whtjimbo schrieb:
diese Aussage kann ich nicht nachvollziehen, eher der Euro heute hat ca. 60% des ursprünglichen Wertes, somit sind's heute 60k, war es bei der DM anders?
Den Faktor 4 kann ich auch nicht nachvollziehen. Trotzdem glaub ich, dass an der Sache was dran ist und bei der Diskussion rund um das Thema, dass man "gefühlt" immer weniger Geld hat, das Thema "Euro" nicht ausgeklammert werden kann.
Vorweg: ich bin kein Experte, ich habe kein VWL studiert. Trotzdem würde ich gerne Folgendes zur Diskussion stellen:
In Poltik und Medien ist man sich überwiegend einig, dass ganz Deutschland generell vom Euro profitiert. Eins ist offensichtlich: die großen exportorientierten deutschen Unternehmen können einfacher in den Euroraum exportieren, da die Kosten und Unsicherheiten einer Währungsumrechnung wegfallen. Darüber hinaus ist der Euro vermutlich schwächer im Vergleich zu anderen Währungen, als es die D-Mark heute wäre, da er die Wirtschaftsleistung der Euro-Länder abbildet. Und diese ist niedriger als die Wirtschaftsleistung von Deutschland alleine. Davon profitieren ebenfalls die großen exportorientierten Unternehmen in Deutschland, da sie so ihre Waren billiger an Nicht-Euro-Staaten verkaufen können. Diese exportorientierten Unternehmen profitieren so also in doppelte Hinsicht vom Euro.
Aber was hat der normale Bürger davon? Ok, Mitarbeiter dieser Unternehmen erhalten (hoffentlich) höhere Löhne und Boni, wenn ihr Unternehmen erfolgreich ist. Das kann man bei Daimler, Porsche und co. auch gut beobachten. Aber was haben die davon, die nicht für ein solches Unternehmen arbeiten? Die profitieren doch höchsten indirekt durch das höhere Steueraufkommen, dass diese Unternehmen (hoffentlich) generieren? Eventuell auch durch die höhere Kaufkraft der Mitarbeiter dieser Unternehmen. Aber ansonsten? Abgesehen vom entfallenden Geldwechsel bei Urlaubsreisen, der dank breit verfügbarer Kartenzahlung in den meisten Fällen mittlerweile sowieso wegfallen würde, bleibt nicht viel.
Auf der anderen Seite sind Produkte aus dem nicht-Euro-Ausland für den Normalbürger aufgrund des verhältnismäßig schwachen Euros (im Vergleich zu einer imaginären D-Mark) "teurer". Dasselbe gilt für Produkte aus Euro-Ländern, deren nationale Währung schwächer wäre, als die D-Mark. In unserem Alltag betrifft das sehr viele Produkte.
Dazu haben wir noch eine Zinspolitik, die trotz einer boomenden Wirtschaft in den 10er-Jahren, keinen Milimeter von der 0-Prozent-Marke abgerückt ist, um die südlichen Länder mit hoher Schuldenlast vor dem Bankrott zu schützen. Gut für Investoren, die so sehr günstig an Geld gekommen sind. Schlecht für Menschen, die, z. B. aufgrund ihrer Bonität, gar keinen Kredit bekommen. Und schlecht natürlich für Kaufpreise und Mieten von Wohnungen und Häusern, da Wohnraum so zu einer der wenigen, scheinbar sicheren, Geldanlagen wurde und sich unter anderem deshalb extrem verteuert hat. Gut auch für den Aktienmarkt, der durch die 0-Zins-Politik sicher profitiert hat, wovon aber vermutlich auch vorwiegend der gutsituierte Teil der Bevölkerung profitiert hat.
Daher meine These: Deutschland profitiert nicht
generell vom Euro. Es gibt, wenn man alles zusammenzählt, Gewinner (große exportorientierte Unternehmen und deren Mitarbeiter, Investoren, Aktienbesitzer) und Verlierer (alle Anderen, insbesondere die, die generell eher wenig haben).
Letztere haben das diffuse Gefühl heute weniger in der Tasche zu haben als früher. Und dieses Gefühl ist meiner Meinung nach durch den oben geschilderten Sachverhalt auch berechtigt. Wobei mir natürlich auch klar ist, dass das Thema unheimlich komplex ist und auch noch viele weitere, sowohl harte, als auch weiche, Faktoren zu diesem Gefühl beitragen.
Was denkt ihr?