Gut, die Rollen sind ja schon verteilt. Anarchisten und Pessimisten.
Ich will mal ein paar Thesen festhalten, vielleicht bringt das ja eine gewissen Ordnung in die Fronten:
1. Anarchie ist möglich, auch und gerade unter Menschen, ohne daß sie sich zum Nachteil auswirkt.
2. Anarchie ist nicht global möglich, weil über 90% der Menschheit sie nicht will.
3. Anarchie ist nicht das Recht des Stärkeren, wenn der Stärkere sich metaphysisch begründeten Regeln unterwirft, die für alle gelten (Menschenrechte, Gebote der Vernunft, andere Gebote).
4. Anarchie ist das Fehlen von Herrschaft und damit die Idee von einer Gesellschaft ohne Anführer, in der jeder zu 100% seine eigenen Entscheidungen trifft - Chaos entsteht nur, wenn es keine regelnden Codices und Gebote gibt.
5. Codices und Gebote müssen nicht durchgesetzt werden, Voraussetzung ist die *Heiligkeit* dieser Regeln, die von niemandem in Zweifel gezogen wird.
Ich könnte es noch weiter ausformulieren, aber dann könnte man nur noch schwer darauf eingehen. Festhalten will ich vor allem eines: Die utopische Anarchie, für die Stan und auch ich einstehen, ist erstrebenswert. Sie ist nicht perfekt, weil Perfektion im Gegensatz zur menschlichen Natur stehen würde, aber sie ist eine gute Idee.
Es gibt aber eine Reihe von Prämissen, die erfüllt sein müssen, um sie wirklich praktizieren zu können, beispielsweise:
- den mündigen Menschen (der seinen natürlichen Egoismus unter Kontrolle hat)
- den Konsens (nur wer das bewußt will, nimmt teil)
- *Fluchtmöglichkeiten* für Leute, die es sich anders überlegt haben
- Vorformulierte Regeln, über die Einigkeit herrscht
All das ist schwer zu erreichen, viele würden es unmöglich nennen. Aber aus der Schwierigkeit die Unmöglichkeit ableiten zu wollen, halte ich für übereilt und vor allem für zynisch. Natürlich kann man sich mit den Machtverhältnissen arrangieren, sich die ideologische Decke über den Kopf ziehen und
"homo homini lupus" jammern, aber dann verbitte ich mir auch gehässige Kommentare aus dieser Fraktion.
P.S.: Demnach wäre eine Revolution zur Anarchie hin ein Widerspruch, weil sie die Wünsche vieler nicht berücksichtigt, bzw. sie gewaltsam unterdrückt - und das würde eine Anarchie nach meiner Denkart nicht überleben. Zu dieser Anarchie gehört auch Pazifismus, also wird das mit dem Umsturz wohl nichts.
P.P.S.: Ich bevorzuge "Anarchie" vor "Anarchismus", weil letzteres die politisierte, fanatische Form wäre. Damit will zumindest ich nichts zu tun haben.