Mal ein paar Kommentare zum Plan der Grünen:
Tagesschau.de
Was für Bilder: Baerbock und Habeck im Sonnenschein, und Laschet mit Scholz im Regen. Die Grünen im Biesenthaler Wald, die anderen zeitgleich vor den Trümmern in Hochwassergebieten. Allerdings machen schöne Bilder noch lange keine Kanzlerin. Da muss weitaus mehr kommen, um Wählerinnen und Wähler zu überzeugen.Und genau das müssen Baerbock und Habeck sich wohl auch gedacht haben. Denn sie belassen es nicht bei schönen Bildern, sondern sagen der Union den Kampf an. Knallhart: Ihr oder wir - nur so konnte, nein, musste man diesen Auftritt verstehen.
Die Grünen setzen außerdem auf schnellen Ausbau der Windkraft - die Union: nicht. Die Grünen drücken aufs Tempo, schnell runter mit dem Ausstoß von CO2 - die Union: nicht. Wie soll das in eine Koalition passen? Gar nicht. Das haben die Grünen heute klar gemacht. Sie haben ihre Positionen dargelegt, ohne was Neues zu sagen - außer eben genau das: Wir oder die - Grün oder Union.
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Große Kompromisse werden sie beim Klimaschutz nicht machen. Das wäre ihr politischer Tod. Also bleibt nur eins: die Ampel. Eine Koalition mit SPD und FDP. Ausgeschlossen ist das nicht. Es ist sogar gut möglich, selbst wenn die Union die Wahl gewinnen sollte. Das Ganze hat nur einen Haken. Am Ende könnte es mit der Ampel nur was werden, wenn Baerbock einem anderen das Kanzleramt überlässt: Olaf Scholz.
Tagesspiegel:
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Andererseits ist die Idee geradezu zwingend konsequent. Die Grünen spüren den Druck der Umweltorganisationen und jungen Wähler. Die fordern eine Politik, die sich streng nach dem Pariser Kimaabkommen ausrichtet, wonach die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau begrenzt werden soll.
Obwohl Deutschland diese Verpflichtung immer gern betont, hat bislang keine Partei ihr Wahlprogramm konsequent darauf ausgerichtet, wird die Fridays-for-Future-Bewegung nicht müde zu betonen. Und auch das neue Sofortprogramm der Grünen würde dafür nach Berechnungen des Weltklimarates nicht ausreichen.
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Das zeigt den breiter werdenden Spagat, den die Partei schaffen muss. Auf der einen Seite stehen die Wissenschaft mit den Fakten und die daran ausgerichtete Umweltbewegung. Auf der anderen Seite steht die Wählbarkeit als mögliche Regierungspartei, die es sich nicht erlauben kann, mit Verboten und Teuerungsankündigungen abzuschrecken.
Fünf Wochen vor der Bundestagswahl liegen die Grünenbei etwa 17 Prozent. Vor ziemlich genau einem Jahr hatten sie noch bei 24 Prozent gelegen. Jetzt muss die Partei sich entscheiden, ob sie wirklich die knallharte Verfechterin des Pariser Klimaabkommens sein und für den unangenehmen 1,5-Grad-Weg kämpfen möchte oder ob sie Kompromisse eingehen und versuchen wird, möglichst viele hinter sich zu vereinen und in einer Koalition umzusetzen, was politisch möglich ist. Erfahrungen aus Baden-Württemberg, wo die Grünen mit der CDU regieren, zeigen: Am Ende bleibt meist der Kompromiss.
Süddeutsche:
Ein eigenes Ministerium für das Klima, mit Vetorecht gegen Gesetzesvorhaben, die nicht mit den Zielen des Pariser Vertrags kompatibel sind: Das Urteil über diese Idee der Grünen, vorgestellt am Dienstag in ihrem Klimaschutz-Sofortprogramm, war im Netz schnell gefällt. Horror! Totalitär!
Doch das Vorhaben taugt nicht als Aufreger. Schließlich vergessen die Kritiker, dass das Grundgesetz auch andere Vetos kennt, etwa des Finanzministers. Er oder sie muss "überplanmäßigen und außerplanmäßigen Ausgaben" explizit zustimmen. Die Frage ist also: Ist das Klima von einer vergleichbaren Tragweite wie die Staatsfinanzen?
Daran kann kein Zweifel bestehen. Schließlich bestimmt der CO₂-Gehalt der Atmosphäre über die Lebensgrundlagen der nächsten Jahrhunderte. Dagegen wirkt eine Neuverschuldung fast bedeutungslos. Um die Erderwärmung einzudämmen, ist es unabdingbar, dass die Treibhausgase innerhalb eines begrenzten Budgets bleiben, "überplanmäßige" Emissionen gehören daher geprüft. Ein Klimaschutzministerium ist womöglich aber aus anderen Gründen keine gute Idee. Deutschland kann das Ziel, klimaneutral zu werden, nur dann erreichen, wenn die neue Bundesregierung die Klimakrise als Gemeinschaftsaufgabe versteht - und nicht als ausgegliederten Bereich.
Ich:
Der Kommentar auf Tagesschau.de erklärt in etwa mein Dilemma. Als Anhänger von Schwarz/Grün oder Grün/Schwarz wegen i.d.R. guter Erfahrungen hier im schönen Südwesten der Republik und zudem bekennender Wechselwähler, bin ich mit keiner Performance derzeit glücklich. Wobei die Union mit Laschet mir derzeit mehr Gründe liefert sie nicht zu wählen. Stimme ich für die Grünen, bekomme ich aber ggf. eine Koalition, die ich nicht will. Am allerwenigsten RRG. Und Lindner ist mir noch suspekter als Laschet.