Simonsworld schrieb:
https://www.handelsblatt.com/untern...uell-weniger-radioaktiv-machen/100016324.html
"Newcleo" arbeitet an einem SMR-Reaktor, der radioaktive Abfälle aus konventionellen Atommeilern verwerten kann – und so die Menge des Mülls sowie dessen Strahlung deutlich reduziert.
Wie realistisch das ist und wie weit weg, kann ich dir allerdings nicht sagen.
Der lesbare Teil des verlinkten Artikels ist dermassen inhaltsleer, da weiss man gar nichts. Aber ich habe mit dem Namen andere Quellen gefunden, und Newcleo plant, einen "schnellen" Reaktor (also, einen, der schnelle, nicht thermische Neutronen verwendet), und als Kuehlmittel Blei (die meisten schnellen Reaktoren werden mit Natrium gekuehlt, aber Blei wurde auch schon verwendet).
Schnelle Reaktoren werden normalerweise mit hochangereichertem (ab 20% U235) Uran betrieben (sonst gibt's in schnellen Reaktoren keine Kernspaltung), Newcleo plant scheinbar, das Reaktorplutonium aus abgebrannten Brennstaeben in entsprechend hoher Konzentration im Mischoxid (mit Uran) zu verwenden und dafuer eine eigene Wiederaufarbeitungsanlage einzurichten. Was da nach der Verwendung uebrigbleibt, ist dann so unangenehm (mehr Anteil an hoeheren Transuranen mit unangenehmen Eigenschaften), dass es wohl nicht wiederaufgearbeitet wird; jedenfalls hat bis jetzt niemand gemacht.
Wenden wir uns den Aussichten dieses Konzepts zu: Schnelle (Brut-)Reaktoren waren von Anfang an der heilige Gral der Nuklearindustrie, und da wurde haufenweise Geld in vielen Laendern in deren Entwicklung gesteckt, vor allem weil sich die Nuklearindustrie Sorgen um den Nachschub an Uran gemacht hat.
Es wurden zwar ein paar gebaut, aber richtig erfolgreich war das Konzept nicht. Der Superphenix hatte dauernd mit Ausfaellen zu kaempfen (WIMRE 12% Auslastung) und wurde irgendwann abgeschaltet. In Russland gibt es zwei schnelle Brueter, die noch in Betrieb sind (und scheinbar nicht so unzuverlaessig wie der Superphenix), und sie planen noch eine weitere Ausbaustufe, aber das bleiben jeweils Prototypen, anders als die russischen Leichtwasserreaktoren (WWER-Reihe), von denen viele in vielen Laendern gebaut wurden.
Ich habe den Eindruck, dass schnelle Reaktoren einfach noch unwirtschaftlicher sind als Leichtwasserreaktoren. Von daher bezweifle ich, dass Newcleo Erfolg haben wird. Dass sie auch noch eine teure Technologie wie Wiederaufarbeitung mit im Konzept haben, steigert die Kosten wohl noch betraechtlich.
Was jetzt den Atommuell angeht: die Spaltmaterialien fallen trotzdem an (und zwar in der selben Menge), und Transurane werden auch im Atommuell des Newcleo-Reaktors sein; vielleicht weniger, aber dafuer unangenehmer. Das einzige, was bei der gesamten Geschichte weniger wird, ist das Uran, das mitdeponiert wird. Aber wenn sie ihren Brennstoff aus abgebrannten Brennstaeben gewinnen, dann scheiden sie daraus zunaechst auch das Uran ab, von dem sie vielleicht einen kleinen Teil verwenden (wenn sie nicht lieber frisches Uran dafuer verwenden, ob Natururan, abgereichert, oder angereichert); in jedem Fall bleibt ein grosser Teil des Urans uebrig und muss dann auch ins Endlager.
Nur wenn sie sich immer wieder die Wiederaufarbeitung ihres Materials antun (fuehrt zu noch hoeheren Risiken und Kosten), koennen sie mehr von dem Uran aus abgebrannten Brennstaeben verwenden. Aber selbst dann kommen aus ihrem Materialkreislauf Spaltprodukte heraus, die stark radioaktiv sind und in's Endlager muessen.