Noxiel schrieb:
Jain. In meinen Augen führt bewussterer Konsum zu höheren Löhnen und besseren Umwelt- bzw. Arbeitsbedingungen, die wiederum den bewussteren Konsum für jene Teile der Gesellschaft ermöglichen, die jetzt zwangsläufig Billigfleisch kaufen müssen.
Während also weniger Konsum zu einem wirtschaftlichen Rückgang führt, sehe ich bewussteren Konsum als Triebfeder für eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung hin zum Besseren.
Bewusster Konsum ist das Stichwort!
Der Kollege Tomislav2007 hatte mich die Tage hier ja Mal gefragt, ob wir/ich denn zum Lohnniveau der 70er z.B. zurück wollen. War zwar nicht im Kontext, aber die Frage hat mich dann doch beschäftigt, weil die Antwort so vermeintlich eindeutig ist.
Ich bin Mal von 2 Aspekten ran gegangen.
Der erste ist eben der bewusste Konsum. Bis in die 80er Jahre waren z.B. Elektrogeräte im Vergleich zu heute extrem teurer. Ein durchschnittlicher TV konnte schon Mal ein Monatsgehalt oder mehr kosten. Das ging einher mit der hohen Wertschätzung dieses Geräts. Es stand quasi als Heiligtum im Zentrum einer Familie und musste einige Jahre halten. In den Folgejahren sich einen neuen kaufen, nur weil es neue Modelle gab, war außerhalb jeder Diskussion. Und die Dinger wurden dann auch repariert, wenn was dran war!
Man kann das über fast alle Bereiche anwenden. Viele Haushaltsgeräte, wie z.B. Geschirrspüler oder Trockner wurden überhaupt das erste Mal angeschafft, wenn man es sich leisten konnte und entsprechend gewürdigt. Als Kind wurde man ständig ermahnt bloss vorsichtig mit den Sachen umzugehen. Strom wird heute zwar auch gespart, aber seinerzeit war Stromverschwendung schon fast sozial verachtet. Wenn irgendwo nachts ein Licht brannte, war es nicht ungewöhnlich, dass die Oma oder ein Nachbar dich rausklingelt und darauf aufmerksam machte. Und man war dankbar dafür. Heute würde das als Belästigung betrachtet etc. und kann im bösen Streit enden.
Ganz extrem, Lebensmittel. Etwas wegwerfen, war für die Generation, die im Krieg und danach Hunger gelitten hat, undenkbar. Ein Verbrechen!
Heute sind wir in ein völlig anderes Extrem verfallen. Durch die Globalisierung der Produktion sind wir kaum noch in der Lage, ein extrem leistungsfähiges Produkt als solches zu erkennen und wertzuschätzen. Beispiel Smartphone. Hätte man mir vor 30-40 Jahren erzählt, was das Ding alles kann, wäre ich stumpf davon ausgegangen, dass es extrem teuer sein muss. Nun, das Gegenteil ist der Fall, und keins ist den Nutzern oft gut genug, dass es nicht eine Menge dran auszusetzen gäbe. Man hat vor der Leistungsfähigkeit dieses Dings einfach keinen Respekt. Warum, weil es billig ist und jeder eins hat.
Wirklich besorgniserregend im Vergleich ist aber die unglaubliche Verschwendung von natürlichen Ressourcen, durch unser Konsumverhalten. Durch die Verlagerung von großen Teilen des Handels und Netz, wird von vorne herein eine Teilmenge, die Retouren, für den Müll produziert, oder die Produkte sind so schlecht, dass sie für längeren Einsatz gar nicht gemacht werden, dafür aber in riesigen Mengen hergestellt werden. In der Preisgestaltung ist das alles berücksichtigt.
Noch schlimmer ist die Verschwendung von Lebensmitteln, wobei hier das Problem beim Endverbraucher liegt. Das Haushalten im klassischen Sinne findet nicht mehr statt, lieber wird zu viel eingekauft und dann weg geworfen, als sinnvoll zu planen etc. Ungeheure Mengen von Viechern müssen ihr Leben für die Tonne lassen. Getreide, Obst etc. werden nur für die Tonne produziert, weil wir im vermeintlichen Überfluss leben. Auch hier wieder ein Mangel an Wertschätzung dem Produkt und sogar dem Lebewesen gegenüber.
Der zweite Aspekt, die Binnenwirtschaft. Im Gegensatz zu heute, wurde fast alles, von Rohstoffen etc. abgesehen, im eigenen Land produziert. Das führte auch damals schon zu höheren Kosten. Mangels Alternative gab es aber keine Diskussion darüber. Heute kaum vorstellbar, die gesamte Elektronik, sogar Computer, alles kam aus Deutschland. Obwohl es selbstverständlich war, sorgte dieser Umstand wesentlich stärker zu einer Identifikation mit dem Produkt selbst und somit der Wertschätzung.
Die Frage, was besser war, das damalige Niveau oder das heutige, kann man also nicht eindeutig beantworten, da beides seine Vor- und Nachteile hat. Wenn ich nur bedenke, dass man seinerzeit einen neuen Telefonanschluss nicht unter 6 Wochen bekam als Beispiel. Der Service ist heute besser!
Wie sinnvoll ist es also für eine Partei heute mehr Nachhaltigkeit einzufordern oder ggf. mit rigorosen Massnahmen diese durchzusetzen. Ein weiter so, kann es imho nicht geben und auf die Freiwilligkeit der Leute ist geschissen, um es etwas drastisch auszudrücken.
Da sind wir eben an dem Punkt, welcher Partei man es am ehesten zutraut und inwiefern diese dann unter den Generalverdacht der Verbotspartei stellt, wobei das nicht zwangsläufig die Grünen sein müssen oder/und, ob wir grundsätzlich bereit sind auch Einbußen zu akzeptieren und die Entscheidung darüber nicht nur der Politik Überlassen oder ggf. anzulasten und uns eingestehen mal mit der eigenen Nase anzufangen, bevor man über die Partei XYZ die selbige rümpft.
Die neue Legislaturperiode wird nicht alles lösen, aber es gibt einiges zu tun. Eine Partei allein kann's eh nicht, also geht's nur um die Konstellation. Ein simples, die können das nicht, oder viel zu teuer, ist mir zu dünne. Und zwar bei jeder Partei. O.K., für mich selbst kann ich die AfD ausnehmen, das ist aber auch der einzige Mangel an Objektivität, den ich mir zugestehe.
Edit:
Auf die Autos habe ich hier bewusst verzichtet, da die Diskussion und Wertschätzung ums heilig Blechle sich damals und heute nicht allzusehr unterscheidet. Der Käfer war zwar beileibe kein SUV und das unökonomischste und unbequemste Auto das man sich vorstellen kann, aber eben "meins"!