Da sind wir uns mal einig. Ich denke, es gibt ziemlich enge Toleranzgrenzen / Übergänge, wo der monatliche Betrag eines BGE gesetzt wird, um nicht vom einen in das andere Extrem zu fallen. Dazu kommt, dass selbst innerhalb eines Landes es zu großen Diskrepanzen kommen wird, da von Stadt zu Stadt und überhaupt zwischen Stadt und Land die monatlichen Lebenskosten extrem unterschiedlich sind. Sicherlich kann man zB. von 1000e, besonders als Familie, im ländlichen Brandenburg sehr gut leben können.
Ich denke, dass es primär zwei treibende Ideen hinter dem BGE gibt und die beißen sich. Zum einen gibt es Strömungen, die das BGE einsetzen wollen, um den Haushalt des Staates zu sanieren und die soziale Verantwortung abzugeben. Dann gibt es Gruppen, die das BGE tatsächlich so sehen, dass es jedem ein komplett arbeitsfreies und uneingeschränktes Leben ermöglichen soll.
Ich persönlich denke, dass man einen Punkt finden muss, der dazwischen liegt, sich aber näher am ersten Modell befindet. Auch hier findet diese Diskussion momentan statt. Die Parteien, die in DE den Linken und Grünen entsprechen würden, setzen sich für eine höhere Summe ein. Hier werden 620~750 anstelle der 560e gefordert. Es gibt auch Vorschläge für 440e, wobei das System des Mietzuschusses erhalten bleiben würde. Die Diskussion wird von allen Parteien sehr realistisch geführt.
Wie unterschiedlich die Auswirkungen den aktuellen Tests sein können, kann ich aus eigener Erfahrung sehr gut beschreiben. Als Student habe ich in einer Kleinstadt gewohnt und insgesamt Transferleistungen erhalten, die rund 560e im Monat entsprechen. Es würde sich also nichts ändern, ausser, dass ich keinen Papierkram mehr habe. Inzwischen würde das BGE von 560e (ich gehöre leider nicht zu denen, die für den Test ausgewählt wurden) sich für mich positiv auswirken, denn ich habe Wohneigentum, dass abbezahlt ist. Mit Ausnahme der Erhöhung der Grundsteuer (die ist vernachlässigbar in Finnland, soviel können die das gar nicht anheben, dass es mich juckt) treffen mich alle anderen geplanten Steueränderungen nicht direkt.
Jemand, der hingegen in einer der Großstädte wie Helsinki oder Tampere wohnt, und arbeitslos ist, wird keine andere Möglichkeit haben, als die Stadt zu verlassen. Und das ist im aktuellen Modell wohl auch gewollt (Hier kommt dein Punkt mit den anderen Sozialleistungen). Die Lage hier ist ähnlich wie in deutschen Großstädten (München kommt mir in den Sinn), dass es eine viel zu hohe Nachfrage nach Mietwohnungen gibt. Dies hat die Mieten in den Städten explodieren lassen. Gleichzeitig gibt es in den Städten Arbeitslosenquoten von bis zu 20% - alleine hierfür zahlt der finnische Staat aktuell 2 mrd Mietzuschuss mit steigender Tendenz, 16% der Bevölkerung erhalten Mietzuschüsse. Sicherlich sozial kritisch, dass die Leute zur Abwanderung gezwungen werden. Gleichzeitig schlägt man sogar 3 Fliegen mit einer Klappe:
- Der Mietspiegel in den Städten wird sich normalisieren
- Die Landflucht wird gestoppt und sogar umgekehrt
- Dem Haushalt steht mehr Geld zur Verfügung.
Und mMn hat die Regierung exakt dies im Fokus.
Wie gesagt: wir sind dabei.
Bei dem Thema Volksabstimmung wäre ich mir nicht so sicher. Das mit der Schweiz war ein Extrem. Hätte man nicht über 2500 Franken, sondern über 800 oder 1000 abgestimmt, bin ich sicher, dass Ergebnis wäre anders ausgefallen. Dort hat man dem Thema BGE einen Bärendienst erwiesen.