen des seit 1871 existierenden Nationalstaats Deutschland in Kraft gesetzt; die Daten ihrer Konstituierung werden unter staatsrechtlichen und ideengeschichtlichen Aspekten als Gründungsakte der jeweiligen deutschen Staatswesen betrachtet. Der 23. Mai 1949 ist das für die Gegenwart bedeutendste Gründungsdatum, da an diesem Tag die noch heute gültige Verfassung Deutschlands verkündet wurde. Die Bundesrepublik ist mithin die historisch jüngste Ausprägung des deutschen Gesamt- oder Bundesstaates, dessen Geschichte sich bis zur Einführung der bundesrepublikanischen Prinzipien des Grundgesetzes und der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in verschiedene Phasen einteilen lässt: Norddeutscher Bund (1867–1871), Deutsches Kaiserreich (1871–1918), Weimarer Republik (1919–1933), nationalsozialistische Herrschaft (1933–1945), „Deutschland als Ganzes“ unter fremder Besatzung, ausgeübt durch den Alliierten Kontrollrat (1945–1949).
Wir sind gezeichnet von Kriegen, weil alles was Deutschland bisher ausgemacht hat, genau dafür existierte. Und selbst heute haben wir wieder Tedenzen dazu das auszuleben, was gut an den jüngsten Bemühungen unseres Bundespräsidenten klar wird, der schlicht für Krieg als Option wirbt.
Die Intention meine Beitrags hier ist, dass ich darauf aufmerksam machen möchte, das es kein "Deutschland" im kulturellen Sinne gibt, das sich abschaffen könnte. Und selbst wenn sich definieren ließe, was genau ein "nicht integrierten Immigranten" vom typischen "historisch wie kulturell ignoranten Deutschen" unterscheidet, bezweifel ich, dass hieraus zu erkennen wäre, wie das zur Abschaffung eines kulturellen Deutschland führen könnte - und geografisch wohl auch nicht. Dem entgegen behaupte ich, wir könnten nur an Kultur gewinnen, was wir als Gemeinschaft im geografischen Deutschland auch dringend bräuchten.
Um hier abschließend nochmal aus der Signatur von Onkelhitman zu zitieren:
Nietzsche: "Die Deutschen - man hieß sie einst das Volk der Denker: Denken sie heute überhaupt noch?"
Goethe und Schiller lebten vor der Gründung des Deutschen Reichs. Nietzsche erlebte die Gründung bis ins Kaiserreich. Die Weimarer Kultur hingegen kannte er nicht. Sie erblühte nach dem ersten und starb mit dem zweiten Weltkrieg. Vielleicht wäre es interessant zu verstehen warum.
@Hitman:
Ohne jetzt schon wieder etwas auf die einzelnen Argumente zu erwidern, nur so viel: Dass das demografische Problem der "originären Deutschen" in Relation zur Einwanderung angesprochen wird, ist mir auch klar.
Die Konklusion "die Deutschen vermehren sich nicht mehr ausreichend - aber was will man dagegen machen?" ist mir da etwas zu kurz gesprungen. Außer die Immigranten flächendeckend besser zu integrieren, kann man durchaus auch hinterfragen was sich am Bewusstsein und der Wahrnehmung der wirtschaftlichen Absicherung der Deutschen getan hat, dass viele meinen ohne Kinder besser dran zu sein, bzw. den Kindern die eigene Geburt nicht antun zu wollen.
Das ist aber auch wieder ein riesen Thema für sich.
Hat aber am Rande auch mit unserem Thema zu tun. Leute schauen auf Facebook die Häuser und Urlaubsbilder der vielen "Freunde" an und meinen 4 mal im Jahr auf den Malediven sitzen zu müssen, ein Haus zu bauen und ein teures Auto zu fahren, sei für jeden der Normalzustand und das Minimum. Das fast jeder immer nur gut gelaunt und gesund ist und auch eine glückliche Beziehung hat ebenfalls.
Darüber wachsen vor allem die materiellen Ansprüche der Leute derart, dass sie sich einen Lebensstandard aneignen, bei dem sie sich keine Kinder mehr leisten können, ohne auf Gewohntes zu verzichten.
Noch dazu sind die meisten heute schon in recht gehobenen Verhältnissen aufgewachsen, kennen als also auch nicht viel anders.
Dass die Medienlandschaft und soziale Netzwerke jetzt nicht ideal auf die Menschen einwirken, um sie zu tiefgründigen Gesprächen zu animieren, darüber sind wir uns wohl alle weitestgehend einig.
Was für mich noch nicht ausreichend beleuchtet ist: Was halten wir nur für neumodische Erscheinungen - und was war vielleicht schon immer beim Bevölkerungsschnitt nicht gegeben, bzw. nur der geistigen Elite vorbehalten? Ich denke so manche Dinge werden einfach auch den Medien zugeschrieben, obwohl es einfach schon immer Menschen gab, die sich gerne abseits ihres manchmal harten Tages nur seichte Gedanken machen wollten.
Die sind dann halt früher nach ihren 60 Stunden Dachdecken auf den Sportplatz, haben 3 Bier getrunken und der ersten Mannschaft des Vereins zugekuckt. Heute sitzen dann halt manche vorm TV und schauen "Einsatz in 4 Wänden". Wenn man diese Sendung aufnimmt und schnell rückwärts laufen lässt, sieht man übrigens wie eine dicke Frau durch eine hübsche Wohnung rennt und nach und nach verwüstet.
@Kokuswolf:
Naja, ist das aber etwas besonderes, was nur Deutschland in der Form betrifft? Sprache und Kultur sind doch immer lebendig, im Fluss, oder? Aber gerade deshalb empfinde ich Immigration auch nicht als problematisch, solange man versucht von beiden Seiten das beste daraus zu machen. Auch wenn das offensichtlich nicht immer einfach ist.
Mit Immigration und den damit verbundenen Problemen hat man sich aber schon massiv befasst. Das noch weiter brach liegende Thema ist das eben angesprochene. Warum wollen junge, in Deutschland geborene Menschen oft keine Kinder mehr? Wie gesagt, ich kann mir das ein Stück weit erklären. Ich habe übrigens (bisher) ein Kind. Die aktuelle Debatte um Kitas und "Herdprämie" sind das aktuelle Abbild des Themas Kinderlosigkeit.
Vielleicht betrachten es aber auch viele so, dass es gar nicht schlimm ist wenn die "originären Deutschen" aussterben, teils dann ja auch durch Vermischung. Eben weil, wenn man es nicht auf die letzten 150 Jahre, sonder auf die letzten 2000, Regionen schon immer von Durchmischungen verschiedener "Volksstämme" geprägt und bevölkert wurden. Hin und wieder wurden Grenzen gezogen, Kriege geführt und Grenzen wieder verschoben. Aber obwohl ich Kultur auch als ein schützenswertes Gut betrachte, heißt das für mich nicht, dass man keine Einflüsse von außen zulassen darf.
Dem ein oder anderen wird es völlig Schnuppe sein, ob in 500 Jahren in Deutschland noch blasse Menschen mit christlicher Religion heraumlaufen. Realistisch betrachtet ist das auch kaum mehr möglich, dass das so sein wird.
Kokuswolf, deine Argumentation hinkt. Du setzt irgendwie den Beginn einer Kultur mit einer Neubenennung gleich. Da stelle ich gerade die Frage : Was haben Staatsgrenzen mit der Kultur zu tun ?
Ich würde mal glatt behaupten, die türkische Kultur war vor 1923 nicht anders als heute, nur weil es vorher Osmanisches Reich hiess. Das gleiche Prinzip kannst du auf dutzende andere Staaten anwenden. Natürlich gab es sehr viele kleine Stadtstaaten/Fürstentümer auf dem alten deutschen Reichsgebiet, aber deren Kultur unterschied sich nur marginal. Das ein Braunschweiger eine andere Kultur hat als ein Hannoveraner... naja... würd' ich jetzt nicht gerade behaupten.
Fragt man mich nach meiner Meinung, dann beginnt die deutsche Kultur hiermit :
Meinungsfreiheit ohne Denken ? Da möchte ich einen großen Einwand einfügen : Wer nicht denkt, der kann eigentlich keine Meinung haben. Jedenfalls keine Fundierte. Oder sehe ich das falsch ?
Diesem Vorwurf kann man jedem nachsagen, der eine Meinung teilt. Ich kann sie bspw. auch Dir nachsagen, wenn Du Aspekte von Sarrazins Meinung wiedergibst. Ich teile die Sichtweise von Damocles' Sword, und hab darüber eigenständig nachgedacht. Natürlich kann man eine Meinung nachplappern, weil man sie nicht zu widerlegen versucht. Wenn sie einem jedoch einleuchtet, völlig individuell betrachet, ist die Erleuchtung durchaus ein Denkprozess. Ein "paar" Posts früher habe ich behauptet, das dies nicht ginge ... ganz einfach aus dem Grund, das wir Menschen nicht nicht denken können. Ernsthaft, kein Mensch kann sein Gehirn ausschalten. Selbst ein Nachplappern in deinem Sinne ist ein unterbewusster Denkprozess, der in eine Zustimmnung endet. Was Du meinst ist "Meinungsfreiheit ohne Nachdenken?". Und der Unterschied ist durchaus wichtig, da dies auch eine Anforderung impliziert, das jeder Menschen über alles nachdenken muss, bevor dieser eine Meinung haben darf. Ein "paar" Posts früher habe ich behauptet, das dies ein wenig zuviel verlangt wäre, worüber du mir aber nicht viel nachgedacht zu haben scheinst. Plapperst du daher nicht deiner Logik nach nur eine Meinung nach?
....
@TnTDynamite:
Ja, wenn hierbei mal kurz Aspekte einer Integrationsfähigkeit aussen vorgelassen werden, weil diese, wenn von Immigranten gefordert, vielleicht auch von "in Deutschland geborenen" (mit und ohne "Immigrationshintergrund" ) gefordert werden sollten, dann ist das durchaus interessant, wenn auch ein neues Thema.
Die Aspekte die du dafür einbrachtest sind genauso interessant. Wenn ich aus meiner subjektiven Welt berichten würde, hat es doch weniger mit den Aspekten des Lebenstils zu tun, als vielmehr dem Erleben der Ereignisse in dieser Welt zu tun. An dem Punkt denke ich spontan an die wenn auch für viele gerade deshalb leidlich erlebte Tatsache, das wir eben gerade ein Volk mit einer häßlichen Kriegsvergangenheit sind. Die innere Distanzierung davon, die auf einer legitimen Motivation zu einem gesunden Ego (Seele meinetwegen) basiert, sieht bei uns sehr unterschiedlich aus. Einige wenige identifizieren sich damit, andere lehnen dies ausnahmslos ab, andere wiederum wollen gar keine Verbindung dazu haben. Und selbst dies ist noch differenzierter.
Jedenfalls führt dies meineserachtens(!) zu einer recht großen Ablehnung unserer Gesellschaft, obwohl dies mehr der Politik und Medien zugesprochen werden müsste, weshalb ein Kind "in diese Welt" zu gebähren durchaus ein Ablehnungsgedanke ist. Ich denke das sehe andere Kulturen anders, obwohl sie zumeist in viel verheerenderen Verhältnissen leben, die direkt auf sie wirken. (Armut, Krieg im eigenen Land, etc.)
Daher ist es durchaus interessant was du bzgl. dem Lebensstil sagst, wobei ich glaube, das dies nicht die Ursache ist, sondern auch nur ein weiteres Symptom. Ein bisschen was habe ich daher schon in Post #81 geschrieben, in der ich damit endete, das unsere Gesellschaft krankhaft erfolgsorientiert ist. Aber dieser Part ist vielmehr psychologisch zu betrachten, und nicht kulturell. Es geht vielmehr um unsere Wahrnehmung der Welt ansich, als die wirklichen Zustände.
Warum wollen junge, in Deutschland geborene Menschen oft keine Kinder mehr?
Wie sieht es mit älteren aus? Und impliziert die Frage den Gedanken, das auch die Menschen, dessen Eltern (vor, oder mit ihnen) hierher migriert sind, auch zum Schluss kommen, zumindestens im jungen Alter keine Kinder bekommen zu wollen?
Einerseits glaube ich, das der überwiegende Teil an Schwangerschaften eher "zufällig" passieren, als geplant. Die jungen Menschen passen da trotz allem nicht immer auf. Auf der anderen Seite hat sich das Verhältnis in den verschiedenen Lebensphasen beträchtlich verändert. Noch vor hundert Jahren war es üblich mit 20 Jahren bereits eine Familie gegründet zu haben. Dieser Wandel ist aber global zu erkennen, und differenziert sich höchsten bei Ländern mit immensen "innenpolitischen" Problemen - siehe bspw. manch Land in Afrika mit einem Durchschnittsalter von ~25. Oder im Gazastreifen: "Das Durchschnittsalter beträgt 17,9 Jahre (Stand: 2012).".
Für die Variation der Geburtenrate gibt es viele, wirklich viele Faktoren. Mit Einwanderung, Integration, etc. hat dies aber allerhöchstens zu einem Bruchteil zu tun. Meineserachtens gibt es nichtmal den "originären Deutschen". Ich kenne niemand, der nicht, wie du sagst, eine "Vermischung" im Stammbaum zu verzeichnen hat. Das liegt aber auch daran, das Deutschland eben noch gar nicht alt ist. Und das es in den letzen 100 Jahren viel leichter geworden ist, die Welt zu bereisen, oder gar überhaupt zu migrieren.
Nun, eine Gegenfrage erlaube mir noch: Was hat das alles noch mit "einungsfreiheit ohne denken? Sind Tabus nötig? Wird die Gesellschaft wortkarg/arm" zu tun?
Ergänzung ()
Damocles' Sword schrieb:
Kokuswolf, deine Argumentation hinkt. Du setzt irgendwie den Beginn einer Kultur mit einer Neubenennung gleich. Da stelle ich gerade die Frage : Was haben Staatsgrenzen mit der Kultur zu tun ?
Nichts. Und da hinkt nichts, weil ich ja genau darauf hinaus wollte. "Deutschland" kann sich nicht abschaffen, weil "Deutschland" nicht mehr als eine geografische Einheit ist. Das kulturelle "Deutschland" hingegen kann sich nicht aufgrund von Zuwanderung oder Geburtenraten abschaffen. Wir alle werden sterben, so wie die Generationen vor uns. Und jede hatte ihre Kultur. Und wir die unsere, sofern wir sie überhaupt greifen können.
PS: Ich glaube unsere Meinung ist gar nicht so unterschiedlich. Gewähre mir dennoch eine überspitzt formulierte Frage: Beginnt die Kultur Deutschlands im Römischen Reich, oder greift die Kultur des Römischen Reichs bis ins heutige Deutschland?
Nichts. Und da hinkt nichts, weil ich ja genau darauf hinaus wollte. "Deutschland" kann sich nicht abschaffen, weil "Deutschland" nicht mehr als eine geografische Einheit ist.
Uiuiui, dass du darauf hinaus wolltest hätt' ich nicht gedacht. Ich dachte mit dieser Meinung stehe ich ziemlich dediziert da
Kokuswolf schrieb:
PS: Ich glaube unsere Meinung ist gar nicht so unterschiedlich. Gewähre mir dennoch eine überspitzt formulierte Frage: Beginnt die Kultur Deutschlands im Römischen Reich, oder greift die Kultur des Römischen Reichs bis ins heutige Deutschland?
Sehr komplizierte Frage, ich versuche mal sie auf die Schnelle zu beantworten:
Wenn mich mein Kultursachverstand (der zugegebenermaßen durchaus größer sein könnte) nicht täuscht, dann entstanden sehr viele Städte und Dörfer um die alten Burgen herum. In meiner Heimatstadt z.B. ist dies auch so. Schaue ich mir nun an wo die Burgen gebaut wurden (nämlich da wo bereits Siedlungen existierten) komme ich zu dem Schluss dass dort bereits Menschen gesiedelt haben. Denn eine Burg war ja nicht nur ein Gebäude welches aus Spaß irgendwo hingebaut wurde, sondern diese erfüllte eine Funktion. Spontan fällt mir da Aachen ein. Für mich beginnt Kultur irgendwo bei Seßhaftigkeit, Sprache und Lebensweise. Religion und Kunst spielen auch eine Rolle.
Aber ich kann mich da natürlich irren. Über Definitionen kann man streiten.
Nachtrag : Ich würde sagen die Übergänge sind fliessend,d.h. dass Einflüsse aus dieser Zeit uns heute noch prägen - gemixt mit Einflüssen die wir im Laufe der Jahrhunderte assimiliert haben. Da z.B. fällt mir die Kartoffel ein.
Oh, ich bin auch gut im assimilieren von Nudeln, egal "chinesich" oder "italienisch". Und wenn ich so daran denke, zeigt sich, das hier nebenan auch viel Sushi gegessen wird. Und Döner, und Pommes mit oder ohne Currywurst. Im Umkreis von 5km kann ich in mehr Nationalitäten essen, als ich gerade aufzählen kann. Und obwohl fragwürdig ist, wie sehr sie tatsächlich dessen nationalen Essgewohnheiten ähneln, zeigt es wie sehr bereits alles mögliche ineinander fließt.
Ne Burg haben wir hier in Flensburg auch, wobei die eher aus dem damaligen Dänemark ist. Naja, genau genommen haben wir noch ein paar kümmerliche Reste vom Tor. Aber die Straßen um die Häuse, die nun an dem Ort stehen, wo mal eine Burg stand, sind alle nett Burgbezogen benannt. Wobei es sein könnte, das dies gar nicht eine Flensburg aus dem 12. Jahrung war, sondern eine Finnsburg aus dem 7. Jahrhundert, als es wiederum noch gar kein Dänemark gab. Und wo du gerade das romische Reich erwähntest...:
Das Herzogtum Schleswig war ein dänisches Lehen mit dem dänischen König als Lehnsherrn und gehörte im Gegensatz zum südlich angrenzenden Holstein nicht zum Heiligen Römischen Reich.
Holla! Da ich hier nicht geboren bin, bin ich also aus dem heiligen römischen Reich hierher migriert. Aber kulturell geht hier auch die Sause.
Das ist natürlich alles überspitzt. Und du hast Recht, die Übergänge sind fließend. Sie fließen von einer alten Kultur in eine neue, bis diese wieder alt ist, und erneut ... du weißt schon. Doch der Mensch - und das ist jetzt was psychologisches - tut sich sehr schwer damit Dinge loszulassen. Loslassen ist immer mit Schmerz verbunden, wobei unterschiedlich stark. Ich finde es bezeichnend, wie sehr unsere Welt daran hadert ihren Weg weiterzugehen. Das kollektive "wir" in "unsere Welt" läßt sich natürlich prima ein Gruppen aufteilen - je nach dem welche Perspektive gerade gefragt ist. Hier im Thread sind es meineserachtens die Konservativen und die Gutmenschen.
Hehe , ich kann mir vorstellen wie beim letzten Satz mach ein Leser aufhorcht. Eigentlich verwende ich beide Begriffe nur ungern, weil sie inzwischen zu sehr stigmatisieren, und in absoluten Blödsinn enden. Aber eine Perspektive an den beiden Begriffen möchte ich daran erhalten. Es geht um alte Werte und neue Werte, um vergangene Gesellschaftsformen und neue Perspektiven. Wir Menschen teilen uns - natürlich auch hier fließend - unter diejeniegen auf, die an Werten halten, die sie bereits kennen, bis jene, die neues wagen wollen. Beide haben ihre Argumente und fairerweise auch Berechtigung. Doch eines mißfällt mir sehr: Wir erleben diese Kontroverse sehr feindlich, und mit wenig Einsicht. In unserer Gesellschaft erleben wir Meinungsdifferenzen über unsere Zukunft immer als Kampf gegen uns selbst.
Es ist das, was ich glaube, was Onkelhitman zu diesem Thread trieb. Die Differenzen sind zumeist immens, und bei vielen schon lang nicht mehr konstruktiv. Um zu erkennen, warum dies so unterschiedlich ist, liegt untrennbar darin, warum uns das bewegt... warum das jeden von uns berührt. Meiner persönlichen Ansicht nach ist es der gleiche Grund, warum schon Geschwister sich unterscheiden. Warum Kinder nicht pauschal ihren Eltern nacheifern. Warum die gesellschaftliche Erkenntnis der Diversität eintrat, und warum wir immernoch eugenische Betrachtungen ausgesetzt sind.
Am letzten Satz erkennt man nicht nur, welcher Seite ich mich mehr zugehörig fühle, sondern primär, das eben die Kontroverse zum menschlichen Wesen gehört. Ich weiß nicht, ob wir diese wirklich ablegen können. Ob es nicht sogar biologisch sinnvoll ist. Im Sinne der menschlichen Erfindung "Gerechtigkeit" wird sie seid vielen hundert Jahren praktiziert, und das wird sie noch weitertun. Und sei es in den Fragen, wer daran "Schuld" hat, das irgendeine konstruierte Abgrenzung von Menschen sich weniger vermehrt als eine andere. Oder wer sich dadurch abschafft. Und inwieweit es Meinungsfreiheit ist, wenn mit ablehnder Kritik wiederum ablehnende Kritik unterwandert wird.
/Philosophiemodus off
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(überflüssiges Zitat entfernt!)
Das stimmt zumindest in Teilen. Für diese Erfolgsorientierung als oberste Maxime unserer Zeit haben viele Faktoren eine Rolle gespielt, vor allem die zu enge Verflechtung von Wirtschaft und Politik. Aber auch das ist wohl kein ganz neues Phänomen, es wird nur in größerem Maßstab gelebt.
Kokuswolf schrieb:
Wie sieht es mit älteren aus? Und impliziert die Frage den Gedanken, das auch die Menschen, dessen Eltern (vor, oder mit ihnen) hierher migriert sind, auch zum Schluss kommen, zumindestens im jungen Alter keine Kinder bekommen zu wollen?
Einerseits glaube ich, das der überwiegende Teil an Schwangerschaften eher "zufällig" passieren, als geplant. Die jungen Menschen passen da trotz allem nicht immer auf. Auf der anderen Seite hat sich das Verhältnis in den verschiedenen Lebensphasen beträchtlich verändert. Noch vor hundert Jahren war es üblich mit 20 Jahren bereits eine Familie gegründet zu haben. Dieser Wandel ist aber global zu erkennen, und differenziert sich höchsten bei Ländern mit immensen "innenpolitischen" Problemen - siehe bspw. manch Land in Afrika mit einem Durchschnittsalter von ~25. Oder im Gazastreifen: "Das Durchschnittsalter beträgt 17,9 Jahre (Stand: 2012).".
Für die Variation der Geburtenrate gibt es viele, wirklich viele Faktoren. Mit Einwanderung, Integration, etc. hat dies aber allerhöchstens zu einem Bruchteil zu tun. Meineserachtens gibt es nichtmal den "originären Deutschen". Ich kenne niemand, der nicht, wie du sagst, eine "Vermischung" im Stammbaum zu verzeichnen hat. Das liegt aber auch daran, das Deutschland eben noch gar nicht alt ist. Und das es in den letzen 100 Jahren viel leichter geworden ist, die Welt zu bereisen, oder gar überhaupt zu migrieren.
Nun, eine Gegenfrage erlaube mir noch: Was hat das alles noch mit "einungsfreiheit ohne denken? Sind Tabus nötig? Wird die Gesellschaft wortkarg/arm" zu tun?
Naja, zum einen habe ich das Gleiche gemacht wie du...bin auf die These und deren Ursprünge aus den Vorbeiträgen eingegangen. Aber wenn wir wirklich den Fragen "Meinungsfreiheit ohne denken?/Wird die Gesellschaft wortkarg" auf den Grund gehen wollen, werden wir wohl oder übel große, übergreifende gesellschaftliche Entwicklungen betrachten müssen.
Das Thema "moderne Medien", vor allem Social Media, spielt da eine große Rolle. Ich breche es nochmal runter um es zu verdeutlichen:
Existenz Facebook -> Menschen bekommen ein falsches, schön gefärbtes Bild von der Realität -> alle meinen sie müssten viele materielle Güter haben können -> werden (kapitalistisch) erfolgsorientiert -> man hat sich einen zu hohen Lebensstandard angewöhnt ->
Familie steht hinten an -> Bogen zurück zum Thema "Deutsche sterben aus"
Was die Menschen dann im Alltag, in ihrer Gedankenwelt beschäftigt wird zunehmend oberflächlich. Greift alles für mich ineinander.
Damocles' Sword schrieb:
Wenn mich mein Kultursachverstand (der zugegebenermaßen durchaus größer sein könnte) nicht täuscht, dann entstanden sehr viele Städte und Dörfer um die alten Burgen herum. In meiner Heimatstadt z.B. ist dies auch so. Schaue ich mir nun an wo die Burgen gebaut wurden (nämlich da wo bereits Siedlungen existierten) komme ich zu dem Schluss dass dort bereits Menschen gesiedelt haben. Denn eine Burg war ja nicht nur ein Gebäude welches aus Spaß irgendwo hingebaut wurde, sondern diese erfüllte eine Funktion. Spontan fällt mir da Aachen ein. Für mich beginnt Kultur irgendwo bei Seßhaftigkeit, Sprache und Lebensweise. Religion und Kunst spielen auch eine Rolle.
[...]
Ich sehe das ähnlich. Nur warum gerade das römische Reich? Man kann immer noch weiter zurückgehen, die Völkerwanderungen so weit es die Forschung zulässt zurückverfolgen.
Aber ich verstehe den Ansatzpunkt. Städte und Dörfer stehen heute noch da, wo sie zu der Zeit erreichtet wurden, teilweise noch mit den original Gebäuden. Meine Heimatstadt übrigens ebenso. Aber für mich sind Gebäude und Orte jetzt kein viel elementarer Bestandteil einer Kultur als Musik, Kunst, Sprache oder Geschichte. Sie sind nur besser greifbar. Wie gesagt, für mich ist Kultur, wie auch Sprache, immer etwas lebendiges, etwas das sich im Fluss befindet.
Edit:
Kokuswolf schrieb:
[...]Es geht um alte Werte und neue Werte, um vergangene Gesellschaftsformen und neue Perspektiven. Wir Menschen teilen uns - natürlich auch hier fließend - unter diejeniegen auf, die an Werten halten, die sie bereits kennen, bis jene, die neues wagen wollen. Beide haben ihre Argumente und fairerweise auch Berechtigung. Doch eines mißfällt mir sehr: Wir erleben diese Kontroverse sehr feindlich, und mit wenig Einsicht. In unserer Gesellschaft erleben wir Meinungsdifferenzen über unsere Zukunft immer als Kampf gegen uns selbst.
Es ist das, was ich glaube, was Onkelhitman zu diesem Thread trieb. Die Differenzen sind zumeist immens, und bei vielen schon lang nicht mehr konstruktiv. Um zu erkennen, warum dies so unterschiedlich ist, liegt untrennbar darin, warum uns das bewegt... warum das jeden von uns berührt. Meiner persönlichen Ansicht nach ist es der gleiche Grund, warum schon Geschwister sich unterscheiden. Warum Kinder nicht pauschal ihren Eltern nacheifern. Warum die gesellschaftliche Erkenntnis der Diversität eintrat, und warum wir immernoch eugenische Betrachtungen ausgesetzt sind.
Am letzten Satz erkennt man nicht nur, welcher Seite ich mich mehr zugehörig fühle, sondern primär, das eben die Kontroverse zum menschlichen Wesen gehört. Ich weiß nicht, ob wir diese wirklich ablegen können. Ob es nicht sogar biologisch sinnvoll ist. Im Sinne der menschlichen Erfindung "Gerechtigkeit" wird sie seid vielen hundert Jahren praktiziert, und das wird sie noch weitertun. Und sei es in den Fragen, wer daran "Schuld" hat, das irgendeine konstruierte Abgrenzung von Menschen sich weniger vermehrt als eine andere. Oder wer sich dadurch abschafft. Und inwieweit es Meinungsfreiheit ist, wenn mit ablehnder Kritik wiederum ablehnende Kritik unterwandert wird.
Das Thema "moderne Medien", vor allem Social Media, spielt da eine große Rolle. Ich breche es nochmal runter um es zu verdeutlichen:
Existenz Facebook -> Menschen bekommen ein falsches, schön gefärbtes Bild von der Realität -> alle meinen sie müssten viele materielle Güter haben können -> werden (kapitalistisch) Erfolgsorientiert -> man hat sich einen zu hohen Lebensstandard angewöhnt ->
Familie steht hinten an -> Bogen zurück zum Thema "Deutsche sterben aus"
Dein Focus auf die sozialen Medien verstehe ich. Jedoch finde ich das dies doch ein bisschen sehr verallgemeinert. Wir hier befinden uns auch in einem sozialen Medium und scheinen genau diese "Realität" zu hinterfragen. Realität ist dabei ein schöner Begriff. In meinen ersten Post hier wies ich auf die Selektive Wahrnehmung, von der ich glaube, das wir selbst hier stark beeinflusst werden. Es bedeutet nicht, das es nicht so ist, das viele "meinen sie müssten viele materielle Güter haben", jedoch unsere Wahrnehmung darüber verzerrt, wieviele längst schweigend dagegen sind. Wir neigen alle mehr dazu, den "lauten", "pompösen" zu glauben, das uns einzelne im Alltag, und die angeblich unantastbaren (SCNR) Medien uns vorgaukeln, wenn sie ihre Überschriften wieder mal mit dem kollektiven "wir" versehen.
TnTDynamite schrieb:
Aber wenn wir wirklich den Fragen "Meinungsfreiheit ohne denken?/Wird die Gesellschaft wortkarg" auf den Grund gehen wollen, werden wir wohl oder übel große, übergreifende gesellschaftliche Entwicklungen betrachten müssen.
Welche große, übergreifende gesellschaftliche Entwicklungen genau? Etwa die, die wir von den Medien vorgesetzt bekommen? Sind das Themen, in denen wir noch lernen können?
Existenz Facebook -> Menschen bekommen ein falsches, schön gefärbtes Bild von der Realität -> alle meinen sie müssten viele materielle Güter haben können -> werden (kapitalistisch) Erfolgsorientiert -> man hat sich einen zu hohen Lebensstandard angewöhnt ->
Familie steht hinten an -> Bogen zurück zum Thema "Deutsche sterben aus"
Was die Menschen dann im Alltag, in ihrer Gedankenwelt beschäftigt wird zunehmend oberflächlich. Greift alles für mich ineinander.
Gutes Stichwort. Hier erinnere ich mich an ein Ereignis von 2014 - den ESC wo "das Wurst" gewann. Sido wurde dafür gebasht,dass er dem Wurst (glaube) 0 Punkte gab. Auf FB ging danach die Hölle ab. Sido vertrat seine Meinung das vorgetragene Lied von besagtem Rumgehopse sei schlicht scheisse gewesen (kann zur Qualität nichts sagen - ich kenne es nicht). Sido wurde beleidigt, verleumdet, verunglimpft, bedroht und seine Familie gleich mit. Es wurde behauptet er habe 0 Punkte gegeben weil der Interpret des Liedes ein bärtiger Transenhomo sei. Andere Gründe liess man gar nicht gelten ! Keine Chance für Sido !
Wenn ich nun meinen Charakter sehe (hab ein Ego so groß wie ein Haus, und das auch nicht ohne Grund möchte ich bemerken), und dann den von Sido (den ich ähnlich einschätze) und uns beide dann mit einem 0815/Weichei-Man oder gar einem naiven Mädchen vergleiche, dann kann ich sehr gut nachvollziehen warum viele erst gar nicht anfangen zu denken bzw. ihre Meinung für sich behalten. Freiwillig in solch einer Situation wie gerade beschrieben oder wie vorher bei Sarrazin/Herman im TV möchte doch mit diesen 3en keiner tauschen,oder ?
MMn dreht sich die Spirale der freien Meinungsäußerung immer weiter in Richtung Eindimensionalität - einer sagt irgendwas, egal wie blöde - und alle plappern es nach oder sagen gar nix. Hauptsache keinen Stress...
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War übrigens schon oft in FL. Das Tor kenne ich übrigens auch,ebenso die ganzen exotischen Restaurants wenn man die Einkaufsmeile runtergeht. Einfach vom Hafen (unten wo die Segelboote liegen) Richtung Stadt gehen und voila - schon ist man da.
Beim letzten mal (2012) durfte ich übrigens 2 mal um den gesamten Komplex (Uferkante auf der einen,Einkaufsmeile auf der anderen Seite) fahren, weil ich keinen einzigen Parkplatz gefunden habe. Vor der deutschen Bank wurde ich dann fündig - nach gut einer halben Stunde .
Die "deutsche" Kultur - was ist das? Wo/wann hat das begonnen?
Meiner Meinung nach siond das im Bezug auf Kultur grundlegend falsche Fragen. Nicht weil sie so schwer zu beantworten sind, sondern weil sie voin einem Ausgangspunkt für Kultur ausgehen. Einen solchen wird man aber nicht hinlänglich genau feststellen können. Oft enden die Versuche, die "Wurzeln" der eigenen Kultur und Identität auszumachen ziemlich genau dort, wo zum ersten mal Sitten und Gebräuche schriftlich festgehalten wurden - von daher sind wir wohl alle Griechen ... nein eigentlich müsste es heißen "Hellenen" - oder, im Bezug auf unsere Bürokratie und das Handels- bzw. Wirtschaftssystem mit einheitlichen Maßeinheiten und genauer Buchführung eigentlich eher Sumerer, Babylonier oder vielleicht Chinesen oder Inder.
Wenn man diesen Ansatz zu Grunde legt (der durchaus als einseitig betrachtet werden kann, stellt er doch die schriftliche Fixierung in den Mittelpunkt), so drängt sich mMn folgender Schluss auf:
Kultur hat keinen Anfang und kein Ende, denn das, was dieser Begriff zu fassen versucht, ist ein Prozess, der z.B. dort zu einem kulturellen Prozes geworden ist, wo sich Menschen über Ausdrucksformen geeinigt haben. Die Anfänge dieses Prozesses aufzusuchen wird schon der Prozesshaftigkeit nicht gerecht.
Mensch ist ein kulturschaffendes Wesen egal wo er seine Wurzeln sieht und das bedeutet mMn, dass wo immer Menschen zusammengelebt haben, sich eine Kultur entwickelt hat - aber eben nicht aus dem Nichts (das wäre ja ein Ursprung zu dem man zurückgehen könnte) sondern immer aus dem was vorher schon da war. Nichts, was Mensch tut, ist ganz ohne Kultur und damit wäre der ANfang der Kultur in der 1.Tätigkeit des 1. Menschen zu suchen.
Die Frage nach der menschlichen Kultur (und damit auch der deutschen Kultur) überschneidet sich mit der Frgae nach der "Menschwerdung" im allgemeinen - und es hat den ANschein (das legen z.B. Sozialfeld -Analysen mit verschiedenen Tirarten nahe) als wäre auch der 1. Mensch nicht kin eine kulturfree Welt hineingeworfen worden - da gab es schon vorher etwas. Denn was ist Kultur wenn nicht eine gemeinsame Basis für das Zusammenleben (nicht fürr das funktionieren dieses Zusammenlebens, sondern für die spezifische Eigenart des Zusammenlebens einer bestimmten Gemeinschaft) - das haben nahezu alle Tiere, die überhaupt Gemeinschaften bilden.
Noch ein Nachtrag zu Diskriminierung:
Gleichmacherei ist natürlich unsinn, weil Menschen eben nicht alle unter gleichen Vorraussetzungen am Leben teilnehmen. Die Differenzen sind nicht wegzudiskutieren. Aber man sollte sie eben nicht noch künstlich verstärken, wie das z.B. im Bezug auf Sprachverständnis und "sinnentnehmendes Lesen" im Zusammenhang mit Migranten geschehen ist/ noch immer geschieht.
Einen Text zu lesen, ihm wichtige Informationen zu entnehmen, und daraus Schlüsse zu ziehen, ist eine grundlegende "Kultuirtechnik" - aber welche Rolle spielt dabei die Sprache, in der das stattfindet? Wenn wir das Textverständnis als Kompetenz betrachten, und diese einschätzen wollen (bzw. müssen, Noten geben Lehrer ja nicht ganz freiwillig), dabei aber ausschließlich deutsche Texte "gereicht" werden, so steht nicht das Textverständnis im Vordergrund dieses Tests, sondern einzig die Kenntnis der deutschen Sprache - das Textverständnis ist dem klar untergeordnet.
Untersuchungen haben ergeben, dass z.B. ein iondischer Junge ohne Deutschkenntnisse einen solchen Test NICHT besteht, solange der Text auf deutsch ist, aber u.U. beste Noten bekommt, wenn er den Text in einer englischen Übersetzung vorliegen hat - bei einer indischen Übersetzung ist der Erfolg sogar garantiert.
Hier werden also Unterschiede im Textverständnis suggerriert, obwohl sich eigentlich nur unterschiede in der Kenntnis der deutschen Sprache (Muttersprache vs. Fremdsprache) sicher aus einem solchen Test ableiten lassen.
Und hier wird eben ein Unterschied in der Kenntnis einer Sprache (idF Deutsch), die zwischen Mutter- und Zweitsprachlern ganz normal sind, zu einem mangelnden Textverständnis umgepolt - obwohl der Test generell nicht in der Lage ist, diese Kompetenz bei nicht-Muttersprachlern zu erheben.
Natürlich sollte die Landesssprache in der Schule Vorrang haben, aber einen Test zum Verständnis eines deutschen Textes jemandem vorzulegen, der offensichtlich noch nicht die nötigen Kenntnisse dieser Sprache besitzt, das ist als würde man MIchael Schuhmacher ohne Motor an den Start schicken, und ihm danach einen Mangel an fahrerischem Können bescheinigen.
Auch zum Thema "Problemfixierung habe ich einen Einwurf. Natürlich ist die bearbeitung von Problemen nicht unwichtig, stellt aber mMn z.B. im deutschen Schulsystem ein großes Problem dar.
Menschen brauchen Aufmeksamkeit und Anerkennung durch andere Menschen, und entwickeln anhand ihres Alltagserlebens Strategien, um diese Aufmerksamkeit und Anerkennung zu bekommen. Was bedeutet dies nun in einem Klima, in dem eine gute Leistung in einem knappen Lob resultiert - wenn überhaupt - eine schlechte Leistung hingegen thematisiert, problematisiert und bearbeitet wird, nach Möglichkeit noch in der ganzen Gruppe. Leider macht es dieses System fast notwendig, SCHLECHTE Leistungen zu zeigen, denn diese führen ganz offensichtlich zu mehr Aufmerksamkeit und erleichtern das Erlangen von Anerkennung ("ist zwar noch nicht Supertoll, aber du hast dir sehr viel Mühe gegeben" ).
Gute Schulnoten sind KEIN Garant für späteren Erfolg im Leben, schlechte Noten hingegen sind wenisgtens ein Weg, aufmerksamkeit zu erlangen - und das sogar unter Garantie.
Die Botschaft, die dieses Sytem vermittelt, lautet ganz klar: Gute Leistungen zählen alle paar Monate mal beider Zeugniseröffnung vor den Eltern, im Schulalltag sind sie eigentlich herzlich egal. Schlechte Leistungen hingegen führen zu Aufmerksamkeit und leichter erreichbarer Anerkennung (ganzschuljährlich) und machen nur ab und zu mal Probleme.
Im Bezug auf den (akuten) Lebensalltag stellt der Status als "Problemkind" einen viel besseren Sozialstatus zur Verfügung, als der Status eines Strebers mit 1er-Abo.
Dabei ist aus der Motivaionsforschung seit Jahrzehnten bekannt, dass intrinsische Motivation NICHT daraus entsteht, wenn man immer nur die Fehler unter die Nase gerieben bekommt. Es ist mir ein Rätsel, wie die Bildungspolitik sich seit Jahrzehnten gegen diese Erkenntnisse verschließen kann - eine Rückkehr zum Rohrstock ist eigentlich weit wahrscheinlicher, als eine Abkehr von der zwanghaften Problemperspektive.
Gesamtgesellschaftlich ist es zwar nicht das gleiche, aber auch hier kann ein winziges Problem eine eigentlich überwiegend positive Entwicklung ins negative verkehren. Durch die Fixierung auf problematische Migrationskarrieren wird der Großteil der Migranten (auch in eurem 0,3 zu 0,7 mio-Beispiel ist der Großteil erfolgreich) verschleiert, denn er wird in der Öffentlichkeit nicht gesehen. Damit sind es eben für z.B. einen wissenschaftlichen Autor wie Sarrazin (ich muss mir Mühe geben, ihn so zu bezeichnen - Begründung weiter oben im Fred) "nur" 30%, denen man irgendwie helfen muss - leider kann eben ein kurzer Hinweis im nicht dafür sorgen, dass ein nicht wissenschaftlich gebildeter Leser die 70% nicht nur als "Rest" empfindet - objektiv betrachtet bleibt es beim 30/70, aber die Tatsache, dass es dort noch 70% unproblematische Fälle gibt, haben viele Leser eben 3 Seiten später schon wieder aus den Augen verloren oder gar verdrängt.
Sarrazin kennt diese Zusammenhänge ganz genau (als Berufsmanipulator musste er damit lange Zeit arbeiten), und ich glaube, dass er ganz bewusst daraf verzichtet hat, den Umstand der zugegebenen Einseitigkeit im Leser zu konditionieren, und dadurch eben leider dazu beigetragen hat, dass auch eigentlich positive Migrationsverläufe von Nachbarn, Mitschülern und Freunden als problematisch wahrgenommen werden konnten, plötzlich musste Ali nicht mehr wirklich "falsch" formulieren, "Isch" statt "Ich" hat da vollkommen gereicht.
Es st nicht seine Schuld und in einem wissenschaftlichen Kontext muss die einmalige Erwähnung eigentlich reichen - leider ist das Buch im wissenschaftlichen Kontext denkbar irrelevant oder gar störend erlebt worden, und in den Medien muss man die Leute leider in jedem zweiten Satz darauf hinweisen, dass eine Verallgemeinerung unzulässig ist. Meines Wissens nach hat er das versäumt (immer wieder), und daher kam es vor allem bei Leuten, die das Buch nicht lesen oder verstehen wollten oder konnten, zu einem Übergeneralisierungsfehler, der leider in die politische Debatte übenommen wurde - schließlich will man ja möglichst viele Stimmen und hofiert daher die "öffentliche Meinung".
Mit diesem Umstand hat Sarrazin mMn gerechnet, und das macht ihn wiederum in meiner Meimnung zu einem Rechtspopulisten.
Bei allem Gutmenschentum bleibt für mich die Empfehlung, sich im Umgang mit Minderheiten (im Grunde besteht die Gesellschaft nur aus Randgruppen) stehts Folgendes ins Gedächnis zu rufen:
"Auch eine 90 jährige, lesbische, schwarze Rollstuhlfahrerin KANN ein Arschloch sein und nur vom Hören-Sagen kann man sich keine Meinung über Menschen bilden".
Sarrazin hat nicht verallgemeinert, sondern eingegrenzt, aber er hat eben (bewusst) darauf verzichtet, vor Verallgemeinerungen auf alle Migranten zu warnen - dennoch hat er weiterhin seine Problemfixierung zelebriert, mit Erfolg - der Rest bekam das ja auch nicht besser hin sondern ist wie gewohnt auf den "oh-wie-schrecklich"-Zug aufgesprungen.
"Auch eine 90 jährige, lesbische, schwarze Rollstuhlfahrerin KANN ein Arschloch sein und nur vom Hören-Sagen kann man sich keine Meinung über Menschen bilden".
Vollkommen richtig. Ich weigere mich mit allen mir möglichen Mitteln irgendjemand einen Freifahrtschein auszustellen, nur weil er einer Randgruppe angehört - das ESC-Wurst-Beispiel sei erneut als Paradebeispiel angeführt.
Noch mal zur Kultur. Da muß ich ein wenig intervenieren,Olf. Ich bin fernab davon meine Kultur mit denen der islamisch geprägten Araber/Türken/Persern oder gar einer fernöstlichen zu vergleichen. Ja sogar die Altgriechen selbst hatten erhebliche kulturelle Unterschiede, hierbei sei Sparta erwähnt, oder Knossos. Zu sagen wir haben alle nur einen kult. Ursprung, okay, das mag sein. Nur ist dieser dann schon so lange her das wir das unmöglich jemals werden verifizieren können. Irgendwo muß man halt eine Grenze ziehen, auch bei fließenden Übergängen. Beim Wechsel Antike, frühes,spätes MA oder Neuzeit/Moderne ist das auch nicht so einfach. Dennoch sind die Unterschiede zwischen der Antike und dem Spätmittelater durchaus erkennbar.
Wobei die Sumerer wirklich interessant waren... Ich habe das Hl. röm. Reich als ungefähren Beginn der deutschen Kultur genannt, weil ich alles was davor war als eher fränkisch oder spätgermanisch ansehe. Zumindest lässt mich alles was ich dazu bisher gelesen und gehört habe diese Schlüsse ziehen.
[..]
Sarrazin hat nicht verallgemeinert, sondern eingegrenzt, aber er hat eben (bewusst) darauf verzichtet, vor Verallgemeinerungen auf alle Migranten zu warnen - dennoch hat er weiterhin seine Problemfixierung zelebriert, mit Erfolg - der Rest bekam das ja auch nicht besser hin sondern ist wie gewohnt auf den "oh-wie-schrecklich"-Zug aufgesprungen.
Ich finde Deine Ausführungen sehr interessant. Doch am Ende bin ich ein wenig skeptisch. Ich habe das Buch nicht gelesen, weshalb ich sofort als unwissend gesteinigt werden kann, doch heißt das Buch nicht im Titel "Deutschland schafft sich ab - Wie wir unser Land aufs Spiel setzen"? Also beim besten Willen, dieser Titel verallgemeinert doch bereits?! Denn das "wir" erzeugt mit "unser" einen Kontext zu allen "Urdeutschfühlenden". Alles was danach eingrenzt, ist stattdessen eine Ausgrenzung in "Nicht-Wir" und dazu in ein "Nicht-Euer", und ändert so jeglichen Kontext diesbezüglich.
Es ist das gleiche wie mit Deinem Satz:
Bei allem Gutmenschentum bleibt für mich die Empfehlung, sich im Umgang mit Minderheiten (im Grunde besteht die Gesellschaft nur aus Randgruppen) stehts Folgendes ins Gedächnis zu rufen:
"Auch eine 90 jährige, lesbische, schwarze Rollstuhlfahrerin KANN ein Arschloch sein und nur vom Hören-Sagen kann man sich keine Meinung über Menschen bilden".
"Bei allem Gutmenschentum"? Bedeutet dies, das ein "Gutmensch" nicht in der Lage ist ein Arschloch zu erkennen? Ist das nicht gerade wieder verallgemeinert? Hier meine Version, die sich jeder individuell ins Gedächtnis rufen kann: "Sogar ein pragmatischer Realist kann FÜR MICH ein Arschloch sein...".
Ergänzung ()
Damocles' Sword schrieb:
MMn dreht sich die Spirale der freien Meinungsäußerung immer weiter in Richtung Eindimensionalität - einer sagt irgendwas, egal wie blöde - und alle plappern es nach oder sagen gar nix. Hauptsache keinen Stress...
Ironisch oder? Hauptsache keinen Stress... ... das erinnert mich an eine Folge von Scrubs, wo die beiden ihre Probleme auf ihr älteres Ich schieben. Denn irgendwie müsste es ja "Hauptsache jetzt keinen Stress" heißen.
Inzwischen glaube ich, das es nichtmal ein direkt nachplappern ist, sondern vielmehr eine Form des "Kurzschlussgedankens". Bei vielen Theme gibt es ein paar "Antworten", die auch schnell zu einem Klischee werden. Bspw. das "gute" alte "Ausländer nehmen meinen Arbeitsplatz weg.". Dieser Gedanke impliziert die Schlussfolgerung, das ohne Ausländer der Arbeitsplatz für die jeweilige Position sicher wäre. Ein Folgegedanke wäre vielleicht, das wir wohl alle Arbeit hätten, wenn wir eine 50 Meter hohe Mauer um Deutschland ziehen. Besser noch, jedes Land zieht eine Mauer um ihres - dann hat jeder Arbeit. Das wohl offensichtliche hier wird dabei sehr stark geleugnet - die Macht irgendwen einzustellen liegt beim Arbeitgeber. Und seine Interessen sind Dumping der Standards durch ein Konkurrenzgefühl unter den Arbeitswilligen. Ironisch ist hier, das sich jeder dabei höhere Chancen ausrechnet gegen die "Ausländer" zu hetzen, als gegen den Arbeitgeber und die Regierung, die das dieses Konkurrenzgebahren entsprechend billigt. Und mit billigen meine ich nicht eine Ablehnung zur irgendwelchen Sanktionen oder Einwanderungsreduzierung.
Alle Gedanken dazu werden ab hier komplizierter... und zwar viel komplizierter. Und das ist der Grund, warum viele den unmittelbaren, einfachen Weg gehen und dem Kurzschlussgedanken folgen. Ob der es den tatsächlich bringt wird schon gar nicht mehr durchdacht. Ich kann es irgendwie nachfühlen - es kommt aus einer Art Ohnmachtsgefühl. Es ist aber zugleich die Rechnung, die damit für den eigentlichen Verursacher aufgeht.
Von daher, ich glaube nicht recht ans "alle plappern es nach oder sagen gar nix". Es ist der Stress, der damit einhergeht, wenn viele für ihre Ideale einstehen wollen. Und haben wir ironischerweise nicht schon genug Stress im Leben?
@Damocles' Sword
Deine Intervention ist unnötig. Ich wollte nicht darauf hinaus, dass wir alle einen (einheitlichen) kult. Ursprung haben. Mir ging es im Gegenteil genau darum, dass man seinen eigenen kulturellen Ursprung nicht nicht zu einem Anfangs- oder Ausgangspunkt zurückverfolgen kann. Da wo das gelingt, handelt es sich mMn eigentlich immer um Willkür.
Bei deinem Beispiel:
Karl der Große war ein Franke, das macht das "hl. römische Reich deutscher Nation" in meinen Augen zu einem fränkischen Reich. Den Ursprung einer genuin deutschen Kultur kann ich darin nur im sehen, wenn ich wie die Chronisten älterer Epochen jede große Persönlichkeit des Staatsgeschehens auf die berühmten Karolinger beziehe (vielöe "große Deutsche" sahen sich in direkter Nachfolge Karls des Großen). Was hat sich zwischen den fränkischen Reichen und dem heiligen römischen Reich deutscher Nation groß verändert, ausser dass es einen Wechsel in der Machtelite gab - Merowinger vs. Karolinger - aus der letztere als Gewinner hervorgingen. Ansonsten haben sich die frühen Herrscher dieses Staates nicht anders benommen, als jeder Russische, Polnische oder Spanische Herrscher das in ihrer Situation auch getan hätte.
Den Ursprung der deutschen Kultur, oder ihr erstes zartes Aufkeimen kann ich darin nicht mehr erkennen, als in der Reichsgründung 1871.
@Kokuswolf
Mit Gutmenschentum meinte ich meine eigene Neigung, mich nach Möglichkeit in jeden Gegenüber hinein zu versetzen, seinen Standpunkt nachzuvollziehen und ihn deshalb nicht direkt angreifen zu können - das bezieht sich an dieser Stelle nur auf mich.
Der Satz mit der Rollstuhlfahrerin kommt in dieser Form zustande, weil ich versucht habe, sämtliche Gruppierungen oder "Differenzmerkmale" in einer Person zu vereinigen, die zumindest offiziell einen gewissen Schutz genießen. Alter, Hautfarbe, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Körperbehinderung - dabei geht es mir nur darum, dass man aus dem Vorhandensein dieser Merkmale nichts, aber auch garnichts über den Charakter einer Person ablesen kann - man kann Vermutungen anstellen, aber ein solcher Mensch kann eben trotzdem ein dummes Arschloch sein.
Das gilt natürlich für "pragmatische Realisten" ganz genauso.
Auch das "für mich" eklärt sich mMn von selbst, denn eine charakterliche Einschätzung eines Menschen ist nur subjektiv möglich.
Das hast du schön gesagt. Ich mag einfach den Begriff "Gutmensch" nicht. Es ist wie mit dem "Klugscheißer" ... ganz ehrlich, wer will denn ein Doofscheißer sein? Das gleiche auch mit "Verschwörungstheoretiker". Ich kann mir da immer an den Kopf fassen. Aber so ist das, wann man es "wortwörtlich" nimmt.
PS: In deiner Erklärung zum "Gutmenschentum" würde stattdessen besser der Begriff Empathiefähigkeit einsetzen. /Klugschiss ende
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
(Starker Ausbruch an Albernheit // Mod: überflüssiges Zitat entfernt!)
Dein Focus auf die sozialen Medien verstehe ich. Jedoch finde ich das dies doch ein bisschen sehr verallgemeinert. [..]
Welche große, übergreifende gesellschaftliche Entwicklungen genau? Etwa die, die wir von den Medien vorgesetzt bekommen? Sind das Themen, in denen wir noch lernen können?
Ich habe das ja nur so verallgemeinert/extra betont "breche herunter", weil du gefragt hast was meine Einlassung mit dem Thema zu tun hat. Dass das zu eindimensional ist, weiß ich.
Die Themen die wir vorgesetzt bekommen? Bei denen sollte man es nicht belassen. Aber manchmal sind die ja doch relevant. Die Debatte um Kitas vs. "Herdprämie" ist ja doch irgendwo am Nerv der Zeit. Aber wegen dem Erwähnten Clash der "Gestirne gegen die Kometen" (nach Markus Heitz). Denen die gerne alles lassen wie es immer war und denen die Veränderung wollen.
@Damocles Swort: ja, da sind wir wieder beim schrecklichen Phänomen namens "Shitstorm". Das schaukelt sich immer hoch, einzelne sehen sich nicht in der Verantwortung. Da ist das Problem der Anonymität des Internets, aber auch dass das um so häufiger es vorkommt, immer normaler wird für die Leute.
Dei Beitrage von Olf muss ich jetzt erstmal in Ruhe studieren