Gucky10 schrieb:
Beides sehe ich in Europa bzw. Deutschland nicht als gegeben. Es sei denn man nimmt an das in den nächsten paar Jahren der Anteil der Moslems in D auf über 50 % ansteigt. Eher unwahrscheinlich.
Genau richtig erkannt! Darum wird bei PEGIDA-Reden ja auch gerne behauptet, dass der Ausländeranteil in "deutschen Großstädten 80%" betrage:
Schauen Sie sich doch die westdeutschen Großstädte an, 70 oder 80 Prozent sind doch keine Deutschen mehr. Ist das ein normaler Trend?
Quelle:
http://www.publikative.org/2014/12/21/pegida-irre-wir-reden-mit-den-falschen/
Dass in Dresden, dem Ursprung des Protests, gerade mal 2,2 Prozent Ausländeranteil der Realität entspricht, wird hier gerne ignoriert und zeigt, wie präsent die Gefahr einer Islamisierung ist.
DerOlf schrieb:
Wenn man die Islamisierung ablehnt, sollte man doch auch gegen eine Christianisierung sein - oder liege ich da ganz falsch?
Ja, da liegst Du falsch. Die diffuse Angst vor einer Überfremdung, also konkret durch den Islam, ist eine Angst vor dem Verlust der eigenen Identität. Und die wird als christlich definiert. Dass Kirchenvertreter darüber irritiert sind, lässt sich gut nachvollziehen. Nehmen doch sowohl der Anteil der getauften Bundesbürger, als auch die Besucher in den Kirchen seit Jahren stark ab.
Warum dann eine solche Verbundenheit mit dem christlichen Glauben? Nun, das Phänomen PEGIDA ist recht simpel gestrickt und eigentlich nichts Neues. Hier handelt es sich um Fälle aus dem soziologischen Lehrbuch über Identität, genauer gesagt um den Umstand einer Fremdgruppenabwertung. Dazu benötigt man drei Dinge:
1. Unzufriedene
2. Ein Gruppenbindeglied
3. Eine Fremdgruppe als Feindbild
In Punkt 1 kann man alle Leute versammeln, denen aktuell irgendwas stinkt und die aber aus irgend einem Grund sich damit nicht substanziell auseinandersetzen wollen. Punkt 2 ist eine Art Nationalismus oder Patriotismus, idealerweise gemeinsame Werte und Normen, für die sich auch der christliche Glaube in unseren Breitengraden gut eignet. Und dann noch Punkt 3, eine fremde Gruppe, die man inhaltlich herabstuft, um sich besser zu fühlen. Oder, um eben aus frei erfundenen Gründen auf die Straße gehen zu können und auch mal "wir sind das Volk" schreien zu dürfen.
Ob nun der "Nationale Flottenverband", das "Dritte Reich" oder "PEGIDA", sich vorne hinzustellen und Polemik von sich zu geben, zu denen alle "genau!" schreien können, hat schon immer funktioniert. Ob da nun echte Angst vor Überfremdung eine Rolle spielt, oder ob sich das Argument einfach gut eignet, ist dann auch irgendwie egal.
DerOlf schrieb:
Der eigentliche Wortsinn zeigt, dass der Begriff zweckentfremdet wird. ...das Hauptinteresse von z.B. Salafisten liegt darin, den Rechts- durch einen Gottesstaat zu ersetzen. Theo- statt Demokratie.
Guter Punkt! Auch wenn man noch einen Punkt ergänzen müsste: viele Bürger nehmen es wohl für bare Münze, dass unser Rechtssystem trotz Säkularisierung von den Werten und Normen des christlichen Glaubens geprägt sind. Darüber kann man natürlich streiten, wer das will, kann gerne "zehn gebote verfassung" googeln oder "menschenrechte roman herzog". Ich will jedenfalls darauf hinaus, dass eine solche vermeintliche Kompatibilität zwischen unseren Gesetzen und der christlichen Lehre erst eine Säkularisierung möglich machen. Eine Islamisierung, also ein reiner religiöser Wandel, würde jedoch implizit Kollisionen mit dem Grundgesetz nach sich ziehen. Und da Glaubensregeln immer deterministisch sein müssen, KANN man im Endeffekt nur das Grundgesetz ändern.
Nochmal: das ist nicht meine Meinung. Ich habe jedoch den Eindruck, dass dies die Befürchtung der PEGIDA-Anhänger vielfach begründet.
DerOlf schrieb:
... als durch Bewegungen, die Gesetze zum Schutz vor einer Islamisierung fordern - das ist nämlich mMn der erste Schritt hin zu religios verzerrter Gesetzgebung.
Das sehe ich ähnlich, jedoch nicht nur auf den Islam bezogen.
DerOlf schrieb:
Wenn Religionsfreiheit ernst gemeint wird, dann muss es dem Gesetzgeber scheißegal sein, welchen Gott das Wahlvieh anbetet, und wie es das tut.
Auf jeden Fall muss es vor dem Gesetz egal sein. D.h. jeder kann seinem Glauben nachgehen (und hat im Übrigen auch ein Recht darauf!), solange es den allgemein verbindlichen Regeln des Zusammenlebens (=Gesetze) nicht widerspricht.