Sozialrassismus in Deutschland

Aber genau das wollte man doch mit Hartz4 erreichen. Wer glaubt, dass bei Hartz4 der einzelne Arbeitslose im Vordergrund stand, der durch Förderung zurück in Erwerbstätigkeit gebracht werden soll, der irrt. Die Reform zielte vorwiegend darauf ab, das Lohnniveau abzusenken, um den Standort Deutschland unter dem Globalisierungsdruck wieder attraktiver für das Kapital zu machen.

Der Mechanismus, dass man durch herabgesetzte Zumutbarkeitskriterien und Sanktionsinstrumenten (und einigen anderen Gemeinheiten) Druck auf Arbeitslose ausübt, schlechte Arbeitsbedingungen mit Dumpinglöhnen akzeptieren zu müssen und mit diesem Abschreckungspotential auch indirekt Druck auf Erwerbstätige aufzubauen, damit jene eher zu Eingeständnissen bereit sind, hat mit Blick auf den europäischen Vergleich der Lohnentwicklung offenbar sehr gut funktioniert.

Dass Hartz4 von vornherein auch als eine Art verkapptes Kombilohnmodell konzipiert war, das Dumpinglöhne mit Steuergeldern subventioniert, folgt dem gleichen Ziel, nämlich Unternehmen mit billigen Arbeitskräften zu versorgen.

Wie gesagt sind das alles keine Nebenwirkungen einer großen Reform, sondern war politisch exakt so gewollt gewesen.
 
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Tagesschau berichtet über eine Studie zu diesem Thema: http://www.tagesschau.de/inland/deutschezustaende100.html

Das entspricht genau meinen Beobachtungen. Und das Schlimme ist, man schämt sich darüber immer weniger. Man tröstet sich damit, dass man ja nicht wirklich rechts ist und mit Hitler nichts am Hut hat. Wie oft lese ich in Foren die Worte: "Wenn gegen Sozialschmarozer und kriminelle Ausländer sein rechts ist, dann bin ich eben rechts!" Und das von gebildeten, etablierten Leuten.

Man vergisst dabei, dass der deutsche Faschismus mit seinem Antisemitismus nur eine historische Form des Faschismus ist, nämlich die radikalste, die bis zur Selbstvernichtung führte. Es gibt aber auch Faschismen, die sehr lebensfähig sind und nicht unbedingt in KZs und Weltkriege ausarten.

Wenn man die philosophischen und soziologischen Untersuchungen zum Faschismusbegriff beachtet, kann man meines Erachtens durchaus von einem Aufkommen eines Ökonomiefaschismus reden. Das ist kein neues Phänomen, aber in den letzten Jahren kristalisieren sich die Feindbilder deutlicher und werden die Ausgrenzungsmaßnahmen härter.
 
Wen wundert's?
Die Feindbilder können alltäglich in Einzelfällen beobachtet werden und die Medien lassen glauben, diese seien nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Auch die sogenannten Bildungsbürger, besser Gestellten oder Besserverdiener glauben es irgendwann.

Ich möchte nicht wissen, wie viele ohne jegliche Reflexion akzeptieren, was ihnen alltäglich vorgesetzt wird - vor allem im TV.
Das ganze Hausfrauenfernsehen vermittelt doch den Eindruck, der Hartz4-Empfänger an sich sei ein lebensunfähiger Schmarotzer und sog. "Mietnomade", der den ganzen Tag qualmend und saufend seine drei eigenen und sieben angeheirateten Kinder verdrischt.
 
bitfunker schrieb:
Das ganze Hausfrauenfernsehen vermittelt doch den Eindruck, der Hartz4-Empfänger an sich sei ein lebensunfähiger Schmarotzer und sog. "Mietnomade", der den ganzen Tag qualmend und saufend seine drei eigenen und sieben angeheirateten Kinder verdrischt.

Das ist nicht die Regel, aber damit läßt sich Quote machen. Den Medien geht es doch letztlich auch nur um Geschäft und Gewinn. Wer soll denn Heute noch glauben ihnen ginge es um Information und Aufklärung?

Was heißt denn Sozialrassismus? Das ich mich permanent entschuldigen muss, weil ich als Beamter unkündbar bin(stimmt auch nur bedingt), weil ich ein regelmäßiges Einkommen habe?

Bin ich dann also besser gestellt?

Wer weiß schon wie oft gerade Beamte eben keine Gehaltserhöhung bekommen und mit Nullrunden zufrieden sein müssen.
Urlaubsgeld gestrichen, Weihnachtsgeld gibts nicht mehr, erfahren wirds die Öffentlichkeit nicht.
Ich weiß, dass es auch in vielen anderen Branchen solche Dinge nicht gibt, aber das kann wohl nicht der Anspruch sein.
 
SheepShaver schrieb:
Intelligenz lässt sich nicht mit einer Zahl bemessen.

Sehe ich auch so. Diese ganzen IQ Tests sind doch Unsinn. Außerdem sagen die so gut wie garnichts über die soziale Intelligenz eines Menschen aus.
 
KL0k schrieb:
nicht die regel? seit den ganzen talkshows hat sich doch erst dieses bild des arbeitslosen gesellschafts- & sozialversagers etabliert.

eben, weil sich damit Kasse machen läßt. Die Verblödung der Bevölkerung durch das Fernsehen schreitet voran, oder wie Oliver Kalkofe sagen würde, die Sender überbieten sich darin, wer die hirnloseste Sendung im Programm hat.

Das nennt man dann Medienpolitik und Pressefreiheit.:freak:
 
andiac schrieb:
Das Thema Rassismus wird besonders in Deutschland, aber eigentlich auf der ganzen Welt ja gerne fast ausschließlich mit den Unterschieden der jeweiligen Herkunft in Verbindung gebracht.
Ich denke aber, dass gerade in Industriestaaten wie Deutschland eine ganz andere Komponente sehr deutlich zum Tragen kommt. Diese Komponente hat ihre Ursache meiner Meinung nach in der übertriebenen Leistungsgesellschaft, in der nur der Mensch wirklich vollwertig ist (und behandelt wird), der den übertriebenen Leistungsgedanken in sich trägt und einen gewissen Status erreicht hat.

Ich finde, jeder Mensch sollte als Mensch vollständig akzeptiert sein und als solcher ohne Abstriche menschenwürdig behandelt werden. Ganz gleich, ob er sich diesem Denken unterwirft oder nicht, und ganz gleich welchen Status er inne hat.
So sieht es ja auch das Grundgesetz. Dennoch sieht der Alltag in Deutschland ganz anders aus.

Mich würde interessieren, wie ihr darüber denkt, und welche Vorschläge ihr vielleicht hättet, an diesem Zustand etwas zu verändern.
Zwei Dinge:

Das Wort "Rasse" steckt in Rassismus - und kommt nicht von ungefähr. Sozialrassismus kann es nicht geben, wenn die unterschiedlichen sozialen Schichten der gleichen Rasse angehören.

Zweiter Punkt: Welche Menschenwürde hat denn ein Schmarotzer, der die Gesellschaft für sich arbeiten lässt? Haben diese Schichten überhaupt eine schützenswerte Würde? Ich denke nicht, nein.
 
Hi
Pana schrieb:
Welche Menschenwürde hat denn ein Schmarotzer, der die Gesellschaft für sich arbeiten lässt?

welche Definition hat für dich Schmarotzer.

Ist z.B. jemand, der durch einen Unfall (Gelämt ab Halswirbel) auf Arbeit mit 20 Jahren, ein Schmarotzer, weil er die Gesellschaft für sich arbeiten läßt?

Könnte natürlich auch ein Unfall sein, verursacht durch jemanden im alkoholisierten Zustand und nicht versichertem Kraftfahrzeug, z.B. angefahren?

Gibt bestimmt noch hunderte andere Beispiele für deinen fragwürdigen "Punkt zwei".

Wenn ich deinen Punkt zwei so lesen, frag ich mich, ob man evtl. erst das Hirn, sofern vorhanden, einschalten sollte, bevor man auf die Tasten drück.
Oder ist dein Name hier Programm?

Cu
 
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@ Pana

Über den Begriff "Sozialrassismus" kann man sicherlich diskutieren. Dafür ist so ein Thread ja auch da. Und das haben wir in dem Punkt auch mit den ersten Posts schon getan.
Ich hätte den Thread z.B. auch "Sozialdarwinismus in Deutschland" nennen können. Da ich "Sozialrassismus" aber gerade aktuell desöfteren gehört hatte, nahm ich dann eben bewusst diesen.

Du bist aber auch wenn du mit dem Begriff nicht ganz einverstanden bist, gerne zu einer "richtigen" Diskussion eingeladen. ;)
 
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longi schrieb:
Ist z.B. jemand, der durch einen Unfall (Gelämt ab Halswirbel) auf Arbeit mit 20 Jahren, ein Schmarotzer, weil er die Gesellschaft für sich arbeiten läßt?
In erster Linie ist der Mensch in dem Falle ein Unfallopfer und invalide. Er kann daher per Definition kein Schmarotzer sein. Dieser Mensch ist von dem hier angesprochen "Sozialrassismus" mit Sicherheit nicht betroffen.
Gibt bestimmt noch hunderte andere Beispiele für deinen fragwürdigen "Punkt zwei".
Hunderte Kranke, Krüppel und Behinderte?
Wenn ich deinen Punkt zwei so lesen, frag ich mich, ob man evtl. erst das Hirn, sofern vorhanden, einschalten sollte, bevor man auf die Tasten drückt
Sehr schlagfertig.

@andiac:

Es gibt unter den Beziehern von Transferleistungen eine große Gruppe, die sich bequem eingerichtet hat und schlicht faul ist. Innerhalb dieser Gruppe werden Geschichten ersponnen, warum man nicht arbeiten kann (chronische Wehwechen beispielsweise) oder es wird unverblümt gesagt, wer arbeitet sei dumm. Ich kann Aggressionen und Ablehnung gegenüber dieser Gruppe gut nachvollziehen. Wären wir härter, wäre es anders. Wir müssten weniger zahlen und die Menschen, die tatsächlich Hilfe bräuchten, könnten mehr bekommen. Leider ist unsere Führung weich.
 
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Ich schrieb Schmarotzer, eigentlich ein sehr klarer Begriff der überhaupt keinen Interpretationsspielraum bietet. Aber nun ja, ist alles gut.
 
@ Pana

Also wenn jemand das Sozialsystem wirklich ausnutzt, finde ich das sicherlich auch nicht gut. Aber woher willst du wissen, wer missbraucht, und wer wirklich chronisch krank ist.
Wenn das einer kann, dann sind das Ärzte und Psychologen, die ein vertrauensvolles Verhältnis zum Klienten/Patienten haben.
So einfach ist das leider nicht.
 
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Ich frage mich was bitteschön Sozialrassismus sein. Rassismus ist etwas, das sich auf die Ethnische Herkunft bezeiht bzw. versucht aus der ethnischen Herkunft eine diskriminierende Alttagspraxis abzuleiten. Soziale Unterschiede als Rassismus zu bezeichnen bzw. mit dem Rassismus in verbindung zu bringen, bedeutet in meinen Augen den Dumpfbacken recht zu geben und festzustellen, dass es Auswirkungen auf die Leistungs fähigkeit gibt die in der ethnischen Herkunft begründet sind. Ich denke , dass es sehr wohl soziale Diskriminierung gibt und man diese auch so benennen sollte und nicht irgendwie anders.
 
Exar_Kun schrieb:
Dass Hartz4 von vornherein auch als eine Art verkapptes Kombilohnmodell konzipiert war, das Dumpinglöhne mit Steuergeldern subventioniert, folgt dem gleichen Ziel, nämlich Unternehmen mit billigen Arbeitskräften zu versorgen.

Wie gesagt sind das alles keine Nebenwirkungen einer großen Reform, sondern war politisch exakt so gewollt gewesen.

In den letzten Tagen wurden viele Zahlen veröffentlich. Trotz gesunkener Arbeitslosigkeit ist die Zahl der Hartz IV Bezieher gestiegen. http://www.welt.de/politik/deutschland/article11504861/Zahl-der-Hartz-IV-Empfaenger-steigt-auf-6-7-Millionen.html

Es ist eine Sauerei dass die Steuerzahler Lohndumping finanzieren. Aber (noch) scheint das nicht viele zu jucken. Es wird auch viel unternommen um die Leute als Schmarotzer hinzustellen. Der ALG2-Abhängige soll sich "schämen". Und das tun auch leider viel zu viele. Die wenigsten trauen sich zu sagen ja, ich beziehe Hartz 4. Durch Hetzartikel hat man doch schon Arbeiter vs. Arbeitslose vs. Hartzer ausgespielt. Es gibt fast keine Solidarität mehr.

Auf Hartz4-Empfänger reagieren viele mit Depp, Trottel, Gelächter. Der "Versicherungskaufmann" der für irgendeine Pyramidensystem-Abzock-Firma arbeitet mit dickem Auto ist dagegen "wow, charismatischer Geschäftsmann". Ich könnte kotzen.

Ich frage mich was passiert wenn wir 20-30% Hartzer haben. Immerhin sind das ne Menge Wählerstimmen und die ein oder andere Partei wird ihren Fokus bestimmt auf diese Personengruppe richten.

Laut dem Link oben sind 75% der Hartz-4-Bezieher "Erwerbsfähig", sprich können für einen hungerlohn Strassen kehren oder sonstwas. Und müssten dann doch wieder Hartz4 beziehen zum aufstocken. Also welcher Mensch mit einem letzten funken Stolz lässt so etwas mit sich machen? Genau.
 
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s.0.s schrieb:
Auf Hartz4-Empfänger reagieren viele mit Depp, Trottel, Gelächter. Der "Versicherungskaufmann" der für irgendeine Pyramidensystem-Abzock-Firma arbeitet mit dickem Auto ist dagegen "wow, charismatischer Geschäftsmann". Ich könnte kotzen.

Das finde ich auch ganz schlimm-

Ich frage mich was passiert wenn wir 20-30% Hartzer haben. Immerhin sind das ne Menge Wählerstimmen und die ein oder andere Partei wird ihren Fokus bestimmt auf diese Personengruppe richten.

Im Moment tun das ja DIE LINKEN, und sie bekommen jetzt nicht den auffallend großen Zulauf. Das legt nahe, dass entweder viele zu dumm und politisch ungebildet sind oder längst das Wählen aufgegeben haben.
So groß kann die Zahl deren ja nicht sein, wenn Parteien ihr Wahlprogramm nicht auf diese Zielgruppe (Hartz 4) ausrichten.

Und müssten dann doch wieder Hartz4 beziehen zum Aufstocken. Also welcher Mensch mit einem letzten funken Stolz lässt so etwas mit sich machen? Genau.

Stolz ist manchmal ein Luxus, den man sich nicht leisten kann. Vielleicht als Single ohne Verpflichtungen, aber wenn du eine Familie hast, dann sieht das ganz anders aus.


Pana schrieb:
Es gibt unter den Beziehern von Transferleistungen eine große Gruppe, die sich bequem eingerichtet hat und schlicht faul ist. Innerhalb dieser Gruppe werden Geschichten ersponnen, warum man nicht arbeiten kann (chronische Wehwechen beispielsweise) oder es wird unverblümt gesagt, wer arbeitet sei dumm. Ich kann Aggressionen und Ablehnung gegenüber dieser Gruppe gut nachvollziehen. Wären wir härter, wäre es anders. Wir müssten weniger zahlen und die Menschen, die tatsächlich Hilfe bräuchten, könnten mehr bekommen. Leider ist unsere Führung weich.

Ach wie schön. :rolleyes:
Und du sagst wer bedürftig ist und wer nicht?
So einfach ist das eben nicht. Trotzdem wird von den Hetzern immer gepredigt, der Sozialstaat wäre für die da, die es bräuchten. Gleichzeitig werden die "Hartzer" allgemein als Schmarotzer dargestellt. Und das nur um populistisch seine Meinung moralisch zu rechtfertigen. Wer darauf reinfällt ist in meinen Augen wirklich einfach nur dumm.
 
imaginez schrieb:
Stolz ist manchmal ein Luxus, den man sich nicht leisten kann. Vielleicht als Single ohne Verpflichtungen, aber wenn du eine Familie hast, dann sieht das ganz anders aus.

Das Stimmt allerdings.

Was die Linken angeht, die werden noch groß rauskommen denke ich. Die rechten Parteien haben ja auch mehr Zulauf. Sind ja fast 10% Hartz4ler und es werden sicher nicht weniger in den nächsten Jahren.
 
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