Meinungsfreiheit ohne denken? Sind Tabus nötig? Wird die Gesellschaft wortkarg/arm?

  • Ersteller Ersteller Onkelhitman
  • Erstellt am Erstellt am
gh0 schrieb:
Sowas gibt es in keinem anderen Land, außer bei uns. Und das ist TRAURIG.

Dass in den anderen Ländern noch in Landessprache bestellt werden muss?
Dass "Die Anderen" noch nicht so weit sind?

Oder, dass Deutschland das scheinbar einzige Land mit Integrationsproblemen ist?

Glaube mir, in dem Moment, wo Migranten da sind, gibt es auch Integrationsprobleme, egal wo auf der Welt dieses Phänomen zu beobachten ist. Das liegt nur daran, dass Migraten "anders" sind und Mensch offensichtlich eine Neigung zur Xenophobie hat.
Schonmal darüber nachgedacht, dass in den anderen Ländern, die dieses Problem scheinbar nicht haben, einfach nur Integration kein Thema ist - entweder du integrierst dich, oder du stirbst eben - und auch das ist in vielen dieser Länder dann ziemlich wurst.
Vielleicht besteht der Unterschied nur darin, dass es in DE seit Jahrzehnten eine Integrationsdebatte gibt, und es dementsprechend eine Sensibilität in der Öffentlichkeit (aka BILD, Zeit, FAZ uvm.), und entsprechende Daten gibt, aus denen ein Sarrazin dann seine tierischen Thesen ableiten kann, mit denen unsere Medien natürlich ein riesiges Buhei veranstalten, weil es ein so schön emotional aufgeladenes Thema ist - da braucht man nichtmal mehr brennende vietnamesische Kinder, Kriege, Geiseldramen oder eine WM.
Ein Thilo Sarrazin und ein paar beleidigte Gutmenschen reichen da vollkommen - da kann die Talkshow glatt mit den Tagesthemen mithalten, zumindest was den Unterhaltungswert angeht.
 
@Corto
Bitte nicht hier im Thread. (Leben des Brian zitier:) Selbst wenn, und ich möchte, dass das absolut klar ist, selbst wenn er das geschrieben hätte, darf man ihn nicht entmenschlichen. Wenn du darüber diskutieren möchtest, bitte eine PM mit den Zitaten aus den Büchern.

@gh0
Thema bitte. Hier geht es ansich nicht, die Tabuthemen zu nennen und auszudiskutieren, sondern um Sprachkultur.

@DerOlf
Same.

Aber schön angeschnitten: Es reichen ein paar Menschen aus, um eine unsagbare Lawine loszutreten. Was ist aber mit dem Thema geschehen? Hat sich denn etwas geändert? Wurde über das Thema diskutiert? Ist man zu einer Lösung gekommen? War alles Quatsch? Ansich habe ich persönlich nie wieder etwas von dem Thema gehört, nur das Buhei wegen den Büchern. Seitdem es aus den Medien verschwunden ist, liest und hört und sieht man davon nichts. Nicht in der Politik und sonstwo.

In Österreich geht dieses Thema weiter und man arbeitet tatsächlich daran. Auch ist die Mentalität eine etwas andere. Aber selbst das passt eher nicht in den Thread, vielleicht Unterschiede D-Land, Österreich, aber mehr auch nicht.
 
Tach!
@Hitman: Wo wurde Sarrazin denn "entmenschlicht"?
Ebenso dieser Begriff, wie der hier in den Beiträgen unterschiedlich sinnvoll verwendete Begriff des "Gutmenschen(tums)", sind das eigentliche Thema des Threads, oder?
Nicht Sarrazin und seine Thesen, nicht Integration und auch nicht Israel. Wenn ich dich richtig verstehe, geht es dir eher um Diskussionskultur?
Finde (wie schon mehrfach von anderen konstruktiv kritisiert) den Thread-Titel und den Eingangspost nicht optimal um die Leser beim Thema zu halten.
Auch wenn der Umfang und die Mühe die du da investiert hast, wohl beispielhaft sind.
Mich juckt es nun ebenso auf die einzelnen Beispiel-Themen einzugehen, weil ich glaube mir eine mehr oder weniger fundierte Meinung dazu gebildet zu haben. Echt schwer da am Kern der Debatte zu bleiben (wie man an der Anzahl Beiträge ohne tatsächlichen Beitrag zum Thema sieht). Die Beispiele die verwendet werden, sind einfach zu emotional geladen und geben zu viel her. Aber ohne Beispiele ist das Thema auch extrem schwer zu fassen, bzw. kaum möglich ohne gleich wieder zu abstrakt zu werden.

Daher versuche ich mich mal an den Begriffen "entmenschlicht" und "Gutmensch" entlang zu hangeln.
Das sind ja auch schon wieder Stilmittel, die (wohl unbewusst) dazu dienen, die Meinung des anderen mit negativ vorbelegten Begriffen zu diskreditieren. Niemand assoziert mit "Gutmensch" jemanden der eine sachlich fundierte Meinung zu etwas hat und eventuell in Einzelfragen recht haben könnte. Doch genauso wenig wie Herr Sarrazin in einem ganzen Buch 100% richtig oder 100% falsch liegen wird, wird derjenige der als "Gutmensch" betrachtet wird, mit seinem "Gutmenschentum" immer falsch liegen.

Daher halte ich die Verwendung solcher Begriffe in einer Debatte in sich schon sehr gefährlich für ein ergiebiges Gespräch. Diese Begriffe sind für mich Anzeichen, dass für den der sie benutzt die Debatte keineswegs ergebnisoffen geführt wird. Muss nicht sein, aber deutet eher darauf hin.

Ich selbst wurde schon in Debatten als "Gutmensch" bezeichnet, vielleicht passe ich manchmal auch in diese Schublade. In anderen Bereichen wurde ich auch wieder in die entgegengesetzte Ecke gedrängt (ich gehöre z.B. nicht zu denen, die Israel als unkritisierbar betrachten).
Jedoch lief jede Debatte in der ich als "Gutmensch" tituliert wurde in die gleiche Richtung - in eine Sackgasse.

Entweder man bleibt bei den Fakten, bemüht sich selbst nur richtige, fundierte derer zu liefern und baut darauf eine schlüssige Argumentation auf, oder man kämpft Emotional mit Metaphern und vorbelegten Totschlag-Worten/Argumenten auf.

Da aber heute im Internet die Haupt-Diskussionsplattform unserer Gesellschaft angesiedelt ist und hier jegliche gesellschaftspolitische Debatte in einem "Shit-Storm" (Achtung, auch gefährlicher, negativ geladener Begriff ;) ) undifferenzierter, emotional geladener Meinungen untergeht, sehe ich unsere Diskussionskultur wirklich akut gefährdet.

Auch sehe ich das Problem, dass in Talkshows gewisse Meinungen tatsächlich überrepräsentiert sind und oft die Tendenz in die eine TV-Debatte gehen soll vorher redaktionell festgelegt ist. Habe hier eine Sendung zum Thema "Killerspiele" im Hinterkopf, die hier meines Wissens auch schon diskutiert wurde.

An der Überschrift ganz schlecht, meines Erachtens "Meinungsfreiheit ohne denken" - impliziert schon viel zu viel vorab.
"Sind Tabus nötig?" - Hier ist es nur der Eingangspost, nicht die Frage an sich, der etwas zu viel vorgibt für eine offene Debatte. Finde den Einwand gut, dass Tabus sich dynamisch entwickeln, nicht von jemand "festgelegt" werden. Auch wenn Politik und Medien naturgemäß mehr Einfluss haben als der Einzelne.

Sehr interessant finde ich die 3. Frage, "Wird die Gesellschaft wortkarg?".
Einerseits werden Meinungen heutzutage viel mehr durch Medien und Internet transportiert und 1:1 übernommen, als vor 100 Jahren. Damals bildeten sich viele Ihre Meinung erst bei der Debatte in der Kneipe. Auch weil man anderswo teilweise gar keine neuen Fakten aufnahm. Auf der anderen Seite war es damals auch schon ein Problem, wenn die wenigen Medien und Sprachrohre der Gesellschaft von bestimmten Interessengruppen gelenkt wurden. War ja so viel einfacher.
"Die Feder ist mächtiger als das Schwert" ist eine sehr alte Phrase. Sollte einem vor Augen führen, dass das diskutierte kein neues Phänomen ist. Weniger reflektierende Menschen haben schon immer die Meinung von anderen übernommen, die diese geschickt, gut formuliert und evtl. auch mit Charisma vermitteln konnten.

WENN die Gesellschaft also wortkarger wird, dann nur weil wir mit Meinungen anderer heutzutage durch die gewachsene Präsenz der Medien viel massiver konfrontiert werden. Leute die sich früher keine Meinung zu einem schwierigen Thema bilden wollten oder konnten, werden heute auf Facebook mit damit konfrontiert und äußern sich viel eher undifferenziert, ohne Eigenleistung zu einem Thema, als das früher der Fall gewesen wäre.
 
@TnTDynamite
@Hitman: Wo wurde Sarrazin denn "entmenschlicht"?
Wenn ich einen Menschen mundtot mache, wenn ich seine Aussagen verkehre, umkehre, beschneide, die Person angreife, seine Aussagen als Unsinn und rassistisch einstufe, wenn ich diese Person über Wochen und Monate in den Medien denunziere, dann entmenschliche ich sie. Ich beraube sie ihrer Menschenrechte. Es wurde ja keine Kritik an den Aussagen getroffen, es wurde Kritik an der Person Sarrazin durchgeführt. Das Thema wurde gar nicht erst beachtet.

Nicht Sarrazin und seine Thesen
Sarrazin und seine Fakten. Ich muss es noch einmal ganz dick markieren. Es geht nicht um seine persönlichen Aussagen und daher seine Meinung. Es geht darum, dass er Statistiken und Fakten genannt hat, und wegen dieser Nennung persönlich angegriffen wurde. Und Fakten kann nun jeder auslegen, wie er möchte. Wenn aber niemand Fakten geliefert bekommt, kann sich auch niemand eine Meinung bilden. Sodass eben die Unterdrückung der Fakten wiederum verhindert, dass sich Meinungen bilden. Was sehr wohl zum Thema passt.

Daher halte ich die Verwendung solcher Begriffe in einer Debatte in sich schon sehr gefährlich für ein ergiebiges Gespräch. Diese Begriffe sind für mich Anzeichen, dass für den der sie benutzt die Debatte keineswegs ergebnisoffen geführt wird.
In meinem Fall führe ich ja immer wieder aus, dass es hier nicht um die Themen im Buch geht, sondern um die nachher geführten Diskussionen und Anschuldigungen gegen Herrn Sarrazin, die im übrigen bisher alle nicht gerichtlich durchgekommen sind. Das ist keine Wertung von mir, das ist wiederum auch ein Fakt. Wer das genau wissen möchte, der wird sich damit befassen, und es mag sein, dass ich in einigen Punkten falsch liege. Es ist aber eben nicht so, wie die Medien es hergeben. Und dann stellt sich bewusst die Frage: Wenn die Medien es nicht faktisch wiedergeben, wie geben sie es dann wieder? Wie sie Lust und Laune haben? Wer diktiert sie? Wer sind sie?

Einerseits werden Meinungen heutzutage viel mehr durch Medien und Internet transportiert und 1:1 übernommen, als vor 100 Jahren. Damals bildeten sich viele Ihre Meinung erst bei der Debatte in der Kneipe.
Genau. Es werden Meinungen übernommen, aber nicht Fakten. Es ist daher so, dass sich der 0815 Bürger heutzutage kaum mehr mit Fakten eindecken kann. Wo soll er sie herbekommen? Die Medien liefern Meinungen. Das Internet ist so etwas wie damals die Kneipe, in der erst einmal Brainstorming der Meinungen stattfanden (nach dem Motto: Wer kennt die meisten "das denkt die Gesellschaft ich spreche es nur aus" Anekdoten), wenn es differenzierter ging fielen die ersten schon weg.

Leute die sich früher keine Meinung zu einem schwierigen Thema bilden wollten oder konnten, werden heute auf Facebook mit damit konfrontiert und äußern sich viel eher undifferenziert, ohne Eigenleistung zu einem Thema, als das früher der Fall gewesen wäre.
Es wird aber niemand gezwungen, sinnentleert etwas von sich zu geben. Es gab und gibt immer Themen die einen nicht interessieren. Es gibt Themen, über die man gerne diskutiert, aber sich nicht mit befasst. Fragen wir alle Deutschen ob sie für eine Steuersenkung sind. Es wird nur ein Bruchteil der Menschen fragen: Mit welchen Konsequenzen, welchen Einschnitten? Der Rest wird nicken und sich freuen. Aber nur ein Bruchteil wird sich dadurch ändern und wirklich nachdenken. Sondern weiter nur die Meinung der anderen mitnehmen. Das ist und war gefährlich, und in Zeiten, in denen das Internet und das Fernsehen eine dermaßen große Macht haben wird es noch gefährlicher, weil man überhaupt nicht mehr sieht, wer dahinter steckt. Früher gab es nur die Zeitung, dann Radio, Fernsehen, heute Internet. Was sich nicht geändert hat, sind die Menschen in ihrer Beeinflussbarkeit. Aber gar nicht mehr darüber zu sprechen ist schon ein aufgeben.
 
Also erstmal zu dem einen Punkt, weil du mich da wohl ganz falsch verstanden hast.

Onkelhitman schrieb:
@TnTDynamite

Wenn ich einen Menschen mundtot mache, wenn ich seine Aussagen verkehre, umkehre, beschneide, die Person angreife, [...]

Meine Frage "wo wurde Sarrazin entmenschlicht?", bezog sich auf
________________________________
Corto schrieb:
@Damokles:

um es mal in einem Satz zu sagen:
Sarrazin hat ein paar ziemlich offensichtliche Schieflagen bei der Intagration in Ballungsräumen damit erklärt, das die Migranten GENETISCH nicht anders könnten.

überspitzt hat er sie zu Tieren erklärt, die ihrer Natur nach halt asozial sind und nicht anders können oder wollen.

Onkelhitman schrieb:
@Corto
Bitte nicht hier im Thread. (Leben des Brian zitier:) Selbst wenn, und ich möchte, dass das absolut klar ist, selbst wenn er das geschrieben hätte, darf man ihn nicht entmenschlichen.
__________________________________________
Du hast Cortos Beitrag auf alle "Sarrazin-Gegner" übertragen und ihn mit allen in einen Sack gesteckt. Seine (für mich sachlich wohl richtige) Kritik mit dem Entmenschlichungs-Vorwurf niedergeknüppelt.


Allgemein muss ich dich fragen: Geht es dir hier wirklich um die im Eingangsbeitrag gestellten Fragen? Ich gebe mir hier Mühe Punkt für Punkt exakt an deinen Fragen zu bleiben und du reitest nur auf der Verteidigung deines "Beispiel-Opfers" herum.
Dein letzter Beitrag legt mir den Verdacht nahe, dass du den Thread entweder nur geöffnet hast um unter anderem Vorwand Sarrazin zu rehabilitieren. Oder dir entgleitet das Thema selbst emotional, trotz Ermahnung anderer durch dich.

In den letzten Absätzen bekommst du ein wenig die Kurve, wobei das eigentlich auch nicht deine Kernfrage trifft. Manipulation/Lenkung der Medien ist im Prinzip auch schon wieder ein Thema für sich. Aber es stimmt, es hat natürlich mit den Ursachen der Probleme die du siehst zu tun. Aber über dieses Phänomen und deren Auswirkung sind wir uns ja weitestgehend einig.

Wenn es dir wirklich um die Kernfragen aus dem Eröffnungspost geht, würde ich dir empfehlen die Aussagen zu Sarrazins Buch auch einfach mal unkommentiert im Raum stehen zu lassen. Dass das ein bis zwei extra Threads und viele Talkshows füllen kann, hast du ja bereits mehrfach selbst angemerkt.

Aber gut, du betonst neben den Sätzen die nach Verteidigung der Person klingen, auch zu bedenken, dass die Medien nicht neutral, anhand Fakten über Sarrazins Aussagen berichten. Zum einen ist völlig neutrale Berichterstattung bei solchen Themen schwer. Von den privaten Medien gab es wertungsfreie Berichterstattung ohnehin selten. Du stellst es ein wenig hin, als läge die ablehnende Berichterstattung nur daran, dass politische Gegner Sarrazins die Medien lenken. Es hat aber auch mit den anerzogenen Tabus und der extrem ablehnenden Haltung vieler Deutscher gegenüber klassisch rechts gelagerten Themen zu tun.
Die Medien können auch nicht die Mehrheitsmeinung der Bevölkerung widerspiegeln. Allein schon deshalb nicht, weil man wohl ein gewisser schlag Mensch sein muss, um zu entscheiden in die Medienwelt zu gehen. Ich denke Journalisten sind eher nicht der Typ stupides Bildzeitungsopfer. Journalisten sind Leute die sich oft für alles möglichen Interessieren und sich damit intensiv befassen. Dass viele Journalisten gegen Sarrazin ausgerichtet sind, kann also schonmal mit der Art Mensch zu tun haben, die da am Werk ist. Ich behaupte mal die meisten Journalisten sind politisch weit Links daheim. In den Lobbys/der Wirtschaft ist wiederum die andere, konservative Seite überrepräsentiert.
Die Politik wird übrigens wegen dem gleichen Phänomen oft als weltfremd/nicht volksnah bezeichnet. Sie stellen nun einmal nicht den Bevölkerungsschnitt dar.

Natürlich gibt es Medien wie den Stern oder die Bild, die als Meinungsmachender von gewissen Interessengruppen missbraucht werden. Aber die ganze Frage darauf zu reduzieren ist wohl viel zu kurz gesprungen.

Onkelhitman schrieb:
Es wird aber niemand gezwungen, sinnentleert etwas von sich zu geben. Es gab und gibt immer Themen die einen nicht interessieren. Es gibt Themen, über die man gerne diskutiert, aber sich nicht mit befasst. Fragen wir alle Deutschen ob sie für eine Steuersenkung sind. Es wird nur ein Bruchteil der Menschen fragen: Mit welchen Konsequenzen, welchen Einschnitten?
Das widerspricht im übrigen dem was ich geschrieben habe, oder was willst du damit sagen? Meine Einlassung zu Facebook ist nur ein Erklärungsversuch für die vielen, niveaulosen und unqualifizierten Aussagen im Internet, zu allen Themen die die Welt so bewegen. Also zum Phänomen "Shitstorm". Wenn die Gesellschaft also wortkarg wird, dann höchstens wenn man es auf differenzierte Meinungen bezieht. Und da habe ich eben auch meine Zweifel, dass früher der Bevölkerungsdurchschnitt "besser" war als heute. Die tollen, geistreichen und gesellschaftskritischen Debatten der letzten Jahrhunderte, wurden ja von kleinen Eliten in den Städten geführt. Marx und Engels, Jean-Jacques Rousseau - das waren ja keine Bauerntölpel die Ihre Meinung in Kneipen-Gesprächen erarbeitet und verbreitet haben.

Also für mich wird die Gesellschaft keineswegs wortkarg. Eher im Gegenteil. Man befasst sich vielmehr mit allem und in der Masse der unqualifizierten Äußerungen ist es einfach nur immer schwerer gute Quellen herauszufiltern. Auch, aber nicht nur durch gezielte Falschinformation durch "böse Mächte".
 
Zuletzt bearbeitet:
Du hast Cortos Beitrag auf alle "Sarrazin-Gegner" übertragen und ihn mit allen in einen Sack gesteckt. Seine (für mich sachlich wohl richtige) Kritik mit dem Entmenschlichungs-Vorwurf niedergeknüppelt.
Jetzt wurde ich nicht richtig verstanden. Du hast aber recht, dass es so aussieht.

Mit dem "entmenschlichen" in diesem Beitrag wollte ich darauf hinaus, dass es eigentlich egal ist, was man sagt oder schreibt, man deswegen nicht als Mensch ausgeschlossen wird und denunziert werden sollte. Was er wie wo gesagt hat ist dabei nicht relevant, verteidigen muss ich ihn nicht, ich verteidige seinen Status als Menschen. Und diesen Status sollten wir allen Menschen zugestehen.

Journalisten sind Leute die sich oft für alles möglichen Interessieren und sich damit intensiv befassen. Dass viele Journalisten gegen Sarrazin ausgerichtet sind, kann also schonmal mit der Art Mensch zu tun haben, die da am Werk ist. Ich behaupte mal die meisten Journalisten sind politisch weit Links daheim. In den Lobbys/der Wirtschaft ist wiederum die andere, konservative Seite überrepräsentiert.
Die Politik wird übrigens wegen dem gleichen Phänomen oft als weltfremd/nicht volksnah bezeichnet. Sie stellen nun einmal nicht den Bevölkerungsschnitt dar.
Ob sie sich tatsächlich damit befassen bezweifel ich in dem Punkt. Deswegen ist das Beispiel auch so passend. Es wurde noch nicht einmal das Buch gelesen und dennoch darüber geurteilt. Selbst Frau Merkel hat dies getan. Verlauten lassen, das Buch würde "nicht helfen". Bei welchem anderen Buch hat sie das auch getan? Mal eine polemische Frage: Ist Harry Potter auch nicht hilfreich? Es ist ein Buch, und jeder der möchte kann sich eine Meinung bilden. Zudem Frau Merkel dann noch sagte, sie werde das Buch sowieso nicht lesen.

Wenn sie es nicht gelesen hat, wie kann sie es als "nicht hilfreich" betiteln? Sich überhaupt eine Meinung bilden? Also ist ihre Meinung aus den Medien. Und hier kommt eben die Gefahr. Wenn selbst Politiker sich ihre Meinung, nicht Fakten, aus den Medien ziehen, wessen Meinung haben dann Politiker?

Daher können selbst Politiker den Durchschnitt nicht wiedergeben, weil sie eben gelenkt werden als normale Menschen, die sie nunmal sind, mit dem Zusatz, dass sie sich auch noch auf kleine Nuancen der Bevölkerung einstellen müssen um wiedergewählt zu werden. Je nachdem auch, wie sie in den Medien dargestellt werden. Wer sucht also die Politiker aus und macht sie wählbar?

Wenn die Gesellschaft also wortkarg wird, dann höchstens wenn man es auf differenzierte Meinungen bezieht.
In dem Punkt muss ich dir recht geben. Rein vom schreiben her sind die Menschen offener, es wird ja zum Teil alles kundgetan, was man gerade macht.

Man befasst sich vielmehr mit allem und in der Masse der unqualifizierten Äußerungen ist es einfach nur immer schwerer gute Quellen herauszufiltern. Auch, aber nicht nur durch gezielte Falschinformation durch "böse Mächte".
Noch nicht einmal die "bösen Mächte". Es ist nur fraglich, was man noch als Quelle bezeichnen kann und was nicht. Bei älteren Themen wird man sicher mehr Literatur finden die etwas taugt um tiefer in die Materie zu kommen. Bei neueren Themen ist man erst einmal auf die Medien angewiesen. Wenn man sich auf die jedoch nicht mehr verlassen kann, weil man nicht weiss, was Fakt/Information und was Meinung ist....
 
Ich wollte zwar weg von dem Beispiel, aber gut, es geht darum ob er entmenschlicht und seiner Meinung beraubt wurde.

Naja, was Sarrazin passiert ist, ist für mich auch nicht so einfach auf einen Punkt zu reduzieren.
Nur mal was mir spontan an Gründen einfällt:
- historisch bedingt in Deutschland schwerer neutral zum "Thema Einwanderer" zu diskutieren
- Person der Öffentlichkeit. Bringt eine solche ein polarisierendes Thema auf die Tapete, muss sie mit massiverem Gegenwind rechnen als eine Privatperson. Die Person hat den Vorteil gehört zu werden, muss aber auch, wenn sie bewusst polarisieren möchte, mit den Folgen rechnen.
Andere öffentliche Personen teilen das gleiche Schicksal, oft auch dann, wenn sie selbst nicht dazu beitragen wollten - Siehe Uli Hoeneß. Ziel seines Handelns war wohl keine Debatte über Steuergerechtigkeit für die "Upper-Class".
- Ein solches Buch von einem eher Mitte-Rechts oder Rechts orientierten Politikers hätte für weniger Wirbel gesorgt. Aus der SPD heraus mussten diese Äußerungen zwangsweise noch verwunderter wahrgenommen werden.
Natürlich wurde er auch persönlich angegriffen, aber welche einflussreiche, öffentliche Person wird das nicht? Wenn einer sagt "all seine Aussagen sind Unsinn", ist das natürlich unsachliche, überzogene Kritik. Aber im Prinzip auch nur ein Symptom einer emotional geführten Debatte, zu einem polarisierendem Thema.

Das alles wird dir mehr oder weniger klar sein. Aber was dir vielleicht nicht bewusst ist, oder was du nicht so siehst:

Auch zusammengetragene Fakten tragen eine Botschaft/Meinung mit sich. Zumindest aber können Sie das.

2 Beispiele:
A:
Nehmen wir an ein Arbeitskollege kommt nicht mit dir klar und fängt an zu notieren, was ihn an dir stört.
Anstatt seinen Notizzettel zur Aussprache zu nutzen, entschließt er sich den Zettel ans schwarze Brett zu hängen.
Kollege O.
- hat Käsefüße, zieht immer die Schuhe unterm Schreibtisch aus
- redet immer dazwischen
- säuft uns immer den ganzen Kaffee leer
- trägt zu enge Hosen
- wenn er sich bückt, schaut der Hintern raus
...
Nehmen wir an all das seien belegbare Fakten. Dennoch kommt eine gewisse Botschaft rüber.

B:
- Deutschland war zumindest eine treibende Kraft, die den ersten Weltkrieg lostrat
- Deutschland begann den 2. Weltkrieg
- Deutschland versuchte alle Juden in Europa auszurotten
- in Deutschland gibt es nach wie vor Menschen die sich als Nazis betrachten
- in Ostdeutschland ist der Anteil derer signifikant höher
- Deutschland ist eines der Länder die weltweit die meisten und technisch am weitesten entwickelten Waffen herstellt
...
Alles sind wohl belegbare Fakten. Wenn ich aber einen Artikel oder gar ein Buch, voll mit solchen Fakten veröffentliche, ist jedem Leser klar was die Aussage hinter den Fakten sein soll.

Was Merkel zu Sarrazins Buch sagt, ist in meinen Augen absolut richtig. In Anbetracht der Emotionalität der Debatte in Deutschland und dem begrenzten Rezeptions-Potential vieler Leser, ist das Buch selbst dann nicht hilfreich, wenn alle Fakten stimmen. Und der Part mit der genetischen Vorprägung einiger Volksgruppen ist für viele Leser eben auch mehr als fragwürdig. Ich bezweifele dass sich Sarrazins Buch ausschließlich an Fakten hält - und auch wenn es zu 90% so sein sollte bleibt die transportierte Nachricht bestehen.

Ich selbst kenne übrigens auch nur Auszüge aus dem Buch. Aber ohne diese Bücher gleichsetzen zu wollen, sie sind inhaltlich weit voneinander entfernt, ich kenne auch die Lehrschriften von L. Ron Hubbard (Scientology) oder "Mein Kampf" nur in Auszügen. Aber wenn die Auszüge meiner Meinung ausreichen den restlichen Inhalt fragwürdig dastehen zu lassen, mache ich mir nicht die Mühe den Rest zu lesen, nur um meine Meinung weiter zu fundieren. Ein oder zwei Sätze können außerhalb des Kontextes Inhalte verunstalten. Umso länger ein Textausschnitt wird, desto unwahrscheinlich wird es, dass man da etwas falsch aufnimmt.

Ich denke was du als "Entmenschlichung" und Ungerechtigkeit gegenüber Sarrazin wahrnimmst, ist wohl der Punkt, dass in den TV-Shows und Medien die ihm widersprechende Seite der Debatte wohl überrepräsentiert war (Talk-Gäste, Publikum und Journalisten). Das war bestimmt so und das war bestimmt auch teilweise bewusst so gesteuert.
Aber ganz ehrlich - es gäbe nicht viele Chefredakteure oder Intendanten, die Wert darauf gelegt hätten viele Fürsprecher für Sarrazin dazu zu setzen.
Noch gemeiner wäre es gewesen geistig limitierte, richtig "Rechte" neben ihn zu setzen. Schlechte, widerlegbare Pro-Argumente können eine Debatte noch schnelle ad absurdum führen.
Ich kann nicht sagen ob ich die Größe gehabt hätte, als eher links orientierter Chefredakteur, mir die Mühe zu machen eloquente Talkgäste zu suchen und einzuladen, die Sarrazin gestützt hätten.

Aber ob es beim Thema "Immigration, Integration" hilfreich ist den Finger immer wieder in die Wunde zu legen... wahrscheinlich wäre Sarrazin auch dafür das Problem an der Wurzel zu packen und hielt es deshalb für notwendig die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Aber ob man dadurch einen unumkehrbaren Prozess aufhalten kann oder eher zu gegenseitigem Hass beiträgt, anstatt zu einer Annährung...das führt hier jetzt wirklich schon wieder zu weit.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Onkelhitman
Manchmal klingst du so, als wärest du der Meinung, dass "die Medien" irgendwann mal besser/anders waren. Ich glaube da nicht so dran.

Wir sollten doch nicht vergessen, dass die ersten Massenmedien im heutigen Sinne kleine Hetz-Flugblätter waren - alles andere als neutrale Information sondern ausschließlich denunzierende Meinungsmache. Und dennoch sind diese kleinen Bilderbögen der Ursprung unserer modernen Medienwelt. Schon von diesem Ursprung her sind Medien ein Weg, anderen seine Meinung kund zu tun - ausschließlich um Fakten ging es dabei nie.

Bei euren letzten Beiträgen musste ich stehts an eine Einstellung aus meinem Studium denken. Wenn man eine Arbeit schreibt, dann sollte man die Finger von den in euren Beiträgen genannten Medien-Arten lassen. Tageszeitungen können höchtens als Quelle für Interpretationsmaterial dienen, niemals jedoch als Quelle einer Interpretation, Fachzeitschriften taugen da schon viel eher, noch besser sind Bücher zum Thema. Von jeder Art von Internet-Quele sollte man die Finger lassen, denn man kann sich einfach nicht darauf verlassen - sogar, dass die Informationen tatsächlich noch dort zu finden sind, wo die Quellenangabe hindeutet, ist alles andere als sicher.

Für wissenschaftliche Arbeiten ist das Internet mit Abstand die schlechteste Informationsquelle. In meinem ganzen Studium habe ich das höchstens für den seichten Einstieg in ein Thema genutzt (Stichworte, Namen und Schlüsselbegriffe für die weitere Literatursuche).

Wozu der ganze Sermon um wissenschaftliche Arbeitsweisen - weil es in eine Ecke führt, in der Sarrazins Fakten diskutiert wurden - äußerst angeregt und wenig emotional (ich hatte weiter oben schon drauf hingewiesen). Teile der Geselschaft haben sich sehr wohl intensiv mit Sarrazins Thesen beschäftigt (unglaublich aber wahr - schon Jahrzehnte bevor er sein Buch veröffentlichte, und danach für kurze Zeit wieder).

Leider interressiert sich ein großer Teil der Gesellschaft offensichtlich nicht für wissenschaftliche Diskussionen. Was würde wohl passieren, wenn eine solche Diskussion in der Nachmittagstalkshow stattfinden würde? Nicht nur die Medienmacher haben scheinbar das bestimmte Gefühl, dass man solche Diskussionen besser um 02:30 nachts bringt, wenn einem die Einschaltquoten (aka Werbeeinnahmen) lieb sind.
Dass Sarrazin mundtod gemacht wurde (mMn zu recht, nur die persönlichen Angriffe wären dazu nicht nötig gewesen), liegt mMn also eher an einer ungflücklichen "Partnerschaft" zwischen einem Autor, der Fakten gesammelt und aus seinen daran anschließenden Interpretationen eine Meinung generiert hat, und einer Medienlandschaft, die nicht davon lebt, dass Informationen vermittelt werden, sondern einzig und allein davon, dass ihr Produkt gekauft wird. Auch beim ÖR ist es letztlich das gleiche, wenn nur sehr Wenige dieses Programm sehen (wollen) und das über Jahre hinweg, dann gewinnt die Frage nach dem Sinn einer staatlichen Medienbeteiligung an politischer Relevanz - schaff' den Gebührenservice ab, und du hast nicht ganz wenige Wähler auf deiner Seite, und natürlich fragen die auch hier nicht nach den Konsequenzen.
Ist nicht toll, aber die verschiedenen Systeme unserer Gesellschaft (hier Politik, Wissenschaft und Medien), können nur schwer anders existieren, weil sie eben eine bestimmte Funktionsweise mit dazughehörigem Code haben, und jede Kommunikation, die sich nicht auf diesen Code beziehen lässt nicht verarbeitet werden kann.
Jede Information, die sich nicht in den Systemeigenen primärcode ubersetzen lässt kann im System keine Rolle spielen. Man kann Sarrazin aus dem Buch selbst keinen Vorwurf machen, an den Fakten kann nicht gerüttelt werden und seine Interpretationen sind auch nicht viel besser/schlechter als meine.
Woraus ich ihm allerdings einen Vorwurf basteln muss, ist die Tatsache, dass er sich für eine Medienkampagne zur Verfügung gestellt hat - er hätte es eigentlich wirklich besser wissen sollen.
Auch den Medien mache ich daraus keinen Vorwurf - man verurteilt ja auch nicht den Regen dafür, dass man nass wird. Das gleiche gilt für die Politik.

Ich bin ein Mensch - ich kann lesen, Bücher von Sarrazin oder von Stuart Hall. Zumindest in den westlichen Industrienationen sollte das eigentlich jeder können - man muss nur ab und zu mal den Weg in eine gut sortierte Bibliothek finden. Aber das schaffen eben immer weniger - Danke Internet.
Informationen zu beschaffen und zu bewerten, das kann ohnehin nur jeder für sich selbst erledigen und wenn das Viele eben im Verzicht auf zuverlässige Quellen tun, dann ist das vielleicht schade aber den Medien aus der Faulheit/Dummheit ihrer Konsumenten einen Strick zu basteln, wäre mMn etwas zu viel. Deren offizielle Aufgabe ist zwar die möglichst umfassende und möglichst wertfreie Information, aber die Masse der Konsumenten hat seit bestehen der Massenmedien immer wieder gezeigt, dass sie das eigentlich garnicht wirklich will.
Im Grunde schalten die Leute z.B. den Fernseher an, weil sie gezielt NICHT denken wollen, weil sie von Problemen hören wollen, die sie eben nicht selbst betreffen, weil sie Leute sehen wollen, die noch fertiger sind, als sie selbst uvm..

Wer sich informieren will, der tut das und wenn das eben wenige tun, ist das ein Zeichen dafür, dass Information im Grunde doch nicht die zentrale triebfeder der Informationsgesellschaft sein kann.
Oder geht es dabei nur darum, dass die Information den Gehalt von Facebook-Statusmeldungen möglichst nicht übersteigen soll?

Die Art wie die Diskussion in den Medien geführt wurde, ist dem Thema nicht angemessen gewesen, aber das hat einen Grund, den ich hier versucht habe darzulegen. Die zentrale Person dieser Diskussion die eigentlich garkeine war hat dabei Schaden genommen, nicht zuletzt, weil er letztlich der einzige gewesen ist, der seine Argumente hat wissenschaftlich stützen können - nicht weil es keine anderen, wissenschaftlich stützbaren Argumente gibt, sondern weil die, die solche Argumente hätten bringen können/müssen von den Verantwortlichen nicht eingeladen wurden. Inwieweit da gesteuert wurde, und in wie weit wer darauf Einfluss genommen hat, das ist und bleibt Spekulation.

Aus der vorgelagerten aktuellen wissenschaftlichen Debatte um Migration, Bildung, Teilhabe und allgemein Integration/Inklusion hat sich allerdings Herr Sarrazin betont herausgehalten - um sein Buch wissenschaftlich zu diskutieren, muss man im Prinzip die ganze internationale Debatte um fast 20 Jahre zurückdsrehen (statt den sonst in DE üblichen 5-10 Jahre). Zu dieser Debatte hat Sarrazin einen Beitrag geleistet - tut mir leid, aber das wirkte auf mich ein bisschen so, als würde jemand versuchen, Physik zu betreiben, und dabei Einstein und Planck komplett ignorieren. Aber ich habe zur Zeit des Erscheinens dieser Bücher und der medialen Debatte mich intensiv mit dem Thema beschäftigen müssen - Studium Migrationspädagogik.
Ich sage nichts gegen die Fakten mit denen Sarrazin gearbeitet hat, ich bemängele nur die Selektivität der theoretischen Grundlegung hinter seinen Interpretationen. Die ist es auch gewesen, die seinen Beitrag in der wissenschaftlich geführten Migrationsdebatte disqualifiziert hat. Auf mich, meine Kommolitonen und fast alle Professoren hat das Buch damals jedenfalls ziemlich lächerlich gewirkt.

Wie gesagt: Hälfte vergessen (oder gezielt ignoriert - das wäre in dem Bereich nichts Neues) - den Rest sehe ich in guter alter Pädagogen-Manier als "Folgefehler" - halb so wild. Nur schade oder sogar gefährlich, dass man seine zentralen Thesen viel einfacher auf BILD-Niveau reformulieren kann, als alles, was die wissenschaftliche Debatte seit 20 Jahren geliefert hat.
Aber auch daraus sollte man Sarrazin keinen persönlichen Vorwurf machen, der hat sich nur um Verständlichkeit bemüht - und DAS ist eigentlich in dem Bereich viel zu selten.
 
Zuletzt bearbeitet:
@DerOlf: Deine Beiträge sind doch ein gutes Beispiel dafür, dass es auch im Internet lesenswertes gibt. Ich stimmte dir fast in allen Punkten zu. Das einzige was mich etwas irritiert, auch wenn du es bestimmt nicht wörtlich so meinst:
Bei dir hört es sich so an als seien Bücher per se inhaltlich korrekter und wahrhaftiger als sämtliche Internetquellen.
Ich finde das Internet ist Fluch und Segen zugleich. Suche dir mal ein gutes Buch zum Verlauf der Nahostkrise bis einschließlich Juli 2014. Und man hat die Möglichkeit direkt unter einem Artikel mit anderen interessierten Lesern zu diskutieren.
Setze dich mal in eine Bücherei, lese Tolstoi und spreche dann irgend einen anderen Anwesenden auf die Inhalte an. Das zum einen - und dann wie gesagt, auch Bücher sind mit Vorsicht zu genießen. Umso älter Bücher sind, desto eher muss man sich vor dem Lesen auch mit den historischen und persönlichen Hintergründen des Autors beschäftigen, um die Inhalte richtig einordnen zu können. Es gibt viele alte Bücher deren Thesen/Lehren veraltet sind und inzwischen widerlegt wurden. Wenn man sie richtig einordnet, sind sie wahrscheinlich dann doch lesenswert. Das gilt meiner Meinung für alle Quellen, Skepsis ist immer angebracht.
Du hast geschrieben was der Ursprung unserer Medienwelt ist. Auch bei Büchern schwingt immer eine persönliche Note, die Meinung des Autors mit.
Dein Beitrag klingt mir ein Tick zu sehr nach Lehrer/Dozenten-typischen Verteufelung aller moderner Quellen und der Verherrlichung der Buchwelt. ;)
Dass generell vor Internetquellen gewarnt wird, ist dennoch richtig und wichtig, wenn man betrachtet dass nicht nur 7.-Klässer, sondern sogar Studenten immer noch gerne hier und da Wikipedia oder beliebige "Google-Quellen" bemühen.

Darf man fragen was du studiert hast? Sprach/politik/sozial-wissenschaften? Finde deine Analyse zu dem Thema hier im Thread mit Abstand am treffendsten (auch besser als meine).
DerOlf schrieb:
Studium Migrationspädagogik.
Ah, in deinem Edit. :)

Edit: Zur Frage "Oder geht es dabei nur darum, dass die Information den Gehalt von Facebook-Statusmeldungen möglichst nicht übersteigen soll?"

Dass dem so ist, steht für mich außer Frage. Ich wundere mich ab und an über die Resonanz auf Emails von mir, aber auch von anderen bei denen ich mit im Empfangsverteiler stehe.
Ich habe das Gefühl, dass man selbst in privatwirtschaftlichen Unternehmen und Ämtern keine Mail schreiben darf, die mehr als 4 Zeilen Text beinhaltet. Dann wird sie maximal noch überflogen. Antworten erhält man keine, im besten Fall wird angerufen um sich alles mündlich erklären zu lassen.
Vermutlich wird nur im Umfeld wissenschaftlicher Institutionen oder z.B. in der Politik tatsächlich mit inhaltlich komplexen Mails gearbeitet. Oder hat hier jemand andere Erfahrungen?

"Im Grunde schalten die Leute z.B. den Fernseher an, weil sie gezielt NICHT denken wollen, weil sie von Problemen hören wollen, die sie eben nicht selbst betreffen, weil sie Leute sehen wollen, die noch fertiger sind, als sie selbst uvm.."

Ja, selbst mir intelligent erscheinende Bekannte machen das so. Ich wundere mich dass Leute mit zumindest überdurchschnittlichem Intellekt "Bauer sucht Frau", "Frauentausch" oder das "Dschungelcamp" schauen, weil sie sich einfach "berieseln" lassen wollen, nach Feierabend. Für mich eine schreckliche Vorstellung...man lebt nur einmal.

DerOlf schrieb:
Nur schade oder sogar gefährlich, dass man seine zentralen Thesen viel einfacher auf BILD-Niveau reformulieren kann, als alles, was die wissenschaftliche Debatte seit 20 Jahren geliefert hat.

Und genau deshalb hat Angela Merkel mit Ihrer Aussage zu Sarrazins Buch recht. Es bringt nur wenigen einen Mehrwert, mehr Menschen aber werden aufgrund des Buches mit Ablehnung konfrontiert. Unabhängig von der Korrektheit bloßer Zahlen darin.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich präferiere Bücher und Fachzeitschriften, weil ich bei denen eben
1. sicher sein kann, dass sie auch in 10 Jahren noch verfügbar sind, und weil ich
2. davon ausgehe, dass eine Gruppe kompetenter Lektoren die Texte vor Veröfentlichung zumindest gesichtet hat.

Mit 2. liege ich nicht immer richtig, manche Verlage lektorieren/selektieren auch nur im Hinblick auf Umsatzerwartungen, aber wenn es eine Institution wie bspw. das "peer-review" gibt (bei dem andere mit dem Thema befasste Wissenschaftler oder Publizisten den Text auf seine Qualität und Stichhaltigkeit hin bewerten BEVOR dieser publiziert wird), dann muss ich dem Buch einfach den Vozug vor z.B. Wikipedia geben. Bei Wiki gibt es sowas zwar auch, aber weil das Internet für viele Profs, Dozenten und Wissenschaftler eben keine zuverlässige Quelle darstellt, wage ich zu bezweifeln, dass hier ein ähnliches Niveau erreicht wird, wie bei z.B. einem Universitätsverlag.
Allerdings gibt es lang nicht nur schlechte Quellen im Netz, und die 100%ige Ablehnung meiner ehemaligen Dozenten teile ich mittlerweile nicht mehr - mehr noch, da ich gerade zzu dem Thema arbeite, sehe ich in der Fixierung auf Bücher, Tagungsprotokolle und Fachzeitschriften, die von Studenten verlangt wird ein paradebeispiel für symbolische Gewalt/Macht. Hier wird eine Ordnung verdeckt (nennen wir es das Primat des Buches), die darin besteht, keine Aussage zuzulassen, welche der Wissenschaftscommunity (Milieu) nicht anerkannt oder wenigstens diskutabel erscheint.
An den Unis findet eine regelrechte Sozialisation zum Buch statt - mit Stichweh ist das Teil der wissenschaftlichen Disziplinierung. Ich glaube bei mir hat's geklappt.

Natürlich gibt es eine gewisse "Latenz" bei Büchern - der Prozess ist da eben nicht so beschleunigt, wie im Netz - und Bücher verfolgen das Tagesgeschehen ganz sicher nicht in Echtzeit. Aber ist das tatsächlich notwendig? Besteht die Gefahr, dass sich irgendein gesellschaftliches Problem innerhalb weniger Jahre in Luft auflöst?
Selbst wenn Lösungen gefunden werden, dauert es noch eine ganze Weile, sie umzusetzen, und noch länger bis sie die Gesellschaft nicht mehr passiv "erleidet" sondern aktiv "performt".
Die Zeit für Bücher zu komplexen Themen sollten wir definitiv haben - denn ich finde es irgendwie sinnvoller, für ein jetzt akutes Problem in 5 Jahren eine gut durchdachte Lösung zu präsentieren, als in einem Schnellverfahren Maßnahmen anzustoßen, bei denen man im Grunde nur "Zustände mit bekannten Nebenwirkungen gegen Zustände mit unbekannten Nebenwirkungen" austauscht, oder eben - wie im Fall Sarrazin - mit den Daten zu Ergebnissen kommt, die vor dem Hintergrund aktueller Forschungsergebnisse jedes Jahr an Fragwürdigkeit gewinnen. Natürlich nicht vor dem Hintergrund der naturwissenschaftlichen Forschung, die ist für soziale Phänomene mMn noch immer viel zu unterkomplex, sondern vor dem Hintergrund Sozialwissenschaftlicher Forschung.

PS:
Mein Schwerpunkt lag im Studium auf der Forschungsmethodik und -methodologie der Sozialwissenschaften. Einfach weil ich es interessant finde, der Frage nachzugehen, wie sich Wissenschaft weiterentwickelt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke, wie gesagt, Bücher und Internet haben beide ihre Vorzüge. Ich betrachte den Konsum von Informationen seit ein paar Jahren immer mehr unabhängig vom Trägermedium, sondern mache mir mehr Gedanken über den Hintergrund in den Inhalt und Geschichte des Autors eingebettet sind.
Allein schon dass viele Inhalte durch mehrere Medien konsumierbar sind, führt die Debatte mittelfristig ins nichts. Man muss daher meiner Meinung eben Facebook, Fachforen, Wikipedia, Ebooks/Bücher usw. einfach nach der Seriosität der Autoren bewerten.

Aber die Wahrscheinlichkeit z.B. in einem wissenschaftlichen Buch auf korrekte Fakten und fundierte Meinungen zu stoßen, ist schon höher. Insofern hast du ja grundlegend recht.

Das Argument "Quelle ist in 10 Jahren vielleicht weg" trifft zu, ist aber ja nur für Publikationen/Schul/Studienarbeiten relevant. Will man sich nur eine Meinung über etwas bilden oder einfach lernen, kann einem das ja meist egal sein.

Da lag ich ja mit meinem Tipp des Studiengangs gar nicht so schlecht. ;) Die Begründung finde ich bemerkenswert... gar kein beruflicher Bezug?
 
@#108
Ich wollte zwar weg von dem Beispiel, aber gut, es geht darum ob er entmenschlicht und seiner Meinung beraubt wurde.
Neinnein, stoppstopp. Wichtig ist hier zu erkennen was damit gemeint ist. Er wurde nicht seiner Meinung beraubt. Seine Meinung war ein Wagnis, welches er sich leisten konnte, er hat genug Geld, daher genug Macht und er war eben bekannt genug um "gehört", natürlich auch gesendet zu werden.

Natürlich wurde er auch persönlich angegriffen, aber welche einflussreiche, öffentliche Person wird das nicht? Wenn einer sagt "all seine Aussagen sind Unsinn", ist das natürlich unsachliche, überzogene Kritik. Aber im Prinzip auch nur ein Symptom einer emotional geführten Debatte, zu einem polarisierendem Thema.Das alles wird dir mehr oder weniger klar sein. Aber was dir vielleicht nicht bewusst ist, oder was du nicht so siehst:Auch zusammengetragene Fakten tragen eine Botschaft/Meinung mit sich. Zumindest aber können Sie das.
Er hatte gewusst, dass er persönlich angegriffen würde. Bei den Themen, die er anspricht ist das auch nicht anders möglich, macht er ja letztlich die Regierung für das verantwortlich, was momentan passiert. Im weiteren Buch dann auch die Medien. Dass man da nicht beliebt ist, ist klar. Diese Kritik wäre dann auch noch ok. Wenn es nicht nur kritische Berichte dazu gäbe. Wenn es wirklich sachlich diskutiert würde, auch, dass man seine Interpretation für sonderlich hält und das anders sieht. Aber dieses Beispiel bringt keiner. Sondern es wird nicht auf die Fakten eingegangen, dann wird über einen rausgepickten Satz gesprochen, der völlig zusammenhanglos gelesen wurde. Du selbst hast es geschrieben:
Ich selbst kenne übrigens auch nur Auszüge aus dem Buch. Aber ohne diese Bücher gleichsetzen zu wollen, sie sind inhaltlich weit voneinander entfernt, ich kenne auch die Lehrschriften von L. Ron Hubbard (Scientology) oder "Mein Kampf" nur in Auszügen. Aber wenn die Auszüge meiner Meinung ausreichen den restlichen Inhalt fragwürdig dastehen zu lassen, mache ich mir nicht die Mühe den Rest zu lesen, nur um meine Meinung weiter zu fundieren. Ein oder zwei Sätze können außerhalb des Kontextes Inhalte verunstalten. Umso länger ein Textausschnitt wird, desto unwahrscheinlich wird es, dass man da etwas falsch aufnimmt.
Und genau das ist der Fehler. Denn mit ein paar Auszügen und Sätzen kannst du bei dem Buch nichts mit anfangen. Der eine Teil ist die Präsentation eben jener Fakten und Informationen, die auch mit allen möglichen Quellenangaben gespickt sind (und ironischerweise auch die meisten aus dem deutschen Statistikamt). Der andere Teil ist seine Auswertung dieser Fakten. Das ist der Part an dem man sagen kann: Er sieht es so, mag sein, ich sehs anders. Und es gibt einen Teil da beschreibt er Lösungswege für die Probleme, die er anspricht. Es ist in keinster Weise rassistisch. Denn genau das möchte man ja erreichen, dass er durch die Rassismuskeule soweit in seinem gesamten Buch negiert wird. Nicht nur, dass seine Meinung eben angegriffen würde, oder aber seine Vorschläge (man kann sie mögen oder nicht). Nein damit greift man die tatsächlichen Fakten an. Und untergräbt demnach das Problem, man macht es unsichtbar und reduziert nun das Thema gar nicht mehr auf das Thema oder Problem selbst, sondern zieht stattdessen den Autor mit Falschaussagen, Falschzitaten und Anschuldigungen in einen Strudel. Wer sich dann diesem "Tabumenschen" nähert, ist automatisch mit dabei bei diesen "verrückten, rassistischen Ideen". Es kommt auch gar nicht darauf an, wie man seine eigene Meinung ausdifferenziert, also sagt, "in dem Punkt stimme ich Herrn Sarrazin zu, in allem anderen nicht." Schon die Andeutung, man würde mit ihm in einem Punkt zustimmen, und sei es auch nur die Formulierung eines der im Buch genannten Fakten, ist automatisch eine Zustimmung an den Autor und somit genauso rassistisch.

Das ist noch nichtmals emotional gemeint. Was Herr Sarrazin geschrieben hat, darüber könnte man ein Buch über das Buch über das Buch schreiben. Es geht um die Reaktion darauf, dass er als Person, dass seine Bücher als komplett rassistisch über Tage, Wochen und Monate in den Köpfen der Menschen gebracht wurde.

Ich geb dir auch ein Beispiel dazu, du hast auch zwei gemacht:
Nehmen wir an, die Zeitungen schreiben: Der Klimawandel kommt, wir müssen alle helfen und Freitags das Licht ausschalten! Das kommt dann für Tage, Wochen und Monate in jeder Zeitung, jedem Fernsehbericht und wird ein großes Thema. Nach 3 Monaten hört man davon überhaupt nichts mehr. Es wird Menschen geben, die hat es von anfang an nicht gestört. Dann welche, die das Licht ausschalten werden. Und wieder andere, die sich Gedanken machen.
Diese Fakten sind eine Lüge. Nichts anderes. Es wird aber nur ein Bruchteil erkennen, weil die anderen keine Zeit/Lust haben sich damit auseinander zu setzen. Das macht die Medien zu einem sehr gefährlichen Instrument.

Ich denke was du als "Entmenschlichung" und Ungerechtigkeit gegenüber Sarrazin wahrnimmst, ist wohl der Punkt, dass in den TV-Shows und Medien die ihm widersprechende Seite der Debatte wohl überrepräsentiert war (Talk-Gäste, Publikum und Journalisten). Das war bestimmt so und das war bestimmt auch teilweise bewusst so gesteuert.
Nein, die Seite wäre völlig in Ordnung gewesen, wenn sie zum einen das Buch auch gelesen hätte und es hätte verstehen WOLLEN. Man wollte aber nichts verstehen, man hat ihn auch in Gesprächen abgewürgt, dabei nicht seine Meinung unterdrückt, sondern die Fakten unterdrückt. "Es gibt ja gar kein Problem, so wie er es darstellt". Wenn das nur genug Menschen sagen, und er selbst kann/darf sich nicht wehren, dann werden in meinen Augen seine Menschenrechte verletzt. Er wird unwürdig behandelt. Man hätte ihn ja aus der Debatte heraushalten können, dann wäre es aber nicht so persönlich gewesen, als zu versuchen, ihn öffentlich zu denunzieren.

Aber ob es beim Thema "Immigration, Integration" hilfreich ist den Finger immer wieder in die Wunde zu legen... wahrscheinlich wäre Sarrazin auch dafür das Problem an der Wurzel zu packen und hielt es deshalb für notwendig die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Aber ob man dadurch einen unumkehrbaren Prozess aufhalten kann oder eher zu gegenseitigem Hass beiträgt, anstatt zu einer Annährung...das führt hier jetzt wirklich schon wieder zu weit.
Er hat die Wunder aber nicht aufgerissen. Die Probleme sind da. Die Bundesregierung hat Maßnahmen durchgeführt. Sie haben etwas versucht, hatten aber keinen Erfolg (zu entnehmen den Büchern und darin die Quellenangaben). Er lässt das Problem nicht entstehen, sondern er zeigt es auf. Er bietet sogar Lösungen an. (wie gesagt, ob gut oder schlecht, es ist ja eine Lösung nach seiner Meinung) Wenn man aber das Problem leugnet, obwohl man selber etwas dagegen macht, dann ist doch der eigentlich "Schuldige" nicht der, der das aufzeigt, sondern der, der es verschleiern will. Nein es gibt keine "große Weltenverschwörung" oder "Deutschlandverschwörung". Es gibt nur Themen bei denen wenig Informationen nach außen dringen, und welche bei denen viele nach außen dringen. Nehmen wir nur den NSA Skandal. Vor 1-2 Jahren wäre jeder, der so etwas behauptet hätte als "Spinner" deklariert worden, völlig egal, wieviele Fakten geliefert worden wären. Die Person selbst wäre angegriffen gewesen, und mit ihr die Fakten. Nicht das Problem. Das existiert ja überhaupt nicht. (etwas polemisch) Wenn es kein Problem gäbe, und das müssen wir auch als eine Möglichkeit in erwägung ziehen, wieso gibt es dann keine Beweise dafür, dass es kein Problem gibt?

@#109
Deren offizielle Aufgabe ist zwar die möglichst umfassende und möglichst wertfreie Information, aber die Masse der Konsumenten hat seit bestehen der Massenmedien immer wieder gezeigt, dass sie das eigentlich garnicht wirklich will.
Im Grunde schalten die Leute z.B. den Fernseher an, weil sie gezielt NICHT denken wollen, weil sie von Problemen hören wollen, die sie eben nicht selbst betreffen, weil sie Leute sehen wollen, die noch fertiger sind, als sie selbst uvm..
Wenn die offizielle Aufgabe nicht erreicht wird, dann muss das aufhören. Konsequent. Was sie wollen ist in der Hinsicht egal, denn der Auftrag besteht nicht in der Verdummung, auch wenn das vielleicht ein großer Teil möchte. Es kann sich jeder privat selber verdummen. Demnach könnte man nämlich auch Alkoholausschank an Minderjährige legitimieren, weil das die große Masse möchte. Wer dafür bezahlen möchte, der kann sich dann das ansehen, was er möchte. Alle dafür bezahlen zu lassen ist der falsche Weg. Und das bei allen Medien.

Aber auch daraus sollte man Sarrazin keinen persönlichen Vorwurf machen, der hat sich nur um Verständlichkeit bemüht - und DAS ist eigentlich in dem Bereich viel zu selten.
Er hat das Thema publik gemacht, aufgerollt. Was sich wenige getraut haben. Ob er dem gerecht geworden ist oder nicht, ob er in seiner Meinung recht hatte oder nicht, wie gesagt, das ist jedermanns eigene Meinung. Du selbst hast in der Richtung studiert. Natürlich kann nicht jeder das Thema studieren. Man kann nur hoffen, dass sich einige durch Herrn Sarrazin mit dem Thema befasst haben, denn wichtig ist es allemal, das Problem ja vorhanden. Selbst wenn er in seiner Interpretation falsch lag, ist das kein Grund, ihn in eine Ecke zu drängen.

#110
Und genau deshalb hat Angela Merkel mit Ihrer Aussage zu Sarrazins Buch recht. Es bringt nur wenigen einen Mehrwert, mehr Menschen aber werden aufgrund des Buches mit Ablehnung konfrontiert. Unabhängig von der Korrektheit bloßer Zahlen darin.
Das Thema totzuschweigen oder unsachlich zu sagen, es sei "nicht hilfreich" es aber gar nicht gelesen zu haben und damit indirekt den Leuten sagt: "Ihr braucht das nicht zu lesen über was ihr urteilt" ist doch genau der Fehler. Die Informationen und Fakten und daraufhin entstandene Meinung muss man doch erst einmal generieren. Das klappt nur mit der Auseinandersetzung mit dem Thema. Wenn ich mich aber gar nicht darum bemühe und einfach nur jemandem nachspreche "Ist eh alles Quark", dann ist das zu einfach. Ein "Ich habe von dem Buch keine Ahnung, und werde es auch nicht lesen" wäre eine klare, eine ehrliche, eine korrekte Aussage von Frau Merkel gewesen, ohne Beiklang oder Wertung. So aber ist ulkigerweise genau das, was wir ja kritisieren.
 
Onkelhitman schrieb:
@#108

Neinnein, stoppstopp. Wichtig ist hier zu erkennen was damit gemeint ist. Er wurde nicht seiner Meinung beraubt. Seine Meinung war ein Wagnis, welches er sich leisten konnte, er hat genug Geld, daher genug Macht und er war eben bekannt genug um "gehört", natürlich auch gesendet zu werden.
Hier würden wir nur um die Definition von "seiner Meinung beraubt" herum diskutieren. Ich glaube in dem Punkt widersprechen wir uns nicht, wenn wir auch wirklich über das gleiche reden.


Onkelhitman schrieb:
@#108

Und genau das ist der Fehler. Denn mit ein paar Auszügen und Sätzen kannst du bei dem Buch nichts mit anfangen. [...]Der andere Teil ist seine Auswertung dieser Fakten. Das ist der Part an dem man sagen kann: Er sieht es so, mag sein, ich sehs anders. Und es gibt einen Teil da beschreibt er Lösungswege für die Probleme, die er anspricht. Es ist in keinster Weise rassistisch. Denn genau das möchte man ja erreichen, dass er durch die Rassismuskeule soweit in seinem gesamten Buch negiert wird. [...]

Nein, die Seite wäre völlig in Ordnung gewesen, wenn sie zum einen das Buch auch gelesen hätte und es hätte verstehen WOLLEN. Man wollte aber nichts verstehen, man hat ihn auch in Gesprächen abgewürgt, dabei nicht seine Meinung unterdrückt, sondern die Fakten unterdrückt. "Es gibt ja gar kein Problem, so wie er es darstellt". Wenn das nur genug Menschen sagen, und er selbst kann/darf sich nicht wehren, dann werden in meinen Augen seine Menschenrechte verletzt. Er wird unwürdig behandelt. Man hätte ihn ja aus der Debatte heraushalten können, dann wäre es aber nicht so persönlich gewesen, als zu versuchen, ihn öffentlich zu denunzieren.

Du verwendest ja immer wieder pauschal "man hätte", "wenn sie ...das Buch gelesen hätten"..."man möchte erreichen...Rassismuskeule". Ich bezweifele dass kein Einziger Teilnehmer der TV-Debatten und auch sonst kein Kritiker das Buch gelesen hat.
Du schreibst ja "Der andere Teil ist seine Auswertung dieser Fakten. Das ist der Part an dem man sagen kann: Er sieht es so, mag sein, ich sehs anders. "
Wie kommst du darauf dass das was die Gegner so ärgert die leider korrekten Statistiken sein sollen? Vielleicht bezieht sich ja ein Großteil der Kritik ja genau auf den Teil, weil den eben nicht jeder so sieht. Du unterstellst das Sarrazin viel richtiges geschrieben hat, aber es niemand verstehen WOLLTE. Wenn es aber nun viele so sehen, dass er versucht hat falsche Schlüsse mit richtigen Fakten zu untermauern?

Onkelhitman schrieb:
Er hat die Wunder aber nicht aufgerissen. Die Probleme sind da.

Habe nicht behauptet er habe sie aufgerissen, nur dass er das ganze eher schlimmer macht, als besser. Weil man Vorurteile festigt, mit der Gefahr untaugliche Lösungsvorschläge zu bieten und dann nichts als Schaden anzurichten. Ok, Ok, ein paar Leute denken dann nach. Aber vielleicht hatten die meisten genau diese Leute, schon vorher ein differenzierte Meinung, die sich nicht mit Sarrans Meinung deckt.
Diese Statistiken als prominente Persönlichkeit als "gesammelte Werke" negativer Fakten zu den Problemen der Immigration zu veröffentlichen, schürt Ablehnung und Hass. Auch wenn man ein paar Lösungsvorschläge hinterher schiebt. Unabhängig davon ob jetzt irgendjemand glaubt die Vorschläge könnten fruchten.

Wer behauptet denn ernsthaft die es gäbe kein Problem mit schlecht integrierten Einwanderern? Er hat in meinen Augen gar nichts neues aufgetan, die Probleme die er anspricht werden oft genug und fast in allen gesellschaftlichen Bereichen und Milieus angesprochen. Er hat lediglich eloquenter als die meisten anderen und mit mehr Fakten auf seiner Liste argumentiert. Und das als SPDler, von dem man es nicht erwartet hätte. Daher die Reaktion, nicht weil er ein Thema als erster, oder einer von wenigen, offen anspricht.

Onkelhitman schrieb:
@#109

Wenn die offizielle Aufgabe nicht erreicht wird, dann muss das aufhören. Konsequent. Was sie wollen ist in der Hinsicht egal, denn der Auftrag besteht nicht in der Verdummung, auch wenn das vielleicht ein großer Teil möchte. Es kann sich jeder privat selber verdummen. Demnach könnte man nämlich auch Alkoholausschank an Minderjährige legitimieren, weil das die große Masse möchte. Wer dafür bezahlen möchte, der kann sich dann das ansehen, was er möchte. Alle dafür bezahlen zu lassen ist der falsche Weg. Und das bei allen Medien.

Wie stellst du dir das denn vor? Kleine Nischensender, die Steuerfinanziert sind und anspruchsvoller und neutraler berichten als andere, obwohl die Quoten furchtbar niedrig sind? Würde sagen die gibt es leider schon und es hat nicht die Auswirkung die du dir vorstellst.
Das Problem ist ja die Anzahl derer, die sich neutral informieren wollen. Für den kleinen Anteil ist das schon noch einigermaßen möglich. Aber ich glaube dein Ansatz ist völlig falsch. Das würde keiner mitmachen. Nicht die Medien, nicht das Publikum (dass dann keines mehr wäre) und nicht der Staat.


Glaubst du die Kanzlerin hat sich nicht vorher wenigstens von jemandem informieren lassen, der das Buch ganz gelesen hat? Sich nicht Auszüge (die dann vielleicht mehr oder weniger gut vom eigentlichen Leser gewählt waren) als Beleg zeigen lassen, bevor sie sich öffentlich geäußert hat? Die Blöße würde sie sich nicht geben, auf die Gefahr hin später etwas zurücknehmen zu müssen oder klar widerlegt zu werden, weil sie sich zu etwas geäußert hätte, von dem sie keine Ahnung hatte? Ich glaube des eher nicht.
Sie sah sich wohl zurecht genötigt, zu seinem politisch so präsenten Thema (damals dem Buch) als Kanzlerin Stellung zu beziehen. Und zum Lesen des ganzen Buches, hatte sie so schnell keine Zeit und vielleicht auch keine Lust. Gott sei Dank hat sie sich gewiss mit wichtigerem beschäftigt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie kommst du darauf dass das was die Gegner so ärgert die leider korrekten Statistiken sein sollen? Vielleicht bezieht sich ja ein Großteil der Kritik ja genau auf den Teil, weil den eben nicht jeder so sieht. Du unterstellst das Sarrazin viel richtiges geschrieben hat, aber es niemand verstehen WOLLTE. Wenn es aber nun viele so sehen, dass er versucht hat falsche Schlüsse mit richtigen Fakten zu untermauern?
Siehe die Links von mir im ersten Post. Dort sind die Videos. Das ist die Berichterstattung der Medien und das ist genau der Großteil, der gezeigt wurde. Sicherlich gibt es noch mehr Sendungen dazu, das hier waren die größten. Nein ich unterstelle, dass Sarrazin viele Fakten geschrieben hat, und daraufhin seine Schlüsse gezogen hat. Der Unterschied ist eben, dass wenn man sachlich gegen seine Argumente und Meinung gewettert hätte, ich daran nichts auszusetzen gehabt hätte. (ja, hätte ,wäre, wenn) Das wird aber nicht getan, sondern es bleibt beim emotional aufstoßenden beleidigt sein gegenüber nicht nur den Aussagen und geschlussfolgerten Meinungen, sondern gegen die Fakten selbst.

Habe nicht behauptet er habe sie aufgerissen, nur dass er das ganze eher schlimmer macht, als besser. Weil man Vorurteile festigt, mit der Gefahr untaugliche Lösungsvorschläge zu bieten und dann nichts als Schaden anzurichten. Ok, Ok, ein paar Leute denken dann nach. Aber vielleicht hatten die meisten genau diese Leute, schon vorher ein differenzierte Meinung, die sich nicht mit Sarrans Meinung deckt.
Er macht nichts schlimmer. Er hat das Thema eher in den Fleischwolf der Gesellschaft geworfen um zu sehen was dabei rauskommt. Die Vorurteile können nur gefestigt werden, wenn man das Buch nicht verstanden hat. Darum sollte man es ja auch lesen.... Die Lösungsvorschläge sind auch keine Neuen. DerOlf spricht es an, es ist oberflächlich. Aber um die Sache nach draußen zu bringen, in die Masse, ist erst einmal etwas oberflächliches nötig, damit eben das Thema nicht untergeht.

Diese Statistiken als prominente Persönlichkeit als "gesammelte Werke" negativer Fakten zu den Problemen der Immigration zu veröffentlichen, schürt Ablehnung und Hass.
Diese Fakten treffen aber nicht die Leute, das Problem ist immer, gegen deine Argumente zu sprechen ohne zuviel vom Buch mit einfließen zu lassen. Sarrazin selbst schreibt im Buch, dass die Leute nichts dafür können. Er nimmt also die Immigranten auch noch in Schutz. Das wird aber gut und gerne überlesen, denn es passt einfach nicht in die oberflächliche Meinung zu diesem Buch.

Wer behauptet denn ernsthaft die es gäbe kein Problem mit schlecht integrierten Einwanderern? Er hat in meinen Augen gar nichts neues aufgetan, die Probleme die er anspricht werden oft genug und fast in allen gesellschaftlichen Bereichen und Milieus angesprochen.
Wie oft hast du denn von den Problemen vor den Büchern in den Medien etwas davon gehört? Vor allem in Berlin (welches ja mit unzähligen Beispielen angesprochen wird). Es wird von einigen Millieus angesprochen. Oben wissen wir welche. Zum Beispiel Studierende. Ebenfalls ein gewisses Lager, welches aber eigentlich nur destruktiv arbeitet.

Wie stellst du dir das denn vor? Kleine Nischensender, die Steuerfinanziert sind und anspruchsvoller und neutraler berichten als andere, obwohl die Quoten furchtbar niedrig sind? Würde sagen die gibt es leider schon und es hat nicht die Auswirkung die du dir vorstellst. Das Problem ist ja die Anzahl derer, die sich neutral informieren wollen. Für den kleinen Anteil ist das schon noch einigermaßen möglich. Aber ich glaube dein Ansatz ist völlig falsch. Das würde keiner mitmachen. Nicht die Medien, nicht das Publikum (dass dann keines mehr wäre) und nicht der Staat.
Ja ich stelle mir vor: Drei Sender mit Informationen und Fakten und Sendungen die einen direkt hinweisen, dass jetzt Meinungen kommen und keine Fakten. Und dann kann man sich ein Urteil bilden. Ich sehe es nicht so, dass das möglich ist. Bei jeder Sendung muss ich hinterfragen: Ist das wahr? Ist das nicht nur Spekulation? Welcher "Experte" ?
Was das Publikum möchte ist doch schon seit Jahren egal. Ich drehs aber gerne um: Wenn die Menge an Menschen Nonsense sehen will, soll sie gefälligst selber dafür bezahlen. Das kann nicht Aufgabe des Staates (der Allgemeinheit) sein. Denn ansonsten könnte man damit alles legitimieren, weil es der Großteil haben möchte.

Glaubst du die Kanzlerin hat sich nicht vorher wenigstens von jemandem informieren lassen, der das Buch ganz gelesen hat? Sich nicht Auszüge (die dann vielleicht mehr oder weniger gut vom eigentlichen Leser gewählt waren) als Beleg zeigen lassen, bevor sie sich öffentlich geäußert hat? Die Blöße würde sie sich nicht geben, auf die Gefahr hin später etwas zurücknehmen zu müssen oder klar widerlegt zu werden, weil sie sich zu etwas geäußert hätte, von dem sie keine Ahnung hatte? Ich glaube des eher nicht.
Ich schon. Ich zeige dir ein Beispiel auf. Ich zitiere nun aus meinem ersten Post ein paar kleinere Statements:
Das bedeutet, dass bestimmte Verhaltensweisen oder Themen vermieden werden sollen.
Politische Meinungen von Politikern sind ansich nichts wert.
Die öffentliche Meinung ist das, was am Stammtisch besprochen wird bzw. was der Öffentlichkeit aufgezwungen wird.
Man verzerrt so jedoch die tatsächliche öffentliche Meinung.
Ein Tabu wird daher dazu benutzt um Themen oder Überlegungen, Verhaltensweisen, die Gesellschaft als solche, zu verändern.
Je nachdem, wie du das nun liest, wie deine Gedankengänge sind, begreifst du die Überlegung dahinter überhaupt nicht mehr. Unfassbar. Jeder kann selbst be-urteilen was damit gemeint ist. Und jetzt kommt ein Außenstehender und liest nur diese kurzen Sätze. Was hat er über das Thema erfahren?

Gott sei Dank hat sie sich gewiss mit wichtigerem beschäftigt.
Das habe ich letztens noch sehen müssen. Fußball gucken in Brasilien ist für das Land durchaus wichtig, um dann allen die Hände zu schütteln. Anstatt sich eben um Probleme zu kümmern....
 
als Kanzlerin der Nationalmannschaft zusehen ist nicht kritikwürdig, lass wir das.


@OnkelHitman:
evtl hab ich seine Thesen ja auch falsch heruntergebrochen, dann wäre ich aber interessiert an deiner Interpretation.

ich meine jetzt nur die Quintessenz des Buches -
lautet die für dich eher
"migranten tun dies und jenes, egal woher sie kommen und wohin sie gehen " es ist also eher eine beschreibung der Rolle "migrant" in einem beliebigem Land".
da hätte ich garkein Problem mit, egal wie hart die fakten liegen.

mir war es aber so als hätte Sarrazin den Eindruck, mit "dem Migranten" sei kein Staat zu machen weil - er eben andere flausen im Kopf hat die da nicht nur aufgrund von Millieu und Prägung drin sind sondern die er als Archetyp mitbringt egal wie und wo er auftaucht.

und das ist für mich ganz eindeutiger Rassismus, der lediglich die Xenophobie als "sachlichkeit" tarnt.
 
Also auch wenn ich die Kommentare und Ausführungen vom "Onkel" ganz gerne lese, muss ich aufgrund meiner Meinungsfreiheit mal fragen:

Was glaubt ihr eigentlich, wen ihr mit euren "seitenlangen" Texten und Ausführungen erreicht ? 10 CB-Leute ? Ihr wendet hier "Zeit ohne Ende" auf, macht euch Mega-Gedanken..aber im Endeffekt, sorry, interessiert es keine "Sau".

10 von über 70 Millionen (+ Österreich eventuell) sind irgendwie nicht viel. Ich wäre ja für "Onkel for..(was habt ihr da in Ö)...Bundeskanzler", oder Politiker allgemein. Da erreichst du vielleicht jemanden.

Ich sehe es vielleicht etwas eng..aber realistisch.
 
Im Grunde kann Sarrazin fast froh sein, dass "nur" seine Person in aller öffentlichkeit zertreten wurde. Hätte tatsächlich ein wissenschaftlich fundierte Diskussion stattgefunden (z.B. mit Paul Mecheril oder anderen Korifäen der Migrationsforschung), wäre das ganze
1. weniger lange durch die Medien gegeistert, und
2. wäre dann von seiner Arbeit nicht viel übrig gebieben
Zumindest sehe ich das so.

Da er aber nur persönlich angegriffen wurde (vielleicht aus Mangel an Kenntnissen) gibt es auch weiterhin die Möglichkeit, seine Bücher zu diskutieren - bei einer tatsächlich fundierten Diskussion der Inhalte, wäre das mMn unmöglich geworden. Und dabei geht es nicht um die Fakten (die sind 1. bekannt und 2. zu nichts anderem in den Büchern abgedruckt, als um die Thesen zu stützen). Es geht dabei einzig und allein um die theoretischen Grundlegungen und darauf aufbauend die Interpretationen, die aus den Daten erwachsen.
Die von Sarrazin gewählten Grundlegungen und Interpretationen schieben ihn aus sicht der Migratipnsforschung ganz klar in eine (alltags-)rassistische Ecke - hätte er die Migrationsdebatte verfolgt, und sich nicht nur gewundert, dass die Integrationsdebatte nicht mehr geführt wird, hätte er das erkennen können.

In der Migrationspädagogik war Sarrazin vor Erscheinen des Buches absolut unbekannt - er galt nichtmal als jemand, der sich für Migration sonderlich interessiert. Eben so ein Bank-Fuzzi der sowieso nur am der großen Kohle interessiert ist, egal ob die nun von Migranten kommt oder vom Mars.
Und ganz plötzlich steht dieser Mann im Zentrum einer öffentlichen Debatte um Integration. Ich konnte es damals kaum glauben, denn ich hatte den Begriff schon seit einiger Zeit nur noch von Politikern gehört. MMn ist ohnehin nicht wirklich ernstzunehmen, was aus einem Politiker so hevorquaddert.
Und plötzlich steht oder sitzt da jemand, der "wissenschaftlich fundiert" ein Thema referiert, welches man ihm einfach nicht zugetraut hätte - er tut das erfolgreich (immerhin war Migration wieder einmal ein Thema der Medien, und das hat die Migrationsforschung seit Jahren nicht mehr hinbekommen), und vermeidet all die Begriffe, die man im Verdacht hat, dass sie am mangelnden öffentlichen Interesse schuld sind.
Z.B. Rassismus - das Wort wird gern genutzt, aber als Selbstbeschreibung (wie sie im Begriff "Alltagsrassismen" mitschwingt) macht es den meisten Leuten nur Angst. Also spricht Sarrazin nicht, wie aus der Migrationspädagogik für mich gewohnt, über Alltagsrassismen, Institutionelle Rassismen oder "Die" Anderen und die wichtige Funktion der Existenz und Herabwürdigung dieser Gruppe für die eigene Individualisierung und Identität, nein, er bringt den fast vergessenen Tropos des Integrationswillens oder der Integrationsfähigkeit der Migranten, fundiert das ganz genau so, wie es Migrationsgegner 15 Jahre vorher getan haben. Das Echo der Öffentlichkeuit ließ mich kurz denken - "Ach Mist ... jetzt geht die Assimilationsdebatte wieder los - WIR SIND DIE DEUTSCHEN, SIE WERDEN INTEGRIERT, WIDERSTAND IST ZWECKLOS!!!!".

Zum Glück kenne ich auch die Fakten, die Sarrazin verschwiegen hat, weil sie z.B. nicht in Form großer quantitativer Massenstudien beim BAfS einzusehen sind.
Es ist wirklich selten, dass sich jemand nicht integrieren möchte (auch wenn es das tatsächlich gibt). Leider kümmert sich der Staat viel eher um die, die irgendwie nicht so funktionieren, wie das hier erwartet wird, als um die, die mit ein wenig Hilfe voll integrierbar wären. Für diese Leute gibt es Maßnahmen (zum teil Sanktionen, zum teil Hilfsangebote). Leider ist es versäumt worden, der Öffentlichkeit den Unterscheid zwischen Sanktionen und Hilfsangeboten hinreichend zu erklären, sodass leider viele der Hilfsangebote nicht nur von den Migranten für Sanktionen gehalten werden und genau deswegen auch die selbe Wirkung entfalten. Die Teilnahme an Integrationskursen wirkt stigmatisierend. "Integrationshilfe" das klingt bspw. für viele Eltern vertraut, vielleicht kennen die Kinder mit sogenannten "Integrationshelfern" - meistens sind das Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten, Lernschwächen oder sonstigen Behinderungen
Betrachtet man es so, macht die Rede von Integration im Zusammenhang mit Migranten UND Behinderten die erste Gruppe zu einem "fremdartigen" Teil der zweiten.

Und genau in dieses Feuer (was vor seinem Buch nicht viel mehr war, als ein großflächioger Schweelbrand) hat Sarrazions Buch Öl gegossen.
Nicht die Debatte um Migration hat das Buch widerbelebt, sondern nur die eigentlich direkt entgegengesetzt wirksame Debatte um Integration, die mit diesem Begriff eigentlich Assimilation meint.
Und deswegen lehne ich das Buch ab - Sarrazin ist mir dabei ziemlich wurst, das ist für mich nicht viel mehr, als eben ein Publizist, der sein Heil in der Massentauglichkeit sucht.
 
Zuletzt bearbeitet:
TheWalkingDead schrieb:
Was glaubt ihr eigentlich, wen ihr mit euren "seitenlangen" Texten und Ausführungen erreicht ? 10 CB-Leute ? Ihr wendet hier "Zeit ohne Ende" auf, macht euch Mega-Gedanken..aber im Endeffekt, sorry, interessiert es keine "Sau".

Ich maße mir mal an eine Antwort zu geben:

mir geht es um die erweiterung meines Horizonts ganz allgemein.
ich hab mit onkel und olf zwei Leute gefunden denen das wohl ähnlich geht.

als Resultat für mich ist jetzt folgendes rausgekommen:

olf hat mich nicht abgebügelt - also scheint mein autodidaktisches halbwissen über Machanismen im Rassismus und Integration im allgemeinen nicht sooooo verkehrt zu sein.

und so nen text tippe ich dir in paar minuten, sofern ich die Gedanken dafür schon mal gedacht hab...
 
Onkelhitman schrieb:
[...]sondern es bleibt beim emotional aufstoßenden beleidigt sein gegenüber nicht nur den Aussagen und geschlussfolgerten Meinungen, sondern gegen die Fakten selbst.


Er macht nichts schlimmer. Er hat das Thema eher in den Fleischwolf der Gesellschaft geworfen um zu sehen was dabei rauskommt. Die Vorurteile können nur gefestigt werden, wenn man das Buch nicht verstanden hat.

Tut mir leid, aber jetzt könnte ich wieder Dinge entgegnen die ich bereits geschrieben habe. Ich habe meiner Meinung ausreichend dargelegt, warum diese "gesammelten Fakten" eben doch eine Meinung transportieren. Und dagegen kann man nun mal emotional wettern. Auch wenn ich selbst ein Freund davon bin ruhig und sachlich zu bleiben.

Die Aussage "er macht nichts schlimmer[...]" klingt für mich nach sehr viel Wohlwollen für Sarrazin. Ich glaube nicht dass Sarrazin selbst seine Intention so ausdrücken würde. Und dass du unterstellst, diese bestimmte negative Meinung zum Buch könne nur durch fehlendes Verständnis entstehen, zeugt für mich nicht von mehr Respekt gegenüber anderen Diskutanten, als du sie umgekehrt vorwirfst.

Onkelhitman schrieb:
Wie oft hast du denn von den Problemen vor den Büchern in den Medien etwas davon gehört? Vor allem in Berlin (welches ja mit unzähligen Beispielen angesprochen wird). Es wird von einigen Millieus angesprochen. Oben wissen wir welche. Zum Beispiel Studierende. Ebenfalls ein gewisses Lager, welches aber eigentlich nur destruktiv arbeitet.

In dieser sachlichen, faktischen Form wird das Thema sicher nicht veröffentlicht. Aber die "Bild" sorgt z.B. ein wenig subtil und in kleinen Häppchen dafür, dass da ein großflächiger Schwelbrand am Laufen gehalten wird.

Außerdem, jemand der auch nur "Fakten" sammelt, hat da ein "hübsches" Video zusammen geschnitten. Aus unterschiedlich alten TV-Beiträgen, verschieden TV-Sender. Das widerlegt eigentliche deine These:
https://www.facebook.com/photo.php?v=614159191984658

Onkelhitman schrieb:
Ja ich stelle mir vor: Drei Sender mit Informationen und Fakten und Sendungen die einen direkt hinweisen, dass jetzt Meinungen kommen und keine Fakten. Und dann kann man sich ein Urteil bilden. Ich sehe es nicht so, dass das möglich ist. Bei jeder Sendung muss ich hinterfragen: Ist das wahr? Ist das nicht nur Spekulation? Welcher "Experte" ?
Was das Publikum möchte ist doch schon seit Jahren egal. Ich drehs aber gerne um: Wenn die Menge an Menschen Nonsense sehen will, soll sie gefälligst selber dafür bezahlen. Das kann nicht Aufgabe des Staates (der Allgemeinheit) sein. Denn ansonsten könnte man damit alles legitimieren, weil es der Großteil haben möchte.

Die Öffentlichen sind schon noch anspruchsvoller und neutraler, wenn auch nicht so sehr wie sie sein sollten. Aber es sind nun einmal Menschen, die dort arbeiten und auch draußen vor den TVs. Das was du beschreibst ist ein nicht funktionierender Idealzustand, wie z.B. auch in der Theorie, der Kommunismus.

Das Merkel Fußball schaut, ist schlicht und einfach unter dem Thema Wahlkampf zu verbuchen. Dann müsstest du Wahlkampf komplett verbieten, mit der Begründung sie müsse sinnvollere Dinge tun.

TheWalkingDead schrieb:
Was glaubt ihr eigentlich, wen ihr mit euren "seitenlangen" Texten und Ausführungen erreicht ? 10 CB-Leute ? Ihr wendet hier "Zeit ohne Ende" auf, macht euch Mega-Gedanken..aber im Endeffekt, sorry, interessiert es keine "Sau".
Corto schrieb:
Ich maße mir mal an eine Antwort zu geben:

mir geht es um die erweiterung meines Horizonts ganz allgemein.
ich hab mit onkel und olf zwei Leute gefunden denen das wohl ähnlich geht.

als Resultat für mich ist jetzt folgendes rausgekommen:

olf hat mich nicht abgebügelt - also scheint mein autodidaktisches halbwissen über Machanismen im Rassismus und Integration im allgemeinen nicht sooooo verkehrt zu sein.

und so nen text tippe ich dir in paar minuten, sofern ich die Gedanken dafür schon mal gedacht hab...


Da schließe ich mich an. Wenn es noch ein paar anderen lesen, die hier im Forum stöbern oder zufällig via Google drüber stolpern, umso besser. Dann haben wir vielleicht noch andere zu eigenen Gedanken angeregt.

DerOlf schrieb:
Im Grunde kann Sarrazin fast froh sein, dass "nur" seine Person in aller öffentlichkeit zertreten wurde. Hätte tatsächlich ein wissenschaftlich fundierte Diskussion stattgefunden (z.B. mit Paul Mecheril oder anderen Korifäen der Migrationsforschung), wäre das ganze
1. weniger lange durch die Medien gegeistert, und
2. wäre dann von seiner Arbeit nicht viel übrig gebieben
Zumindest sehe ich das so.

Habe mal den von dir erwähnten Paul Mecheril recherchiert. Wenn ich mal nur ein Interview zum Thema von ihm betrachte:

Mecheril: "Ich wünsche mir bessere Bedingungen für den Dialog auf Augenhöhe. Denn nur dann kann ein Dialog stattfinden. Ein Chef kann mit einer Mitarbeiterin, der er kündigen kann, keinen Dialog über ihren Vertrag führen. Dies verhindern die unterschiedlichen Machtebenen. Genauso wenig kann es zwischen religiösen und kulturellen Gruppen einen Dialog geben, wenn er nicht auf Augenhöhe stattfinden würde. Gleiche Augenhöhe in einer pluralen Gesellschaft – das wäre schon ein Wunsch."

Allein diese Betrachtung stellt heraus, warum "Deutschland schafft sich ab" nicht hilfreich sein kann. Das was Onkelhitman "er nimmt sie in Schutz nennt", ist vielleicht doch nur ein Herabsetzen der Migranten? Wenn man sagt "mit ihnen wird das nix, aber sie können ja nichts dafür", dann setzt man sie einfach herab.
 
Zuletzt bearbeitet:
#116
"migranten tun dies und jenes, egal woher sie kommen und wohin sie gehen " es ist also eher eine beschreibung der Rolle "migrant" in einem beliebigem Land".da hätte ich garkein Problem mit, egal wie hart die fakten liegen.
Nein. Das schreibt auch wiederum Herr Sarrazin nicht. (jetzt muss ich schon wieder tiefer in die Materie, aber nun gut) Herr Sarrazin beschreibt und spricht Menschen an, und das macht er sogar in einigen Sätzen deutlich, die nach Deutschland immigrieren aber nicht integrieren. Nicht eine Assimilation, die ja sämtliche kulturellen und religiösen sowie gesellschaftlichen Vorerfahrungen zu nichte machen. Sondern einfach in ein Land ziehen und sich dort nach den dortigen Gesetzen regelkonform verhalten. Die sich dem Gastland sprachlich sowie kulturell nähern und sich anpassen. Und das in jedem Land dieser Erde. Ich ziehe nach Australien? Dann muss ich die dortigen Gesetze kennen und anwenden sowie Englisch sprechen. Ich ziehe in die Türkei? Dann muss ich mich den dortigen Gesetzen unterordnen und türkisch lernen. Ich ziehe nach Deutschland? Dann muss ich mich an die Gesetze halten und deutsch lernen. In jedem Land dieser Welt ist das eine Grundvoraussetzung. Fordert man so etwas in Deutschland ,ist man Rassist. Es werden hierbei jedoch von Herrn Sarrazin nicht "die Migranten" sondern die "unwilligen Migranten" als Problem angesehen. Und zwar zum einen Grund, weil sie sich nicht anpassen wollen, was die Eigenleistung betrifft. Aber weil sie sich auch nicht anpassen müssen und das wiederum schlägt eine Kerbe in die Kompetenz der Politik und des Staates. Es gibt in Deutschland, und das nicht nur in Berlin, Viertel und Gebiete, in denen nur ausländisch (völlig egal welche Sprache) gesprochen wird, in denen es passende Schulen gibt, in denen es passende Geschäfte gibt, in denen die Mitarbeiter auf Ämtern Fremdsprachen beherrschen, in denen die Personen einen in sich geschlossenen Kreis bilden. Das ist keine Integration, das ist eine Parallelgesellschaft, und die wäre in keinem anderen Land der Welt gewollt oder anzustreben. Warum auch?

und das ist für mich ganz eindeutiger Rassismus, der lediglich die Xenophobie als "sachlichkeit" tarnt.
So wie du es beschrieben hast, wäre es Rassismus. Denn dann wäre ja "der Migrant" automatisch ein anarchischer Mensch mit keinem Hang zum leben in Deutschland, sondern in einer der Parallelgesellschaften ohne sich in irgend einer Weise anzupassen. Das macht er in den Büchern jedoch nicht. Sarrazin schreibt sogar, dass es genug erfolgreiche immigrierte Menschen gibt. Dass es Familien gibt die sich anpassen. Dass es Menschen gibt, die sich bemühen, um hier zu leben, zum einen nicht ihre Wurzeln vergessen, sich aber an die hiesigen Gesetze halten. Um alle diese Menschen dreht sich aber das Buch nicht. Und das wurde auch klar geschrieben.

#117
Mir. Es hilft mir ungemein, vor allen Dingen bei den Büchern, die ich jetzt wiederum lese zum Thema Gesellschaft und Beeinflussung, denn was mich antreibt sind Ungerechtigkeiten jeglicher Art. Wenn es nur 10 Leute hier auf CB interessiert, dann reicht mir das schon. 2 Personen würden mir schon reichen, dann wäre das hier aber ein Dialog, was eher nicht so sein sollte. Jeder Post bringt aber ein kleines Stück vom Puzzle mit. Mal ein Randstück, mal nen Stück Himmel, und mit etwas Glück eine kleine Ecke.

#118
Die von Sarrazin gewählten Grundlegungen und Interpretationen schieben ihn aus sicht der Migratipnsforschung ganz klar in eine (alltags-)rassistische Ecke - hätte er die Migrationsdebatte verfolgt, und sich nicht nur gewundert, dass die Integrationsdebatte nicht mehr geführt wird, hätte er das erkennen können.
Tun sie nicht, er ist nicht rassistisch. Na also hat er was geschafft, dass die Diskussion geführt wird. Wieso wird das Thema denn nicht mehr besprochen? Ist denn alles ausführlich erwogen worden und wurde das Problem denn gelöst? Hat man eines seiner Themen denn dazu benutzt, die Faktenlage zu prüfen und Ideen eingebracht dem entgegenzuwirken? Was ist seitdem passiert, außer dass Sarrazin und das Thema "Rassismus" wieder dick und fett zu lesen war?

"Ach Mist ... jetzt geht die Assimilationsdebatte wieder los - WIR SIND DIE DEUTSCHEN, SIE WERDEN INTEGRIERT, WIDERSTAND IST ZWECKLOS!!!!".
Und für mich ist die Frage da: Wenn ich in ein anderes Land ziehe, es ist völlig belangslos welches, habe ich das Recht, dort mein Leben so zu leben, wie ich es will, oder muss ich mich zum einen an die Gesetze halten, zum anderen, um am sozialen Leben teilzuhaben, die Sprache erlernen?

Leider kümmert sich der Staat viel eher um die, die irgendwie nicht so funktionieren, wie das hier erwartet wird, als um die, die mit ein wenig Hilfe voll integrierbar wären.
Also kümmert sich der Staat ja nicht um alle. Um alle brauch er sich ja auch nicht kümmern. Weil die, die sich integrieren und integrieren lassen kein Problem sind. Das was Sarrazin schreibt. Die wollen aktiv in Deutschland leben und bemühen sich daher auch.

Und deswegen lehne ich das Buch ab - Sarrazin ist mir dabei ziemlich wurst, das ist für mich nicht viel mehr, als eben ein Publizist, der sein Heil in der Massentauglichkeit sucht.
Das akzeptiere ich auch, wenn du diese Meinung vertrittst. Wie geschrieben, er hat Fakten genannt und sie nach seinen Ansichten ausgewertet. Dass das niemals so fundiert wird, wie von einem Prof. Dr. der sich mit diesem Thema noch tiefer auseinandergesetzt hat ist klar. Jedoch muss den Prof. Dr. erst einmal jemand verstehen. Ich gebe gerne zu, dass ich einige Bücher rein aus der Erzählweise der knochentrockenen Fakten weglegen muss. Weil mir darin zu viele Fachbegriffe auftauchen, die ich dann erst suchen muss, und mich dann erkennen lassen: Warum schreibt der Heini das nicht so, damit es jeder versteht? Das ist subjektiv, und es ärgert mich, es ist bei mir Emotionsbelastet, weil ich öfter denke: Diese Themen sollte jeder einmal durchkauen, dann versteht man sein Gegenüber viel besser. Aber wie soll der "normale Bürger" das Kauderwelsch verstehen? Sarrazin hat das Thema wieder ins Rollen gebracht, es hätte auch ein Prof. Dr. machen können. Aber ein Prof. Dr. wäre eben nicht in die Medien gekommen.

Die Aussage "er macht nichts schlimmer[...]" klingt für mich nach sehr viel Wohlwollen für Sarrazin.
Nehmen wir an, er hieße Schröder. Es würde nichts an den Fakten ändern. Und es würde nichts daran ändern, dass diese Diskussionen wieder aufkeimen und zwar bei einem größeren Teil, bei Menschenmassen als bei kleinen Diskussionsrunden an Fachtischen. Ein Thema totzuschweigen und dann ganz langsam versiegen zu lassen löst nunmal die vorhandenen Probleme nicht. Nehmen wir einfach ein anderes Beispiel: Die Staatsschulden. Nur weil die nicht jeden Tag in den Medien auftauchen, sind die nicht weniger ein Problem für Deutschland und jedes andere Land auch. Die Diskussion darüber wäre sicherlich auch für viele Menschen interessant, auch wie diese Mechanismen gegeneinander drücken und so Steuersenkungen ein Todeskriterium für Schuldenabbau sind.

Jemand kann eine andere Meinung zu Sarrazin haben. Meine Meinung dazu, jemanden deswegen sozial in die Ecke zu stellen und zu entsozialisieren, oder entmenschlichen, ich finde, perönlich, dass dies niemandem wiederfahren soll. Man kann anderer Meinung sein, man kann andere Fakten bringen und andere Schlüsse ziehen. Persönlich die Menschenrechte der Person angreifen ist für mich nicht in Ordnung.

Außerdem, jemand der auch nur "Fakten" sammelt, hat da ein "hübsches" Video zusammen geschnitten. Aus unterschiedlich alten TV-Beiträgen, verschieden TV-Sender. Das widerlegt eigentliche deine These:
Wir können die Schuld nicht nur bei den Menschen sehen, wir können die Schuld nicht nur bei der Politik sehen. Es ist alles immer miteinander verbunden und nicht so einfach zu trennen. Die dort im Video enthaltenen "Fakten" beruhen auf was? Ebenso werden im Video subtile Fragen gestellt, die eben nicht hilfreich sind, weil sie keine Lösungen anbieten, die es den Menschen ermöglicht hier zu leben, sondern einzig versucht der Masse polarisiert beizubringen, diese Menschen aus Deutschland zu werfen.


Um hier noch einmal die Kurve zu kriegen zum Thema:
Wenn dieses Problem der Integration, der Assimilation, der Beschreibung der Probleme durch Fakten, und der anschließenden Wertung/Meinung von Herrn Sarrazin in seinem Buch nicht stattgefunden hätte, so hätte es dieses Thema überhaupt nicht in die Medien geschafft. Ein Prof. Dr. oder ein wirklich mit dem Thema fundierter Wissenschaftler hätte keine Plattform bekommen für eine solche Diskussion, mag sie 10 oder 20 Jahre weiter sein als es Herrn Sarrazins Meinung ist.

Allein Themen dadurch totzuschweigen, vor den Massen zu hemmen, ist empörend, denn die Probleme gibt es ja, nicht nur bei Immigration (in allen Ländern dieser Erde), sondern auch bei Staatsverschuldung, EU-Gesetzen, Sozialversicherung, Stompreiserhöhungen und und und. Dabei werden dem Bürger ein paar Brocken hingeworfen, sodass er sich keine Meinung bildet, sondern die Meinung annimmt. Hat er sie angenommen, muss man sie mit Emotionen dermaßen beladen, dass diese Meinung automatisch bei Erwähnung die passende Emotion auslöst. Nach dem klassischen pavlovschen Reflex heraus wird der Mensch dann bei erwähnung des Themas automatisch die Meinung präsentieren, ohne überhaupt einen Gedanken daran verschwendet zu haben, löst es ja eine Emotion aus.

Ich sehe es, immer noch, als hochgradig gefährlich für den Großteil der Menschen an, sie dermaßen zu manipulieren. Und auch für gefährlich, dass sie sich manipulieren lassen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben